TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/30 98/20/0358

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Veröffentlicht am 30.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §37;
WaffG 1986 §17 Abs2 impl;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des C G in X, vertreten durch Dr. Walter Anderl, Rechtsanwalt in 6290 Mayrhofen, Waldbadstraße 537, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 6. Juli 1998, Zl. Wa 16/98, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 28. Mai 1998, mit dem dem Beschwerdeführer die Ausstellung des begehrten Waffenpasses versagt worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage im wesentlichen aus, sie habe gegen die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers keine Bedenken. Der Beschwerdeführer habe allerdings den von ihm zu erbringenden Nachweis eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nicht erbracht. Der Beschwerdeführer habe seinen Bedarf lediglich damit begründet, daß er "Geldtransporte vom Restaurant B zur Bank in X" durchführen müsse. Er sei geschäftsführender Gesellschafter der Alpengasthof B KG am Y (Skigebiet in X). Der gegenständliche Restaurationsbetrieb der Gesellschaft, "bei der (der Beschwerdeführer) zu 95 % Eigentümer und gleichzeitig handelsrechtlicher Gesellschafter" sei, befinde sich ca. 50 m neben der Bergstation der Y-Bahn, mit der das Ortszentrum von X in ca. 15 min. erreichbar sei. Die Y-Bahn sei von Mitte Dezember bis ca. Mitte April (Ostern) und von ca. Ende Mai (ab Pfingsten) bis ca. 15. Oktober von 8.30 Uhr bis 17.00 Uhr in Betrieb. Die Umsätze seien vor allem in der Wintersaison und besonders in den Saisonspitzen (Weihnachten und Faschingszeit) am höchsten. Der Beschwerdeführer verfüge zwar im Restaurationsbetrieb über Sicherheitseinrichtungen (wie Safe und dgl.), jedoch sei er darauf angewiesen, das eingegangene Bargeld ca. dreimal pro Woche auf die Bank in X zu bringen. Hiebei habe er Barbeträge von durchschnittlich S 300.000,-- bis S 400.000,-- bei sich. Im Hinblick auf die abgelegene und exponierte Strecke - im Sommer fahre er überwiegend mit einem Geländeauto, im Winter entweder mit der Y-Bahn oder mit einem eigenen Pistengerät - erscheine das Führen einer Waffe zum Zweck der Selbstverteidigung im Falle eines Raubversuches als notwendig. In X bzw. Z, einem Nachbarort gäbe es keine Sicherheitsfirma, die Transporte von höheren Geldbeträgen durchführe. Es müßte daher eine Firma aus A einen Mitarbeiter senden, was eine unzumutbare Preisbelastung darstellen würde. Innerhalb der letzten 43 Jahre seien die Umsätze von seinem Vater bzw. nunmehr vom Beschwerdeführer ca. dreimal pro Woche oder bei starkem Betrieb auch seltener ins Tal gebracht worden. Bisher sei weder er noch sein Vater jemals beim Geldtransport außerhalb des Hauses überfallen worden. Ein solcher Vorfall sei ihm auch von anderen Betrieben im Großraumskibetrieb nicht bekannt.

Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde entgegen, daß daraus keine qualifizierte Gefahrenlage abzuleiten sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine solche zu verneinen, wenn die Beförderung nicht zur Nachtzeit durchgeführt werden müsse, nicht durch bekannt unsichere Gegend führe und auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestünden, daß der Geldbote dem besonderen Risiko eines Angriffs ausgesetzt sein könnte. Im vorliegenden Fall müsse weder der Beschwerdeführer noch sein Geldbote die Beförderung des Bargeldes zur Nachtzeit ins Tal durchführen. Ein derartiger Transport führe weder durch bekannt unsichere Gegenden noch lägen irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür vor, daß bei Durchführung des Geldtransportes ein besonderes Risiko eines Angriffs bestünde. Daran änderten auch die vom Beschwerdeführer erwähnten vier Einbruchsdiebstähle bei benachbarten Betrieben in der vergangenen Wintersaison (mit einem Gesamtschaden von ca. S 25.000,-- bis S 30.000,--) nichts. Die Durchführung der erwähnten Geldtransporte könne demnach keine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers dartun.

Eine Ausstellung des Waffenpasses komme im gegebenen Fall auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung nicht in Betracht. Das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren sei hoch einzuschätzen. Das Führen von Waffen selbst durch verläßliche Personen bringe Gefahren für das Leben und die Gesundheit dieser Personen selbst und für unbeteiligte Dritte mit sich, weshalb zur Wahrung des Rechtsfriedens eine möglichst geringe und überschaubare Anzahl von Waffenträgern wesentlich beitrage. Im Falle der Ausstellung eines Waffenpasses an den Beschwerdeführer dürfte ein solcher auch allen anderen verläßlichen Geschäftsleuten, die größere Bargeldbeträge oder andere Wertsachen mit sich transportieren, nicht versagt werden. Weiters sei zu beachten, daß die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände nicht einmal an einen Bedarf heranreichten, somit auch nicht so berücksichtigungswürdig seien, daß eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses in Kauf genommen werden könnte. Eine Alternative zum Führen einer Faustfeuerwaffe sei die Durchführung der Geldtransporte durch einen privaten Begleitschutz. Im übrigen könne der Beschwerdeführer bzw. sein Geldbote das eingenommene Geld täglich - mit der Gondelbahn - ins Tal zur Bank transportieren, wodurch der transportierte Geldbetrag nicht allzu hoch wäre. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Kostenargument bzw. die Zeitfrage könne für ihn kein günstigeres Ergebnis bringen. Daß man bereits überfallen worden sein müßte, um einen Waffenpaß ausgestellt zu erhalten, sei nicht Voraussetzung für die Ausstellung eines Waffenpasses, wohl aber die Erfüllung der bereits angeführten - beim Beschwerdeführer nicht vorliegenden - Kriterien.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen hat:

§ 21 Abs. 2, § 22 Abs. 2 und § 10 des im Beschwerdefall anzuwendenden WaffG 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, lauten:

§ 21

...

(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

...

§ 22

...

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

§ 10

Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist."

Die belangte Behörde hat die Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 21 Abs. 2 WaffG 1996 nicht in Frage gestellt und einen Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses mit der Begründung verneint, der Beschwerdeführer habe keinen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachgewiesen.

Die vorliegende Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, wonach auch unter Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer selbst geschilderte Situation im Skigebiet X keinerlei Anhaltspunkte dafür bestünden, daß der Beschwerdeführer bzw. sein Geldbote bei Durchführung von Geldtransporten einem besonderen Sicherheitsrisiko (etwa aufgrund der Kriminalstatistik für dieses Gebiet oder sonstiger besonders gelagerter Umstände) ausgesetzt wäre. Wie schon im wiedergegebenen Antragsvorbringen des Beschwerdeführers vertritt die Beschwerde vielmehr die Auffassung, allein der erforderliche Geldtransport vom Restaurantbetrieb des Beschwerdeführers von der Bergstation der Y-Bahn ins Tal begründe einen Bedarf an der Ausstellung des gewünschten Waffenpasses, weil der Beschwerdeführer den Transport mangels der Möglichkeit einer anderen zeitlichen Einteilung bzw. aus Kostengründen mit seinem Geländewagen im Sommer bzw. mit seinem Pistengerät im Winter durch ein unwegsames Gelände durchführen müsse. Ein von A aus zu organisierender Begleitschutz sei ihm nicht zumutbar, weil zu teuer.

Wie bereits aber die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, ist es ausgehend von der dargestellten Rechtslage allein Sache des Waffenpaßwerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG 1996 die dort geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer hatte daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, daß diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam entgegengetreten werden kann (vgl. die zu § 18 Abs. 1 WaffG 1986 ergangene, angesichts der insoweit inhaltlich gleichlautenden Norm des § 21 Abs. 2 WaffG 1996 weiterhin relevante Rechtsprechung etwa im hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0311). Der Beschwerdeführer hat auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weder in hinreichender Weise konkret aufgezeigt, inwieweit die Entgegennahme und der Transport wenn auch größerer Geldbeträge u.a. auch in den Abendstunden eine über das für jedermann bestehende Zufallsrisiko hinausgehende Gefahr bedeuten soll, noch dargetan, daß diese Gefahr eine solche ist, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe wirksam begegnet werden könnte. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Vielzahl von Erkenntnissen dargelegt, daß die Durchführung von Geldtransporten auch in den Abendstunden und selbst das Mitsichführen von S 1,000.000,-- übersteigenden Beträgen nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt (vgl. dazu das insoweit ebenfalls weiter relevante hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 95/20/0075, und die dort angeführte Judikatur). Der Beschwerdeführer hat insbesondere auch nicht konkret dargelegt, daß das von ihm behauptete Risiko bei der Durchführung der Geldtransporte nicht etwa durch andere Maßnahmen, wie zum Beispiel durch eine andere zeitliche Einteilung zweckmäßiger als durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe verringert werden könnte. Es ist überhaupt nicht ersichtlich, warum der Beschwerdeführer nicht - wie schon von der Behörde vorgeschlagen - Geldbeträge während der Betriebszeiten der Y-Bahn über diesen Weg zur Bank in X transportieren könnte. Vielmehr erfordert es das öffentliche Interesse, die mit dem Führen von Faustfeuerwaffen auch durch verläßliche Personen verbundenen Gefahren möglichst gering zu halten, daß Einzelpersonen oder Unternehmen, die sich einer Gefährdung ausgesetzt erachten, zunächst im zumutbaren Rahmen alle, auch sie belastende, Maßnahmen ergreifen, um diese von ihnen als gegeben angenommenen Gefahren zu verringern (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1992, Zl. 92/01/0405).

Da der Beschwerdeführer gegen die im Rahmen der Ermessenserwägung von der Behörde angestellten Ausführungen nichts vorbringt bzw. lediglich anmerkt, er habe den Eindruck, es müsse für den Erhalt eines Waffenpasses zunächst der Nachweis eines bereits stattgefundenen Raubüberfalles erbracht werden, genügt ein Hinweis darauf, daß die belangte Behörde die Bedeutung des nach § 10 WaffG 1996 zu berücksichtigenden öffentlichen Interesses an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr zutreffend als sehr hoch veranschlagt hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1998, Zl. 96/20/0742). Der Beschwerdeführer hat auf andere als die zur Darlegung seines vermeintlichen Bedarfs behaupteten, von der belangten Behörde in dieser Hinsicht aber richtig eingeschätzten Interessen am Führen von Faustfeuerwaffen nicht zu verweisen vermocht.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 30. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998200358.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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