TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/2 LVwG-AV-287/001-2019

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Veröffentlicht am 02.10.2019
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Entscheidungsdatum

02.10.2019

Norm

AWG NÖ 1992 §11 Abs7
GdverbandsG NÖ 1978 §29
BAO §90 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde von A, ***, ***, vom 26. Februar 2019 gegen den Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 21. April 2016, ohne Zl., mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 3. Oktober 2017 (betreffend Ausnahme von der Verpflichtung, an der öffentlichen Abfallentsorgung teilzunehmen) als unbegründet abgewiesen worden war, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Abs. 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 -VwGG

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliches:

Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) ist Eigentümer der Grundstücke Nr. *** und ***, EZ ***, KG ***, welche in der Liegenschaft mit der topographische Anschrift ***, ***, zusammengefasst sind. Die Liegenschaft weist nach dem derzeit gültigen Flächenwidmungsplan die Widmung Bauland-Agrargebiet auf.

1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 16. September 2014 wurde dem Beschwerdeführer für die in seinem Eigentum befindliche Liegenschaft mit der Anschrift ***, *** eine 120 Liter Restmülltonne (bei 13 Entleerungen) und eine 120 Altpapiertonne (8 Entleerungen) zugeteilt.

1.2.2.

Mit Schreiben vom 2. November 2015 begehrte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Zuteilungsbescheides und führte im Wesentlichen aus, dass kein Wohngebäude vorliege.

1.2.3.

Am 12. Jänner 2016 fand auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück ein vom mitbeteiligten Gemeindeverband angeordneter Lokalaugenschein statt, in dessen Verlauf das Objekt begangen wurde und dabei Fotografien angefertigt wurden.

1.2.4.

Mit Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 21. Jänner 2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen und begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem auf dem genannten Grundstück befindlichen Gebäude um ein Wohngebäude im Sinne des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes handle.

1.2.5.

Mit Schreiben vom 29. Jänner 2016 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung gegen den Bescheid vom 21. Jänner 2016 und begründete diese umfangreich. Vor allem wurde ausgeführt, dass der von der Behörde als Küche bezeichnete Raum (Raum 1) nicht als solche genützt werden könne, da ein Herd bzw. eine Kochstelle fehle.

1.2.6.

Mit Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 21. April 2016, ohne Zahl, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften unter Verweis auf den Lokalaugenschein vom 12. Jänner 2016 ausgeführt, dass es sich bei Raum 1 um eine zurzeit als Abstellraum genutzte Küche handle. Durch Wegräumen der herumstehenden Gegenstände sei diese Küche jederzeit benutzbar. Auch sonst wären alle Räume vorhanden und erweckten, so wie insbesondere Raum 4 (Wohnzimmer) den Eindruck, dass das Gebäude jederzeit bewohnbar sei bzw. bewohnt werde. Da somit von einem Wohngebäude ausgegangen werde, das Grundstück die Widmung Bauland-Agrargebiet habe, das Gebäude im Pflichtbereich der Abfallwirtschaftsverordnung liege und im Eigentum des Antragstellers liege, wären Müllbehälter zuzuteilen gewesen. Da sich seit Erlassung des Zuteilungsbescheides somit weder rechtlich noch sachlich etwas geändert habe, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

1.2.7.

Mit Schreiben vom 1. Mai 2016 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete diese im Wesentlichen damit, dass Raum 1 (Abstellraum) eindeutig keine Küche sei. Weil das Bauwerk auf einer mit Bauland-Agrargebiet gewidmeten Fläche stehe, könne rechtlich daraus keine Wohngebäudeeigenschaft des Bauwerkes abgeleitet werden. Weiters unterliege diese Beschwerde nicht einer Eingabegebühr.

1.2.8.

Mit Bescheid des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29. Juni 2016, LVwG-AV-539/001-2016, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Liegenschaft mit der Anschrift ***, ***, im Pflichtbereich des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** gelegen sei und in der maßgeblichen Abfallwirtschaftsverordnung keine Ausnahmen für den Pflichtbereich in der Gemeinde *** vorgesehen seien. Der Beschwerdeführer sei daher dem Grunde nach verpflichtet, die auf dem gegenständlichen Grundstück anfallenden Abfälle durch Einrichtungen der Gemeinde bzw. des Gemeindeverbandes entsorgen zu lassen. Mit Bescheid des Verbandsobmannes des mitbeteiligten Gemeindeverbandes vom 16. September 2014 sei rechtsrichtig im Sinne von § 11 Abs. 6 NÖ AWG 1992 eine 120 l Restmülltonne als kleinstes mögliches Müllbehältnis im gesamten Gemeindeverband vorgeschrieben worden.

Wenn der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 2. November 2015 vorgebracht habe, dass überhaupt kein Müll anfalle, somit keinerlei Entsorgungsbedarf bestehe und daher eine Zuteilung gänzlich entfallen könne, sei festzuhalten, dass nur die Eigentümer jener Grundstücke, auf denen sich keine Wohngebäude befinden, auszunehmen seien, wenn sie zudem eine den Zielen und Grundsätzen des § 1 entsprechende Erfassung und Behandlung ihres Mülls nachweisen könnten. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass es sich um ein Grundstück handle, auf dem sich kein Wohngebäude befinde, so sei diese Voraussetzung sowohl von der belangten Behörde als auch im Rahmen der durchgeführten Verhandlung geprüft worden. In Zusammenschau aller Umstände – einschließlich der existierenden Baubewilligung – sei davon auszugehen, dass das auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft errichtete Gebäude ein Wohngebäude im Sinne des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992 darstelle, indem das Gebäude an Strom, Wasser und Kanal angeschlossen sei. Wenngleich das WC zwischenzeitig demontiert worden sein dürfte, lägen nach wie vor Anschlüsse in Gestalt der Badewanne, diverser Waschbecken und der Waschmaschine vor. Es befinde sich eine Schlafgelegenheit, ein Schreibtisch und ein Fernseher im Obergeschoß. Das Fehlen einer Kochgelegenheit führe für sich nicht dazu, dass kein Wohngebäude mehr vorliege.

Auch eine bloß zeitweilige Benützung eines Grundstückes begründe keine Ausnahme oder Beschränkung der Verpflichtung zur Teilnahme an der öffentlichen Müllabfuhr oder Abfallbehandlung und sei bei der Zuteilung eines Müllgefäßes überdies keine konkrete Erhebung des in jedem Haushalt anfallenden Mülls anzustellen.

Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

1.2.9.

Mit Schreiben vom 24. Dezember 2016 stellte der nunmehrige Beschwerdeführer beim Gemeindeverband für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** den Antrag, als Eigentümer des Grundstückes in ***, ***, von der Pflicht zur Verwendung von Müllbehältern gemäß § 11 Abs. 7 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 ab 1.1.2017 ausgenommen zu werden. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich seit der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29.6.2016, LVwG-AV-539/001-2016, die Sachlage geändert habe, indem der Antragsteller den Raum, der als WC benutzbar gewesen sei, völlig ausgeräumt habe, sodass das verfahrensgegenständliche Bauwerk über kein WC mehr verfüge, dies schon im Jahre 2016 zwischen Berufungsverfahren und Beschwerdeverfahren. Er habe in der Beschwerdeverhandlung den in der Beschwerde vorgebrachten Antrag auf einen Lokalaugenschein wiederholt, welchem Antrag jedoch nicht nachgekommen worden sei. Das Landesverwaltungsgericht habe diese behauptete Tatsache der Demontage der WC-Anlage in der Tatsachenfeststellung unter Punkt 1.6. Feststellungen, auf Seite 5 des Erkenntnisses nicht festgestellt. Alleine deshalb habe sich die Sachlage geändert.

1.2.10.

Mit Bescheid vom 3. Oktober 2017 wurde dieser Antrag vom Obmann des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bereits mit Antrag vom 2. November 2015 einen Antrag auf Ausnahme von der Verwendung von Müllbehältern angesucht habe, welcher mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 29. Juni 2016, LVwG-AV-539/001-2016, abgewiesen und rechtskräftig erledigt worden sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers enthalte dazu nichts Neues, weshalb eine entschiedene Sache vorliege.

1.2.11.

Dagegen richtete sich die Berufung des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 2017, in welcher das Vorliegen einer entschiedenen Sache umfangreich bestritten und die Aufhebung des Zurückweisungsbescheides beantragt wurde.

1.2.12.

Mit Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 4. April 2018, ohne Zahl, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

1.2.13.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25. April 2018 eine Beschwerde eingebracht.

1.2.14.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. September 2018, LVwG-AV-793/001-2018, wurde der angefochtene Bescheid vom 4. April 2018 mangels Beschlussdeckung aufgehoben, indem der in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangene Bescheid vom 4. April 2018, der eine eingehende Begründung enthalte, nicht dem Beschluss des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 4. April 2018, der die in der Bescheidausfertigung ausgeführte Begründung nicht enthalte, entspreche, sodass der angefochtene Bescheid durch den im Sitzungsprotokoll dokumentierten Beschluss des Kollegialorganes nicht gedeckt und somit rechtswidrig sei.

1.2.15.

Nach Durchführung einer neuerlichen Sitzung des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** (und Beschlussfassung über ein mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid identischen Bescheidkonzept) erging der Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 29. Jänner 2019, ohne Zahl, mit welchem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass über den Antrag vom 2.11.2015 um Ausnahme von der Verwendung von Müllbehältern letztlich mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29.6.2016, LVwG-AV-539/001-2016, rechtskräftig abgesprochen worden sei. Seit dieser Entscheidung habe sich – gemessen an den Angaben des Berufungswerbers in seinem Antrag vom 24.12.2016 – weder an der Sach- noch an der Rechtslage eine maßgebliche Änderung ergeben. Das Vorbringen des Berufungswerbers zu dem seiner Meinung nach geänderten Sachverhalt beschränke sich auf die Behauptung, das WC zwischenzeitig demontiert zu haben. Es handle sich um eine bloße Modifikation von unwesentlichen Nebenumständen und sohin um keine Veränderung der Identität der Sache selbst. Es handle sich schon alleine deshalb nicht um einen „neu hervorgekommenen Sachverhalt“, da der Berufungswerber selbst darstelle, dass die Entfernung des WC/Klosetts bereits vor Erlassung der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29.6.2016 zu LVwG-AV-539/001-2016 erfolgt und im Vorverfahren unberücksichtigt geblieben sei. Dem Antrag vom 24.12.2016 könnten keine Anhaltspunkte entnommen werden, die auf eine tatsächliche Änderung der Sachlage hinweisen würden. Es sei daher vom selben Sachverhalt auszugehen, den auch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in der Entscheidung vom 29.6.2016 zu LVwG-AV-539/001-2016 zu beurteilen hatte. Der Antrag vom 24.12.2016 sei daher zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden.

1.2.16.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26. Februar 2019 eine Beschwerde eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Sach- und Rechtslage seit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29. Juni 2016, LVwG-AV-539/001-2016, sehr wohl geändert habe, genauer gesagt bereits davor, indem der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgebracht habe, dass das WC inzwischen beseitigt worden sei. Der dazu beantragte Lokalaugenschein sei nicht durchgeführt worden und sei diese Tatsache des beseitigten WC nicht im oben zitierten Erkenntnis festgestellt worden. Wenn es in diesem Erkenntnis heiße: „Im Raum 6 befand sich zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheines (durch den G.V.U.) ein WC, welches nach Aussage des Beschwerdeführers zwischenzeitig demontiert worden ist.“ bzw. „Wenngleich das WC zwischenzeitig demontiert worden sein dürfte, liegen nach wie vor Anschlüsse in Gestalt der Badewanne und der diversen Waschbecken und der Waschmaschine vor.“, so sei dies betreffend WC keine Tatsachenfeststellung im Indikativ (Ra 2014/09/0028-RS8) und sei das zwischenzeitlich entfernte WC nicht als Tatsachengrundlage in den Spruch eingeflossen. Das WC sei nicht Sache des Spruches, der Entscheidung gewesen, indem unter „Sache“ in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen sei, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte (Ro 2015/15/0030-RS2). Es liege daher nicht mehr dieselbe Sache vor.

Des weiteren wurde das Vorliegen von Verfahrensmängeln, wie die Befangenheit des Obmannes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk ***, die Erlassung des angefochtenen Bescheides, ohne dass im erlassungszeitpunkt ein genehmigtes/unterschriebenes Sitzungsprotokoll vorgelegen sei, die Verweigerung der Akteneinsicht in das Sitzungsprotokoll sowie die Verfassungswidrigkeit des NÖ AWG eingewendet.

1.3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

1.3.1.

Mit Schreiben vom 5. März 2019 legte der Gemeindeverband für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Verbandsvorstandes) vor.

1.3.2.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den übermittelten Akt des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk ***.

1.4. Beweiswürdigung:

Der angeführte Sachverhalt konnte aufgrund der von der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen und ins Beweisverfahren einbezogenen Abgabenakte sowie aufgrund des Beschwerdevorbringens festgestellt werden.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG:

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 30 Jedes Erkenntnis hat eine Belehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer ordentlichen oder außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu enthalten. Das Verwaltungsgericht hat ferner hinzuweisen:

1. auf die bei der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision einzuhaltenden Fristen

2. auf die gesetzlichen Erfordernisse der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt

3. auf die für eine solche Beschwerde bzw. Revision zu entrichtenden Eingabengebühren.

2.2. NÖ Gemeindeverbandsgesetz:

§ 29

Verfahren und vergleichbare Organe

(1) Das Verfahren bei Erlassung von Bescheiden und deren Vollstreckung durch Verbandsorgane richtet sich nach den in Betracht kommenden Verfahrensvorschriften.

(2) Das dem Bürgermeister vergleichbare Organ ist der Verbandsobmann, das dem Gemeindevorstand vergleichbare Organ ist der Verbandsvorstand und das dem Gemeinderat vergleichbare Organ ist die Verbandsversammlung. Hiedurch werden die in diesem Gesetz geregelten Zuständigkeiten der Verbandsorgane nicht berührt.

(3) Für Mitglieder der Verbandsversammlung und des Verbandsvorstands gilt § 22 Abs. 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973 und für Ausschussmitglieder gilt § 30 Abs. 2 der NÖ Gemeindeordnung 1973 sinngemäß

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29. Juni 2016, LVwG-AV-539/001-2016, wurde letztlich die Abweisung des Antrages vom 2. November 2015 auf Ausnahme von der Pflicht zur Verwendung von Müllbehältern bestätigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Zurückweisung des Antrages vom 24.12.2016 auf Ausnahme von der Pflicht zur Verwendung von Müllbehältern gemäß § 11 Abs. 7 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 ab 1.1.2017 wegen entschiedener Sache bestätigt.

Die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die von ihm in der Beschwerdeverhandlung vorgebrachte Entfernung des WCs in diesem Erkenntnis berücksichtigt oder zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei, stellt sich angesichts der eingetretenen Rechtskraft dieses Erkenntnisses nicht mehr.

Dieses gegenüber dem Beschwerdeführer erlassene Erkenntnis vom 29. Juni 2016, LVwG-AV-539/001-2016, gehört dem Rechtsbestand an und entfaltet somit Bindungswirkungen sowohl für die Abgabenbehörde als auch für den Beschwerdeführer. Die Rechtskraft bewirkt bei unverändertem Sachverhalt (und unveränderter Rechtslage) das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache.

Maßgebliche Wirkungen eines rechtskräftigen Erkenntnisses sind dessen Unwiederholbarkeit und Unabänderbarkeit. Parteien und Behörden haben den Bescheidinhalt als maßgeblich zu betrachten („res iudicata ius facit inter partes“). Die Unwiederholbarkeitswirkung verbietet, dass über die mit dem Bescheid rechtskräftig erledigte Sache neuerlich entschieden wird (VwGH 30.5.2006, Zl. 2006/12/0066).

Die Sachlage hat sich entsprechend dem Beschwerdevorbringen nicht geändert, indem der Beschwerdeführer dartut, dass das antragsgegenständliche WC bereits vor der Erlassung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29. Juni 2016, LVwG-AV-539/001-2016, entfernt worden sei.

Wenn der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, dieses Vorbringen sei im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt bzw. im Erkenntnis nicht festgestellt worden, wäre es ihm freigestanden, Rechtsmittel dagegen zu erheben. (Dazu darf angemerkt werden, dass in den Feststellungen dieses Erkenntnisses sehr wohl ausgeführt ist, dass das zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheines der Abgabenbehörde vorhandene WC „zwischenzeitig demontiert worden ist“.)

Einer neuerlichen Antragstellung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen und erweist sich die Zurückweisung des Antrages vom 4.12.2016 als zutreffend, weshalb spruchgemäß die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Hinweise dahingehend, dass dem angefochtenen Bescheid keine Beschlussfassung des Verbandsvorstandes zugrunde gelegen habe, sind nicht vorhanden. Entsprechend dem vorliegenden Akteninhalt, insbesondere dem verfahrensrelevanten Protokoll der Sitzung des Vorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 23. Jänner 2019 wurde ein der Bescheidausfertigung entsprechendes Bescheidkonzept in der Sitzung des Gemeindevorstandes am 23. Jänner 2019 zur Abstimmung gebracht und einstimmig angenommen. Die Unterfertigung des Sitzungsprotokolls über die Sitzung des Verbandsvorstandes in der nächsten Sitzung des Verbandsvorstandes entspricht den einschlägigen Bestimmungen des NÖ Gemeindeverbandsgesetzes. Der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nach der Abstimmung, jedoch vor Unterfertigung des Sitzungsprotokolles, stehen keine rechtlichen Hindernisse entgegen, handelt es sich bei der Unterfertigung des Sitzungsprokolls nicht um die Abstimmung, sondern ausschließlich um die Beurkundung derselben. Es bestehen solchermaßen keine Zweifel an der Beschlussdeckung des verfahrensgegenständlichen Bescheides.

Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten „sonstigen Verfahrensfehler“ sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Dem Beweisantrag auf Einvernahme sämtlicher Mitglieder des Vorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** zum Beweis dafür, dass das Sitzungsprotokoll über die Sitzung des Verbandsvorstandes vom 23. Jänner 2019 erst nach der Bescheiderlassung angefertigt und noch später unterschrieben wurde, war nicht Folge zu geben, indem dieser Umstand nicht strittig ist, sondern als Tatsache feststeht, jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides herbeiführt.

Zutreffend wurde dem Beschwerdeführer die Akteneinsicht in das Protokoll der Sitzung des Verbandsvorstandes vom 23. Jänner 2019 seitens der Abgabenbehörde aus dem Grunde des § 90 Abs. 2 BAO nicht gewährt (das berechtigte Interesse dritter Personen besteht etwa im Interesse der Mitglieder des Verbandsvorstandes an der Geheimhaltung ihres Abstimmungsverhaltens).

Das Landesverwaltungsgericht hegt anlässlich der gegenständlichen Beschwerde die dort ausgeführten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bezogenen Bestimmungen des NÖ AWG 1992 nicht. Im Übrigen ist die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten. Das Landesverwaltungsgericht sieht sich aufgrund des gegenständlichen Beschwerdevorbringens zur Stellung eines Normprüfungsantrages beim Verfassungsgericht nicht veranlasst.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden, indem aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren sind im Ergebnis ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. dazu VwGH vom 17. April 2012, Zl. 2012/05/0029 bzw. auch vom 21. Dezember 2012, Zl. 2012/03/0038).

Da eine Verletzung sonstiger, vom Beschwerdeführer nicht vorgebrachter subjektiv-öffentlicher Rechte nicht feststellt werden konnte, war seine Beschwerde gemäß § 28 VwGVG abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der als erwiesen angenommene Sachverhalt und die in diesem Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis weder von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht noch eine solche Rechtsprechung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Abfallwirtschaft; Verfahrensrecht; entschiedene Sache; Bindungswirkung; Zurückweisung; Kollegialorgan; Beschlussdeckung; Akteneinsicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.287.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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