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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
VwGG §34 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision des Ing. H M in H, vertreten durch die Stenitzer & Stenitzer Rechtsanwälte OG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 32-34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 28. August 2017, LVwG 41.38-1650/2017-3, betreffend Behebung eines Bescheides in einer Angelegenheit nach dem Steiermärkischen Baugesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde Hengsberg; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom 16. Jänner 2017 beantragte der Revisionswerber durch seine Rechtsvertretung, ihm hinsichtlich des Bauvorhabens Wohnhaus-Neubau mit Doppelgarage und Geländeveränderungen auf einem näher genannten Grundstück der KG K. Akteneinsicht zu gewähren.
2 Der Bürgermeister der Gemeinde Hengsberg teilte mit Erledigung vom 26. Jänner 2017 mit, dass der Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht abgelehnt werde. Die Berührung von Nachbarrechten des Revisionswerbers sei bei einer Entfernung von mehr als einem Kilometer ausgeschlossen.
3 Gegen dieses Schreiben erhob der Revisionswerber Berufung. 4 In der von der Vizebürgermeisterin der Gemeinde Hengsberg unterfertigten und an die Rechtsvertretung des Revisionswerbers adressierten Erledigung vom 10. Mai 2017 wurde unter anderem ausgeführt, dass die genannte Berufung durch den Gemeinderat der Gemeinde Hengsberg zurückgewiesen worden sei, weil es gegen eine Verfahrensanordnung kein gesondertes Rechtsmittel gebe. 5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) vom 28. August 2017 wurde aufgrund einer Beschwerde des Revisionswerbers der Bescheid des Gemeinderates vom 10. Mai 2017 "ersatzlos" behoben. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
6 Das LVwG stellte zunächst fest, dass sowohl das Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Hengsberg vom 26. Jänner 2017 als auch jenes des Gemeinderates der Gemeinde Hengsberg vom 10. Mai 2017 die erforderlichen konstitutiven Bescheidmerkmale aufwiesen. Ferner sei der Revisionswerber nicht Partei im Verfahren betreffend das gegenständliche Bauvorhaben auf einem über einen Kilometer entfernten Grundstück.
7 Der Gemeinderat habe die Berufung des Revisionswerbers explizit zurückgewiesen, jedoch zu Unrecht eine Formalentscheidung getroffen. Sache des Beschwerdeverfahrens sei lediglich die Frage, ob diese Formalentscheidung zu Recht ergangen sei. Sei über das Akteneinsichtsbegehren einer Person abzusprechen, der im laufenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zukomme, so habe die Verweigerung der Akteneinsicht durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erfolgen. Einen solchen verfahrensrechtlichen Bescheid vom 26. Jänner 2017 habe der Bürgermeister der Gemeinde Hengsberg erlassen. Der Gemeinderat habe jedoch verkannt, dass auch dieser Bescheid einer nachprüfenden Kontrolle im Rechtsmittelweg zugänglich sei. Er hätte hierüber eine Sachentscheidung treffen müssen. Der Bescheid des Gemeinderates sei daher zu beheben gewesen.
8 Gegen dieses Erkenntnis des LVwG richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. 9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 12 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit ausgeführt, es müsse gewährleistet sein, dass Normunterworfene, zumal durch die Behörde "zur allgemeinen Einsicht" eingeladen, durch entsprechende Akteneinsicht vor einer Bauverhandlung selbst überprüfen könnten, ob und inwieweit sie durch ein Bauvorhaben berührt werden könnten, sodass sie in die Lage versetzt würden, ihre Parteienrechte wahrzunehmen und Einwendungen zu erheben. Es müsse auch gewährleistet werden, dass die Behörde für den Fall des Vorenthaltens der Parteistellung und der Akteneinsicht eine dem Legalitätsprinzip entsprechende, schlüssige und nachvollziehbare Begründung darzulegen habe, die einer entsprechenden Bekämpfbarkeit zugänglich sei. Schließlich widerspreche das angefochtene Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge der Anspruch des Revisionswerbers auf Akteneinsicht und Kenntnis von den Projektunterlagen aus dem Steiermärkischen Umweltinformationsgesetz gerechtfertigt sei.
13 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
14 Zunächst wird festgehalten, dass Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates vom 10. Mai 2017 aus formalen Gründen durch das LVwG (weil die Berufungsbehörde zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert habe) ist, nicht jedoch die Parteistellung des Revisionswerbers im Bauverfahren. Ausführungen betreffend die Parteistellung im Bauverfahren sind daher schon aus diesem Grund nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
15 Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002 bis 0003;
12.10.2015, Ra 2015/22/0115; 23.6.2015, Ra 2015/22/0040;
19.10.2016, Ro 2016/12/0009; 31.1.2018, Ra 2016/10/0121;
19.12.2018, Ra 2016/06/0063, mwN). Erachtet das Verwaltungsgericht die Zurückweisung als rechtswidrig, kann es den Zurückweisungsbescheid nur aufheben, nicht jedoch eine inhaltliche Entscheidung über den zugrunde liegenden Antrag treffen. 16 Soweit sich das Zulässigkeitsvorbringen auf das Steiermärkische Umweltinformationsgesetz beruft, ist darauf zu verweisen, dass sich die Erledigungen der Verwaltungsbehörden und demnach auch die angefochtene Entscheidung nicht auf einen Antrag des Revisionswerbers nach diesem Gesetz bezogen.
17 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 5. November 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017060222.L00Im RIS seit
09.12.2019Zuletzt aktualisiert am
09.12.2019