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E000 EU- Recht allgemeinNorm
BFA-VG 2014 §9Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des G P L (alias A T C), in Wien, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das am 27. Mai 2019 mündlich verkündete und mit 12. Juni 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, G301 1415661-4/7E, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Jamaika, reiste via Frankfurt Mitte November 2009 unter Verwendung eines auf eine andere Person ausgestellten Reisepasses und eines unter dieser Identität erschlichenen Visums nach Österreich ein. Er besuchte hier eine österreichische Freundin namens A. B., die er nach seinen Angaben während ihres Urlaubs in Jamaika kennen gelernt hatte.
2 Bereits kurz nach seiner Einreise wurde der Revisionswerber jedoch gegenüber A. B. gewalttätig und deshalb mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23. Dezember 2009 wegen (teilweise versuchter) schwerer Nötigung gemäß §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 und § 15 StGB, wegen (teilweise versuchter) Nötigung gemäß §§ 105 Abs. 1 und 15 StGB, wegen gefährlicher Drohung gemäß § 107 Abs. 1 und 2 StGB, wegen gefährlicher Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB und wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.
3 Dem Revisionswerber wurde - dem Inhalt dieses in den Verwaltungsakten aufliegenden Strafurteils zufolge - zur Last gelegt, er habe A. B. am 29. November 2009 am Körper verletzt, indem er sie in das Schlafzimmer und anschließend auf das Bett gestoßen sowie ihr dabei den Kopf verdreht und sie gewürgt habe, wodurch sie Blutergüsse erlitten habe. Während dessen habe der Revisionswerber sie durch die Äußerung, sonst bringe er sie um, dazu genötigt, sich nicht zu bewegen. Überdies habe er sein Opfer zu nötigen versucht, indem er es gewürgt und ihm mit der anderen Hand den Mund zugehalten habe, während er geäußert habe, sie sei eine Hure, die mit jedem schlafe und außerdem sowieso noch mit ihrem Ex-Mann zusammen sei und sie solle das zugeben. Außerdem habe er sie durch die sinngemäße Äußerung gefährlich bedroht, er werde ihr das Gesicht zertrümmern, sodass sie nie wieder so aussehen werde wie jetzt.
Des Weiteren wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe A. B. am 2. Dezember 2009 neuerlich näher beschriebene Körperverletzungen zugefügt, indem er ihr den Kopf verdreht, sie vom Sessel gerissen und anschließend ihren Kopf wiederholt gegen die Wand geschlagen, ihr mehrfach mit der flachen Hand und der Faust Schläge ins Gesicht versetzt, sie zweimal in die Nase gebissen und seine Finger in ihre Augenhöhle gedrückt sowie sie mehrmals mit einer Hand gewürgt und ihr mit der anderen Hand den Mund und die Nase zugehalten habe. Während dieser Tathandlungen habe er sie zum Ausziehen von Hose und Unterhose genötigt sowie auch zur Abstandnahme von Hilferufen durch die wiederholte Äußerung genötigt, er werde sie umbringen, wenn sie ein Geräusch von sich gebe bzw. nach ihrem Sohn rufe. Schließlich habe der Revisionswerber sie noch gefährlich bedroht, indem er eine brennende Zigarette unmittelbar an ihren unbekleideten Schambereich gehalten und geäußert habe, es werde aus allen Körperöffnungen Blut herausdringen.
4 Das Strafgericht wertete mildernd, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, sowie ein sehr eingeschränktes Teilgeständnis und eine gewisse Reumütigkeit, erschwerend hingegen das Zusammentreffen zahlreicher Vergehen, die relativ lange und massive Dauer der Tathandlungen sowie die demütigende Begehungsweise. Erschwerend war für das Strafgericht des Weiteren die ansatzlose Begehung der Tat ohne begreiflichen Anlass. Als Erschwerungsgrund wurde dann noch ausdrücklich eine "einschlägige Vorstrafe in den USA" genannt, die nur durch die Angaben des Revisionswerbers bekannt geworden sei, was insofern mildernd gewertet wurde.
5 Der Revisionswerber wurde auch noch mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 22. September 2011 wegen einer während der Anhaltung in Strafhaft begangenen gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten rechtskräftig verurteilt. Aus der Strafhaft wurde der Revisionswerber (erst) nach vollständiger Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafen am 2. April 2012 entlassen.
6 Im Hinblick auf die erwähnten Straftaten erließ die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 22. Februar 2010 gegen den Revisionswerber ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Die dagegen erhobene Berufung wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Bescheid vom 1. April 2010 ab.
7 Bereits davor, nämlich am 27. Jänner 2010, hatte der Revisionswerber einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4. Mai 2011 - verbunden mit einer Ausweisung des Revisionswerbers nach Jamaika - als unbegründet abgewiesen wurde.
8 Noch während der Anhaltung in Strafhaft stellte der Revisionswerber am 1. Februar 2012 einen Asylfolgeantrag, der vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 9. Februar 2012, bestätigt durch Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16. April 2012, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Unter einem erging neuerlich eine Ausweisung des Revisionswerbers nach Jamaika.
9 Der Revisionswerber leistete den gegen ihn ergangenen Ausreisebefehlen keine Folge, sondern verblieb in Österreich und stellte am 22. August 2013 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz, den er letztlich (am 5. Februar 2018) wieder zurückzog. Der Revisionswerber hatte nämlich am 15. November 2013 eine in Österreich aufenthaltsberechtigte ungarische Staatsangehörige geheiratet und ihm war deshalb von der Niederlassungsbehörde am 3. Juni 2015 eine Aufenthaltskarte ausgestellt worden.
10 Mit dem im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheid vom 22. Februar 2019 verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen den Revisionswerber gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Der Revisionswerber war nämlich mittlerweile mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. September 2017 wegen des (teilweise versuchten) unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG und § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, die bis zum 3. Mai 2018 vollzogen wurde. Dem Schuldspruch zufolge wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, am 15. August 2017 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich drei "Baggys" Cannabiskraut (zu insgesamt 4,1 Gramm), auf einer öffentlichen Verkehrsfläche verkauft zu haben und anderen zu überlassen versucht zu haben, indem er weitere siebzehn fertig portionierte "Baggys" Cannabiskraut (zu insgesamt 22,4 Gramm) zum unmittelbar bevorstehenden Verkauf bereitgehalten habe.
11 Der gegen den Bescheid vom 22. Februar 2019 erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2019 mit dem angefochtenen Erkenntnis dahin Folge, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf vier Jahre herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG noch aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
12 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
14 Unter diesem Gesichtspunkt bemängelt der Revisionswerber einzelne Begründungselemente im angefochtenen Erkenntnis, denen jedoch keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt. 15 Das gilt zunächst für die im Rahmen der rechtlichen Beurteilung vom BVwG zu Unrecht unterstellte Verurteilung des Revisionswerbers wegen gewerbsmäßiger Begehung von Suchtmittelverkäufen. Die Gravidität dieser Straftat ergibt sich nämlich einerseits schon aus dem strafsatzerhöhenden Umstand des Suchtgiftverkaufs an einem öffentlich zugänglichen Ort und andererseits aus der Tatsache, dass vom Revisionswerber allein an diesem Tag evident eine Mehrzahl an Suchtgiftverkäufen geplant war. Im Zusammenhang mit der darauf gegründeten Gefährdungsprognose durfte das BVwG - entgegen der Meinung in der Revision - aber auch einbeziehen, dass der Revisionswerber während seines Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten von Amerika im Zeitraum 1999 bis 2008 wegen Drogendelikten ("Dealens und Bandenbildung") neun Jahre in Strafhaft war. Einerseits fußt diese Annahme nämlich auf den eigenen Angaben des Revisionswerbers in der Vernehmung vor dem Bundesasylamt am 26. Mai 2010, die er in diesem Sinn auch schon in seiner Erstbefragung zum Antrag auf internationalen Schutz am 27. Jänner 2010 getätigt hatte, und andererseits wurde dieser Umstand - wie erwähnt - ebenfalls auf den Angaben des Revisionswerbers beruhend auch schon vom Strafgericht bei der ersten Verurteilung als Erschwerungsgrund berücksichtigt. Eine weitere Detailkenntnis ist - entgegen den Revisionsausführungen - in Bezug auf diesen unterstützenden Aspekt nicht erforderlich, sprechen doch die vom Revisionswerber getätigte Deliktsumschreibung und die lange Dauer der verhängten Freiheitsstrafe für sich. Im Übrigen bestritt die Ehefrau des Revisionswerbers bei ihrer niederschriftlichen Befragung am 11. Jänner 2018 vor dem BFA den Vorhalt, dass ihr Ehemann "sichtlich ein Drogenproblem" habe, nicht. Vielmehr gestand sie zu, in letzter Zeit sei sein Marihuanakonsum "sehr viel" geworden, was für beide eine große Belastung sei. Dass dieser Umstand die bei Suchtgiftdelikten generell gegebene und sich im vorliegenden Fall schon verwirklichte Wiederholungsgefahr in Verbindung mit der Einkommenslosigkeit des bisher in Österreich (abgesehen von einer kurzfristigen Beschäftigung zuletzt im Jahr 2016) nicht berufstätigen Revisionswerbers weiter erhöht, bedarf keiner weiteren Erörterung.
16 Vor diesem Hintergrund war es jedenfalls vertretbar, dass das BVwG auch unter Verwertung des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber insgesamt vom Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") ausgegangen ist. Entgegen der Meinung in der Revision ist dafür irrelevant, ob der Revisionswerber in der Beschwerde ein "reumütiges Vorbringen" erstattet hat (so die Revision) oder nicht (so das BVwG). 17 In diesem Zusammenhang wird in der Revision zwar auch noch die Auffassung vertreten, das BVwG habe nicht auf diesen (erhöhten) Gefährdungsmaßstab abgestellt. Richtig ist, dass einzelne in der Revision zitierte Passagen im angefochtenen Erkenntnis insoweit missverständlich sein könnten. Jedoch kann angesichts der Bestätigung des vom BFA ausdrücklich gemäß § 67 Abs. 1 FPG erlassenen Aufenthaltsverbotes, der Zitierung dieser Bestimmung bei Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften und der die fallbezogene rechtliche Beurteilung einleitenden Klarstellung, dass der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG anzuwenden sei (siehe Seite 9 unten des angefochtenen Erkenntnisses), kein Zweifel bestehen, dass das BVwG das Vorliegen einer entsprechenden Gefährdung unterstellte, zumal es auf Seite 12 dann auch noch ausdrücklich ausführte, es könne "der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Verhalten von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Aufenthaltsverbotes erforderlich machen würde" (siehe in diesem Sinn überdies auch Seite 10 Mitte). Der diesbezügliche Einwand in der Revision verfängt daher nicht.
18 Der Revisionswerber kritisiert dann noch, dass ihm das BVwG vorgeworfen habe, er sei anfangs unter falscher Identität aufgetreten, habe drei letztlich unbegründete und daher erfolglose Anträge auf internationalen Schutz gestellt und das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot nicht befolgt. Richtig ist zwar, dass aus diesen Umständen - im Hinblick auf das durch Ausstellung der Aufenthaltskarte Mitte 2015 mittlerweile eingeräumte Aufenthaltsrecht - keine aktuelle Gefährdung in Bezug auf ein geordnetes Fremdenwesen abgeleitet werden kann, sie relativieren aber die Dauer des Aufenthalts in Österreich, der sich im Übrigen in den ersten zweieinhalb Jahren nur durch die Anhaltung in Strafhaft ergab, in maßgeblicher Weise. Entgegen der Meinung in der Revision durfte das BVwG unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG zum Nachteil des Revisionswerbers aber auch berücksichtigen, dass die Eheschließung während unsicheren Aufenthalts erfolgte, bestand doch damals gegen ihn ein rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot. Entgegen der Meinung in der Revision führte dann die Heirat mit einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin nicht "ex lege umgehend", somit bedingungslos, zu einem hiervon abgeleiteten Aufenthaltsrecht des Revisionswerbers, war doch schon wegen des aufrechten Aufenthaltsverbots indiziert, dass eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit weiterhin vorlag (vgl. dazu des Näheren VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, Rn. 15 und 16). So hat der Revisionswerber die Aufenthaltskarte auch erst im Juni 2015 erhalten, ist aber ungeachtet dessen bereits etwa zwei Jahre später in Österreich neuerlich, nunmehr in Form von Suchtgifthandel, somit - wie auch die Revision zugesteht: einschlägig - straffällig geworden. Vor diesem Hintergrund kann auch die vom BVwG gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung, bei der zu Recht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten der hier in Rede stehenden Art einbezogen wurde, nicht als unvertretbar angesehen werden, wurde doch den familiären Bindungen durch eine deutliche Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbotes ohnehin ausreichend Rechnung getragen. Da für diese Zeit trotz der in der Revision auch noch ins Treffen geführten Diabetes-Erkrankung der Ehefrau des Revisionswerbers im öffentlichen Interesse auch eine Trennung hinzunehmen ist, kommt es - entgegen der Meinung in der Revision - nicht darauf an, ob sie ein gemeinsames Familienleben in Ungarn führen könnten, wie das BVwG an einer Stelle seines Erkenntnisses auch in Betracht zog.
19 Schließlich sieht die Revision noch eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht in Bezug auf eine beim Revisionswerber gegebene und von seiner Ehefrau in ihrer Vernehmung erwähnte psychische Krankheit, die sein Interesse an einem Verbleib in Österreich maßgeblich erhöhe. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass eine solche Krankheit weder in der Beschwerde noch in der Verhandlung vor dem BVwG zum Thema gemacht wurde. Richtig ist zwar, dass die Ehefrau des Revisionswerbers bei ihrer niederschriftlichen Befragung am 11. Jänner 2018 dessen psychische Probleme erwähnte, die mit den Drogenproblemen ineinander greifen würden. Das begleite sie schon die ganze Ehe, wobei - so lassen sich ihre Angaben insoweit zusammenfassen - ihre Versuche, den Revisionswerber nachhaltig zu Therapien zu bewegen, letztlich nicht erfolgreich gewesen seien. Bei dieser Ausgangslage war es aber jedenfalls vertretbar, dass das BVwG ohne diesbezügliches konkretes Vorbringen von Seiten des Revisionswerbers dazu keine weiteren Ermittlungen anstellte. Ein wesentlicher Verfahrens- und Begründungsmangel, der die Zulässigkeit der Revision nach sich ziehen könnte, wird daher auch diesbezüglich nicht aufgezeigt. 20 Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und für die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbotes (vgl. dazu die Nachweise in VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, Rn. 12).
21 Da diese Voraussetzungen - wie dargelegt - im vorliegenden Fall erfüllt sind, liegen entscheidungswesentliche grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, sodass die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Wien, am 24. Oktober 2019
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210199.L00Im RIS seit
09.12.2019Zuletzt aktualisiert am
09.12.2019