TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/7 94/12/0235

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Veröffentlicht am 07.10.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §39;
DVG 1984 §1 Abs1;
DVG 1984 §13;
GehG 1956 §30a Abs4 idF 1973/318;
GehG 1956 §30b Abs2 Z3 idF 1973/318;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des E in H, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 15. Juli 1994, Zl. 500.067/28-2.2/94, betreffend Plegedienstzulage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist seit dem 1. Oktober 1991 das Korpskommando I/Kommandokompanie.

Zuvor war seine Dienststelle das Militärspital Graz, wo er vom 1. August 1983 an als Sanitätsunteroffizier und Feldzeugunteroffizier, ab 1. April 1988 als Sanitätsunteroffizier und Nachschubunteroffizier und Karteimittelführer verwendet wurde.

Mit Bescheid des Korpskommandos I vom 14. August 1985 wurde festgestellt, daß dem Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 1. August 1985 die Pflegedienstzulage gemäß § 30b Abs. 2 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 für die Dauer seiner Verwendung im Krankenpflegefachdienst gebühre.

Mit Bescheid vom 28. Dezember 1989 sprach das Korpskommando I aus, daß dem Beschwerdeführer die Pflegedienstzulage ab 1. Jänner 1988 nicht mehr gebühre. Seine dagegen erhobene Berufung wies der Bundesminister für Landesverteidigung (BMLV) mit Bescheid vom 6. Februar 1990 ab.

Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. Juli 1991, Zl. 90/12/0149, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben; auf dieses Erkenntnis wird im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren bejahte die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. November 1991 ohne nähere Begründung den Anspruch auf Pflegedienstzulage für die Zeit vom 1. Jänner 1988 bis zum 30. September 1991. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluß vom 16. Dezember 1992, Zl. 91/12/0297, zurückgewiesen, da die vom Beschwerdeführer bekämpfte Verneinung des Anspruchs für die Zeit nach dem 30. September 1991 nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides war.

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. März 1993 die bescheidmäßige Absprache über den Anspruch auf Pflegedienstzulage ab dem 1. Oktober 1991.

Das Korpskommando I entschied über den Antrag mit Bescheid vom 3. November 1993, in dem festgestellt wurde, daß dem Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1991 gemäß § 30b Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 die Pflegedienstzulage nicht gebühre, da er seit 1. Oktober 1991 auf dem Arbeitsplatz Sanitätsunteroffizier und Apothekengehilfe, Korpskommando I/Kommandokompanie I, eingeteilt sei und auf diesem Arbeitsplatz keine einschlägige Verwendung im Sinne des Krankenpflegegesetzes BGBl. Nr. 102/1961 erbringe. Die Pflegedienstzulage sei seinerzeit aufgrund der überwiegenden Verwendung des Beschwerdeführers im Krankenpflegefachdienst gewährt worden und nicht aufgrund der fallweisen Leistung von Sanitätsjournaldiensten im Militärspital, die der Beschwerdeführer nach wie vor erbringe (Hervorhebungen im Original). Nähere Angaben zur Verwendung des Beschwerdeführers vor dem 1. Oktober 1991 enthielt der Bescheid nicht.

Mit Eingabe vom 19. Dezember 1993 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung. Er sei auch nach seiner Versetzung zum Korpskommando I/Kommandokompanie I im Krankenpflegefachdienst tätig. Er leiste nicht nur fallweise, sondern bis zu dreimal im Monat Journaldienste im Militärspital (im Berfungsantrag folgt eine Aufstellung der Dienste im Zeitraum Jänner bis November 1993), außerdem werde er bei Bedarf als Sanitätsunteroffizier bei Einstellungs- und Entlassungsuntersuchungen und bei Schießvorhaben eingeteilt. Ferner wirke er bei Überprüfungen der Sanitätsausrüstung und der Arzneimittelausstattung bei den Sanitätsdienststellen und bei der Truppe mit. Er ersuche daher um die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und Zuerkennung der Pflegedienstzulage ab 1. Oktober 1991.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit Bescheid vom 15. Juli 1994 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes aus, daß die Versetzung vom Militärspital Graz, wo der Beschwerdeführer überwiegend im Krankenpflegefachdienst verwendet worden sei, zur Kommandokompanie I/Korpskommando I mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1991 als wesentliche Änderung der relevanten Sach- und Rechtslage für die Zuerkennung der Pflegedienstzulage gemäß 30b Gehaltsgesetz 1956 zu qualifizieren sei. Zum einen sei die grundsätzlich geforderte qualifizierte Betreuung von Patienten auf seinem derzeitigen Arbeitsplatz nicht möglich, weil die Tätigkeit in der Kommandokompanie I des Korpskommandos I nicht jener in Krankenanstalten gleichzuhalten sei. Zum anderen könne die fallweise - etwa zweimal pro Monat erfolgte - Heranziehung zu Journaldiensten im Militärspital bzw. zu einer Verwendung als Sanitätsunteroffizier bei Einstellungs- und Entlassungsuntersuchungen oder bei Schießvorhaben die Zuerkennung einer Pflegedienstzulage gemäß § 30b Gehaltsgesetz 1956 nicht rechtfertigen, da von der Erbringung qualifizierter Tätigkeit im Krankenpflegefachdienst in überwiegendem Maße (mehr als 50 %) nicht gesprochen werden könne. Im übrigen handle es sich bei den sanitätsdienstlichen Tätigkeiten bei Einstellungs- und Entlassungsuntersuchungen sowie bei Schießvorhaben üblicherweise nicht um qualifizierte Pflegeleistungen.

Nach einem Zitat aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1989, Zl. 88/12/0217, betreffend die Zuordnung einer Tätigkeit zum Krankenpflegefachdienst, stellte die belangte Behörde zusammenfassend fest, daß der Beschwerdeführer keine qualifizierte Tätigkeit (Krankenpflegefachdienst) im überwiegenden Maße im Rahmen der allgemeinen Krankenpflege bei einer Kommandokompanie tatsächlich ausübe und daher - unabhängig von einer allfälligen Eignung für den Krankenpflegefachdienst - nicht die Voraussetzungen für die Pflegedienstzulage gemäß § 30b Gehaltsgesetz 1956 erfülle. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 30b des Gehaltsgesetzes 1956 (GG), BGBl. Nr. 54, in der Fassung der 26. Gehaltsgesetznovelle BGBl. Nr. 318/1973, gebührt Beamten, die zur Ausübung von Tätigkeiten im Sinne des Krankenpflegegesetzes, BGBl. Nr. 102/1961, berechtigt sind, für die Dauer der einschlägigen Verwendung eine ruhegenußfähige Pflegedienstzulage. § 30b Abs. 2 GG bestimmt ziffernmäßig die monatliche Höhe der Pflegedienstzulage.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Pflegedienstzulage nach § 30b GG sowie in seinem Recht darauf, daß ihm eine rechtskräftig bemessene Zulage dieser Art nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 13 DVG bzw. 68 ff AVG entzogen wird, durch unrichtige Anwendung dieser Normen sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer in erster Linie vor, daß die Bescheidbegründung keine Konkretisierung der pauschalen Angabe über die frühere Verwendung im Krankenpflegefachdienst enthalte, also keinerlei konkrete Angaben darüber, was seine damaligen Aufgaben und tatsächlichen dienstlichen Tätigkeiten gewesen seien. Darüber sei auch kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Die Folge dieses Mangels sei, daß nicht nachvollzogen und rechtlich beurteilt werden könne, ob mit dem 1. Oktober 1991 eine erhebliche Änderung seiner Verwendung eingetreten sei. Bei gehöriger Sachverhaltsklärung hätte sich herausgestellt, so der Beschwerdeführer, daß dies nicht der Fall sei und daher die Voraussetzungen für eine Neubemessung nicht erfüllt seien.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer geltend, daß der gegenständliche Zulagenanspruch ausschließlich von der tatsächlichen Verwendung abhänge und daß daher bloß im Formalen bleibende, die tatsächliche Verwendung nicht berührende Änderungen keinen Einfluß auf die Gebührlichkeit der Zulage hätten, folglich auch deren Neubemessung nicht zu rechtfertigen vermöchten. Dies hätten die Behörden beider Instanzen offensichtlich nicht richtig erkannt, weil sie in ihren Entscheidungen auf diese Prolematik überhaupt nicht entsprechend eingegangen seien.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/12/0020 m.w.N.) in gleichgelagerten Fällen ausgesprochen, aufgrund und nach Maßgabe des mit rechtskräftigem Bescheid festgestellten Anspruches auf Pflegedienstzulage bestehe - unabhängig von der materiellen Richtigkeit der getroffenen Feststellung (d.h. davon, ob die damalige Verwendung zu Recht als Krankenpflegefachdienst im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gewertet wurde) - bei unveränderter Rechtslage das Recht auf die zugesprochene Pflegedienstzulage so lang, als nicht in der für die Feststellung maßgebenden "Verwendung im Krankenpflegefachdienst" eine wesentliche (nicht nur Nebenumstände betreffende) Änderung eintrete.

Die Rechtslage hat sich im Beschwerdefall nicht geändert.

Der Bescheid des Korpskommandos I vom 14. August 1985 behält - ungeachtet des nachfolgenden, diesen nur bestätigenden Bescheides der belangten Behörde vom 7. November 1991 - seine Maßstabfunktion auch für den im Beschwerdefall strittigen Anspruch ab 1. Oktober 1991. Demgemäß war die Feststellung des Wegfalles des Anspruches auf Pflegedienstzulage im angefochtenen Bescheid als Abänderung des rechtskräftigen Bescheides vom 14. August 1985 nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 68 AVG bzw. des § 13 Abs. 1 DVG zulässig und zu einer solchen Verfügung nach § 13 Abs. 2 DVG die belangte Behörde zuständig. Zu einer neuerlichen Entscheidung konnte nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - führen (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. z.B. Erkenntnis vom 27. Februar 1989, Zl. 88/12/0219).

Maßgebend ist im Beschwerdefall, ob die wesentliche Änderung der "Verwendung im Krankenpflegefachdienst" im Sinne des rechtskräftigen Bescheides vom 14. August 1985 ab 1. Oktober 1991 eingetreten ist, wobei nur ausschlaggebend ist, ob sich die für die Feststellung der Gebührlichkeit der Pflegedienstzulage mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 14. August 1985 maßgebliche "Verwendung" des Beschwerdeführers "im Krankenpflegefachdienst" wesentlich geändert hat.

Um eine solche Beurteilung vornehmen zu können, wäre festzustellen gewesen, welcher Sachverhalt dem rechtskräftigen Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 14. August 1985 zugrundegelegen ist, also welche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides für die Feststellung der Gebührlichkeit der Pflegedienstzulage maßgeblich war. Nur dann, wenn in diesem Sachverhalt, also in der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen des Krankenpflegefachdienstes, eine nicht bloß unwesentliche Änderung eingetreten sein sollte, hätte der rechtskräftige Bescheid vom 14. August 1985 seine Wirksamkeit verloren. Auch wenn - wie im Beschwerdefall - eine Versetzung vorliegt, muß damit nicht notwendigerweise eine Änderung in der Verwendung verbunden sein, aufgrund der die Rechtswirksamkeit einer seinerzeit rechtskräftigen Entscheidung bzw. Feststellung beseitigt wird (vgl. für den Fall einer Dienstzuteilung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1991, Zl. 91/12/0038).

Da die belangte Behörde offenbar ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung keine Feststellungen über die nach den obigen Darlegungen entscheidungswesentliche Art der Verwendung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 14. August 1985 getroffen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das gemäß § 63 VwGG fortzusetzende Verfahren wird für den Fall, daß sich in ihm im Sinne der obigen rechtlichen Darlegungen ergeben sollte, daß die tatsächliche Verwendung des Beschwerdeführers ab 1. Oktober 1991 gegenüber jener im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 14. August 1985 eine wesentliche Änderung erfahren hat, auf die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 1991, Zl. 90/12/0149, verwiesen. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. Oktober 1998

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994120235.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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