TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/7 96/12/0049

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Veröffentlicht am 07.10.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
72/13 Studienförderung;

Norm

AVG §37;
StudFG 1992 §19 Abs1;
StudFG 1992 §19 Abs6 Z1;
StudFG 1992 §19 Abs6 Z2;
StudFG 1992 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. Gerald Jahn und Dr. Arnold Gangl, Rechtsanwälte in Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 12. Jänner 1996, Zl. 56.047/48-I/7/95, betreffend Verlängerung der Anspruchsdauer nach § 19 Abs. 6 Z. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer studierte seit dem Wintersemester 1989/90 an der Universität für Bodenkultur in Wien die Studienrichtung Forst- und Holzwirtschaft. Er legte die erste Diplomprüfung im Juni 1992 ab.

Gleichzeitig mit seinem bei der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, eingebrachten Antrag vom 17. Oktober 1995 auf Gewährung einer Studienbeihilfe - der Beschwerdeführer befand sich im Zeitpunkt der Antragstellung im siebenten Semester des zweiten Studienabschnittes seiner Studienrichtung und hatte damit die Anspruchsdauer nach § 18 Abs. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG 1992)

überschritten - stellte er unter Verwendung eines amtlichen Formulars den Antrag auf Verlängerung der Anspruchsdauer um ein weiteres Semester nach § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG 1992 wegen umfangreicher und aufwendiger wissenschaftlicher Arbeit. Er gab an, seine Diplomarbeit zum Thema "Anliegen des Naturschutzes bei der Walderschließung", die er am 1. März 1995 übernommen habe, nicht rechtzeitig abschließen zu können. Seine Angaben wurden vom Betreuer dieser Diplomarbeit (mit näherer Begründung) bestätigt. Im übrigen ergänzte der Beschwerdeführer die folgenden formularmäßig vorgegebenen Angaben wie folgt (die Ergänzungen durch den Beschwerdeführer sind in Großbuchstaben hervorgehoben):

"meine Diplomarbeit (Dissertation) werde ich voraussichtlich bis zum JÄNNER 96 3* abschließen;

die Diplomprüfung (Rigorosum, Lehramtsprüfung) werde ich

voraussichtlich bis zum MÄRZ 96 3* abschließen."

In den Erläuterungen dieses Formulares heißt es zur Anmerkung 3*: "Es ist das ungefähre Datum (Monat und Jahr) anzuführen".

Der Senat der Studienbeihilfenbehörde für die Studierenden an der Universität für Bodenkultur in Wien befürwortete diesen Antrag des Beschwerdeführers nicht; eine Begründung hiefür wurde nicht gegeben. Dem Antrag war eine "Bestätigung des Studienerfolges" angeschlossen, in der alle vom Beschwerdeführer während seines Studiums abgelegten Prüfungen samt Noten enthalten sind.

Ohne weiteres Ermittlungsverfahren wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. Jänner 1996 den Antrag gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG 1992 ab. Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, die Studienordnung für die Studienrichtung Forst- und Holzwirtschaft, BGBl. Nr. 495/1970, betrage für den zweiten Studienabschnitt fünf Semester. Die Anspruchsdauer sei daher mit sechs Semester begrenzt. Der Beschwerdeführer befinde sich im Wintersemester 1995/96 im siebenten Semester des zweiten Studienabschnittes und habe daher die Anspruchsdauer um ein Semester überschritten. Seinen Antrag vom 17. Oktober 1995 habe er mit Studienverzögerung auf Grund seiner umfangreichen Diplomarbeit begründet, deren Abschluß er im Jänner 1996 plane. Als voraussichtlicher Zeitpunkt für den Abschluß der Diplomprüfung "geben Sie März 1996 an". Diesen Sachverhalt wertete die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht wie folgt: Die Studienverzögerung stehe im kausalen Zusammenhang mit wichtigen Gründen im Sinne des StudFG 1992. Eine weitere Voraussetzung für die Verlängerung der Anspruchsdauer gemäß § 19 Abs. 6 leg. cit. sei es aber, daß der Studierende die Diplomprüfung innerhalb der allenfalls um ein Semester verlängerten Anspruchsdauer (im Beschwerdefall bis Ende Februar 1996) ablegen werde. Da der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben sein Studium voraussichtlich erst "im März 1996" abschließen werde, liege die Voraussetzung für eine Verlängerung der Anspruchsdauer nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist auf Grund der zeitlichen Lagerung das StudFG 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 anzuwenden. Paragraphenzitate ohne Gesetzesangabe beziehen sich in der Folge auf das StudFG 1992.

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 6 Z. 3 u.a., daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

Nach § 16 Abs. 1 liegt ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe vor, wenn der Studierende

1.

sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17),

2.

die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und

              3.              Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25).

Die Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen ist im § 19 geregelt. Die Anspruchsdauer ist nach Abs. 1 zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, daß die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.

Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind gemäß Abs. 2:

              1.              Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,

2.

Schwangerschaft der Studierenden und

3.

jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Nach Abs. 3 bewirkt eine Schwangerschaft die Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester.

Die Pflege und Erziehung eines Kindes vor Vollendung des 3. Lebensjahres, zu der der Studierende während seines Studiums gesetzlich verpflichtet ist, bewirken nach Abs. 4 die Verlängerung der Anspruchsdauer um insgesamt höchstens zwei Semester je Kind, ohne daß es eines weiteren Nachweises über die Verursachung der Studienverzögerung bedarf.

Der zuständige Bundesminister hat gemäß Abs. 6 auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde

              1.              bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhnlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern oder

              2.              bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z. 1 oder des Abs. 2 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2 und § 21 Abs. 2) oder die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes um mehr als vier Semester (§ 15 Abs. 2) nachzusehen,

wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird.

Zur Beurteilung des Anspruches auf Studienbeihilfe oder des Erlöschens von Studienbeihilfe enden die nach Semestern festgelegten Fristen für den Nachweis von Studienleistungen erst mit dem Ablauf der an das jeweilige Semester anschließenden Ferien (§ 41 Abs. 3).

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde hätte bei Beurteilung des vorläufigen Abschlusses des Studiums im Sinne des Schlußteiles des § 19 Abs. 6 prüfen müssen, ob der Beschwerdeführer überhaupt die Möglichkeit gehabt habe, sein Studium innerhalb der um ein Semester verlängerten Anspruchsdauer abzuschließen. Dies sei jedoch - wie aus der vorgelegten Bestätigung der Universität vom 7. Februar 1996 ersichtlich sei - auf Grund der Festsetzung der Prüfungstermine durch die Universität nicht möglich gewesen. Bestehe für den Prüfling aus diesem Grund keine Möglichkeit zum fristgerechten Abschluß, sei der Schlußteil des § 19 Abs. 6 teleologisch dahingehend auszulegen, daß diese Voraussetzung auch dann erfüllt sei, wenn die Prüfungsmöglichkeit erst kurz nach dem formalen Abschluß des Zusatzsemesters bestehe. Dies entspreche auch der Intention des historischen Gesetzgebers, der dem Studierenden immer dann eine Verlängerung der Förderungsdauer einräumen habe wollen, wenn der Studierende selbst das Seine zu einem raschen Studienabschluß beitrage.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zwar anerkannt, daß wegen der umfangreichen Diplomarbeit des Beschwerdeführers der zweite Tatbestand des § 19 Abs. 6 Z. 1 gegeben sei, den Antrag auf Verlängerung nach dieser Bestimmung aber abgewiesen, weil der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben sein Studium erst im März 1996 abschließen werde, weshalb im Sinne des § 19 Abs. 6 letzter Halbsatz nicht zu erwarten sei, daß der Beschwerdeführer die den zweiten Studienabschnitt seines Studiums abschließende Diplomprüfung innerhalb der verlängerten Anspruchsdauer (hier: im Wintersemester 1995/96) ablegen werde.

§ 19 Abs. 6 Z. 1 sieht nur die Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester vor (so bereits das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, 94/12/0222). Die in dieser Bestimmung vorgesehene Verlängerung kommt nur für ein an den Ablauf der Anspruchsdauer unmittelbar anschließendes Semester in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, 94/12/0282).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, 94/12/0222) anerkannt, daß sich die Behörde bei der nach dem letzten Halbsatz des § 19 Abs. 6 (sowohl für die Z. 1 als auch die Z. 2) anzustellenden Prognoseentscheidung über den weiteren Studienverlauf auch nur auf die eigene Einschätzung des Studierenden über den Zeitpunkt der Ablegung der fehlenden Diplomprüfung, die dieser im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungsverpflichtung im Verwaltungsverfahren nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat, stützen kann.

Die im letzten Halbsatz in § 19 Abs. 6 vorgesehene Prognoseentscheidung über den Studienverlauf kann in bezug auf § 19 Abs. 6 Z. 1 nur bedeuten, daß der Studierende die Diplomprüfung voraussichlich innerhalb der ihm danach um ein Semester verlängerten Anspruchsdauer (Zusatzsemester) absolvieren wird.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 97/12/0168, mit ausführlicher Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, dargelegt hat, ist § 41 Abs. 3 für die Ermittlung dieses Zeitraumes (im Fall des § 19 Abs. 6 Z. 1 des "Zusatzsemesters") nicht heranzuziehen, weil das Verfahren nach § 19 Abs. 6 Z. 1 einen anderen Verfahrensgegenstand betrifft als die beiden in § 41 Abs. 3 genannten Anwendungsfälle und die letztgenannte Bestimmung auf einen Nachweis von Studienleistungen abstellt, was naturgemäß bei der für die Zukunft anzustellenden Studienprognose nicht in Betracht kommt. Auch die EB zur RV zum StudFG 1992, 473 BlgSten. Prot. NR 18. GP, zu § 41 Abs. 3 auf Seite 37, rechte Spalte, bestätigen diese Auslegung. Die im Anspruchsdauerverlängerungsverfahren nach § 19 Abs. 6 Z. 1 anzustellende Studienprognose ist also auf das "Zusatzsemester" beschränkt, dessen Dauer sich mangels einer ausdrücklichen oder erschließbaren Regelung im StudFG 1992 aus dem Studienrecht (nach der zeitlichen Lagerung des Beschwerdefalles nach § 19 AHStG) ergibt und daher die anschließenden Ferien nicht mitumfaßt. Die vom Beschwerdeführer angestebte ausdehnende teleologische Auslegung des für die Studienprognose maßgebenden Zeitraumes über das Zusatzsemester hinaus läßt der Gesetzeswortlaut in Verbindung mit den oben zur Nichtanwendbarkeit des § 41 Abs. 3 angestellten Überlegungen nicht zu.

Im Beschwerdefall bedeutet dies, daß auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers zu prüfen war, ob er die zweite Diplomprüfung voraussichtlich in dem von ihm beantragten Verlängerungszeitraum d. h. also im WS 1995/96 ablegen werde.

Es kann dahingestellt bleiben, ob seine im Verwaltungsverfahren auf dem Antragsformular abgegebene Erklärung, er werde die fehlende Diplomprüfung voraussichtlich bis zum März 1996 absolvieren, nur in dem von der belangten Behörde unterstellten Sinn verstanden werden kann, er werde die zweite Diplomprüfung im März 1996 (also im SS 1996) ablegen, was jedenfalls mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung der günstigen Studienprognose zur Abweisung seines Antrages zu führen gehabt hätte. Auch wenn seine Erklärung darauf abzielen sollte, daß er die zweite Diplomprüfung voraussichtlich bereits vor dem März 1996 ablegen werde, kann dies unter Berücksichtigung seiner Angaben über den voraussichtlichen Abschluß seiner Diplomarbeit bei einer vernünftigen Gesamtwürdigung nur bedeuten, daß er diese Prüfung voraussichtlich bis Ende Februar 1996, und damit jedenfalls unter Inanspruchnahme der Semesterferien, die laut Studienführer vom 5. bis 25. Februar 1996 dauerten, absolvieren werde. Auch dieser Zeitraum liegt aber außerhalb des im Beschwerdefall maßgebenden WS 1995/96.

Es war daher im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Anspruchsdauer nach § 19 Abs. 6 Z. 1 wegen Nichtvorliegens des Erfordernisses einer günstigen Studienprognose abgewiesen hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994

Wien, am 7. Oktober 1998

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996120049.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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