Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AHStG §8 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Christian Onz, Rechtsanwalt in Wien III, Salesianergasse 31, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 18. Dezember 1997, Zl. 56.055/56-I/D/7a/97, betreffend Nachsicht wegen Studienzeitüberschreitung nach § 19 Abs. 6 Z. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer begann sein Studium der Studienrichtung Architektur an der Technischen Universität (TU) Wien im Wintersemester (WS) 1989/90 und war in jedem Folgesemester inskribiert.
Er bezog in den Studienjahren 1989/90 bis einschließlich 1991/92 Studienbeihilfe; das Nichterlöschen der Studienbeihlfe mit Ablauf des WS 1991/92 und ihre Gewährung auch im Sommersemester (SS) 1992 (= 6. Semester im ersten Studienabschnitt bei einer Studienzeit von vier Semester) geht darauf zurück, daß eine Erkrankung des Beschwerdeführers (schwere therapieresistente Hornhauterkrankung ab Beginn seines Studiums) als wichtiger Grund (im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit dem letzten Satz dieses Absatzes des Studienförderungsgesetzes 1983 in der Fassung BGBl. Nr. 379/1988) für die Überschreitung der (fünf Semester betragenden) Anspruchsdauer im Ausmaß von einem Semester (formlos) anerkannt wurde.
Der Beschwerdeführer suchte mit Antrag vom 2. Dezember 1993, nachdem er im WS 1993/94 (= 9. Semester des Beschwerdeführers im ersten Studienabschnitt) gültig inskribiert hatte, beim Rektor der TU Wien um Beurlaubung auf die Dauer dieses Semesters nach § 8 Abs. 1 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes (AHStG) wegen Erkrankung an. Die Studienbeihilfenbehörde habe ihm diese Vorgangsweise nahegelegt, weil für die Studienbeihilfe die Anzahl der inskribierten Semester maßgeblich sei. In dem auf diesem Formular der Universität vorbehaltenen Abschnitt ist das Kästchen "bewilligt" abgehakt, das Kästchen "nicht bewilligt" durchgestrichen. Diese Erledigung ist mit 13. Dezember 1993 datiert und trägt eine unleserliche Unterschrift "Für den Rektor".
In der Folge legte der Beschwerdeführer seine erste Diplomprüfung im SS 1994 (= 10. inskribiertes Semester im ersten Studienabschnitt) am 21. Juni 1994 ab.
In den Studienjahren 1994/95 (Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 10. Jänner 1995) und 1995/96 (Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 9. November 1995) wurde dem Beschwerdeführer Studienbeihilfe gewährt. Der sich aus einem Beiblatt ergebenden Begründung ist zu entnehmen, daß die Behörde davon ausging, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner jeweiligen Antragstellung (WS 1994/95 bzw. WS 1995/96) im ersten bzw. dritten Semester des zweiten Studienabschnittes seines Studiums befunden habe.
Den Antrag des Beschwerdeführers vom 4. November 1996 auf Gewährung einer Studienbeihilfe für das Studienjahr 1996/97 wies die Studienbeihilfenbehörde - Stipendienstelle Wien mit Bescheid vom 20. November 1996 gemäß § 6 Z. 3 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG 1992) ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe ab Beginn seines Studiums durchgehend bis zum WS 1996/97 inskribiert. Er habe seine erste Diplomprüfung im 10. Semester seines Studiums abgelegt. Die nachträgliche Beurlaubung für das WS 1993/94 sei ohne Einfluß auf den Anspruch auf Studienförderung, da sie an der tatsächlichen Inskription dieses Semesters nichts ändere. Da die doppelte vorgesehene Studienzeit und ein Toleranzsemester im ersten Studienabschnitt der Studienrichtung des Beschwerdeführers neun Semester betrage, liege ein günstiger Studienerfolg im Sinne des § 20 Abs. 2 StudFG 1992 nicht vor.
Die dagegen erhobene Vorstellung wies der Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der TU Wien mit Bescheid vom 27. Jänner 1997 im wesentlichen mit der gleichen Begründung ab. Er hob zusätzlich noch hervor, daß das durch Krankheit gewährte Zusatzsemester (im ersten Studienabschnitt) keine Verlängerung der vorgegebenen Studienzeit bewirke. Seit dem Studienjahr 1993/94 seien (auf Grund einer Novelle des StudFG 1992) alle gültig inskribierten Semester für die Anspruchsdauer zu berücksichtigen. Für die Beurteilung eines Anspruches sei nach § 1 Abs. 4 StudFG 1992 der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführer unter Benützung des hiefür vorgesehenen Formulars am 28. Jänner 1997 die Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit nach § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG 1992. Als wichtigen Grund gab der Beschwerdeführer im Formular Krankheit an; die Beeinträchtigung des Studienerfolges sei von September 1989 bis März 1992 gegeben gewesen. Dieser Antrag wurde an die zu diesem Zeitpunkt als Behörde erster Instanz zuständige belangte Behörde weitergeleitet.
In der Folge legte der Beschwerdeführer Bestätigungen des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie Dr. Sch. vom 12. und 15. April 1997 vor. Außerdem bestätigte der Vizebürgermeister des Heimatortes des Beschwerdeführers, daß in den Jahren 1990 (26./27. Februar und 1. März) und 1995 (26. Jänner) am Privateigentum der Eltern durch orkanartige Stürme Schäden (Wald/Wirtschaftsgebäude) entstanden seien.
Nach Durchführung weiterer Ermittlungen, insbesondere zum Studienverlauf des Beschwerdeführers, wurde sein Nachsichtsantrag in der Folge an den durch die Novelle BGBl. I Nr. 98/1997 zuständig gewordenen Leiter der Studienbeihilfenbehörde weitergeleitet.
Mit Bescheid vom 5. November 1997 wies der Leiter der Studienbeihilfenbehörde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 28. Jänner 1997 gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG 1992 ab. Er ging dabei von folgendem Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer habe die erste Diplomprüfung im zehnten inskribierten Semester des ersten Studienabschnittes abgelegt und damit die Studienzeit nach § 20 Abs. 2 StudFG 1992 überschritten. Seinen Nachsichtsantrag vom 28. Jänner 1997 habe der Beschwerdeführer mit Krankheit und sonstigen Gründen (Mitwirkung am elterlichen Hof) begründet. Bezüglich der Krankheit habe der Beschwerdeführer angegeben, daß eine langwierige chronische Augenerkrankung für die Studienzeitüberschreitung hauptverantwortlich gewesen sei. Durch eine fachärztliche Bestätigung könne der Beschwerdeführer nachweisen, daß er von September 1989 bis März 1992 an einer chronischen Bindehaut- Hornhautentzündung als Folge eines Kontaktlinsen-Over-wear-Syndroms gelitten habe. Dadurch sei eine ständige ein- bis zweistündige Augentropfenapplikation bzw. Salbenapplikation notwendig gewesen. Eine längere Beanspruchung der Augen beim Lesen durch Bildschirmtätigkeiten oder Tätigkeiten mit Staubbelastung sei während dieses Zeitraumes nicht möglich gewesen. Erst ab September 1992 sei die Krankheit vollständig ausgeheilt gewesen. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, daß auf Grund der Erkrankungen lern- bzw. leseintensive Prüfungen (Tragkonstruktionen, Baukunst, Hochbau) sowie Übungen mit Staubbelastungen (z.B. Bauaufnahmen) hintangestellt werden mußten. Stattdessen habe er kleinere Prüfungen aus dem zweiten Studienabschnitt bzw. Freifächer vorgezogen (Dorfgestaltung, Landwirtschaftsbau, Innenraumgestaltung, Wohnbau). Auf Grund der Augenerkrankung habe ihm die Stipendienstelle Wien die Anspruchsdauer des ersten Studienabschnittes um ein Semester verlängert. Als weiteren Grund für die Studienverzögerung habe der Beschwerdeführer angegeben, daß es des öfteren notwendig gewesen sei, im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern mitzuarbeiten. Insbesondere habe er auf zwei Sturmkatastrophen, die Oberösterreich in den Jahren 1990 bzw. 1995 heimgesucht hätten, hingewiesen und dafür eine Bestätigung des Vizebürgermeisters seiner Heimatgemeinde vorgelegt. Aus dem Studienbeihilfenakt gehe weiters hervor, daß der Beschwerdeführer vom Rektor der TU Wien am 13. Dezember 1993 nachträglich (nach erfolgter Inskription) für das Wintersemester 1993/94 vom Studium beurlaubt worden sei. Der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag darauf hingewiesen, daß es nicht nachvollziehbar sei, warum von der Studienbeihilfenbehörde dieses beurlaubte Semester bei der Berechnung der Studiendauer mitgezählt werde, obwohl das früher nicht der Fall gewesen sei und er deswegen in den ersten vier Semestern seines zweiten Studienabschnittes weiterhin Studienbeihilfe bezogen habe.
Der Verlauf seines Studienerfolges lasse sich anhand der positiv abgelegten Prüfungen wie folgt darstellen:
"Während des Zeitraumes Ihrer Erkankung:
Wintersemester 1989/90 12 Semesterwochenstunden
Sommersemester 1990 6 Semesterwochenstunden
Wintersemester 1990/91 18 Semesterwochenstunden
Sommersemester 1991 13 Semesterwochenstunden
Wintersemester 1991/92 4 Semesterwochenstunden
(davon 2 Stunden für den zweiten
Studienabschnitt)
Sommersemester 1992 11 Semesterwochenstunden.
Nach Abklingen Ihrer Augenerkrankung:
Wintersemester 1992/93 4 Semesterwochenstunden
Sommersemester 1993 22 Semesterwochenstunden
(davon 9 Stunden für den zweiten
Studienabschnitt)
Wintersemester 1993/94 0 Semesterwochenstunden
Sommersemester 1994 5 Semesterwochenstunden"
Der Beschwerdeführer habe weiters angegeben, daß er den zweiten Studienabschnitt voraussichtlich bis Ende 1998 abgeschlossen haben werde.
Diesen Sachverhalt würdigte die Behörde erster Instanz in rechtlicher Hinsicht wie folgt:
Da der Beschwerdeführer im Wintersemester 1993/94 inskribiert gewesen sei, sei dieses Semester jedenfalls für die Anspruchsdauer zu berücksichtigen. Die nachträglich ausgesprochene Beurlaubung stelle einen rein studienrechtlichen Akt dar, der keine Auswirkung auf die Anspruchsdauer habe. Eine gültig vorgenommene Inskription könne daher durch eine Beurlaubung nicht aufgehoben werden.
Da ein Fall der Studienzeitüberschreitung gemäß § 20 Abs. 2 StudFG 1992 vorliege, sei zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe das überwiegende Ausmaß einer Studienzeitüberschreitung von sechs Semestern bewirkt hätten und ob es sich dabei um wichtige Grünüde im Sinne des StudFG 1992 handle. Weiters sei zu prüfen, ob zu erwarten sei, daß der Beschwerdeführer die zweite Diplomprüfung innerhalb der Anspruchsdauer ablegen werde.
Durch seine Erkrankung sei der Beschwerdeführer in den ersten drei Studienjahren am Studienfortgang behindert gewesen; deshalb sei ihm die Anspruchsdauer im ersten Studienabschnitt von der Stipendienstelle Wien um ein Semester verlängert worden. Aus dem Studienerfolgsverlauf sei jedoch nicht ersichtlich, daß die Krankheit eine Studienverzögerung im Ausmaß von mehr als einem Semester bewirkt habe. Somit könne ein Semester der Studienzeitüberschreitung auf seine Krankheit zurückgeführt und im Sinne seines Antrages berücksichtigt werden.
Die Notwendigkeit der Mithilfe in der elterlichen Landwirtschaft müsse ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG 1992 darstellen, um als wichtiger Grund für die Studienverzögerung in Frage zu kommen. Dazu wäre z.B. zu prüfen, ob seine Mithilfe bei der Beseitigung der Sturmschäden im Frühjahr 1990 tatsächlich unverzichtbar gewesen sei oder ob nicht auch andere Mittel (z.B. Heranziehung des Bundesheeres im Rahmen der Katastrophenhilfe zur Behebung der Waldschäden) zur Verfügung gestanden wären. Insbesondere erscheine es im Beschwerdefall problematisch, wie sehr der Beschwerdeführer tatsächlich zur Mithilfe in der Lage gewesen sei, da er ja zu dieser Zeit auf Grund seiner Krankheit nicht imstande gewesen sei, Tätigkeiten, die mit Staubbelastung verbunden gewesen seien, auszuüben. Eine genauere Überprüfung seiner tatsächlichen Unabkömmlichkeit vom elterlichen Hof während dieser Zeit könne aber unterbleiben, da bei selbst großzügigster Auslegung maximal eine Studienverzögerung von weniger als einem Semester auf diesen Umstand zurückzuführen sei. Berücksichtige man, daß die Aufräumungsarbeiten infolge der Sturmschäden in das Sommersemester 1990 gefallen seien und der Beschwerdeführer in diesem Semester halb so viele Prüfungen wie im Semester davor oder in den Semestern danach abgelegt habe, so sei davon auszugehen, daß er selbst unter Annahme, daß tatsächlich ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorliege, etwa ein halbes Semester lang am Studienfortgang behindert gewesen sei.
Die Beurteilung seines Nachsichtsantrages habe daher schon deshalb negativ ausfallen müssen, weil seine Studienverzögerung nicht im überwiegenden Ausmaß auf wichtige Gründe im Sinne des StudFG 1992 zurückzuführen sei.
Zusätzlich liege auch die weitere Voraussetzung (günstige Studienprognose) im Beschwerdefall nicht vor. Die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe im zweiten Studienabschnitt ende im Beschwerdefall mit Ablauf des Wintersemesters 1997/98. Da der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben - einen reibungslosen Studienfortgang vorausgesetzt - erst Ende 1998 alle Prüfungen abgelegt haben werde, sei in seinem Falle auch diese gesetzliche Voraussetzung nicht erfüllt.
In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, es sei ihm unverständlich, daß ihm seinerzeit die Studienbeihilfenbehörde nahegelegt habe, sich beurlauben zu lassen, die Beurlaubung aber nunmehr unter Hinweis auf § 3 Abs. 2 StudFG 1992 nicht anerkannt werde. Wäre zum damaligen Zeitpunkt wegen seiner Erkrankung ein Ansuchen auf Studienzeitüberschreitung erfolgt, wäre auch das Argument, daß er sein Studium nicht in der Anspruchsdauer beenden werde, nicht zum Tragen gekommen. Er habe im neunten Semester wegen seiner Beurlaubung keine Prüfungen abgelegt. Die fehlenden fünf Semesterwochenstunden für die erste Diplomprüfung habe er im zehnten Semester nachgeholt. Aus seinem Studienverlauf im ersten Studienabschnitt sei ersichtlich, daß er im Durchschnitt Prüfungen über mehr als fünf Semesterwochenstunden pro Semester absolviert habe. Wäre keine Beurlaubung erfolgt, hätte er den ersten Studienabschnitt fristgerecht beendet. Im übrigen habe die Wiener Gebietskrankenkasse die Beurlaubung anerkannt. Die Behörde habe nur ein Semester der Studienzeitüberschreitung auf seine Krankheit zurückgeführt, obwohl die von ihm vorgelegte ärztliche Bestätigung von einer Beeinträchtigung für den Zeitraum von September 1989 bis März 1992 spreche. Die Formulierung, es zu prüfen gewesen, ob seine Mithilfe am elterlichen Hof tatsächlich unverzichtbar gewesen sei, habe insbesondere bei seinem Vater, der sich aus gesundheitlichen Gründen in Frühpension befinde, fassungsloses Kopfschütteln ausgelöst. Unverständlich sei es auch, warum gerade bei jenen Studenten, bei denen aus wichtigen Gründen, wie er sie geltend gemacht habe, eine Studienverzögerung eingetreten sei, zu prüfen sei, ob der Studienabschluß innerhalb der Anspruchsdauer erfolge. Bei Studenten, die problemlos studierten und im zweiten Studienabschnitt Studienbeihilfe bezögen, werde dieser Maßstab nicht angelegt. Abschließend rügte der Beschwerdeführer die lange Entscheidungsdauer.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG 1992 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage setzte sie sich in der Begründung mit den einzelnen Berufungsargumenten wie folgt auseinander: Das Institut der Beurlaubung gemäß § 8 AHStG sei eine rein studienrechtliche Regelung gewesen, die insbesondere die Exmatrikulation wegen Unterbrechung des Studiums habe verhindern wollen. Gültig inskribierte Semester seien für die Beurteilung der Anspruchsdauer nach dem StudFG 1992 jedenfalls zu berücksichtigen und zwar unabhängig davon, ob nachträglich eine (im übrigen rechtswidrige) Beurlaubung ausgesprochen worden sei. Zweifelsfrei sei eine Inskription des Beschwerdeführers erfolgt und die Beurlaubung erst nachträglich beantragt und bewilligt worden. Das WS 1993/94 sei daher als gültig inskribiertes Semester im Sinne des StudFG 1992 zu berücksichtigen gewesen. Damit stehe fest, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ablegung der ersten Diplomprüfung am 21. Juni 1994 im zehnten Semester seines Studiums befunden und die Frist nach § 20 Abs. 2 StudFG 1992 überschritten habe. Die Gewährung der Studienbeihilfe sei anhand des StudFG 1992 zu prüfen. Die Anerkennung nachträglicher Beurlaubungen nach § 8 AHStG durch die Wiener Gebietskrankenkasse für ihren Bereich sei für das Verfahren vor der Studienbeihilfenbehörde ohne rechtliche Bedeutung.
Es sei daher zu prüfen gewesen, ob wichtige Gründe vorlägen, die geeignet gewesen seien, das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung zu verursachen.
Die Behörde erster Instanz habe zutreffend festgestellt, daß der Beschwerdeführer durch seine Erkrankung in den ersten drei Jahren seines Studiums am Studienfortgang behindert gewesen sei. Aus diesem Grund sei ihm die Anspruchsdauer im ersten Studienabschnitt von der Studienbeihilfenbehörde um ein Semester verlängert worden.
Aus dem Studienverlauf könne jedoch anhand der Anzahl der abgelegten Prüfungen nicht abgeleitet werden, daß die Erkrankung für das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung ursächlich gewesen sei, zumal im WS 1992/93, also nach Abklingen der Augenerkrankung, lediglich Prüfungen im Ausmaß von vier Semesterwochenstunden abgelegt worden seien, während in einigen Semestern während seiner Augenerkrankung der Prüfungserfolg gemessen an der Anzahl der abgelegten Prüfungen deutlich besser gewesen sei.
Es könne jedoch angenommen werden, daß ein Semester der Studienzeitüberschreitung auf die Krankheit des Beschwerdeführers zurückzuführen und daher im Sinne seines Antrages zu berücksichtigen gewesen sei.
Die Notwendigkeit der Mithilfe in der elterlichen Landwirtschaft könne nur dann berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG 1992 vorlägen (unverschuldetes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis): Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Studierende alles in seiner Dispositionsfreiheit Liegende zu tun, daß er sein Studium innerhalb der vorgeschriebenen Zeit vollende. Andere Interessen habe er diesem Interesse hintanzustellen. Zwar werde nicht verkannt, daß die Mithilfe bei Katstrophenschäden auf Grund der familiären Verpflichtung erforderlich gewesen und auch anzuerkennen sei: Dies könne jedoch nicht dazu führen, daß die Verpflichtung, sein Studium zielbstrebig zu betreiben, vernachlässigt werden dürfe.
Eine genauere Überprüfung könne im Beschwerdefall aber unterbleiben, weil auf Grund der Aktenlage festgestellt werden könne, daß aus diesem Grund nur eine Studienverzögerung von weniger als einem Semester gegeben sei. Berücksichtige man, daß die Aufräumungsarbeiten wegen der Sturmschäden in das SS 1990 gefallen seien und der Beschwerdeführer in diesem Semester etwa halb so viele Prüfungen wie im Semester davor oder in den Semestern danach abgelegt habe, betrage das Ausmaß der Behinderung selbst bei der Annahme, dies sei ein wichtiger Grund im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG gewesen, nicht mehr als ein Semester.
Im günstigsten Falle sei daher davon auszugehen, daß höchstens zwei Semester der Studienzeitüberschreitung durch wichtige Gründe verursacht worden seien. Im Beschwerdefall wäre es jedoch erforderlich gewesen, daß das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung - somit jedenfalls mindestens drei Semester - auf wichtige Gründe zurückzuführen sei.
Die Erteilung der Nachsicht setzte außerdem eine günstige Studienprognose (Ablegung der Diplomprüfung innerhalb der Anspruchsdauer) voraus, d.h. im Beschwerdefall, daß die Diplomprüfung mit Ablauf des WS 1997/98 abgelegt werden könne. Da der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben - einen reibungslosen Studienfortgang vorausgesetzt - erst Ende 1998 alle Prüfungen abgelegt haben werde, sei auch diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Die lange Erledigungsdauer, die zum überwiegenden Teil auf Gesetzesänderungen (Änderung der Zuständigkeit) und umfangreiche Ermittlungen zurückzuführen sei, werde bedauert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:
Im Beschwerdefall ist wegen des hier maßgebenden Zeitpunktes der Erlassung des angefochtenen Bescheides das StudFG 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 98/1997, maßgebend. Paragraphenzitate ohne Angabe der Gesetzesstelle beziehen sich auf das StudFG 1992; ausnahmsweise wird dieses Gesetz jedoch dann angeführt, wenn Verwechslungsgefahr besteht.
Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 6 Z. 3 (in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996) u.a., daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).
Gemäß § 18 Abs. 1 (in der Fassung BGBl. Nr. 343/1993) umfaßt die Anspruchsdauer grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters (Satz 1). Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann nach Satz 3 dieser Bestimmung die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).
Nach Überschreitung der Anspruchsdauer liegt ein gültiger Studienerfolg solange nicht vor, bis die abschließende Prüfung abgelegt ist (§ 18 Abs. 2 - Stammfassung).
§ 19 lautet auszugsweise (Stammfassung mit Ausnahme der Zuständigkeitsbestimmung am Eingang des Abs. 6 = BGBl. I Nr. 98/1997 und der Z. 2 dieses Absatzes = BGBl. Nr. 201/1996):
"(1) Die Anspruchsdauer ist zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, daß die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.
(2) Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind:
1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,
2.
Schwangerschaft der Studierenden und
3.
jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
...
(4) Die Pflege und Erziehung eines Kindes vor Vollendung des dritten Lebensjahres, zu der der Studierende während seines Studiums gesetzlich verpflichtet ist, bewirken die Verlängerung der Anspruchsdauer um insgesamt höchstens zwei Semester je Kind, ohne daß es eines weiteren Nachweises über die Verursachung der Studienverzögerung bedarf.
...
(6) Der Leiter der Studienbehilfenbehörde hat auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde
1. bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern oder
2. bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z. 1 oder der Abs. 2 und 4 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2 und § 21 Abs. 2) oder die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes um mehr als vier Semester (§ 15 Abs. 2) nachzusehen,
wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird."
Für die studienrechtliche Beurteilung des Beurlaubungsantrages des Beschwerdeführers im WS 1993/94 war das AHStG, BGBl. Nr. 177/1966, maßgebend.
Gemäß § 6 Abs. 5 lit. b Satz 1 AHStG, BGBl. Nr. 177/1966 in der Fassung BGBl. Nr. 332/1981, erlischt die Immatrikulation (Exmatrikulation), wenn der ordentliche Hörer sein Studium länger als zwei Semester unterbricht, ohne beurlaubt oder behindert (§ 8) zu sein. Wenn keine wichtigen Gründe vorliegen, so ist nach Satz 2 dieser Bestimmung eine solche Unterbrechung jedenfalls anzunehmen, wenn der ordentliche Hörer die Inskription unterläßt und auch keine Prüfungen mit positivem Erfolg ablegt, keine Diplomarbeit oder Dissertation zur Approbation einreicht oder ein Rigorosum mit Ausnahme des letzten Rigorosums, auch nach der dreifachen in den Studienvorschriften vorgesehenen Zeit unbeschadet der Bestimmung des § 30 nicht erfolgreich abgelegt wurde. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung in der Fassung BGBl. Nr. 116/1984 gelten als wichtige Gründe solche, die geeignet waren, den Studierenden an einer gehörigen Fortsetzung des Studiums zu hindern; sofern diese Bedingung erfüllt ist, insbesondere Krankheit, Schwangerschaft, Berufstätigkeit, wichtige familiäre Verpflichtungen oder sonstige unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse.
§ 8 AHStG regelt die Beurlaubung und Studienbehinderung.
Nach Abs. 1 dieser Bestimmung sind auf Ansuchen ordentliche Hörer, insbesondere zum Studium im Ausland oder zwecks Durchführung wissenschaftlicher oder praktischer Tätigkeit, vom Rektor auf die Dauer von höchstens sechs Semester zu beurlauben.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist eine Behinderung auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder aus wichtigen Gründen (§ 6 Abs. 5 lit. b letzter Satz) der Beurlaubung gleichzuhalten.
Abs. 3 dieser Bestimmung sieht vor, daß beurlaubte ordentliche Hörer immatrikuliert bleiben. Sie sind zu Diplomprüfungen und Rigorosen nach Maßgabe der Bestimmungen der besonderen Studiengesetze und Studienordnungen auch zuzulassen, wenn sie das der Prüfung unmittelbar vorangehende Semester an einer ausländischen Hochschule zurückgelegt haben (§ 21 Abs. 2).
Sowohl nach der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Studienordnung für die Studienrichtung Architektur, BGBl. Nr. 179/1971 (§ 2 Abs. 1) als auch nach der neuen Studienordnung (aufgrund des Bundesgesetzes über technische Studienrichtungen, BGBl. Nr. 373/1990), BGBl. Nr. 127/1992 (§ 2) umfaßt der erste Studienabschnitt dieser Studienrichtung vier, der zweite Studienabschnitt sechs Semester.
Im Beschwerdefall ist zunächst strittig, ob der Beschwerdeführer die erste Diplomprüfung außerhalb der in § 20 Abs. 2 genannten Zeitspanne abgelegt hat und damit die Voraussetzungen für ein Nachsichtsverfahren nach § 19 Abs. 6 Z. 2 gegeben sind.
Der Beschwerdeführer bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen vor, § 3 Abs. 5 knüpfe am Inskriptionsbegriff des allgemeinen Studienrechtes an. Seine im WS 1993/94 erfolgte nachträgliche (studienrechtliche) Beurlaubung führe dazu, daß keine gültige Inskription vorliege. Er habe daher seine erste Diplomprüfung im neunten Semester des ersten Studienabschnittes abgelegt.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, 97/12/0199, mit näherer Begründung, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ausgesprochen, daß die Beurlaubung im Sinne des § 8 Abs. 1 AHStG in Bescheidform zu erfolgen hat.
Im Beschwerdefall ist die für den Rektor gezeichnete Erledigung vom 13. Dezember 1993 betreffend die Beurlaubung nach § 8 Abs. 1 AHStG aber kein Bescheid, weil sie keine leserliche Unterschrift enthält und auch keine leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden aufscheint (§ 18 Abs. 4 Satz 1 AVG in Verbindung mit § 7 Abs. 4 des auf Grund der zeitlichen Lagerung des Beschwerdefalles anzuwendenden Universitäts-Organisationsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 258).
Liegt aber kein nach § 8 Abs. 1 AHStG erforderlicher Bescheid vor, erübrigt es sich auf die mögliche Auswirkung eines solchen Bescheides auf § 20 Abs. 2 StudFG 1992 einzugehen. Da erst mit der Erlassung eines derartigen Bescheides durch den Rektor eine Beurlaubung nach § 8 Abs. 1 AHStG vorliegt, ist auch keine Vorfragesituation im Sinne des § 38 AVG gegeben. Es erübrigt sich daher auch auf die Frage einzugehen, ob § 8 Abs. 1 AHStG überhaupt dazu ermächtigte, rückwirkend eine Beurlaubung für gültig inskribierte Semester auszusprechen.
Der Beschwerdeführer hat seinen "Beurlaubungsantrag" vom 2. Dezember 1993 auf seine Krankheit gestützt und damit in Wahrheit einen Behinderungsgrund im Sinne des § 8 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 5 lit. b letzter Satz AHStG geltend gemacht. Da, wie oben dargelegt, kein Beurlaubungsbescheid des Rektors nach § 8 Abs. 1 AHStG vorliegt, bleibt noch zu prüfen, ob einer Studienbehinderung nach § 8 Abs. 2 AHStG Bedeutung für § 20 Abs. 2 StudFG 1992 zukommt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem obzitierten Erkenntnis vom heutigen Tag jedoch erkannt hat, ist dies nicht der Fall, weil das Nachsichtsverfahren nach § 19 Abs. 6 Z. 2 erster Tatbestand StudFG 1992 abschließend die Beseitigung der mit der Überschreitung der Frist nach § 20 Abs. 2 leg. cit. verbundenen nachteiligen studienförderungsrechtlichen Rechtsfolgen regelt und sich die für diese Nachsicht unter anderem in Betracht kommenden "wichtigen Gründe" im Sinne des § 19 Abs. 2 StudFG 1992 weitgehend mit den für die Studienbehinderung nach § 8 Abs. 2 AHStG maßgebenden Gründen decken. Eine neben dem Nachsichtsverfahren nach § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG 1992 zusätzlich gegebene Bedeutung des § 8 Abs. 2 AHStG für die Ermittlung der Zeitspanne nach § 20 Abs. 2 StudFG 1992 würde die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG 1992 de facto leerlaufen lassen.
Zur Klarstellung weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß damit keine Aussage getroffen wird, ob nicht § 8 Abs. 2 AHStG für andere Bestimmungen des StudFG 1992 normative Bedeutung zukommt (vgl. in diesem Zusammenhang die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1994, 94/12/0057, und vom 28. Februar 1996, 94/12/0157, zu § 20 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 619/1994).
Die belangte Behörde ist daher zutreffend von einer Studienzeitüberschreitung im Sinne des § 20 Abs. 2 ausgegangen.
Die belangte Behörde stützt die Versagung der vom Beschwerdeführer beantragten Nachsicht nach § 19 Abs. 6 Z. 2 auf mehrere Gründe: Zum einen ist ihrer Auffassung nach die Studienzeitüberschreitung im ersten Studienabschnitt nicht im überwiegenden Ausmaß (von mindestens drei Semestern) auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe zurückzuführen (Nichtvorliegen der ersten Tatbestandsvoraussetzung des § 19 Abs. 6 letzter Halbsatz); zum anderen geht die belangte Behörde davon aus, daß auf Grund der vom Beschwerdeführer gemachten unbestritten gebliebenen Angaben (Abschluß des zweiten Studienabschnittes durch Ablegung der zweiten Diplomprüfung Ende 1998) keine günstige Studienprognose (voraussichtliche Ablegung der Diplomprüfung/des Rigorosums innerhalb der Anspruchsdauer) gegeben sei (Nichtvorliegen der zweiten Tatbestandsvoraussetzung des § 19 Abs. 6 letzter Halbsatz).
Da beide Tatbestandsvoraussetzungen nach § 19 Abs. 6 letzter Halbsatz kumulativ (arg.: "und") erfüllt sein müssen, um einen Anspruch auf Nachsicht zu begründen, ist ein Nachsichtsantrag schon bei Nichtvorliegen einer dieser beiden Voraussetzungen abzuweisen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. September 1994, 93/12/0168).
Der Beschwerdeführer bringt in diesem Zusammenhang vor, die Prognose über den günstigen Studienerfolg hätte nicht auf den zweiten Studienabschnitt angewendet werden dürfen. Diese Tatbestandsvoraussetzung beziehe sich lediglich darauf, ob die erste Diplomprüfung innerhalb der Anspruchsdauer abgelegt worden sei.
Dem ist folgendes zu erwidern:
Der letzte Halbsatz des § 19 Abs. 6 und somit auch das Erfordernis der günstigen Studienprognose bezieht sich sowohl auf das Anspruchsdauerverlängerungsverfahren nach § 19 Abs. 6 Z. 1 als auch auf das Nachsichtsverfahren nach Z. 2.
Im Beschwerdefall hat der angefochtene Bescheid über einen Nachsichtsantrag nach Z. 2 wegen Überschreitung der für den ersten Studienabschnitt geltenden Zeitspanne gemäß § 20 Abs. 2 abgesprochen, wobei der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Antragstellung die erste Diplomprüfung bereits abgelegt hatte und sich im zweiten Studienabschnitt befand. Bei dieser Fallkonstellation kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sich die Wendung "auf Grund der bisherigen Studienleistung zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird" (kurz als günstige Studienprognose bezeichnet) wegen der Einschätzung eines künftigen Ereignisses auf den zweiten Studienabschnitt bezieht, für den bei Beseitigung der Ausschlußwirkung nach § 20 Abs. 2 eine Studienbeihilfe in Betracht kommt. Diese Auffassung liegt auch dem hg. Erkenntnis vom 14. September 1994, 93/12/0168, zugrunde. Ob - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint - das Nachsichtsverfahren bei Studienzeitüberschreitung nach § 20 Abs. 2 den Abschluß der ersten Diplomprüfung zwingend voraussetzt - ist bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation nicht zu klären.
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer unbestritten angegeben, daß er die sein Studium (zweiten Studienabschnitt) abschließende zweite Diplomprüfung voraussichtlich Ende 1998, d.h. im Wintersemester 1998/99 ablegen werde. Zu diesem Zeitpunkt würde er sich nach seinem Studienverlauf (vgl. § 41 Abs. 2) aber bereits im neunten Semester des zweiten Studienabschnittes befinden. Die vorgesehene Studienzeit (im Sinne des § 13 Abs. 2) beträgt sowohl unter Berücksichtigung der nach der alten als auch nach der neuen geltenden Studienordnung für die Studienrichtung Architektur sechs Semester, sodaß die im angefochtenen Bescheid nicht weiter geprüfte Frage dahingestellt bleiben kann, nach welcher Studienordnung der Beschwerdeführer Architektur studiert. Die Anspruchsdauer im Sinne des § 18 Abs. 1 umfaßt daher sieben Semester. Der vom Beschwerdeführer angegebene Zeitpunkt der voraussichtlichen Absolvierung der zweiten Diplomprüfung liegt daher außerhalb der Anspruchsdauer, sodaß das Erfordernis der günstigen Studienprognose nicht erfüllt ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, 94/12/0222) anerkannt, daß sich die Behörde bei der nach dem letzten Halbsatz des § 19 Abs. 6 anzustellenden Prognoseentscheidung auch nur auf die eigenen Einschätzungen des Studierenden über den Zeitpunkt der Ablegung der fehlenden Diplomprüfung, die dieser im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungsverpflichtung im Verwaltungsverfahren nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat, stützen kann.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde - ausgehend von den Angaben des Beschwerdeführers - wegen Nichtvorliegens der Tatbestandsvoraussetzung der günstigen Studienprognose die beantragte Nachsicht nach § 19 Abs. 6 Z. 2 nicht erteilte. Die Beschwerde war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen (Ausmaß der von den geltend gemachten wichtigen Gründen verursachten Studienzeitüberschreitung) näher einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. Oktober 1998
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998120081.X00Im RIS seit
11.07.2001