TE Vwgh Beschluss 2019/10/24 Ra 2019/21/0049

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Veröffentlicht am 24.10.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §34 Abs3 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des S A in M (Slowenien), vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Jänner 2019, Zl. G307 2140156- 1/21E, betreffend Festnahme nach dem BFA-VG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 16. Februar 2016 in Slowenien einen Antrag auf internationalen Schutz. Er reiste über Italien nach Österreich weiter, wo er am 17. März 2016 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser Antrag wurde, bestätigt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. September 2016, wegen der Zuständigkeit Sloweniens nach der Dublin III-Verordnung gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen, und es wurde eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Slowenien erlassen.

2 Am 4. Oktober 2016 wurde gegen den Revisionswerber ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG erlassen, auf Grund dessen am 9. Oktober 2016 seine Festnahme erfolgte. Am 10. Oktober 2016 wurde er auf dem Landweg nach Slowenien überstellt.

3 Mit Schriftsatz vom 20. November 2016 erhob der Revisionswerber Beschwerde gegen die Festnahme, die darauf folgende Anhaltung und die Abschiebung. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, dass er sich zum Zeitpunkt der Festnahme in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden habe. Seine Abschiebung und damit auch die Festnahme zum Zweck der Abschiebung seien schon aus diesem Grund unzulässig gewesen. Er beantragte zum Beweis seine Einvernahme und die Einvernahme seiner Ehefrau, der Psychotherapeutin seiner Tochter sowie der am Tag der Festnahme diensthabenden Ärzte und des Pflegepersonals der psychiatrischen Abteilung, in der sich der Revisionswerber befunden hatte. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Festnahme und Anhaltung richtete, als unbegründet ab. Es stellte insbesondere fest, dass die Festnahme im Krankenhaus nach der Entlassung des Revisionswerbers erfolgt sei. Der Revisionswerber sei demnach nicht während einer laufenden Krankenbehandlung in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung festgenommen worden. Der Abschiebeauftrag sei außerdem am Abend des 9. Oktober 2016 von einem Amtsarzt unterzeichnet worden. Der ärztliche Entlassungsbrief aus dem Krankenhaus sei der Überstellung beigelegt worden. Das Krankenhaus habe die Auskunft erteilt, dass der Revisionswerber zum Festnahmezeitpunkt voll transporttauglich gewesen sei. Befunde und Bestätigungen hinsichtlich einer noch laufenden ärztlichen Behandlung habe der Revisionswerber nicht vorgelegt.

5 Vor diesem Hintergrund könne dem Beschwerdevorbringen, so das Bundesverwaltungsgericht weiter, nicht gefolgt werden. Die medizinische Versorgungslage in Slowenien sei schon im Asylverfahren geprüft worden. Eine Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung aus anderen als gesundheitlichen Gründen sei nicht behauptet worden. Die Beschwerde sei daher abzuweisen gewesen. 6 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 Die Revision bringt unter diesem Gesichtspunkt vor, dass das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen habe. Es sei nämlich strittig gewesen, ob der Revisionswerber während seines stationären Krankenhausaufenthalts festgenommen worden sei. Sollte die Festnahme noch während des stationären Aufenthalts in einer psychiatrischen Abteilung erfolgt sein, so hätte das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Unverhältnismäßigkeit dieses Vorgangs zu einem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis gelangen können.

10 Entgegen diesem Vorbringen ist aber die Frage, ob die formelle Entlassung aus dem Krankenhaus noch vor der Festnahme erfolgt ist, nicht relevant für den Ausgang des Verfahrens. Dass es nämlich spätestens unmittelbar nach der Festnahme zur Entlassung gekommen ist, ist nicht strittig. Aus dem ärztlichen Entlassungsbrief ergibt sich im Übrigen, dass keine psychiatrische Erkrankung verifiziert werden konnte und sich das Bild einer "Simulation einer Anpassungsstörung mit verbal geäußerter Suizidabsicht bei sonstig fehlenden Symptomen einer präsuizidalen Einengung" bot. In der Revision wird nicht behauptet, dass der Revisionswerber über den Zeitpunkt der Entlassung hinaus an einer (psychiatrischen) Krankheit gelitten habe. Ausgehend davon ist aber nicht zu sehen, dass seiner Festnahme und Anhaltung zum Zweck der Abschiebung nach Slowenien gesundheitliche Hindernisse entgegenstanden.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210049.L00

Im RIS seit

09.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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