TE Vwgh Erkenntnis 2019/10/24 Ra 2019/21/0174

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Veröffentlicht am 24.10.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §13 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs9 Z2
AVG §56
AVG §68 Abs1
BFA-VG 2014 §16 Abs2 Z1
BFA-VG 2014 §16 Abs4
BFA-VG 2014 §17 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des K A S, in S, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen Spruchpunkt A.2. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Mai 2019, I411 1314905-3/3E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Der bekämpfte Spruchpunkt A.2. des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte nach seiner Einreise erstmals am 20. Juli 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, der in Verbindung mit einer Ausweisung nach Nigeria mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. September 2007 zur Gänze abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Juni 2013 als unbegründet ab.

2 In der Folge stellte der Revisionswerber persönlich und dann in seiner Begründung ergänzt durch Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 1. Juni 2015 den Antrag, ihm einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens zu erteilen. 3 Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 27. September 2016 gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AylG 2005 - weil der Revisionswerber im Sinne des ersten Falles dieser Bestimmung bereits über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 verfüge - als unzulässig zurück.

4 Die dagegen erhobenen Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem vorliegend angefochtenen Spruchpunkt A.2. des Erkenntnisses vom 13. Mai 2019 als unbegründet ab. Dabei ging das BVwG - wie schon das BFA - davon aus, der Revisionswerber habe am 12. November 2015 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt, aufgrund dessen er gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 zum Aufenthalt berechtigt sei. Das BFA habe den Antrag daher zu Recht nach § 58 Abs. 9 Z 2 erster Fall AsylG 2005 zurückgewiesen.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen hat:

6 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - nach § 25a Abs. 1 VwGG in seinem Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist, hat die Revision zufolge § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Zulässigkeit einer solchen außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof dann im Rahmen dieser vorgebrachten Gründe zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

7 In dieser Hinsicht macht die Revision geltend, dass die Annahme des BVwG, im vorliegenden Fall sei der Zurückweisungsgrund des § 58 Abs. 9 Z 2 erster Fall AsylG 2005 vorgelegen, nicht nachvollziehbar sei. Das trifft zu, weshalb sich die Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig und auch als berechtigt erweist.

8 Vorauszuschicken ist, dass Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG war, ob das BFA den Antrag des Revisionswerbers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 mit Bescheid vom 27. September 2016 zu Recht im Grunde des § 58 Abs. 9 Z 2 erster Fall AsylG 2005 zurückgewiesen hatte. Nach dieser Bestimmung ist ein solcher Antrag zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige bereits über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 verfügt. Das unterstellte das BVwG unter Bezugnahme auf § 13 Abs. 1 AsylG 2005. Danach ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, (insbesondere) bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

9 Nun haben zwar weder das BFA noch das BVwG festgestellt, das Verfahren über den Asylfolgeantrag des Revisionswerbers vom 12. November 2015 sei zugelassen worden, jedoch ergibt sich aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten (siehe AS 345 und AS 419), dass dies am 8. März 2016 der Fall gewesen ist. Demzufolge war der Revisionswerber - entgegen der in seiner Revision vertretenen Meinung - während des weiteren erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 zum Aufenthalt berechtigt. Daraus ist aber für den vorliegenden Fall letztlich nichts zu gewinnen.

10 Der am 12. November 2015 gestellte Asylfolgeantrag des Revisionswerbers wurde nämlich - verbunden mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung - bereits mit Bescheid des BFA vom 8. September 2016, dem Revisionswerber zugestellt am 16. September 2016, gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 BFA-VG kommt der Beschwerde gegen eine solche Entscheidung (von Gesetzes wegen) keine aufschiebende Wirkung zu, was gemäß § 16 Abs. 4 erster Satz BFA-VG zur Folge hat, dass die Entscheidung durchsetzbar ist. Demnach endete das dem Revisionswerber zugekommene Aufenthaltsrecht nach § 13 Abs. 1 AsylG 2005 mit der Erlassung des Bescheides des BFA vom 8. September 2016, zumal keine Anhaltspunkte bestehen, dass die aufschiebende Wirkung in der Folge (bis zur Erlassung des den gegenständlichen Antrag zurückweisenden Bescheides des BFA vom 27. September 2016) vom BVwG gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG zuerkannt worden wäre. Der Tatbestand des § 58 Abs. 9 Z 2 erster Fall AsylG 2005 war daher nicht erfüllt, was die Revision mit der Bezugnahme auf den antragszurückweisenden Bescheid des BFA vom 8. September 2016 im Ergebnis zutreffend geltend macht. 11 Der vorliegend bekämpfte Spruchpunkt A.2. des angefochtenen Erkenntnisses war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Soweit sich die Revision auch gegen Spruchpunkt A.1. dieses Erkenntnisses richtet, wurde darüber bereits von einem hierfür nach der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes für Asylsachen zuständigen Senat mit Beschluss vom 19. September 2019, Ra 2019/14/0425, die Revision in diesem Umfang als verspätet zurückweisend entschieden.

12 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 50 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am 24. Oktober 2019

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeZeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210174.L00

Im RIS seit

09.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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