TE Lvwg Beschluss 2014/12/4 LVwG-1/227/7-2014

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Veröffentlicht am 04.12.2014
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Entscheidungsdatum

04.12.2014

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §39
WRG 1959 §138 Abs1 lita

Text

 

5020 Salzburg / Wasserfeldstraße 30

Telefon: +43 0662 8042-DW / Fax: +43 0662 8042-3893

E-Mail: post@lvwg-salzburg.gv.at

 

DVR 0078182

 

 

 

 

Ort, Datum:

Salzburg, 04.12.2014

Zahl:

LVwG-1/227/7-2014

 

Betreff:

Z. A., B.; wasserpolizeilicher Auftrag gemäß § 39 iVm § 138 Abs 1 WRG 1959
betreffend Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse auf GN xxx/1 ua je KG C.,
Berufung/Beschwerde

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Mag. Ulrike Seidel über die Beschwerde von Herrn Z. A., B., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 27.09.2013, Zahl yyy/4-2013,

B E S C H L U S S

gefasst:

I.   Der Beschwerde stattgegeben, der Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zurückverwiesen.

II.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 27.09.2013, Zl. yyy/4-2013 wurde Herrn Z. A. aufgetragen,

„die über die Grundparzellen xxx/1, xxx/10, x/9, xxx/8, xxx/13 und xxx/1 alle KG C., Gemeinde D., über eine Gesamtlänger von ca 140 Laufmeter verlaufende Weganlage zur Gänze zu entfernen und die ursprünglichen Geländeverhältnisse und somit die natürlichen Abflussverhältnisse wieder herzustellen

oder

den Feldweg auf den genannten Grundparzellen geländemäßig so auszubilden, dass das bergwärts anfließende Oberflächenwasser gleichmäßig über diese Weganlage fließt und gleichmäßig am talseitigen Rand dieser Weganlage auf die unterliegen Wiesen verteilt wird.

Diese Wiedererlangung dieser natürlichen Abflussverhältnisse kann durch einen entsprechenden Abtrag oder durch das Aufbringen mit geeignetem Material erreicht werden. Sie Sanierungsvorgabe ist dann erfüllt, wenn die Wegoberfläche in ihrer Form den ursprünglichen Geländeverhältnissen entspricht.

Weiters wird Herrn Z. A. aufgetragen, die auf der Grundparzelle xxx/13 befindliche Weganlage, ca. 30 Laufmeter, beginnend von der Grundgrenze zur Grundparzelle xxx/1 KG C., Gemeinde D., in Richtung Westen mit einer größeren Querneigung (ca. 20%) auszubilden und somit auch in diesem Bereich die natürlichen Abflussverhältnisse wieder herzustellen.

Bei diesen Geländekorrekturen ist weiters darauf zu achten, dass das Längsgefälle keine ausgeprägten Mulden aufweist.“

Als Frist für „die Herstellung der weitest gehend natürlichen Abflußverhältnisse im Bereich der oben angeführten Grundparzellen“ wurde der 31.05.2014 festgelegt

Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 39 Abs 1 und 138 Abs 1 lit a WRG 1959 angeführt.

In der Begründung wurde auf die von der Gemeinde D. eingebrachte Wasserrechtsbeschwerde und auf einen im Beisein eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen, einer Vertreterin der Gemeinde D., sowie von Anrainer und der Grundeigentümer der Weganlage durchgeführten Ortsaugenschein am 12.09.2013 und auf das Ergebnis dieser Verhandlung verwiesen.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige stellte fest, dass im Bereich der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ein Feldweg verlaufe, der laut Auskunft von Herrn A. und Herrn E. nur mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen befahren werde. Bei der Besichtigung sei festgestellt worden, dass diese Weganlage, insbesondere der talseitige Wegbereich, quer zur Fahrtrichtung Vertiefungen bzw. eine deutlich durchgehende Absenkung aufweise. Dadurch werde bewirkt, dass das bergwärts zufließende Oberflächenwasser nicht quer oder im schrägen Winkel über die Weganlage, sondern in diesem talseitigen Wegbereich gesammelt werde und konzentriert abfließe. Dieser Abfluss könne durch einen ausgeprägten Graben, welcher deutlich durch das Wasser hervorgerufene Erosionsspuren aufweise, abgeleitet werden. Durch die beim Ortsaugenschein gewonnene Information und durch eine von einem der Anwesenden gezeigte Filmaufnahme, welche den deutlichen und konzentrierten Wasserabfluss entlang der Weganlage zeige, würden durch diesen Wegabschnitt die natürlichen Abflussverhältnisse verändert.

Es folgen noch Ausführungen und Sanierungsvorgaben, wie die natürlichen Abflussverhältnisse wiederhergestellt werden könnten, welche im Wesentlichen wortgleich in den Spruch des angefochtenen Bescheides als Alternative zur gänzlichen Entfernung der Weganlage übernommen wurden.

Als abschließende Bemerkung führte der Sachverständige aus, dass mit den vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen bewirkt werde, dass die Wasserkonzentration vermindert werde. Aufgrund der Geländeverhältnisse sei aber davon auszugehen, dass auf die darunterliegenden Objekte bei Niederschlag weiterhin mit einem Wasserzufluss zu rechnen sein werde. Es werde daher empfohlen, dass auch bei diesen Objekten entsprechende Schutzmaßnahmen vor dem anfallenden Oberflächenwasser aus den bergseitig angrenzenden Flächen durchgeführt werden. Als Frist für die Umsetzung der Maßnahmen (gemeint wohl der Sanierungsmaßnahmen an der Weganlage) werde der 31.05.2014 festgesetzt.

Z. A. gab zu Protokoll, dass das Verhandlungsergebnis zur Kenntnis genommen werde und er versuchen werde, die vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagene Frist zur Herstellung der möglichst naturnahen Abflussverhältnisse einzuhalten.

Das im Akt erliegende verfahrenseinleitende Ersuchen der Gemeinde D. im Namen des Bürgermeisters vom 24.06.2013 lautete dahingehend, dass aufgrund massiver Beschwerden von Grundstücksanrainern im Ortsbereich F. um Überprüfung der auf den Grundstücken xxx/1, xxx/1, xxx/1 und xxx KG C. entstandenen Weganlage ersucht werde. Diese Weganlage sei auf Grund einer Holzschlägerung und dem Holzabtransport im Bereich des GN xxx/1 und xxx/2 KG C. (laut Rodungsbewilligung zzz/4-2010 vom 29.04.2010) entstanden und sei nach Beendigung der Holzarbeiten nicht wieder rekultiviert bzw. sei das vorher bestehende natürliche Gelände nicht wieder hergestellt worden. Diese Weganlage werde weiterhin als Zufahrtsweg zu einem im oberen Bereich errichteten Bauwerk genutzt, wodurch eine massive Gefährdung der unterliegenden Einfamilienwohnobjekte aufgrund des konzentrierten Wasserabflusses der Oberflächenwässer entstehe. Zur Vermeidung zu erwartender und teilweise schon eingetretener Schadensfälle der betroffenen Unterlieger ersuche die Gemeinde D. um sofortige Prüfung dieser Beschwerde. Es wurde noch ein Link zu einem Video auf Youtube sowie ein Verweis auf eine UNIQA Unwetterservice Mail angeführt und dazu angemerkt, dass „es nur ca. 1 Stunde gewesen wäre“ und dies schon „so drastische Auswirkungen“ hervorgerufen habe. Bei länger anhaltendem Regen wären wohl wieder zumindest zwei Keller unter Wasser gestanden. Es sei nach Meinung der Gemeinde hier Gefahr in Verzug insofern nicht ein sofortiger Rückbau des Weges durchgeführt werde oder ein Kanal errichtet werde, der das hanglagige zusammengeführte Wasser ableite.

Aus dem ebenfalls im Akt befindlichen Grundbuchsauszug (EZ xx GB C., Gemeinde D.) ergeben sich für folgende Grundstücke folgende Benutzungsarten:

GN xxx/1, xxx/1 landwirtschaftlich (Äcker, Wiesen, Weideflächen)

GN xxx/10, xxx/8, xxx/9 Gärten

GN xxx/13 Sonstige (Straßenverkehrsanlagen)

2.

Mit Schreiben vom 09.10.2013 erhob Herr Z. A. rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und beantragte die Aufhebung des gegenständlichen Bescheides.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass er betreffend die Parzellen xxx/9 und xxx/10 nicht wisse, welchen gesetzmäßigen Zustand er herstellen solle, denn die seien schon „seit Jahrtausenden“ wie sie seien. Er habe niemals eine Weganlage wie im Bescheid beschrieben errichtet. Diese Geländevertiefungen seien ausschließlich durch den natürlichen Wasserabfluss entstanden. Desweiteren sei besprochen worden, dass die auf der Grundparzelle xxx/13 befindliche Weganlage nicht mit einer Querneigung von 20 %, sondern von 5 % auszubilden sei, da der Weg sonst nicht benützbar sei. Zu seiner Stellungnahme im Bescheid sei festzustellen, dass er das Verhandlungsergebnis nur zur Kenntnis genommen, aber niemals diesem zugestimmt oder dem Amtssachverständigen irgendwelche Zugeständnisse gemacht habe.

3.

Die Berufung wurde der Berufungsbehörde im Oktober 2013 vorgelegt, welche - aufgrund der mittelweile mit Wirksamkeit 01.01.2014 in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle – diese, allerdings erst im November 2014, dem Landesverwaltungsgericht nun zuständigkeitshalber zur Entscheidung übermittelt hat.

Dem Berufungswerber (sowie der belangten Behörde) wurde dies mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts vom 14.11.2014 zur Kenntnis gebracht und ihm unter Hinweis auf § 24 Abs 3 VwGVG die Möglichkeit eingeräumt, eine mündliche Verhandlung zu beantragen. Mit Email vom 28.11.2014 beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat erwogen:

I.1.

Durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBl I Nr 51/2012) geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängigen Berufungsverfahren auf die Verwaltungsgerichte über. Eine bis zum 31.12.2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG (§ 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz – VwGbk-ÜG, BGBl I Nr 33/2013 idgF.). In Ermangelung abweichender Regelungen bei „übergegangenen Altverfahren“ richtet sich die verfahrensrechtliche Behandlung der Beschwerde nach dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz –VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF (vgl. dazu Clemens Mayr, zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit und anhängige Verfahren, ecolex 2013, Seite 497).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Mit dem bekämpften Bescheid hat die belangte Behörde in Erledigung der Wasserrechtsbeschwerde der Gemeinde D. dem Beschwerdeführer einen wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 138 Abs 1 lit a in Verbindung mit § 39 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG, BGBl Nr 215/1959 idgF erteilt.

Gemäß § 39 Abs 1 WRG 1959 darf der Eigentümer eines Grundstückes den natürlichen Abfluss der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteil des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern.

Gemäß Abs 3 leg cit gilt Abs 1 nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsgemäße Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird.

Gemäß § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetz übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Grundsätzlich gilt, dass für einen auf § 138 Abs 1 in Verbindung mit § 39 WRG 1959 gestützten wasserpolizeilichen Auftrag die Voraussetzungen beider Gesetzesbestimmungen gegeben sein müssen (VwGH 10.11.2011, 2010/07/0008 ua).

Gegenständlicher Beschwerdefall wird im Hinblick auf ähnlich gelagerter Fälle im Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde zum Anlass genommen gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgende rechtliche Rahmenbedingungen einleitend darzustellen:

I.2. Grundsätzliches zu § 138 Abs 1 lit a WRG 1959

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist an sich als „eigenmächtige Neuerung“ die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. (VwGH 25.05.2000, 97/07/0054, VwGH 31.01.1995, 94/07/0078 ua).

Als Sonderfall – und zwar aufgrund dessen, dass es sich beim § 39 WRG 1959 um keinen Bewilligungstatbestand handelt (siehe näheres unter I.3.) - gilt, dass ein Grundstückseigentümer, der der Vorschrift des § 39 Abs 1 WRG zuwider handelt, er damit den Tatbestand des § 138 Abs 1 lit a WRG verwirklicht. (zuletzt VwGH 23.04.2014, 2011/07/0236 mit Hinweis auf VwGH 26.2.1998, 97/07/0175).

Die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 kann entweder (von amtswegen) im öffentlichen Interesse oder auf Verlangen des/der Betroffenen erfolgen. Bei einem Beseitigungsauftrag auf Verlangen des Betroffenen ist zu beachten, dass dieser nur in jenem Umfang zulässig ist, als dies der Schutz seiner Rechte erfordert (VwGH 10.11.2011, 2011/07/0135). Dem Betroffenen kommt aber kein subjektiv-öffentliches Recht darauf zu, dass bei Verletzung öffentlicher Interessen ein wasserpolizeilicher Auftrag gegen den Liegenschaftseigentümer ergeht (VwGH 30.09.2010 2007/07/0108). Die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen reicht zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrags nicht aus. Absolute Gewissheit ist hiefür jedoch nicht erforderlich. Es muss vielmehr eine hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer solchen Beeinträchtigung bestehen (VwGH 07.07.2005, 2004/07/0157).

Nach § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 ist der wasserpolizeiliche Auftrag an den Verursacher der eigenmächtigen Neuerung zu richten dh als Täter iSd § 138 WRG kommt jeder in Betracht, der die Übertretung des Gesetzes verursacht oder mitverursacht hat (VwGH 21.09.1995, 94/07/0182, 17.02.2011, 2010/07/0128 ua).

Inhaltlich hat sich ein auf § 138 Abs 1 lit a WRG gestützter Auftrag, der eine eigenmächtige Neuerung betrifft, (ausschließlich) auf die Anordnung der Beseitigung derselben zu beschränken; ein Auftrag, auch (zusätzliche) neue Maßnahmen zu setzen, ist durch diese Gesetzesbestimmung nicht gedeckt (VwGH 24.10.1995, 93/07/0145, 18.03.2010, 2009/07/0034 ua). § 138 ermächtigt die Behörde weiters nicht, die Vorlage eines Sanierungskonzeptes vorzuschreiben, oder den Auftrag zu erteilen, ein Projekt mit Sanierungsmaßnahmen zur behördlichen Genehmigung vorzulegen. Das Wasserrechtsgesetz bietet auch keine Grundlage für einen Auftrag zur Beseitigung einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung aus präventiven Gründen (VwGH 31.03.1992, 92/07/0019 und vgl Bumberger/Hinterwirth, Kommentar Wasserrechtsgesetz, 2. Auflage, K 7/K8 zu § 138).

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass ein Auftrag nach § 138 Abs 1 lit a WRG so bestimmt formuliert sein muss, dass eine Vollstreckung durch Ersatzvornahme möglich ist (VwGH 17.02.2011, 2010/07/0128).

I.3. Grundsätzliches zu § 39 WRG 1959

§ 39 WRG 1959 konkretisiert parallel zu zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen nachbar-rechtliche Rücksichtnahmepflichten und stellt keinen Bewilligungstatbestand dar. Die Vorschrift des § 39 WRG 1959 legt (wie § 31 Abs 1) Verpflichtungen fest, deren Zuwiderhandeln Grundlage für ein behördliches Vorgehen sein kann (VwGH 20.05.2010, 2008/07/0127). Die Beseitigung einer gegen das Verbot des § 39 WRG 1959 verstoßenden Neuerung kann nicht nach dieser Gesetzesstelle, sondern nur gestützt auf § 138 WRG 1959 angeordnet werden (VwGH 10.11.2011 2010/07/0008).

Daraus resultiert weiters, dass ein Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes basierend auf § 39 WRG 1959 immer nur auf § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 und nicht auf § 138 Abs 2 WRG 1959 gestützt werden kann dh kein sogenannter Alternativauftrag erlassen werden kann. Gemäß § 138 Abs 2 WRG 1959 würde die vom Wasserrechtsgesetz ermöglichte Alternative bestehen, entweder die eigenmächtige Neuerung binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen oder innerhalb dieser Frist um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen (siehe auch Erkenntnis des Salzburger LVwG vom 22.07.2014, LVwG-1/67/7-2014).

Aufgrund des eindeutigen Wortlautes der Gesetzesbestimmung („der Eigentümer eines Grundstückes“ darf … nicht …) richtet sich die Verpflichtung des § 39 WRG 1959 an den Grundeigentümer eines Grundstückes. Nach § 138 Abs 1 WRG 1959 kommt als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrags jeder in Betracht, der eine eigenmächtige Neuerung gesetzt hat. Dieser umfassende Adressatenkreis findet im Falle des § 39 WRG 1959 eine Einschränkung, da die letztgenannte Bestimmung nur den Grundstückseigentümer erfasst (VwGH 26.06.2008, 2005/07/0131, VwGH 08.07.2004, 2001/07/0023).

Unter Grundstück iSd § 39 WRG 1959 ist eine Liegenschaft zu verstehen, dh eine Grundfläche, die zu einer anderen, in fremdem Eigentum stehenden Grundfläche in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass Maßnahmen oder Vorkehrungen auf der einen Grundfläche sich für die andere Grundfläche nachteilig auswirken können. Daraus folgt, dass durch die Vorschriften des § 39 jeder Oberlieger und jeder Unterlieger geschützt ist, sofern sich der Eingriff in den natürlichen Wasserablauf zum Nachteil seiner Liegenschaft auswirkt. § 39 WRG 1959 erfasst daher nicht nur die unmittelbar angrenzende, sondern jede Liegenschaft, auf die sich die Änderung des natürlichen Wasserablaufes nachteilig auswirkt.

Eine Hinderung des natürlichen Wasserlaufes ist immer dann gegeben, wenn für den Ablauf des Wassers nicht weiterhin das natürliche Gefälle, sondern künstliche Vorrichtungen entscheidend werden (VwGH 17.02.2011, 2010/07/0167, VwGH 22.04.2010, 2008/07/0076 ua).

§ 39 WRG 1959 stellt zwar nicht auf "wesentliche" Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse ab, wohl aber auf solche, die für ein anderes Grundstück einen Nachteil herbeiführen. Ein solcher Nachteil wäre Voraussetzung für einen Auftrag nach § 39 iVm § 138 WRG 1959 (VwGH 10.11.2011 2010/07/0008).

Um die Voraussetzungen des § 39 WRG 1959 zu erfüllen muss letztlich die Änderung des Abflusses "willkürlich" sein. Willkür liegt nicht vor, wenn ein privatrechtlicher Titel, der gegen alle betroffenen Oberlieger oder Unterlieger wirksam ist, zu der Änderung berechtigt. Willkür liegt auch nicht vor, wenn eine wasserrechtliche Bewilligung vorliegt. Auch die zwangsläufige Veränderung des natürlichen Ablaufs des Niederschlagswassers durch baubehördlich bewilligte Gebäude bzw durch Straßen ist nicht willkürlich; …. Liegt für Maßnahmen eine straßenrechtliche Bewilligung vor oder sind sie (zB auf der Grundlage des OÖ LStG 1991) bewilligungsfrei, so handelt es sich um keinen willkürlichen Eingriff.

Schließlich kann von einer willkürlichen Änderung auch bei Naturereignissen nicht die Rede sein; § 39 WRG 1959 ist nicht anwendbar (VwGH 28.02.2013 2011/07/0264).

I.4.

Für den konkreten Beschwerdefall ergibt sich aus den obigen Ausführungen Folgendes:

Dem angefochtenen Bescheid liegt eine Wasserrechtsbeschwerde der Gemeinde D. zu Grunde, welche offenkundig aber nicht als Betroffene im Sinne des § 138 Abs 1 WRG und einer nachteiligen Beeinträchtigung gemeindeeigener Grundstücke, sondern für Betroffene des Siedlungsgebietes F. aufgetreten ist. Allerdings ergibt sich aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren und dem angefochtenen Bescheid nicht, welche Grundstücke konkret nachteilige Auswirkungen zu tragen hatten. Die Gemeinde D. verweist auf massive Beschwerden von Grundstücksanrainern, doch welchen Inhalts und vor allem welcher Schaden behauptet wurde ergibt sich nicht. Es dürfte nach der Beschwerde um die Vernässung/Überflutung von zwei Kellern von Einfamilienobjekten gegangen sein, dies wurde aber offenbar von der belangten Behörde nicht näher ermittelt. Das Vorliegen von öffentlichen Interessen im Sinne des § 138 Abs 1 WRG kann jedenfalls aufgrund der Aktenlage nicht erkannt (aber auch nicht ausgeschlossen) werden, es aber vorrangig offenbar um den Schutz von privatem Grundeigentum geht.

Die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages kann jedenfalls nicht wie von der Gemeinde D. gefordert zur Vermeidung von Schadensfällen und damit präventiv für unterliegende Einfamilienwohnobjekte erlassen werden und wird dazu auf die unter Pkt I.2. getroffenen Ausführungen verwiesen.

Es steht jedenfalls die Frage der Antragslegitimation der Gemeinde D. im Raum, sofern diese nicht als bevollmächtige Vertreterin der betroffenen Grundeigentümer aufgetreten ist, was dem Akt jedenfalls nicht zu entnehmen ist.

Vom Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass die Weganlage „nur mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen befahren“ werde und in der Berufung hat er ausgeführt, dass er niemals eine Weganlage errichtet habe, der Zustand auf den GN xxx/9 und xxx/10 je KG C. schon seit Jahrtausenden so sei wie er sei und die Geländevertiefungen ausschließlich durch natürlichen Wasserabfluss entstanden seien.

Die Gemeinde D. hat in ihrer Eingabe ausgeführt, dass die Weganlage aufgrund einer Holzschlägerung und dem Holzabtransport entstanden sei und weiterhin als Zufahrtsweg zu einem im oberen Bereich errichteten Bauwerk genutzt werde.

Die belangte Behörde hat es offenbar unterlassen bzw. finden sich zumindest keine entsprechenden Feststellungen im Verwaltungsakt, ob es sich zum einen nicht auch um einen Anwendungsfall des § 39 Abs 3 WRG 1959 handeln könnte, wobei sich diese Bestimmung auf die ordnungsgemäße Bearbeitung von landwirtschaftlichen Grundstücken bezieht und zum anderen zu klären, wer nun tatsächlich die Weganlage errichtet hat und vor allem bezogen auf § 39 WRG 1959, wer welche Maßnahmen zur Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse willkürlich gesetzt hat. Die von der Gemeinde D. angeführte Rodungsbewilligung vom 29.04.2010, Zl. zzz/4-2010 wurde nämlich nicht dem Beschwerdeführer erteilt und stehen die GN xxx/1 und xxx/2 KG C. auch nicht in seinem Grundeigentum.

In engem Zusammenhang damit steht auch die weitere wesentliche Frage des Bescheidaddressaten. Wie bereits in rechtlicher Hinsicht ausgeführt kann ein wasserpolizeilicher Auftrag gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 unabhängig vom Grundeigentum an den Verursacher ergehen, wobei allerdings durch die Bestimmung des § 39 WRG 1959 die Erlassung des Auftrages wiederum auf den Grundeigentümer eingeschränkt ist. Im gegenständlichen Fall scheint es denkmöglich – und auch zu diesem Punkt fehlen jegliche Ermittlungen und Feststellungen – dass nicht der Beschwerdeführer als Grundeigentümer, sondern ein Dritter im Zuge der von der Gemeinde D. thematisierten Holzarbeiten die nachteiligen Veränderungen bewirkt hat.

Sollte die Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse nicht durch den Beschwerdeführer als Grundeigentümer selbst erfolgt sein, so wäre die Frage der subsidiären Haftung des Grundeigentümers gemäß § 138 Abs 4 WRG 1959 zu prüfen, wobei diese nur greift, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt.

Es scheint allerdings zusätzlich und unabhängig von der verursachenden Person fraglich, ob das Kriterium der willkürlichen Änderung erfüllt ist, da von der Gemeinde D. auf ein Unwetterservice Mail verwiesen wurde, wobei leider kein Datum angegeben wurde. Es hat im Juni 2013 – und die Wasserrechtsbeschwerde ist mit 24.06.2013 datiert – nachweislich und allgemein bekannt außergewöhnliche Starkregenereignisse im Bundesland Salzburg und speziell im Bezirk Pinzgau gegeben, sodass auch zu prüfen gewesen wäre, ob es sich nicht um ein (punktuelles) Naturereignis jedenfalls außerhalb des Einflussbereiches des Beschwerdeführers, welches zu nachteiligen Auswirkungen auf untere Grundstücke geführt hat (Überschwemmung von Kellern), gehandelt haben kann und damit eine Anwendbarkeit des § 39 WRG 1959 ausschließt.

Der von der belangten Behörde erlassene „Alternativauftrag“ ist jedenfalls völlig verfehlt, da es im Rahmen eines wasserpolizeilichen Auftrages gemäß § 39 in Verbindung mit § 138 WRG 1959 nach den schon dargestellten rechtlichen Grundsätzen unzulässig ist zusätzliche Maßnahmen bzw. Sanierungsmaßnahmen anzuordnen und nur die Beseitigung von Maßnahmen, die die natürlichen Abflussverhältnissen ändern, angeordnet werden kann.

Es geht auch nicht darum einen „Urzustand“ herzustellen, dessen Festlegung in der Regel ohnedies mehr als problematisch ist, da sich bei einer durch im Laufe der Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte veränderten Kulturlandschaft durch land- und forstwirtschaftliche Nutzungen, Wegbauten, vorgenommenen Geländekorrekturen aber auch Siedlungsbauten etc. die Frage des zeitlichen Anknüpfungspunktes bzw. auch der ursprünglichen Ausgestaltung stellt. Wesentlich im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 39 WRG ist, festzustellen, welche willkürlich gesetzte Maßnahmen den Ablauf des Wassers dahingehend hindern, dass es nicht mehr dem natürlichen Gefälle folgen kann.

Sollte das seinem natürlichen Gefälle folgende Wasser nachteilige Auswirkungen auf unterliegende Grundflächen haben, so können sich die Eigentümer dieser Grundstücke nur durch eigene Schutzbauten im Sinne des § 42 WRG 1959 vor den schädlichen Einwirkungen des Wassers schützen.

I.5.

Im gegenständlichen Fall liegen daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts – unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 VwGVG (zB VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) und der grundsätzlichen Pflicht zur Entscheidung in der Sache selbst - die Voraussetzungen des § 28 Abs 2 Z 1 oder Z 2 VwGVG nicht vor, da weder der maßgebliche Sachverhalt feststeht noch die Feststellung durch das Verwaltungsgericht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden gewesen wäre.

Von der belangten Behörde wurde der Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt bzw. erschöpft sich in der fachlichen Beurteilung des Sachverständigen, welche Maßnahmen für eine geordnete Oberflächenentwässerung aus wasserbautechnischer Sicht erforderlich wären. Ermittlungen betreffend Verursacher, Geschädigter, Umfang und Ausmaß des konkreten Schadens und ob es sich bei der gegenständlichen Weganlage um eine allenfalls rechtmäßig bestehende und durch eine Bewilligung gedeckte oder bewilligungsfreie Weganlage handelt (die GN xxx/13 KG C. ist zB als Straßenverkehrsanlagen grundbücherlich ausgewiesen) fehlen gänzlich; ebenso Feststellungen, ob allenfalls ein Anwendungsfall des § 39 Abs 3 WRG 1959 vorliegen kann.

Gemäß § 24 Abs 2 Ziffer 1 VwGVG kann eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen, wenn … bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, denn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 Grundrechtecharta entgegenstehen. Diese Voraussetzungen für den Entfall einer mündlichen Verhandlung waren im gegenständlichen Fall gegeben.

II.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen in der Begründung der Entscheidung ausführlich dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Bestimmungen der §§ 39 und 138 WRG 1959 ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hingewiesen wird, dass gemäß § 14 TP 6 Abs 1 Gebührengesetz die Beschwerde einer festen Eingabegebühr von € 14,30 unterliegt. Gemäß § 11 Abs 1 Gebührengesetz entsteht die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Zustellung dieses Erkenntnisses.

Schlagworte

Änderung natürlicher Abflussverhältnisse, wasserpolizeilicher Auftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2014:LVwG.1.227.7.2014

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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