TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/16 LVwG-AV-1002/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Norm

BAO §279
KanalG NÖ 1977 §12 Abs1 litb
BauO NÖ 2014 §30

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde des A, ***, ***, vom 20. August 2019 gegen einen Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 22. Juli 2019, Zl. ***, mit welchem einer Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 07. März 2019, betreffend die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe für die Liegenschaft ***, ***, als unbegründet abgewiesen worden war, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.   Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feszstellungen:

Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) ist Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, *** (Grundstück ***, EZ ***, KG ***). Das auf der Liegenschaft errichtete Wohngebäude ist an den Ortskanal angeschlossen:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: imap geodaten des Landes Niederösterreich, Abfrage vom 16. September 2019)

1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 07. März 2019, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 5 und § 3 Abs. 6 NÖ Kanalgesetz 1977 und der geltenden Kanalabgabenordnung der Gemeinde *** eine Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe (für den Mischwasserkanal) in Höhe von € 1.253,05 vorgeschrieben.

1.2.2.

Mit Schreiben vom 03. April 2019 erhob der Beschwerdeführer dagegen das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründete diese damit, dass sich seit dem Zubau des 1. Stockes im Jahre 2002 nichts verändert habe. Da die Verjährungsfrist von 7 Jahren überschritten sei, spreche er sich gegen die Nachforderung der Anschlussabgabe aus.

1.2.3.

Diese Berufung wurde vom Gemeindevorstand der Gemeinde *** in seiner Sitzung vom 11. Juni 2019 behandelt.

Unter Tagesordnungspunkt 4. („Berufung gegen Abgabenbescheide“) ist im Sitzungsprotokoll dazu Folgendes festgehalten:

„Vbgm. B bringt die vorliegenden … Einsprüche hinsichtlich … Kanalbenützungsgebühren den Gemeindevorstand zur Kenntnis und erläutert in jedem einzelnen vorliegenden Fall die erhobene sachliche Lage.
(…)

Für den im folgenden angeführten Einspruch stellt er nach Erläuterung und Diskussion den Antrag, die erhobenen Einwände nicht zu akzeptieren und den Einspruch daher abzuweisen, was in diesem Fall auf Antrag des Vizebürgermeisters durch den Gemeindevorstand einstimmig beschlossen wird:

16. A, ***
Einspruch wegen behaupteter Verjährung eines errichteten Wasseranschlusses (Kanalergänzungsabgabe),
Abweisung, da keine baubehördliche Meldung vorgenommen wurde.“

1.2.4.

Aufgrund dieses Beschlusses wurde der nunmehr angefochtene Bescheid vom 22. Juli 2019 ausgefertigt.

Mit dieser Berufungsentscheidung wurde die Berufung „als unbegründet abgewiesen.“

Die Begründung lautete wie folgt:

„Der Bürgermeister der Gemeinde *** hat mit Abgabenbescheid vom 07.03.2019, Aktenzeichen: ***, dem Berufungswerber die Entrichtung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe für den Mischwasserkanal vorgeschrieben mit EUR 1.139,14, zuzüglich der gesetzlichen Mwst. von 10%. sohin in der Höhe von EUR 1253.05.

Herr A erstattete am 03.04.2019 gegen diesen Bescheid eine Berufung und führte im Wesentlichen aus. wie folgt:

Der bauliche Zustand des Objektes und auch die Anzahl der Wasseranschlüsse seit dem Zubau des ersten Stockes (Fertigstellung 2002). welcher auch in den Kanalabgabebescheid längst berücksichtigt ist, sei seit jener Zeit nicht mehr verändert worden. Nachdem die Verjährungsfrist von maximal 7 Jahren im konkreten Fall längst überschritten sei, spricht sich der Berufungswerber gegen die Nachforderung der Anschlussabgabe gem. Bescheid vom 07.03.2019 aus.

Der Gemeindevorstand hat erwogen, wie folgt:

Dem angefochtenen Abgabenbescheid war eine, aufgrund des Ziviltechnikerbüros C GmbH, ***, zuvorgegangene Naturstandsermittlung, der Berechnungsflächen zuvorgegangen. Diese erbrachte eine Berechnungsfläche in der Höhe von 393.64 m². Die Höhe dieser Berechnungsfläche ist nicht bekämpft.

Beim angefochtenen Bescheid handelt es sich um die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe.

Art und Umfang der Wasseranschlüsse zum gegenständlichen Objekt, ***, in *** sind zur Bemessung nicht heranzuziehen. Die Berechnungsflächenermittlung erfolgte in nachvollziehbarer. objektivierter Weise.

Die rechnerische Ermittlung derselben wurde nicht angefochten.Verjährungsfolgen liegen nicht vor.

Aus diesem Grunde war dem Rechtsmittel ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden.“

Am 23. Juli 2019 bestätigte Herr A die Übernahme des Schriftstückes mit seiner Unterschrift auf dem RSb-Rückschein.

1.3. Beschwerdevorbringen:

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 08. August 2019.

1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

1.4.1.

Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angeschlossenen Abgabenakt der Gemeinde *** am 06. September 2019 (einlangend) zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die seitens der belangten Behörde vorgelegten Aktenunterlagen. Im Wesentlichen ergibt sich der festgestellte Sachverhalt aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 101. (1) Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und haben diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird. …

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden. …

2.2. Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG:

Artikel 133.

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. …

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist begründet.

3.1.1.

Die Beschwerde von Herrn A erweist sich als zulässig und fristgerecht eingebracht.

Mit der angefochtenen Berufungsentscheidung wurde über die Berufung gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 07. März 2019 inhaltlich abgesprochen.

3.1.2.

Die Berufung wurde „als unbegründet abgewiesen.“

Dieser Spruch, insbesondere der neu festzusetzende Abgabenbetrag und dessen Berechnungsgrundlage, kann dem im Sitzungsprotokoll festgehaltenen Beschluss des Gemeindevorstandes jedoch nicht entnommen werden. Ebenso ist die in der Bescheidausfertigung ausgeführte Begründung nicht gänzlich vom Beschluss des Gemeindevorstandes umfasst.

Wie oben unter 1. zum Sitzungsprotokoll des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 11. Juni 2019 dargestellt, hat das Landesverwaltungsgericht bei der Prüfung der von der Abgabenbehörde vorgelegten Aktenunterlagen festgestellt, dass der im Sitzungsprotokoll zu Tagesordnungspunkt 4.16., in welchem die Berufung des Beschwerdeführers behandelt worden ist, festgehaltene Beschluss nicht mit dem Inhalt der Bescheidausfertigung vom 22. Juli 2019 übereinstimmt.

Es kann dem Sitzungsprotokoll auch nicht entnommen werden, dass dieser Sitzung des Gemeindevorstandes ein Erledigungsentwurf vorlag bzw. dass der Gemeindevorstand die Begründung der Bescheidausfertigung beschlossen hat. Es wäre jedoch zwingend erforderlich gewesen, dass einerseits der Spruch des Bescheides (insbesondere hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und des Abgabenbetrages) vollinhaltlich durch einen Beschluss gedeckt ist und andererseits der Gemeindevorstand seine Entscheidung auch entsprechend begründet. Spruch und maßgebliche Begründung der Berufungsentscheidung wären in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen gewesen, zumal der angefochtene Berufungsbescheid vom 22. Juli 2019, in welchem auf diesen Beschluss Bezug genommen wird und dem dieser Beschluss zugrunde liegt, sehr wohl einen (anderslautenden) Spruch und eine ausführliche Begründung enthält.

3.1.3.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwSlg. 11.366 A/1984, sowie VwGH 81/05/0090, 86/05/0139, 95/05/0186, 2003/06/0149) hat Gegenstand der Beschlussfassung eines Kollegialorganes, wie es der Gemeindevorstand der Gemeinde *** ist, sowohl der Spruch der Entscheidung als auch die Begründung zu sein.

Entspricht der Spruch und die Begründung eines Bescheides des Kollegialorganes nicht der vorangegangenen Beschlussfassung des Kollegialorganes, dann ist dies eine der Unzuständigkeit gleichkommende Rechtswidrigkeit, weil diesem Bescheid, welcher nach seinem Erscheinungsbild intendiert, dem Kollegialorgan zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluss dieses Organs zugrunde liegt; ein solcher Bescheid ist in diesem Fall also so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. u.a. VwGH 90/13/0028, 91/05/0068, 92/04/0188, 93/08/0273, 94/06/0083, 93/13/0008).

Da im gegenständlichen Fall die Ausführung des konkreten Spruches und dessen nähere rechtliche Begründung somit lediglich dem Ausfertiger des Berufungsbescheides überlassen worden ist, war der angefochtene Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** wegen Unzuständigkeit als rechtswidrig aufzuheben (vgl. u.a. VwGH 2086/76, 2087/76, 2266/76, 81/05/0090), wobei Verletzungen von Rechten der Beschwerdeführer betreffend die Entscheidung durch eine unzuständige Behörde gemäß § 279 BAO – aber auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 83/05/0137) – selbst dann wahrzunehmen sind, wenn sie nicht geltend gemacht wurden.

3.1.4.

Der angefochtene Bescheid erweist sich bereits aus diesem Grund infolge Unzuständigkeit als rechtswidrig. Aufgrund der Beschwerde von Herrn A war der angefochtene Berufungsbescheid daher mit Erkenntnis aufzuheben, ohne auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.

3.1.5.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache – soweit dies für die Entscheidung wesentlich wäre - nicht erwarten lässt.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Insbesondere liegt der Entscheidung jeweils gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde (vgl. Punkt 3.1.).

4. Ergänzendes:

Die Berufungsbehörde wird in weiterer Folge über die Berufung vom 03. April 2019 gegen den Abgabenbescheid der ersten Instanz zu entscheiden haben.

Unvorgreiflich eines allfälligen weiteren Beschwerdeverfahrens wird festgehalten, dass sich der Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld zur Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe aus § 12 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 als lex spezialis zu § 4 Abs. 1 BAO ergibt der Abgabenanspruch. Die Abgabenschuld ist dabei nach der Rechtslage im Entstehungszeitpunkt der Schuld zu beurteilen (vgl. VwGH 90/17/0126 und 95/17/0452). Die Bestimmung des § 12 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 sieht für das Entstehen der Abgabenschuld für die Kanaleinmündungsabgabe drei potentielle Zeitpunkte vor (vgl. VwGH 82/17/0085). Im Falle einer Bauführung - und wenn ein Kanal bereits hergestellt ist - entsteht die Abgabenschuld gemäß § 12 Abs. 1 lit. b NÖ Kanalgesetz 1977 mit dem Zeitpunkt des Einlangens der Fertigstellungsanzeige gemäß § 30 NÖ Bauordnung 1996 bei der Behörde. Begriffsnotwendige Voraussetzung für die Abgabenfestsetzung ist daher, dass für die Liegenschaft des Verpflichteten eine Anschlussbewilligung oder eine durch individuellen Rechtsakt begründete Anschlussverpflichtung besteht (vgl. VwGH 94/17/0419 und 95/17/0452).

Bei der Fertigstellungsanzeige nach § 30 NÖ Bauordnung 2014 handelt es sich um eine Parteienerklärung, der eine Bescheinigung des Bauführers über die bewilligungsgemäße Ausführung des Bauvorhabens sowie andere Unterlagen (Befunde, Bescheinigungen) angeschlossen sein müssen. Nur eine entsprechende Fertigstellungsanzeige begründet erst das Recht zur Benützung des fertig gestellten Bauvorhabens. Ist der Kanal also bereits hergestellt und wird – wie im vorliegenden Fall - ein Gebäude umgebaut, so entsteht der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe mit dem Einlangen der Fertigstellungsanzeige im Sinne der Bauordnung bei der Baubehörde (§ 30 der NÖ Bauordnung).

In der Folge wäre dann auch zu beurteilen, ob die Vollendung der letzten Bauführung, die offenbar im Jahre 2002 erfolgt ist, entsprechend angezeigt worden ist. Bejahendenfalls wäre die Thematik der eingewendeten Verjährung zu prüfen.

Schlagworte

Finanzrecht; Kanaleinmündungsabgabe; Ergänzungsabgabe; Verfahrensrecht; Kollegialorgan; Beschlussdeckung; Unzuständigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1002.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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