TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/7 96/12/0322

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Veröffentlicht am 07.10.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

B-VG Art18 Abs1;
GehG 1956 §73b Abs2;
GehG 1956 §73b Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des H P in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer u.a. Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bundesminister für Inneres, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich eines Antrages vom 20. September 1990 in Angelegenheit Dienstzulage nach § 73b des Gehaltsgesetzes 1956 (in der Fassung vor dem Besoldungsreform-Gesetz 1994), zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 1 in Verbindung mit § 62 VwGG und § 73b GG 1956 wird dem Beschwerdeführer (auch) für den Zeitraum vom 1. Oktober 1987 bis zum 31. Dezember 1988 die Dienstzulage nach § 73b Abs. 1 GG 1956 zuerkannt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/12/0113, (in Verbindung mit dem hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zl. 92/12/0150, betreffend einen gleichgelagerten Fall eines anderen Beschwerdeführers) zu entnehmen.

Hieraus ist insbesondere folgendes festzuhalten:

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist in einem Bezirkspolizeikommissariat in Wien seit 1982 als Kriminialbeamter tätig.

Mit Bescheid vom 2. Juni 1989 sprach die Bundespolizeidirektion Wien als Dienstbehörde erster Instanz aus, daß dem Beschwerdeführer ab 1. Jänner 1989 die Dienstzulage nach § 73b GG 1956 gebühre.

Mit Antrag vom 20. September 1990 begehrte der Beschwerdeführer von der Dienstbehörde erster Instanz die rückwirkende bescheidmäßige Zuerkennung dieser Dienstzulage für die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis zum 31. Dezember 1988. Er begründete dies damit, daß er seit dem 3. Juni 1976 dem Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt als Kriminalbeamter "dienstzugeteilt" sei und dort seit 27. April 1982 in der Kriminalbeamtengruppe IV Dienst versehe. Ihm sei mit rechtskräftigem Bescheid vom 2. Juni 1989 mit Wirkung vom 1. Jänner 1989 für seine derzeitige Verwendung die Dienstzulage nach § 73b GG 1956 zuerkannt worden. Da er aber seine als Richt- oder als eine einer solchen gleichzuhaltende Verwendung im Sinne des § 73b GG 1956 anerkannte Wahrnehmung von Aufgaben ohne Änderung seit dem 27. April 1982 erfülle, ersuche er um die rückwirkende Zuerkennung dieser Dienstzulage für die letzten drei Jahre.

Nachdem auch die mit Devolutionsantrag angerufene belangte Behörde zunächst nicht entschieden hatte, erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 94/12/0194 protokollierte Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Innerhalb der zur Nachholung des versäumten Bescheides eingeräumten Frist gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu ihrer Annahme, sie sei im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen am 1. Jänner 1989 davon ausgegangen, daß es im Bereich des Kriminaldienstes durch die Änderungen der Rechtsvorschriften (beispielsweise Inkrafttreten des Jugendgerichtsgesetzes 1986, des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987 sowie die Einschulung im EDV-Bereich) zu einer Anhebung des Verwendungsbildes im Kriminaldienst gekommen sei, wodurch ab diesem Zeitpunkt im Rahmen der Arbeitsplatzbewertung auch im Falle des Beschwerdeführers davon ausgegangen worden sei, daß er "eine Sachbearbeiterplanstelle und damit eine Richtverwendung inne habe". Der Beschwerdeführer äußerte sich hiezu und bekräftigte mit eingehenden Ausführungen seinen bisherigen Standpunkt.

Hierauf erließ die belangte Behörde den abweislichen Bescheid vom 24. März 1995 (was zur Einstellung des Säumnis-Beschwerdeverfahrens Zl. 94/12/0194 führte) und begründete dies im wesentlichen mit der zuvor wiedergegebenen Auffassung. Dieser Bescheid wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/12/0113, (das der belangten Behörde am 4. Dezember 1995 zugestellt wurde) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Das Nähere ist diesem Erkenntnis und dem darin bezogenen, ebenfalls bereits genannten hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zl. 92/12/0150, zu entnehmen.

Mangels abermaliger Entscheidung durch die belangte Behörde erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche, am 25. Oktober 1996 zur Post gegebene Säumnisbeschwerde. Die belangte Behörde holte den versäumten Bescheid nicht nach und erklärte vielmehr mit Zuschrift vom 5. März 1997 unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens, daß eine Zustimmung des Bundeskanzlers zur Zuerkennung der streitgegenständlichen Dienstzulage nicht zu erreichen gewesen sei, sodaß sie "von der Erlassung eines negativen Bescheides in der Angelegenheit Abstand genommen" habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierauf zur Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes (nach den bereits genannten Erkenntnissen kommt es zusammengefaßt darauf an zu ermitteln, inwieweit sich die Verwendung des Beschwerdeführers im streitgegenständlichen Zeitraum in ihrer dienstlichen Bedeutung und hinsichtlich der mit ihr verbundenen Verantwortung von der im Beschwerdefall relevanten Richtverwendung "Sachbearbeiter in einem Bezirkspolizeikommissariat der Bundespolizeidirektion Wien" unterschied) Stellungnahmen der belangten Behörde sowie des (nunmehr für die Zustimmung zuständigen) Bundesministers für Finanzen eingeholt.

Der Bundesminister für Finanzen vertrat in seiner Stellungnahme vom 7. Mai 1998 im wesentlichen mit näheren Ausführungen die bereits zuvor wiedergegebene Auffassung der belangten Behörde im Verwaltungsverfahren.

Die belangte Behörde führte in ihren Stellungnahmen vom 12. August 1997 (OZ 5) und vom 17. August 1998 (OZ 10) zusammengefaßt folgendes aus:

Eine an einem Bundespolizeikommissariat in Wien tätige Kriminalbeamtengruppe (der Beschwerdeführer war in einer solchen Teil-Organisationseinheit eingeteilt) sei von einem sogenannten Gruppenführer geleitet worden, welchem ein sogenannter Gruppenführer-Stellvertreter beigegeben gewesen sei, und habe weiters aus sechs gleichrangigen Kriminalbeamten bestanden. Im streitgegenständlichen Zeitraum, so führte die belangte Behörde aus, seien "im Sinne des § 73b Abs. 2 GG 1956 (...) pro Bezirk zwei Beamte je Gruppe als formelle Sachbearbeiter eingeteilt" gewesen. Im Zeitraum vom 1. Juli 1986 bis 31. Dezember 1988 (darauf bezog sich die Fragestellung des Verwaltungsgerichtshofes) sei in der dienstlichen Bedeutung und in der damit verbundenen Verantwortung "keine Änderung bzw. kein Unterschied gegenüber den anderen Angehörigen der Kriminalbeamtengruppe vorgelegen bzw. eingetreten". Der Unterschied zwischen dem Aufgabenbereich des Beschwerdeführers und der Richtverwendung "bestand darin, daß es sich bei dieser Verwendung um einen Sachbearbeiter ohne 'Fachbereich' handelt, wogegen es, wie bereits oben angeführt, in den Kriminalbeamtengruppen auch Sachbearbeiter mit formeller Zuerkennung von Fachbereichen" gegeben habe. Zur Unterscheidung zwischen "Kriminalbeamter ohne zuerkannte Sachbearbeiterplanstelle" sei auszuführen, daß die Kriminalbeamten mit zuerkannter Sachbearbeiterplanstelle die Funktion des Sachbearbeiters "formell" (im Original unter Anführungszeichen) verliehen bekommen hätten, die Kriminalbeamten ohne zuerkannte Sachbearbeiterplanstelle hätten diese nicht formell verliehen bekommen. Der Unterschied im Aufgabenbereich liege im "eigenen Fachbereich" (im Original unter Anführungszeichen), beispielsweise zuständig für die Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität in einem Bezirk, somit Suchtgiftsachbearbeiter (Fachbereich Suchtgiftbekämpfung).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mangels Entscheidung durch die belangte Behörde ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Sache selbst auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Wie in dem Vorerkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/12/0113, näher ausgeführt wurde, ist das im beschwerdegegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 1987 bis zum 31. Dezember 1988 geltende materielle Recht anzuwenden.

Nach § 73b Abs. 1 erster Satz GG 1956 (in der Fassung der 39. GG-Novelle, BGBl. Nr. 350/1982) ist dem exekutivdiensttauglichen Wachebeamten der Verwendungsgruppe W2, der eine in der Anlage 1 Z. 12.3 zum BDG 1979 angeführte Grundausbildung erfolgreich absolviert hat, und ständig mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer in Abs. 2 angeführten Richtverwendung oder einer gemäß Abs. 3 gleichzuhaltenden Verwendung betraut ist, für die Dauer der Betrauung mit dieser Verwendung eine ruhegenußfähige Dienstzulage von S 400,-- (in der Folge erfolgte mehrfach eine Anhebung dieses Betrages durch Novellen) zuzuerkennen.

Nach § 73b Abs. 2 Z. 3 GG 1956 (in der Fassung der 45. GG-Novelle, BGBl. Nr. 387/1986, insofern mit 1. Juli 1986 in Kraft getreten) sind Richtverwendungen im Sinne des Abs. 1 im Kriminaldienst:

Leiter einer kriminalpolizeilichen Einheit,

Sachbearbeiter im staatspolizeilichen Büro oder in einem Bezirkspolizeikommissariat der Bundespolizeidirektion Wien,

Gruppenführer-Stellvertreter im Büro für Erkennung, Kriminaltechnik, Fahndung.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. (ebenfalls in der Fassung gemäß der 39. GG-Novelle) sind den im Abs. 2 angeführten Richtverwendungen jene Verwendungen der Verwendungsgruppe W2 gleichzuhalten, denen zumindest gleiche dienstliche Bedeutung zukommt und bei denen die mit der Ausübung verbundene Verantwortung zumindest jenes Maß an Verantwortung erreicht, das für die Ausübung einer in Abs. 2 angeführten Richtverwendung erforderlich ist.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die ersten beiden der im § 73b Abs. 1 erster Satz GG normierten Voraussetzungen für die Zuerkennung der Dienstzulage (exekutivdiensttauglicher Wachebeamter der Verwendungsgruppe W2, Absolvierung der genannten Grundausbildung) gegeben sind; strittig hingegen ist "nur", ob der Beschwerdeführer "ständig mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer in Abs. 2 angeführten Richtverwendung oder einer gemäß Abs. 3 gleichzuhaltenden Verwendung betraut" war.

Im Beschwerdefall ist daher im Sinne der Ausführungen im genannten Vorerkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/12/0113 (bzw. des Erkenntnisses vom 22. Februar 1995, Zl. 92/12/0150) zu prüfen, inwiefern sich die Verwendung, mit welcher der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Zeitraum betraut war, in ihrer dienstlichen Bedeutung und hinsichtlich der mit ihr verbundenen Verantwortung von der in Betracht kommenden Richtverwendung "Sachbearbeiter in einem Bezirkspolizeikommissariat der Bundespolizeidirektion Wien" unterscheidet. Dabei ist eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Verwendung, mit der der Beschwerdeführer betraut war, behördenintern als "formeller Sachbearbeiter" bezeichnet, oder ob ihm die Funktion eines Sachbearbeiters "formell zuerkannt" wurde, weil das Gesetz darauf nicht abstellt. Soweit der Bundesminister für Finanzen in seiner Stellungnahme vom 7. Mai 1998 danach trachtet, wie schon zuvor im Verwaltungsverfahren, darzulegen, daß entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers die verschiedenen (näher umschriebenen) Gesetzesänderungen "zu einer wirklichen Erhöhung der Verantwortung der Tätigkeit eines Kriminalbeamten geführt" hätten und dies allein schon ausgereicht hätte, "eine Sachbearbeiterplanstelle im Kriminaldienst mit der Wertigkeit 2-5 einzustufen und damit einer Anspruchsberechtigung für die Dienstzulage gemäß § 73b GG 1956 zu schaffen", geht die Stellungnahme an der maßgeblichen Thematik vorbei und verkennt insbesondere, daß es für den Anspruch auf die strittige Dienstzulage nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf ankommt, ob nun die Anforderungen an die im Kriminaldienst tätigen Beamten aufgrund von Gesetzesänderungen gestiegen sind, sondern auf einen allfälligen inhaltlichen Unterschied zwischen der Verwendung, mit welcher der Beschwerdeführer betraut war, und der Richtverwendung im maßgeblichen Zeitraum. Ein solcher Unterschied wird in dieser Stellungnahme nicht aufgezeigt.

Vielmehr folgt der Verwaltungsgerichtshof der schlüssigen Darstellung der belangten Behörde (im übrigen im Einklang mit der Argumentation, die der Beschwerdeführer von Anfang an der Sache nach vertreten hat), daß im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ein solcher inhaltlicher Unterschied nicht bestand; mit anderen Worten, daß die Verwendung, mit welcher der Beschwerdeführer betraut war, in ihrer dienstlichen Bedeutung und hinsichtlich der mit ihr verbundenen Verantwortung der hier bedeutsamen Richtverwendung "Sachbearbeiter in einem Bezirkspolizeikommissariat der Bundespolizeidirektion Wien" entsprach.

Dabei ist davon auszugehen, daß der Inhalt dieser im Beschwerdefall maßgeblichen Richtverwendung "statisch" ist, es daher bei diesem Vergleich auf den 1. Juli 1986 als dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des durch die 45. GG-Novelle neu gefaßten § 73b Abs. 2 GG 1956 ankommt. Eine "dynamische" Betrachtung, womit auf den jeweiligen Inhalt dieser Richtverwendung abzustellen wäre, hat zu unterbleiben. Zwar enthält das Gesetz diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung, dies ergibt sich aber schon daraus, daß ansonsten die Dienstbehörden die Möglichkeit hätten, durch Änderung der Aufgabenbereiche der Arbeitsplätze, die das Gesetz als Richtverwendungen normiert hat, besoldungsrechtliche Rückwirkungen - im Hinblick auf § 73b Abs. 3 GG auch für Dritte - herbeizuführen, was - eben mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung - in einem Spannungsverhältnis mit dem Gebot des Art. 18 B-VG stünde.

Daraus folgt, daß dem Beschwerdeführer die strittige Zulage für den streitgegenständlichen Zeitraum zuzuerkennen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 7. Oktober 1998

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996120322.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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