Entscheidungsdatum
12.09.2019Norm
NAG 2005 §8 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde der A, geb. ***, StA. PAKISTAN, vertreten durch RA B, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 31. August 2017, ***, mit dem der am 30. November 2015 gestellte Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 iVm § 8 Abs. 1 Z. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mit der Gültigkeitsdauer von 12 Monaten erteilt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Am 30. November 2015 hat A, geb. ***, StA. PAKISTAN, bei der Österreichischen Botschaft in Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gestellt, der am 15. Dezember 2015 beim Amt der NÖ Landesregierung, ***, *** eingelangt ist.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 31. August 2017, ***, wurde dieser Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels gemäß § 11 Abs. 2 Z. 2, § 11 Abs. 2 Z. 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 5 sowie § 21a Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass trotz Gewährung einer Frist von über 14 Wochen weder ein Diplom über den Abschluss eines Deutschkurses auf A1-Niveau, noch betreffend eines etwaigen vorhandenen Hochschulabschlusses eine Nostrifikation durch ENIC NARIC AUSTRIA vorgelegt worden sei. Für die Behörde liege somit der für den beantragten Aufenthaltstitel erforderliche Sprachnachweis im Sinne der Bestimmung des § 21a Abs. 1 NAG nicht vor.
Weiters sei dem hinsichtlich der beabsichtigten Unterkunftsname in ***, *** vorgelegten Kaufvertrag zwischen C, D, E, F als Verkäufer und G als Käufer nicht zu entnehmen, dass sie und ihre Familie in dieser Wohnung über einen Rechtsanspruch auf Unterkunftsname für die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes im Bundesgebiet verfügen würden. Trotz Verbesserungsauftrag sei ein entsprechender Nachweis über die vertragliche Vereinbarung eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft ebenso nicht vorgelegt worden, wie ein aktueller Grundbuchsauszug vom Wohnungseigentümer und ein Plan der Wohnung. Daher entziehe es sich der Beurteilung durch die Behörde, ob an der gegenständlichen Adresse eine Unterkunft zur Verfügung stehe, die auch als ortsüblich angesehen werden könne. Die Behörde müsse somit davon ausgehen, dass sie über keinen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft für die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes im Bundesgebiet verfüge.
Da die Familienzusammenführung mit dem Ehegatten H angestrebt werde, sei davon auszugehen, dass sie im Fall der Niederlassung zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auf Mittel des unterhaltspflichtigen Familienerhalters angewiesen sein werde. Nach dem Richtsatz gemäß § 293 ASVG für das Jahr 2017 müssten für ein Ehepaar, welches im gemeinsamen Haushalt lebe, mit einem minderjährigen Kind mindestens Euro 1.471,47 zur Verfügung stehen. Mangels Vorlage entsprechender Unterlagen könne nicht beurteilt werden, ob bzw. welche regelmäßigen Aufwendungen für Unterkunft, Kreditverbindlichkeiten sowie Unterhaltsverpflichtungen bzw. zu leistende Alimentationszahlungen zu berücksichtigen seien. Die Behörde müsse somit davon ausgehen, dass unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen die erforderlichen regelmäßigen Einkünfte des Familienerhalters dementsprechend höher sein müssten.
Auch sei der Aufforderung der Behörde zur Vorlage diesbezüglicher Nachweise und Unterlagen betreffend den Lebensunterhalt des Familienerhalters nicht vollständig entsprochen worden. Den vorgelegten Lohn/Gehaltsabrechnungen sei zu entnehmen, dass der Familienerhalter im Juni 2017 Nettoeinkünfte in der Höhe von Euro 1.677,90 und im Juli 2017 in der Höhe von Euro 2.162,14 erzielt habe. Die für diese beiden Monate nachgewiesenen Nettoeinkünfte würden zwar vor Berücksichtigung der regelmäßigen Aufwendungen über dem erforderlichen Richtsatz gemäß § 293 ASVG liegen, jedoch könne die Behörde mangels Vorliegen eines diesbezüglichen Nachweises nicht davon ausgehen, dass H Einkünfte in dieser Höhe auch zukünftig und regelmäßig erzielen werde können. Diese Auffassung werde auch dadurch bekräftigt, dass die trotz Verbesserungsauftrag geforderten Einkommensnachweise nicht vorgelegt worden seien sowie durch den Umstand, dass der Familienerhalter laut dem Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung vom 12. Juni 2017 immer nur kurze Beschäftigungsverhältnisse gehabt habe und auch immer wieder auf Sozialleistungen der öffentlichen Hand angewiesen gewesen sei.
Für die Behörde sei somit sehr wahrscheinlich, dass der Aufenthalt der Antragstellerin in Österreich zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen werde, sodass die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 5 NAG nicht erfüllt seien.
Hinsichtlich der Interessenabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin noch nie in Österreich über einen Aufenthaltstitel verfügt habe. Es liege auch kein Nachweis hinsichtlich der Bestrebungen zur besonderen Integration vor und sei dies von ihr auch nicht behauptet worden. Die Ehe sei am 23. Dezember 2012 in Pakistan geschlossen worden, der Ehemann lebe bereits seit längerer Zeit in Österreich, während sie gemeinsam mit ihrem Kind das Leben in ihrem Heimatland verbracht habe, sodass davon ausgegangen werden könne, dass in Pakistan auch eine wirtschaftliche und soziale Struktur bestehe und Bindungen im Ausland vorhanden seien. Einem gemeinsamen Familienleben im Heimatstaat würden keine wesentlichen Hindernisse entgegenstehen.
Durch den Aufenthalt des Ehegatten würden zwar nunmehr familiäre Bindungen in Österreich bestehen, jedoch würden die Sicherung des Lebensunterhaltes sowie das Vorhandensein eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft wichtige Grundvoraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels darstellen, welche nicht nachgewiesen worden seien. Die Abwägung der gegenüberstehenden Interessenslagen gehe daher zu ihren Lasten, weil das öffentliche Interesse an der Einhaltung einschlägiger Zuwanderungsbestimmungen dem persönlichen Interesse an einer Neuzuwanderung überwiege.
Dagegen hat A, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, dem Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels stattzugeben.
Der Beschwerde waren ein Mietvertrag über das Mietobjekt in ***, *** angeschlossen sowie eine von der österreichischen Botschaft in Islamabad beglaubigte Kopie des Dekrets des Master of Science in Economics betreffend A, eine Arbeitsbestätigung der I GmbH vom 20. Juli 2017, eine Kopie einer Polizze betreffend Krankenversicherung für A, sowie eine Bonitätsauskunft der *** vom 17. Oktober 2017 und ein Auszug einer Bonitätsauskunft des Kreditschutzverbandes von 1870 vom 10. Oktober 2017 betreffend H, ein Auszug aus dem zentralen Melderegister betreffend H und Lohn/Gehaltsabrechnungen für die Monate Juli, August und September 2017 betreffend H. Dazu wurde vorgebracht, dass aus dem Schreiben der Firma I hervorgehe, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin ein unbefristetes Dienstverhältnis habe, sodass die Befürchtungen der Behörde, dass er in Hinkunft nicht über ein gesichertes Familieneinkommen verfügen werde, nicht gerechtfertigt seien.
Die Mutter bemühe sich Deutsch zu lernen, was jedoch in Pakistan nicht einfach sei. Sie habe definitiv vor, in Österreich Kurse zu besuchen. In Pakistan sei es für eine alleinstehende Frau ohne männliche Begleitung nicht einfach bis oft schier unmöglich, Kurse zu besuchen, um eine Fremdsprache zu erlernen. Die Behörde hätte diesen Umstand nicht dermaßen schwer gewichten dürfen, dass sie sofort daraus schließe, dass bei ihr keine hinreichende Integration vorliegen würde und daher die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK nicht erfüllt wären. In Pakistan käme ein Familienleben schon deswegen nicht in Betracht, da der Ehemann der Beschwerdeführerin seit dem Jahr 2005 rechtmäßig im Bundesgebiet gemeldet und niedergelassen sei und hier arbeite. Er halte sich somit seit über 10 Jahren rechtmäßig in Österreich auf. Er werde nicht nach Pakistan zurückkehren. Die privaten Interessen an einer Familienzusammenführung nach Art. 8 EMRK würden damit die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen überwiegen.
Mit Schreiben vom 8. November 2017 hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 4. Mai 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis aufgenommen wurde durch Verlesung des Aktes des Landeshauptmannes von Niederösterreich, ***, sowie des Aktes des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, LVwG-AV-1367-2017, und durch Einvernahme des Ehemanns der Beschwerdeführerin, H.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 9. Mai 2018, LVwG-AV-1367/001-2017, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Aufgrund der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Februar 2019, ***, das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Dies hat zur Folge, dass über die Beschwerde der A eine neuerliche Entscheidung zu ergehen hat.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 10. September 2019 eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der seitens der Beschwerdeführerin folgende Unterlagen vorgelegt wurden.
? Konvolut an Lohn/Gehaltszetteln für das Dienstverhältnis von H bei J-AG für die Monate September 2018, Dezember 2018, Jänner bis August 2019
? Bestätigung der J-AG vom 10.4.2019 bzw. vom 27.8.2019 über das durchschnittliche Entgelt der letzten drei Monate
? Auszug aus dem Kreditschutzverband von 1870 betreffend H
? Umsatzliste aus dem Konto des Kontoinhabers G bei der *** für den Zeitraum 10.1.2019 bis 9.8.2019 sowie Kontoauszug betreffend das Konto von H ebenfalls bei der ***
? Bestätigung der *** vom 9.9.2019
? Bestätigung der *** Versicherung AG über die kurzfristige Krankenversicherung der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 2. September 2019 bis 1. Dezember 2019.
Weiters wurde in der Verhandlung Einsicht genommen in das Original des Goethe-Zertifikat A1, Start Deutsch 1 sowie in Quittungen im Zusammenhang mit der am 13.10.2018 absolvierten Prüfung und in die Quittung betreffend die einmalige Prämie für die Krankenversicherung der Beschwerdeführerin bei der *** Versicherung AG über € 311,50.
Das Landesverwaltungsgericht hat dazu wie folgt erwogen:
Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:
Die nunmehrige Beschwerdeführerin A ist pakistanische Staatsbürgerin. Seit 23. Dezember 2012 ist sie mit H verheiratet, der gemeinsame Sohn K ist am *** auf die Welt gekommen. Der Reisepass der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde am 20.3.2013 ausgestellt und ist bis 19.3.2023 gültig.
Der Ehemann von A, H, verfügt über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“. Ein Quotenplatz konnte am 2. März 2017 zugeteilt werden.
H wohnt seit 16. Oktober 2017 in ***, ***, wo er auch mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. An der früheren Unterkunft in ***, *** ist er abgemeldet. Der Mietvertrag für die Wohnung in ***, ***, wurde am 12. Oktober 2017 auf die Dauer von 3 Jahren abgeschlossen, der wertgesicherte Mietzins beträgt inklusive Hauptmietzins, Betriebskosten, dem Anteil für besondere Aufwendungen und Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände laut Mietvertrag vom 12. Oktober 2017 € 540,-- monatlich. Die Wohnung ist ca. 51 m² groß, sie besteht aus Vorraum, Bad, WC, Wohnzimmer mit abgetrennter Küche, Schlafzimmer und einem Kellerabteil. Bei dieser Wohnung handelt es sich um eine ortsübliche Unterkunft.
Seit 28. Jänner 2018 ist H bei J-AG als Lagerarbeiter beschäftigt. Im August 2019 hat er brutto Euro 2.349,26/netto Euro 1.747,16 verdient, im Juli 2019 brutto Euro 2.714,60/netto Euro 1.992,78, im Juni 2019 inklusive Urlaubszuschuss brutto Euro 4.949,12/netto Euro 3.743,98, im Mai 2019 brutto Euro 2.576,32/netto Euro 1.863,72, im April 2019 brutto Euro 2.471,28/netto Euro 1.831,54, im März 2019 brutto Euro 2.450,80/netto Euro 1.699,84, im Februar 2019 brutto Euro 2.645,33/netto Euro 1.901,73, im Jänner 2019 brutto Euro 3.005,20/netto Euro 2.179,39. Dies ergibt ausgehend von den Monaten Jänner bis Juni 2019 unter Berücksichtigung von Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration ein durchschnittliches monatliches Nettogehalt von Euro 2.203,37. Laut Bestätigung der J-AG vom 10.4.2019 hat H in den letzten drei Monaten durchschnittlich € 2.834,68 brutto/€ 1.996,36 netto verdient, laut Bestätigung vom 27.8.2019 hat er in den vergangenen drei Monaten durchschnittlich € 2.582,29 brutto/€ 1.883,85 netto verdient.
Laut Auskunft des Kreditschutzverbandes von 1870 vom 6. September 2019 ist H Mitschuldner bei einem G am 7. April 2009 gewährten Kredit zur Kreditkontonummer *** in der Höhe von Euro 110.000,-- mit einer Laufzeit bis 15. Mai 2029, wobei die monatliche Rate Euro 679,-- beträgt. Bei G handelt es sich um seinen Vater. Weiters ist er Mitkreditnehmer bei einem G am 10. Juli 2019 gewährten Kredit zur Kreditkontonummer *** in Höhe von € 81.632,-- wobei die monatliche Rate € 543,-- beträgt. Der Ehemann der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde noch nie für die Zahlung von Kreditraten in Anspruch genommen, die Kredite werden von seinem Vater zusammen mit einem Bruder bedient. Der Vater ist als Elektriker bei der Firma L in *** beschäftigt, er verdient monatlich jedenfalls ca. € 2.300,-- netto, der Bruder des Ehemannes der Beschwerdeführerin arbeitet ebenfalls bei der J-AG als Lagerarbeiter. Laut Auszug aus dem Kreditschutzverband von 1870 vom 6.9.2019 besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsauffälligkeit betreffend den Ehemann der Beschwerdeführerin.
Am 13. Oktober 2018 hat die nunmehrige Beschwerdeführerin die Prüfung Goethe-Zertifikat A1: Start Deutsch A1 mit gutem Erfolg absolviert.
Die nunmehrige Beschwerdeführerin kann bei ihrem Ehemann in der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse mitversichert sein. Für den Zeitraum 2.9.2019 bis 1.12.2019 wurde eine kurzfristige Krankenversicherung für sie bei der *** Versicherung AG abgeschlossen, die einmalige Prämie in der Höhe von ca. Euro 311,-- wurde bereits bezahlt.
Die nunmehrige Beschwerdeführerin ist unbescholten.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Zusammen mit der Beschwerde gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde ein Mietvertrag über die Wohnung in ***, *** vorgelegt, woraus die Größe der Wohnung und die Zimmeraufteilung hervorgeht. Laut diesem Mietvertrag beginnt das Mietverhältnis am 12.10.2017 und wurde auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Dass der vertraglich festgelegte Mietzins in Höhe von Euro 540,-- inklusive Betriebskosten tatsächlich bezahlt wird, wurde in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2019 durch einen entsprechenden Kontoauszug des Kontos des Ehemanns der Beschwerdeführerin vom 20. August 2019 belegt.
In der Verhandlung vom 10.9.2019 wurden Gehaltszettel für die Beschäftigung von H bei der J-AG sowie zwei Bestätigungen des Dienstgebers vorgelegt, worauf die bezughabenden Feststellungen beruhen. Weiters wurde in der Verhandlung schließlich auch ein aktueller Auszug aus dem Kreditschutzverband von 1870 vom 6. September 2019 vorgelegt, woraus hervorgeht, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin bei einem Kredit über Euro 81.632,-- Mitkreditnehmer ist sowie Mitschuldner bei einem Kredit in der Höhe von Euro 110.000,--. Diesbezüglich wurde in der Verhandlung vorgebracht, dass beide Kredite vom Vater des Beschwerdeführers aufgenommen worden seien, welcher auch die Kreditraten zahle, wobei ein Bruder diesbezüglich ebenfalls einen Beitrag leiste. Dazu wurde eine Umsatzliste aus dem auf G lautenden Konto für den Zeitraum 10.1.2019 bis 9.8.2019 vorgelegt, woraus hervorgeht, dass zuletzt am 9.8.2019 eine Kreditrate in Höhe von Euro 543,33 geleistet wurde und zwar für den Wohnbaukredit zur Kreditkontonummer ***. Dies entspricht der monatlichen Rate in der Höhe, wie sie im Auszug aus dem Kreditschutzverband von 1870 ausgewiesen ist. Dieser Kredit über Euro 81.632,-- wurde erst am 10. Juli 2019 aufgenommen, nachdem ein zuvor bestehender Kredit über Euro 51.546,-- am 10. Juli 2019 zurückgezahlt worden war. Weiters wurde zuletzt laut der Umsatzliste der *** am 9.8.2019 eine Kreditrate in Höhe von 369,05 für den Kredit mit der Kreditkontonummer *** überwiesen. Diese Rate bezieht sich auf einen Hypothekarkredit in der Höhe von Euro 110.000,-- der am 7. April 2009 gewährt wurde. Diesbezüglich beläuft sich die monatliche Rate auf Euro 679,-- laut Auszug aus dem Kreditschutzverband von 1870. Im Juli 2019 wurde eine Rate in Höhe von € 369,05 überwiesen, in den Monaten Juni bis Jänner 2019 wurden laut der Umsatzliste betreffend das Konto des Kontoinhabers G jeweils Euro 389,42 auf das Kreditkonto mit der Kontonummer *** überwiesen. Weiters weist die Umsatzliste per 9.9.2019 am 11.6.2019, am 10.4.2019, am 11.3.2019, am 11.2.2019 sowie am 10.1.2019 jeweils Ratenzahlungen in der Höhe von Euro 380,-- aus, wobei laut dieser Umsatzliste „Rate freiwillig für Kredit“ als Verwendungszweck angegeben ist. Der Ehemann der Beschwerdeführerin hat dazu in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass ein Bruder sich zusätzlich an den Ratenzahlungen beteiligt. Ausgehend von der Umsatzliste und dem Vorbringen des Ehemanns der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich daher davon aus, dass die laut Auszug aus dem Kreditschutzverband von 1870 bestehenden Kredite, bei denen der Ehemann der Beschwerdeführerin als Mitschuldner bzw. Kreditnehmer ausgewiesen ist, vom Hauptkreditnehmer gemeinsam mit einem Bruder des Ehemannes der nunmehrigen Beschwerdeführerin bedient werden. Von der *** wurde auch mit Schreiben vom 9.9.2019 bestätigt, dass H zwar beim Kredit seines Vaters Mitkreditnehmer sei, jedoch derzeit keine Ratenverpflichtungen habe, da sein Vater die Rate ordnungsgemäß bezahle. Der Ehemann der Beschwerdeführerin wurde bisher aus diesen Kreditverbindlichkeiten noch nie zu Zahlungen verpflichtet, laut Bemerkung auf dem Auszug aus dem Kreditschutzverband von 1870 besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsauffälligkeit. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft, insbesondere in den nächsten zwölf Monaten, auf den Ehemann der Beschwerdeführerin keine Zahlungsverpflichtungen aus den beiden Krediten zukommen werden, zumal der Vater des nunmehrigen Beschwerdeführers als Hauptkreditnehmer seit zwölf Jahren laut dem Vorbringen des Ehemanns der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung als Elektriker beschäftigt ist bei einem Gehalt von zumindest Euro 2.300,--oder 2.400,-- netto monatlich und auch der Bruder des Ehemanns der Beschwerdeführerin ein regelmäßiges Einkommen als Lagerarbeiter bei der Firma J-AG hat.
Die Feststellung zur Prüfung Goethe-Zertifikat A1: Start Deutsch 1 beruht auf dem nunmehr vorgelegenen Zertifikat vom 23.10.2018, wobei in der mündlichen Verhandlung in das Original Einsicht genommen wurde. Der Ehemann der Beschwerdeführerin hat dazu auch Quittungen im Zusammenhang mit der am 13.10.2018 absolvierten Prüfung vorgelegt, es besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin tatsächlich am 13. Oktober 2018 die Prüfung Deutsch A1 erfolgreich absolviert hat.
In der Verhandlung wurde schließlich die Versicherungsbestätigung der *** Versicherung AG für eine kurzfristige Krankenversicherung für die nunmehrige Beschwerdeführerin vorgelegt sowie die Bestätigung über die Bezahlung der Prämie, worauf die entsprechende Feststellung beruht.
Bereits im Verfahren vor der belangten Behörde wurde die Eheurkunde und die Bestätigung über die Unbescholtenheit der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Police Character Certificate des District Police Officer ***) vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu rechtlich wie folgt erwogen:
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:
§ 2 Abs. 1 Z. 6, 9, 10 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) lauten:
(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
6.
Drittstaatsangehöriger: ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist;
9.
Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;
10.
Zusammenführender: ein Drittstaatsangehöriger, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder von dem ein Recht im Sinne dieses Bundesgesetzes abgeleitet wird;
§ 8 Abs. 1 Z. 2 NAG lautet:
Aufenthaltstitel werden erteilt als:
Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, der zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 AuslBG berechtigt.
§ 46 NAG lautet auszugsweise:
(1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und
1. der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41, einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a, eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 1, eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern dieser Niederlassungsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. f und i AuslBG zu Grunde liegt, oder eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ gemäß § 43c innehat,
1a. der Zusammenführende als nunmehriger Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ursprünglich einen Aufenthaltstitel nach Z 1 innehatte,
2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende
a) einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ innehat,
b) einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,
c) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt, oder
d. als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger über eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 oder eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54a verfügt.
§ 11 Abs. 1 bis 5 NAG lauten:
(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
§ 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:
(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2
a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben (Anm.: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für das Kalenderjahr 2019:
1.398,97 €) 1 120,00 €,
bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist (Anm.: für 2019: 933,06 €) 882,78 €,
cc) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und die pensionsberechtigte Person mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben hat (Anm.: für 2019: 1.048,57 €) 1 000 €,
b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 (Anm.: für 2019: 933,06 €) 747,00 €,
c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:
aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2019: 343,19 €) 274,76 €,
falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2019: 515,30 €) 412,54 €,
bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres (Anm.: für 2019: 609,85 €) 488,24 €,
falls beide Elternteile verstorben sind (Anm.: für 2019: 933,06 €) 747,00 €.
Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm.: für 2019: 143,97 €) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.
(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.
(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.
(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.
(5) Aufgehoben.
§ 20 Abs. 1 NAG lautet:
(1) Befristete Aufenthaltstitel sind für die Dauer von zwölf Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.
§ 21a NAG lautet auszugsweise:
(1) Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.
(2) Abs. 1 gilt auch für Drittstaatsangehörige, die einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 im Zuge eines Verfahrens gemäß § 24 Abs. 4 oder § 26 stellen.
(3) Der Nachweis gilt überdies als erbracht, wenn
1.
die Voraussetzungen zur Erfüllung des Moduls 1 oder 2 der Integrationsvereinbarung (§§ 9 und 10 IntG) vorliegen oder
2.
der Drittstaatsangehörige die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a für die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte anstrebt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
…
Der Antrag der Beschwerdeführerin lautet auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 NAG. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich dazu zunächst, dass der Ehemann der nunmehrigen Beschwerdeführerin als Zusammenführender gemäß § 2 Abs. 1 Z. 10 NAG einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ innehat. Er ist auch als Staatsangehöriger Pakistans Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 6 NAG und die Beschwerdeführerin als dessen Ehefrau Familienangehörige gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG.
Zur Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels hat die nunmehrige Beschwerdeführerin gemäß § 46 Abs. 1 NAG zudem die Voraussetzungen des ersten Teils zu erfüllen, demnach müssen insbesondere die allgemeinen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 und 2 NAG vorliegen.
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben sich zunächst keinerlei Hinweise darauf, dass ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 NAG vorliegen würde. Weiters ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Aufenthalt der nunmehrigen Beschwerdeführerin nicht öffentlichen Interessen widerstreitet.
Bei der gegenständlichen Unterkunft in ***, *** handelt es sich um eine Mietwohnung im Ausmaß von ca. 51 m² bestehend aus Vorraum, Badezimmer, WC, Wohnzimmer mit abgetrennter Küche und Schlafzimmer, welches somit als ausreichend für ein Ehepaar anzusehen ist. Der Mietvertrag endet am 12.10.2020 durch Zeitablauf. Dass es sich dabei nicht um eine ortsübliche Unterkunft handeln würde, ist im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass ein Rechtsanspruch auf eine Unterkunft im Sinne des § 11 Abs. 2 Z. 2 NAG gegeben ist.
Die Beschwerdeführerin kann bei ihrem Mann in der Krankenversicherung mitversichert sein, sodass die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 3 NAG erfüllt ist. Für die Zeit 2.9.2019 bis 1.12.2019 wurde zudem eine kurzfristige private Krankenversicherung bei der *** Versicherung AG abgeschlossen.
Weiters gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch die Erteilung des Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtsobjekt wesentlich beeinträchtigt würden.
Sodann war zu prüfen, ob die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG vorliegt.
Die diesbezüglichen einschlägigen Bestimmungen des § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG stellen auf die Richtsätze des § 293 ASVG ab, die durch die vom Beschwerdeführer nachzuweisenden (zu erwartenden) Einkünfte zu erreichen sind. Dazu ist bei der Unterhaltsberechnung nach § 11 Abs. 5 NAG bei einem gemeinsamen Haushalt unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltsnettoeinkommen den „Haushaltsrichtsatz“ nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht. Auf das Existenzminimum des § 291a der Exekutionsordnung ist in einer solchen Konstellation nicht Bedacht zu nehmen. Es bedarf zur Existenzsicherung nicht für jede Person eines Einkommens nach dem für einen alleinstehenden Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsatz, sondern das Haushaltsnettoeinkommen ist eben am „Familienrichtsatz“ zu messen, sofern der Anspruchsberechtigte mit einem Ehepartner (und allenfalls Kindern) im gemeinsamen Haushalt lebt (vgl. VwGH 3.4.2009, 2008/22/0711). Gemäß § 293 Abs. 1 ASVG beträgt der Richtsatz für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, die mit dem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt leben, für das Kalenderjahr 2019 € 1.398,97.
§ 11 Abs. 5 zweiter Satz NAG zählt jene Beträge demonstrativ auf, die dem erforderlichen Einkommen noch hinzuzurechnen sind, wobei jedoch einmal der sogenannte Wert der freien Station unberücksichtigt zu bleiben hat (vgl. VwGH 26.1.2012, 2010/21/0346). Im konkreten Fall bedeutet dies, dass € 540,-- für die Miete der Wohnung in ***, *** sowie der Betrag für die Mitversicherung der Beschwerdeführerin in der Krankenversicherung beim Ehemann hinzuzurechnen sind. Ausgehend von der Bestätigung der J-AG vom 10.4.2019, wonach dieser in den letzten drei Monaten durchschnittlich brutto € 2.834,68 verdient habe, und vom 27.8.2019, wonach er in den letzten drei Monaten durchschnittlich brutto € 2.582,29 verdient habe, ergibt dies ein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von € 2.708,49, sodass sich die Höhe des Beitrags für die Mitversicherung auf € 92,08 beläuft (3,4% der Beitragsgrundlage des Versicherten (sonstiges Bruttoeinkommen). Unter Abzug des Richtsatzes für den Wert der freien Station in der Höhe von € 294,65 gemäß § 292 Abs. 3 ASVG ist somit insgesamt von einem zu erreichenden monatlichen Einkommen in Höhe von € 1.736,40 (1.398,97+540+92,08-294,65) im konkreten Fall auszugehen.
Der Ehemann der nunmehrigen Beschwerdeführerin ist seit 28. Jänner 2018 bei der J-AG beschäftigt. Unter Berücksichtigung von Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration verdient er durchschnittlich monatlich netto 2.203.37, sodass der Richtsatz nach dem ASVG in Höhe von € 1.736,40 jedenfalls erreicht wird.
Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass das erforderliche Mindesteinkommen für die Dauer des Aufenthaltstitels gegeben ist und der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen kann und wird.
Im Verfahren wurden nunmehr auch Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau durch die Vorlage des Goerthe-Zertifikats A1: Start Deutsch 1 vom 23.10.2018 nachgewiesen, wodurch auch die Voraussetzung des § 21a Abs.1 NAG gegeben ist.
Damit werden von der Beschwerdeführerin sämtliche Erteilungsvoraussetzungen erfüllt, sodass der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen ist.
Die spruchgemäße Befristung des erteilten Aufenthaltstitels auf 12 Monate gründet sich auf § 20 Abs. 1 NAG.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Fremden- und Aufenthaltsrecht; Aufenthaltstitel; Rot-Weiß-Rot-Karte-plus; Erteilungsvoraussetzung; Familienzusammenführung; Einkommen; Familienrichtsatz;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1367.005.2017Zuletzt aktualisiert am
28.10.2019