TE Vwgh Beschluss 2019/11/7 Ra 2019/11/0170

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Veröffentlicht am 07.11.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des C D in W, vertreten durch die Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 30. Juli 2019, Zl. VGW- 041/040/2988/2018-12, betreffend Übertretungen des AVRAG und des LSD-BG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 21. Februar 2018 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe sechs (näher angeführten) Arbeitskräften nicht zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien geleistet, wobei aufgrund der Kollektivvertragszugehörigkeit der Arbeitgeberin (Mitglied der Fachgruppe Landesinnung Wien der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger) in Verbindung mit der ausgeübten Tätigkeit der Arbeitskräfte (Verrichtung von Hausbetreuungs- und/oder Reinigungstätigkeiten in Wohnhausanlagen, Privatwohnhäusern und Privatwohnungen) laut Kollektivvertrag für diese Lohngruppe (Lohngruppe 4) ab 1. Jänner 2014 ein Stundenlohn von EUR 8,45, ab 1. Jänner 2015 ein Stundenlohn von EUR 8,61, ab 1. Jänner 2016 ein Stundenlohn von EUR 8,75 und ab 1. Jänner 2017 ein Stundenlohn von EUR 8,87 vorgesehen wäre. Dies sei im Zuge einer Überprüfung durch die Wiener Gebietskrankenkasse festgestellt worden. Hinsichtlich der unter 1. und 2. genannten Arbeitskräfte sei jeweils § 7i Abs. 5 AVRAG iVm § 7g Abs. 1 AVRAG und hinsichtlich der unter

3. bis 6. genannten Arbeitskräfte jeweils § 29 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz (LSD-BG) verletzt worden. Daher wurden in Summe Geldstrafen in Höhe von EUR 30.000,--

verhängt und Kosten von EUR 3.000,-- vorgeschrieben. 2 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis sprach das Verwaltungsgericht in Punkt I. aus, dass die Beschwerde abgewiesen werde. Unter Punkt II. erlegte es dem Revisionswerber einen Kostenbeitrag auf, unter Punkt III. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 9 Abs. 7 VStG die C GmbH für die verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte. In Punkt IV. wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision unzulässig sei. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der Arbeitgeberin gewesen sei und sechs näher genannten Arbeitskräften zu näher festgestellten Zeiten nicht das aufgrund des (oben dargestellten) Kollektivvertrags zustehende Entgelt geleistet habe. Dieser Sachverhalt gründe sich auf die Angaben der Arbeitgeberin, deren Geschäftsführer der Revisionsweber sei, bei der Anmeldung zur Sozialversicherung. Der Revisionswerber sei mehrfach aufgefordert worden, die entsprechenden Lohnunterlagen vorzulegen, sei dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen (was mit rechtskräftiger Abweisung der Beschwerde gegen das diesbezügliche Straferkenntnis feststehe). Auch im vorliegenden Verfahren habe der Revisionswerber keine Zahlungsnachweise vorgelegt. Obwohl ihm der Tatvorwurf seit geraumer Zeit bekannt gewesen sei und er zusätzlich im Ladungsbeschluss des Verwaltungsgerichts zur Vorlage aller der Verteidigung dienenden Unterlagen verhalten worden sei, habe der Revisionswerber auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keine Beweise für eine ordnungsgemäße Auszahlung der Monatslöhne und Sonderzahlungen vorgelegt. Unbestritten sei, dass der Revisionswerber die von der WGKK geforderten Lohnunterlagen nie vorgelegt habe. Sofern der Revisionswerber in der Verhandlung behaupte, er hätte Nachweise zu Hause, habe aber nicht gewusst, dass er diese mitbringen hätte sollen, so werde dies als Schutzbehauptung gewertet. Der Revisionswerber habe monatelang Zeit gehabt, Beweise über Zahlungsflüsse vorzulegen. Weiters habe der Revisionswerber selbst vorgebracht, dass er keine Nachzahlungen (in Höhe der Unterentlohnung) geleistet habe. Die vom Revisionswerber in der Verhandlung vorgelegten Unterlagen würden nicht belegen, welche Zahlungen zwischen der Arbeitgeberin und den Arbeitskräften tatsächlich geflossen seien. Da es keine gesetzlichen Verpflichtungen für die Arbeiterinnen und Arbeiter gebe, ihre Konten der WGKK (oder dem Verwaltungsgericht) offenzulegen, bedürfe es eines Nachweises seitens des Arbeitgebers, dass Löhne ordnungsgemäß (und diesfalls abweichend von den Angaben der Anmeldung zur Sozialversicherung) bezahlt worden seien. Dieser Mitwirkungspflicht sei der Revisionswerber nicht nachgekommen. Er müsse es daher gegen sich gelten lassen, dass die Feststellungen auf Grundlage seiner Angaben bei der Anmeldung zur Sozialversicherung getroffen worden seien. Die Einstufung in den festgestellten Kollektivvertrag sei durch die Fachbehörde erfolgt und nachvollziehbar und richtig. Der Revisionswerber habe die Einstufung bloß lapidar bestritten, aber kein nachvollziehbares Argument vorgebracht, wieso diese Einstufung falsch sei. Da den Arbeitskräften somit nicht das zustehende Entgelt bezahlt worden sei, würden hinsichtlich der Unterentlohnungen der Beschäftigten in den Jahren 2015 und 2016 Übertretungen des AVRAG, hinsichtlich der Unterentlohnungen nach dem 31. Dezember 2017 Übertretungen des LSD-BG vorliegen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Zur Zulässigkeit wird vorgebracht, dass die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche. Das Verwaltungsgericht habe es verabsäumt, die Arbeitskräfte einzuvernehmen. Dadurch habe es seine Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie das Parteiengehör verletzt. Es sei absolut nicht begründbar, weshalb keine einzige Einvernahme im Verfahren erfolgt sei, hätte doch der Sachverhalt dadurch aufgeklärt werden können. Dieser Verfahrensmangel sei auch wesentlich. Dass der Revisionswerber keinen Beweisantrag gestellt habe, sei unwesentlich, da das Verwaltungsgericht den Revisionswerber dahingehend anleiten hätte müssen, dass ein solcher Antrag zu stellen wäre, wenn es diesen für notwendig erachtet hätte. Schließlich habe das Verwaltungsgericht auch gegen den Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung verstoßen. Das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen. Die Einvernahme der Dienstnehmer wäre auch erforderlich gewesen, um zu eruieren, welche Tätigkeiten sie genau ausübten, um danach eine korrekte Subsumption unter den Kollektivvertrag vornehmen zu können. Auch sei die Begründung des Verwaltungsgerichtes mangelhaft, da nicht ausreichend konkret ausgeführt worden sei, weshalb die Anwendung einer bestimmten Lohngruppe angenommen werde. Sämtliche dieser Rechtsfragen hätten über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und seien für eine Vielzahl von Verwaltungsverfahren relevant. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN). 7 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Parteien günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 11.1.2018, Ra 2017/11/0296, mwN). Eine nicht weiter konkretisierte und substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln reicht nicht aus, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, von der das rechtliche Schicksal der Revision abhängt, aufzuzeigen. Der Revisionswerber legt insbesondere nicht konkret auf den Revisionsfall bezogen dar, inwiefern das Verwaltungsgericht bei Vermeidung jener Umstände, in denen er eine Mangelhaftigkeit erblicken will, insbesondere der Nichteinvernahme der betroffenen Arbeitnehmer zu einem für ihn günstigeren Verfahrensergebnis gelangt wäre (vgl. VwGH 15.5.2019, Ra 2016/08/0056, mwN). Die bloß pauschale Behauptung, dass "dies relevant sei", genügt jedenfalls nicht.

8 Dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe die Anwendbarkeit der jeweiligen Kollektivverträge nicht ausreichend begründet, ist zu entgegnen, dass der einschlägige Kollektivvertrag im angefochtenen Erkenntnis sehr wohl präzisiert wurde. Es wäre daher am Revisionswerber gelegen, konkret darzustellen, weshalb ein anderer Kollektivvertrag bzw. eine andere Lohneinstufung maßgebend gewesen wären.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 7. November 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019110170.L00

Im RIS seit

09.12.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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