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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag OberösterreichNorm
AVG §13 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der C GmbH in G, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 28. Februar 2018, Zl. LVwG-412141/6/Sch/SW, betreffend Beschlagnahme nach dem Oö. Wettgesetz (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 25. April 2017 wurde der revisionswerbenden Partei zur Last gelegt, dass ohne Anzeigeverfahren zumindest vom 23. Dezember 2016 bis 23. März 2017 in einem näher bezeichneten Lokal in V. zwei Wettterminals aufgestellt gewesen seien und ihr als Wettunternehmerin diese zuzurechnen seien, obwohl sie vor Aufstellung an diesem Standort eine Anzeige bei der Oberösterreichischen Landesregierung nicht erstattet habe und sie die Terminals nur hätte aufstellen dürfen, wenn sie von der Oberösterreichischen Landesregierung eine schriftliche Bestätigung oder einen Bescheid über die Genehmigung der Aufstellung erhalten hätte. Die revisionswerbende Partei habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 15 Abs. 1 Z 4 iVm
§ 6 Oö. Wettgesetz begangen. Zur Sicherung der Strafe des Verfalls würden die genannten Wettterminals gemäß § 11 Oö. Wettgesetz iVm
§ 39 VStG in Beschlag genommen.
Begründend wurde ausgeführt, im Zuge der Überprüfung des Lokals am 23. März 2017 habe die Behörde wahrgenommen, dass die Wettterminals aufgestellt und betriebsbereit gewesen sowie von Besuchern des Lokals bedient worden seien. Für die Wettterminals sei keine Anzeige bei der Oberösterreichischen Landesregierung erstattet worden und somit sei weder eine schriftliche Bestätigung, noch ein Bescheid hinsichtlich erforderlicher Auflagen oder Untersagung gemäß § 6 Abs. 5 Oö. Wettgesetz ergangen. Damit sei durch das Aufstellen der Wettterminals gegen § 15 Abs. 1 Z 4 Oö. Wettgesetz verstoßen worden und es drohe gemäß § 15 Abs. 3 Oö. Wettgesetz deren Verfall, zu dessen Sicherung die Beschlagnahme anzuordnen gewesen sei.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als unbegründet ab und es sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
Das Verwaltungsgericht stellte über den von der Behörde angenommenen Sachverhalt hinausgehend fest, dass die revisionswerbende Partei die Aufstellung ihrer Wettterminals an der Adresse des oben genannten Lokals mit Schreiben vom 14. Dezember 2016 an die Oberösterreichische Landesregierung angezeigt habe, ohne dass Unterlagen angeschlossen gewesen seien.
Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, die Berechtigung für den Betrieb von Wettterminals entstehe nach § 6 Oö. Wettgesetz, sobald die Anzeige bei der Oberösterreichischen Landesregierung vollständig einlange. Eine Bewilligung sei hierfür nicht notwendig. Zu einer vollständigen Anzeige gehörten u.a. ein technisches Gutachten sowie weitere Nachweise zur Erfüllung der in § 6 Abs. 4 Oö. Wettgesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen. Da der Anzeige jegliche Unterlagen gefehlt hätten, sei die revisionswerbende Partei zum Betrieb der Wettterminals am genannten Standort nicht berechtigt gewesen und der bekämpfte Beschlagnahmebescheid sei somit zu Recht ergangen.
3 Dagegen erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 1438/2018-10, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der vorliegenden Revision wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
5 Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Zurück- oder Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Die revisionswerbende Partei sieht in der Zulässigkeitsbegründung eine grundsätzliche Rechtsfrage u. a. darin, ob der Tatbestand des § 15 Abs. 1 Z 4 Oö. Wettgesetz erfüllt ist, wenn zwar die erforderliche Anzeige erstattet wurde, dieser aber nicht alle gemäß § 6 Abs. 3 Oö. Wettgesetz notwendigen Unterlagen angeschlossen waren.
7 Aus diesem Grund ist die Revision zulässig und auch begründet.
8 Das Oberösterreichische Landesgesetz über den Abschluss von Wetten und das Vermitteln von Wetten und Wettkunden (Oö. Wettgesetz), LGBl. Nr. 72/2015, lautet auszugsweise:
"§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetzes sind:
1. Aufstellen: physisches Positionieren und Belassen;
...
8. Wettterminal: technische Einrichtung, die der elektronischen Eingabe und Anzeige von Wettdaten oder der Übermittlung von Wettdaten über eine Datenleitung dient;
...
§ 6
Wettterminals
(1) Wettterminals dürfen nur in Wettannahmestellen aufgestellt und betrieben werden.
(2) Das Wettunternehmen hat die geplante Aufstellung eines Wettterminals unter Bekanntgabe des vorgesehenen Standorts der Landesregierung anzuzeigen.
(3) Der Anzeige sind die zur Beurteilung der Voraussetzung nach Abs. 4 erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Für jeden Wettterminal ist auch ein technisches Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen über die Einhaltung der Bestimmungen nach Abs. 4 vorzulegen.
(4) Es dürfen nur Wettterminals aufgestellt oder betrieben werden, die
1. ausschließlich die Teilnahme an einer erlaubten Wette ermöglichen,
2. keine gleichzeitige Bedienung durch mehr als eine Person zulassen,
3. über keine Eigenschaften verfügen, die eine Teilnahme an einer Wette über ein anderes technisches Gerät als das Wettterminal selbst ermöglichen,
4.
mit einer Seriennummer ausgestattet sind,
5.
gegen Datenverlust bei Stromausfall und gegen
elektromagnetische, elektrostatische oder durch Radiowellen hervorgerufene Einflüsse gesichert sind.
(5) Die Landesregierung hat innerhalb von vier Wochen ab Einlangen der vollständigen Anzeige dem Wettunternehmen
1. eine schriftliche Bestätigung auszustellen, dass die Aufstellung und der Betrieb des Wettterminals nicht untersagt wird, oder
2. mit Bescheid sowohl Beschränkungen sowie Bedingungen und Auflagen festzulegen, wenn dies zur Sicherung öffentlicher Interessen, insbesondere solcher des Jugendschutzes, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit sowie der Vermeidung von Störungen des örtlichen Gemeinschaftslebens, erforderlich ist, oder
3. mit Bescheid das Aufstellen zu untersagen, wenn auch durch Betriebsbeschränkungen, Bedingungen und Auflagen im Sinn der Z 2 die öffentlichen Interessen nicht gesichert werden können.
...
§ 15
Strafbestimmungen
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht:
1. ...
...
4. wer einen Wettterminal ohne Anzeigeverfahren oder entgegen den Bedingungen und Auflagen eines Bescheids gemäß § 6 aufstellt oder betreibt;
...
(2) Wer eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 begeht, ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen.
(3) Wettterminals, angeschlossene Geräte, Programme und Wettscheine, die entgegen diesem Landesgesetz oder einer auf Grund dieses Landesgesetzes erlassenen Verordnung aufgestellt, betrieben oder verwendet werden, können von der Behörde gemäß Abs. 2 unabhängig von einer Bestrafung samt ihrem Inhalt für verfallen erklärt werden.
(4) ..."
9 Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann gemäß § 39 Abs. 1 VStG die Behörde zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.
10 Nach der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 15 Abs. 3 Oö. Wettgesetz kann der Verfall (auch) unabhängig von der Bestrafung ausgesprochen werden, somit - als selbständiger Verfall - auch dann, wenn eine Bestrafung nicht erfolgt, etwa weil die Identität des Täters nicht ermittelt werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Verfall als Sanktion für die Übertretung von Bestimmungen des Oö. Wettgesetzes festgelegt ist ("die entgegen diesem Landesgesetz oder einer auf Grund dieses Landesgesetzes erlassenen Verordnung aufgestellt, betrieben oder verwendet werden") und damit eine Folge der strafbaren Handlung darstellt. Damit kann aber beim Verfall nach § 15 Abs. 3 Oö. Wettgesetz nicht von einer bloßen Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter gesprochen werden (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung des § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0228, mwN).
11 Für die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls bedarf es somit des Verdachts einer Verwaltungsübertretung, hier des § 15 Abs. 1 Z 4 Oö. Wettgesetz, dessen erste Alternative das Aufstellen oder Betreiben eines Wettterminal ohne Anzeigeverfahren verlangt. 12 Nach § 6 Abs. 2 Oö. Wettgesetz ist schon die geplante und nicht erst die bereits erfolgte Aufstellung anzuzeigen. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung dürfen nur Wettterminals aufgestellt oder betrieben werden, die den dort genannten Anforderungen genügen.
§ 6 Abs. 5 Oö. Wettgesetz verpflichtet die Landesregierung zu bestimmten Verfahrensschritten binnen 4 Wochen ab Einlangen der vollständigen Anzeige. Der Ansicht, erst die vollständige Anzeige löse das Anzeigeverfahren nach § 6 Oö. Wettgesetz aus, steht entgegen, dass bereits nach § 13 Abs. 3 AVG die Pflicht der Behörde zur Erteilung eines Auftrags zur Mängelbehebung entsteht (vgl. VwGH 24.3.2010, 2006/06/0166, mwN, zum insoweit vergleichbaren Anzeigeverfahren gemäß § 33 des Steiermärkischen Baugesetzes).
13 § 6 Abs. 4 Oö. Wettgesetz erlaubt nur das Aufstellen oder Betreiben von Wettterminals, die sämtliche Bedingungen erfüllen. Die Ansicht des Verwaltungsgerichtes, die Berechtigung für den Betrieb von Wettterminals entstehe mit dem Einlangen der vollständigen Anzeige bei der Landesregierung, kann nicht geteilt werden, weil damit allein noch nicht sichergestellt ist, dass mit der Anzeige die Wettterminals auch den Anforderungen des Oö. Wettgesetzes entsprechen.
14 Anders als etwa die §§ 25a Abs. 2, 57 Abs. 1 Z 3 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, idF LGBl. Nr. 70/1998 und LGBl. Nr. 34/2013, enthält § 6 Oö. Wettgesetz keine ausdrückliche Bestimmung, dass Wettterminals erst nach Ablauf der in Abs. 5 dieser Bestimmung genannten Frist aufgestellt oder betrieben werden dürfen und die Strafbestimmung des § 15 Abs. 1 Z 4 erste Alternative Oö. Wettgesetz stellt nur auf das Fehlen des Anzeigeverfahrens ab. Wollte man hier für die Annahme eines strafbaren Verhaltens ein abgeschlossenes Anzeigeverfahren verlangen, so würde dadurch zwar formal der Wortlaut der Übertretungsnorm eingeschränkt werden, doch handelt es sich um eine Ausnahmeregelung (arg: ohne Anzeigeverfahren), sodass ein solches Verständnis inhaltlich zu einer Ausweitung der Strafbarkeit führt und über den Wortlaut des Straftatbestandes hinausgeht. Dem steht aber das Verbot einer ausdehnenden Auslegung verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestände entgegen (vgl. VwGH 31.7.2014, Ro 2014/02/0099, mwN; vgl. auch Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 (2017) § 1 Rz 5 zum Verbot einer strafbarkeitsbegründenden Tatbestandsreduktion eines "Erlaubnissatzes").
15 Der Vorwurf, die Wettterminals "ohne Anzeigeverfahren" aufgestellt zu haben, trifft angesichts des anhängigen Anzeigeverfahrens daher nicht zu.
16 Da der vom Verwaltungsgericht für die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls angenommene Verdacht einer Verwaltungsübertretung nicht aus den im angefochtenen Erkenntnis angegebenen Gründen angenommen werden kann, belastete es seine Entscheidung somit entsprechend den obigen Ausführungen mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
17 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am 24. Oktober 2019
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltVerbesserungsauftrag BejahungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018020266.L00Im RIS seit
04.12.2019Zuletzt aktualisiert am
04.12.2019