TE Vwgh Beschluss 2019/10/15 Ra 2019/01/0375

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2019
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
10/16 Sonstiges Verfassungsrecht
41/03 Personenstandsrecht

Norm

AdelsaufhG 1919 §1
AdelsaufhG 1919 §2
AdelsaufhG 1919 §4
AdelsaufhV 1919 §2 Z1
B-VG Art133 Abs4
PStG 2013 §42 Abs1
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/01/0376Ra 2019/01/0377Ra 2019/01/0378

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. M K S und 2. M K S, beide in P, sowie 3. M K S und

4. T K S, beide in F, alle vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8/5.01, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Steiermark jeweils vom 5. Februar 2019, Zlen. 1. LVwG 41.20-2829/2018-9, 2. LVwG 41.20-2830/2018-9,

3. LVwG 41.20-2828/2018-9 und 4. LVwG 41.20-2827/2018-11, alle betreffend Berichtigung eines Familiennamens nach dem Personenstandsgesetz 2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Angefochtene Erkenntnisse

1 Mit den (insoweit) angefochtenen Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde in der Sache die (bei der Eheschließung am 13. August 2004 bzw. am 30. März 2000 erfolgte) Eintragung des Familiennamens der Revisionswerber "von K S" jeweils von Amts wegen (gemäß § 42 Abs. 1 Personenstandsgesetz 2013 - PStG 2013) auf "K S" berichtigt und der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurückgewiesen (I.). Eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt (II.). 2 Begründend verwies das Verwaltungsgericht auf § 42 Abs. 1 PStG 2013 sowie die §§ 1 und 2 Adelsaufhebungsgesetz und führte weiter aus, das Recht zur Führung des Adelszeichens "von" sei nach der Vollzugsanweisung vom 18. April 1919 über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. 237/1919 idF BGBl. Nr. 50/1948 (im Folgenden: Vollzugsanweisung) iVm § 4 Adelsaufhebungsgesetz aufgehoben.

3 Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) im Erkenntnis vom 1. März 2018, E 4354/2017, sei das Wort "von" grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, ohne es darauf ankomme, ob die konkrete Namens- oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweise. Angesichts dieser eindeutigen Rechtsprechung des VfGH komme die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG nicht in Frage.

Beschluss des VfGH E 1042-1047/2019

4 Gegen diese Erkenntnisse erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den VfGH. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2019, E 1042-1047/2019, ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 Begründend führte der VfGH unter anderem aus:

"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als der Sache nach eine dem Art. 8 EMRK und dem Gleichheitssatz widersprechende Anwendung der die angefochtenen Entscheidungen tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen angesichts der besonderen Funktion zur Herstellung demokratischer Gleichheit, die dem Gesetz vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. 211/1919 idF BGBl. I 2/2008, zukommt, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zur - verfassungsrechtlichen - Adelsaufhebung und dem - verhältnismäßigen - Verbot der Führung des Adelszeichens ‚von' vgl. VfSlg. 17.060/2003, 19.891/2014; VfGH 1.3.2018, E 4354/2017) und des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. EuGH 22.12.2010, Rs C-208/09, Sayn-Wittgenstein, Slg. 2010, I-13693) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (siehe im Übrigen auch VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0028)". 6 Sodann erhoben die Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Zulässigkeit

Allgemein

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Zulässigkeitsvorbringen

10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob auch Namenszusätze, die nachweislich keine historischen Adelstitel darstellten, gemäß § 42 Abs. 1 PStG 2013 iVm dem Adelsaufhebungsgesetz und § 2 der Vollzugsanweisung berichtigt werden könnten. Es fehle Rechtsprechung dazu, ob das Adelsaufhebungsgesetz auch auf nicht-adelige Namen anwendbar sei. Weiters habe das Verwaltungsgericht (nach Auffassung des Revisionswerbers) seiner Entscheidung eine falsche Auslegung der höchstgerichtlichen Entscheidung des VfGH zugrundegelegt und außerdem zwei unterschiedlichen Sachverhalten dieselbe Rechtsfolge unterstellt. Damit weiche das bekämpfte Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Ausschluss von Adelsbezeichnungen

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung - an die Rechtsprechung des VfGH anknüpfend - klargestellt, dass das in Österreich im Verfassungsrang stehende Adelsaufhebungsgesetz für österreichische Staatsbürger sowohl den Erwerb von Namensbestandteilen oder -zusätzen, die im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen, ausschließt, als auch dass eine Person, für die eine solche Adelsbezeichnung nach anderem als nach österreichischem Recht Bestandteil ihres Namens ist, diese nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterführt (vgl. jüngst VwGH 13.8.2019, Ra 2019/01/0216-0218, mwN). 12 In dieser Rechtsprechung hat sich der Verwaltungsgerichtshof auch auf das Erkenntnis des VfGH vom 1. März 2018, E 4354/2017, VfSlg. 20.234, bezogen, welches in der vorliegenden Revisionssache vom Verwaltungsgericht tragend ins Treffen geführt wurde.

Das Wort "von"

13 Nach dieser Rechtsprechung des VfGH ist eine entsprechende Führung des durch § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung als Namensbestandteil verbotenen Wortes "von" grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, ohne dass es darauf ankommt, ob die konkrete Namens- oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Hinblick auf das im Verfassungsrang stehende Adelsaufhebungsgesetz diesen Erwägungen angeschlossen (vgl. auch hiezu VwGH 13.8.2019, Ra 2019/01/0216-0218, mit Verweis auf VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0028. Auf letztgenannte Entscheidung verweist wiederum der VfGH betreffend die vorliegende Rechtssache in VfGH 11.6.2019, E 1042-1047/2019).

Ergebnis

14 Angesichts dieser übereinstimmenden und eindeutigen Rechtsprechung der Höchstgerichte werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. Oktober 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010375.L00

Im RIS seit

09.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten