TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/30 97/02/0543

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Veröffentlicht am 30.09.1998
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §2 Abs1 Z26;
StVO 1960 §24;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der SB in Wien, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter und Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in Wien II, Taborstraße 24a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Juli 1997, Zl. UVS-03/P/42/02287/97, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juli 1997 für schuldig befunden, sie habe am 11. April 1997 in der Zeit zwischen 8.35 Uhr und 8.55 Uhr in Wien 22, A 23-Verschneidung A22 Richtung Süden als Lenkerin eines dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges auf der Autobahn geparkt, obwohl dies außerhalb der durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stellen verboten sei. Sie habe sich dadurch besonders rücksichtslos gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern verhalten. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 46 Abs. 4a in Verbindung mit § 99 Abs. 2c Straßenverkehrsordnung 1960 verletzt, weshalb gegen sie eine Geldstrafe im Ausmaß von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Stunden) zu verhängen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ging auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung davon aus, daß die Beschwerdeführerin ihr Kraftfahrzeug über eine Dauer von mindestens 25 Minuten auf der ersten Fahrspur einer Autobahn abgestellt habe, wobei die Abstellung über eine Dauer von mindestens 20 Minuten nicht durch die Verkehrslage oder sonstige wichtige Umstände erzwungen gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei nach einer mit einem "Blechschaden" verbundenen Kollision - ebenso wie der Fahrer des zweiten an dem Unfall beteiligten Fahrzeuges - noch einige Meter weit gefahren, wobei keines der Fahrzeuge einen Motorschaden aufgewiesen habe. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin berechtige nicht jede Kollision mit einem Fahrzeug dazu, die unfallbeteiligten Fahrzeuge bis zum allfälligen Eintreffen eines Streifenkraftwagens oder von anderen Einsatzfahrzeugen nicht von der Straßenstelle wegzubewegen, an der das jeweilige Fahrzeug zum Stillstand gekommen sei. Vielmehr sei das Wegfahren des Fahrzeuges aus einem für andere Verkehrsteilnehmer geschaffenen bzw. bestehenden Gefahrenbereich insbesondere dann geboten, wenn das Wegfahren des Fahrzeuges ohne ernstliche Gefahr des Entstehens eines schwerwiegenden Schadens für dieses Fahrzeug möglich sei und dadurch die Feststellung des Unfallverlaufes und der allfälligen Verschuldensfrage nicht deutlich erschwert werde. Infolge des Weiterbewegens der Fahrzeuge nach dem Unfall sei das Abstellen des Fahrzeuges auf der ersten Spur der Autobahn nicht geeignet gewesen, die Wahrscheinlichkeit der Klärung des Unfallherganges oder der Verschuldensfrage zu erhöhen. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin angegeben habe, auf Grund des Unfalles sei eine Betonwand im Bereich der ersten Fahrspur beschädigt worden, sei es auch möglich gewesen, jederzeit konkret die Unfallörtlichkeit festzustellen. Wohl sei es aus Anlaß eines Unfalles zulässig, die (daran beteiligten) Fahrzeuge zum Stillstand zu bringen, um einen Ort für das Ausfüllen eines Unfallberichtes zu vereinbaren, doch könne jedes über dieses Anhalten hinausgehende Stehenlassen eines Fahrzeuges nicht mehr als verkehrsbedingt bzw. durch andere Umstände geboten angesehen werden; vielmehr handle es sich hiebei um ein Abstellen des Fahrzeuges. Von einem solchen Abstellen, das infolge seiner über zehn Minuten hinausgehenden Dauer als Parken zu qualifizieren sei, sei im Beschwerdefall ab dem Zeitpunkt, zu dem die Beschwerdeführerin nur mehr auf das Eintreffen der Sicherheitswachebeamten gewartet habe - dies sei 8.35 Uhr gewesen -, auszugehen. Das Verhalten der Beschwerdeführerin sei im Hinblick auf das frühverkehrsbedingte Verkehrsaufkommen und die durch das abgestellte Fahrzeug herbeigeführte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer bzw. die sich daraus ergebende erhöhte Unfallgefahr als besonders rücksichtslos zu werten gewesen.

Die Beschwerdeführerin hält dem im wesentlichen entgegen, sie sei gemäß § 4 Abs. 1 lit. c Straßenverkehrsordnung 1960 verpflichtet gewesen, sich nicht vom Unfallsort zu entfernen und das Eintreffen der Sicherheitswachebeamten abzuwarten. Die Qualifizierung des Anhaltens des Fahrzeuges als Parken sei unzulässig, weil das Anhalten im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 26 leg. cit. nicht durch Zeitablauf zum Parken werde.

Die im § 4 Abs. 1 lit. c StVO. ausgesprochene Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, trifft nach dem Wortlaut dieses Paragraphen alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht. Sie dient offenkundig dem Zweck, den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatbestandes zu erleichtern und zu gewährleisten, daß die Behörde ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild des Unfallherganges, seiner Ursachen und Folgen gewinnt. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes schließt daher grundsätzlich insbesondere das Verbot ein, Veränderungen an der Stellung der vom Unfall betroffenen Fahrzeuge vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1967, Slg. Nr. 7219/67 A).

Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung mit allen daraus entspringenden Folgerungen kann sinnvoll nur dann bestehen, wenn es überhaupt zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Dies trifft immer dann zu, wenn es sich um einen Unfall handelt, bezüglich dessen eine Verständigungspflicht im des § 4 Abs. 2 StVO. besteht; darüber hinaus aber auch, wenn ein am Unfall Beteiligter das Einschreiten eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt oder wenn ein am Unfallsort etwa zufällig anwesendes Sicherheitsorgan aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlaßt. (vgl. abermals das angeführte Erkenntnis).

Hingegen besteht dann, wenn der Sachverhalt einschließlich des Verschuldens auch nach Wegschaffung der Fahrzeuge klar und ohne Schwierigkeiten zu rekonstruieren ist oder die Belassung eines Fahrzeuges an der Unfallstelle eine Klärung nicht herbeizuführen vermag, keine Verpflichtung, das Fahrzeug an der Unfallstelle unverändert zu belassen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Dezember 1973, Zl. 1958/72, und vom 9. Mai 1985, Zl. 85/18/0209).

Im Beschwerdefall hatten die Beschwerdeführerin ebenso wie auch der zweite am Unfall beteiligte Lenker ihr Fahrzeuge von vornherein nicht in der Position belassen, in der sie sich im Zeitpunkt des Unfalles befunden hatten. Aus der Position, in der in der Folge die Fahrzeuge nach dem Weiterfahren zum Stillstand gebracht wurden, konnten somit keinerlei Rückschlüsse auf den Unfallhergang gezogen werden. Eine Verpflichtung zum weiteren Verweilen der Beschwerdeführerin an der von ihr eingenommenen Stelle auf der ersten Spur der Autobahn bestand somit unter diesen in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Umständen nicht. Dies umso weniger, als die Örtlichkeit, an der sich der Verkehrsunfall ereignet hatte, auf Grund von vom Fahrzeug der Beschwerdeführerin stammenden Lackspuren auf einer Betonwand leicht und mit Sicherheit aufgefunden werden konnte.

Daraus folgt, daß das in § 46 Abs. 4 lit. e Straßenverkehrsordnung 1960 enthaltene Verbot des Haltens oder Parkens auf Autobahnen außerhalb der durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Stellen im Beschwerdefall - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - jedenfalls ab dem Zeitpunkt vollinhaltlich zum Tragen kam, ab dem die Beschwerdeführerin nur mehr auf das Erscheinen der fernmündlich angeforderten Sicherheitswachebeamten wartend ihr Fahrzeug auf dem ersten Fahrstreifen der Autobahn abgestellt ließ. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin handelte es sich bei diesem Abstellen auch nicht um ein Anhalten im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 26 StVO, weil das Zum-Stillstand-Bringen ihres Fahrzeuges an dieser Stelle weder durch die Verkehrslage noch durch sonstige wichtige Umstände erzwungen war. Wenn daher die belangte Behörde das über zehn Minuten andauernde Stehenlassen des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin als Parken (§ 2 Abs. 1 Z. 28 leg. cit.) gewertet hat, kann ihr nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe Feststellungen über den Unfallhergang unterlassen, ist ihr entgegenzuhalten, daß im angefochtenen Bescheid mit für das Verständnis des Tatvorwurfs ausreichender Ausführlichkeit auf den der Tat vorangegangenen Verkehrsunfall eingegangen wird. Ein relevanter Mangel an Feststellungen kann daher nicht ersehen werden.

Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. NR 416/1994.

Wien, am 30. September 1998

Schlagworte

Mitwirkung und Feststellung des Sachverhaltes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997020543.X00

Im RIS seit

03.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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