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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §9 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision der D P, vertreten durch Dr. Thomas Romauch und Dr. Elke Romauch, Rechtsanwälte in 9201 Krumpendorf, Koschatweg 19/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2019, Zl. G307 2195615-1/7E, betreffend insbesondere Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine serbische Staatsangehörige, hält sich seit November 2000 in Österreich auf. Sie verfügte über Aufenthaltstitel, zuletzt über eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus mit Gültigkeit bis zum 16. März 2018. Sie wurde seit 2003 14 Mal strafgerichtlich verurteilt. Den Verurteilungen lagen überwiegend Eigentumsdelikte zugrunde; die letzte Verurteilung vom 31. Jänner 2018 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten erfolgte wegen Suchtmittelhandels und unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften.
2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12. April 2018 wurde gegen die Revisionswerberin - in Verbindung mit dem Ausspruch, dass ihr ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde - gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen; unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig sei; gemäß § 53 Abs. 1 und 3 Z 1 FPG wurde ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Revisionswerberin gemäß § 55 FPG eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise eingeräumt werde. 4 Das Bundesverwaltungsgericht ging bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG davon aus, dass sich der Integrationsgrad der Revisionswerberin im Verhältnis zu ihrer langen Aufenthaltsdauer als "äußerst gering" erweise. Sie sei geschieden und lebe in keiner Beziehung; ihre beiden volljährigen Söhne seien selbsterhaltungsfähig. Sie sei während ihres Aufenthalts in Österreich insgesamt ein Jahr und achteinhalb Monate bei sieben verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen. Ihr Privat- und Familienleben sei auch durch ihr jahrelanges strafbares Verhalten stark relativiert. Das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres Aufenthalts überwiege daher ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich. Es lägen auch keine Umstände vor, die die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 indiziert hätten.
5 In Bezug auf das Einreiseverbot bejahte das Bundesverwaltungsgericht eine von der Revisionswerberin ausgehende schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 53 Abs. 3 FPG, wobei es einerseits die Verurteilung nach dem SMG und andererseits die "durchgehende Verurteilungskette" über einen Zeitraum von 15 Jahren hervorhob. Die Erlassung des Einreiseverbots sei auch im Sinn des Art. 8 EMRK dringend geboten, sodass ihm die gegenläufigen privaten Interessen der Revisionswerberin nicht entgegenstünden.
6 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemä?? Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
9 Unter diesem Gesichtspunkt bringt die Revisionswerberin zunächst vor, dass ihr ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 zu erteilen gewesen wäre, weil sie "seit mindestens einem Jahr geduldet" sei; dass aber die Voraussetzungen für eine Duldung nach § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG vorgelegen wären, wird nicht dargelegt und ist auch in keiner Weise ersichtlich. 10 Weiters wendet sich die Revisionswerberin gegen die Gefährdungsprognose des Bundesverwaltungsgerichts. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Interessenabwägung und der Gefährdungsprognose bei Erlassung eines Einreiseverbotes stets eine Beurteilung zugrunde zu legen ist, die unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen wird. Das bedeutet zum einen, dass die Interessenabwägung und die Gefährdungsprognose als Ergebnis einer Einzelfallbeurteilung im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgten und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurden - nicht revisibel sind (vgl. etwa VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0111, Rn 15, mwN); zum anderen folgt daraus aber auch, dass es von vornherein verfehlt ist, eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder eine unschlüssige Begründung des Bundesverwaltungsgerichts durch das Herausstreichen von punktuellen Unterschieden zwischen derartigen Einzelfallbeurteilungen bzw. den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalten belegen zu wollen, wie es die Revision versucht. Im vorliegenden Fall war es jedenfalls nicht unvertretbar, dass das Bundesverwaltungsgericht in der gebotenen Gesamtbetrachtung - nachdem es sich von der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck verschafft hatte - die für ein Einreiseverbot nach § 53 Abs. 1 und 3 FPG erforderliche Gefährdungsprognose bejaht hat.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210285.L00Im RIS seit
10.12.2019Zuletzt aktualisiert am
10.12.2019