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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des A M, vertreten durch Mag. Peter Linser, Rechtsanwalt in 6460 Imst, Stadtplatz 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. September 2018, W168 2176414-1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 12. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei im Iran aufgewachsen, wo sein Vater von afghanischen Geschäftspartnern ermordet worden sei. Aus Angst vor den Mördern habe er den Iran verlassen. 2 Mit Bescheid vom 17. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Das BVwG stellte - soweit entscheidungsrelevant - fest, für den Revisionswerber bestehe bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedlung außerhalb seiner Heimatprovinz, "insbesondere in der Stadt Kabul oder Mazar-e Sharif", keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung kam das BVwG zu dem Ergebnis, unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Revisionswerbers sei in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung "in den Städten insbesondere Kabul, oder auch Mazar-e Sharif bzw. Herat" in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner u. a. durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte zu erleiden. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Länderfeststellungen zu Afghanistan beträfen nur die Jahre 2016 und 2017 und seien daher veraltet. Das BVwG habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder aktuelle Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat getroffen noch die aktuellen UNHCR-Richtlinien (zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018), denen zufolge in Kabul generell keine interne Flucht- oder Schutzalternative zur Verfügung stehe, berücksichtigt. 9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Asylbehörden bei den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen. Das gilt ebenso für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Es reicht aber nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2018/19/0644, mwN).
10 Eine solche Relevanz legt die vorliegende Revision mit der bloßen Behauptung, die Sicherheitslage in Afghanistan sei "nach wie vor höchst volatil", nicht dar.
11 Insoweit sich die Revision unter Berufung auf die genannten UNHCR-Richtlinien gegen die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul wendet, hängt sie von der in diesem Zusammenhang behaupteten Rechtsfrage nicht ab, weil das BVwG - wie dargelegt - jedenfalls auch von einer innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif ausgegangen ist, wogegen sich die Revision aber nicht wendet (vgl. zu ähnlichen Fallkonstellationen VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0187; 26.3.2019, Ra 2019/19/0010, mwN; 28.3.2019, Ra 2018/14/0315).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 23. Oktober 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190559.L00Im RIS seit
09.12.2019Zuletzt aktualisiert am
09.12.2019