TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/18 G313 2215768-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2019
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Entscheidungsdatum

18.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch

G313 2215768-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch RA Dr. Wolfgang WEBER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wird (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

2. Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde wurde beantragt, Spruchpunkt IV. dieses Bescheides aufzuheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen.

3. Am 11.03.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien.

1.2. Er reiste am 18.01.2019 in den Schengen-Raum und kurz darauf, jedenfalls spätestens am 29.01.2019, im Jänner 2019 in das österreichische Bundesgebiet ein. Der genaue Einreisezeitpunkt war nicht feststellbar.

1.3. Am 04.02.2019 wurde der BF von Beamten der zuständigen Landespolizeidirektion bezüglich einer Urkundenfälschung angehalten und kontrolliert. Im Zuge der polizeilichen Anhaltung des BF wurde festgestellt, dass der BF nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist und sich mit einem gefälschten slowakischen Identitätsdokument mit Aliasnamen an einer bestimmten Adresse im Bundesgebiet anmelden wollte.

Der BF gab gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten an, er habe sich sein gefälschtes Identitätsdokument anfertigen lassen, um in Österreich leichter Arbeit zu finden. Des Weiteren gab er an, seit 19.01.2019 an einer näher angegebenen Adresse im Bundesgebiet aufhältig zu sein, wobei der BF auch seinen Unterkunftgeber namentlich anführte.

1.4. Daraufhin wurde gegen den BF nach Rücksprache mit der belangten Behörde ein Festnahmeauftrag erlassen, der BF noch vor Ort festgenommen und in ein bestimmtes Polizeianhaltezentrum im Bundesgebiet überstellt.

Im Zuge einer Einvernahme des BF im Polizeianhaltezentrum wurde dem BF zur Schubhaft und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot Parteigehör gewährt.

1.5. Im Zuge einer Einvernahme des BF vor der belangten Behörde gab der BF, befragt danach, wann und wie er in das Bundesgebiet eingereist sei und was der Zweck der Einreise des BF nach Österreich gewesen sei, an, sich mit einem gefälschten Identitätsdokument leichter in Österreich Arbeit erhofft zu haben. Wörtlich gab er an:

"Ich bin am 18.01.2019 mit einem Kleinbus mit meinem serbischen Reisepass eingereist. Ich habe gedacht, dass ich mit dem gefälschten Identitätsdokument leichter hier arbeiten kann. Mir war aber nicht bewusst, dass da so ein großes Risiko ist und ich wusste nicht, dass das zu solchen Problemen führt."

Der BF gab dann, befragt, wo er seit seiner Einreise bis zur nunmehrigen Festnahme Unterkunft bezogen habe, zunächst die auch bei seiner Einvernahme im Polizeianhaltezentrum angeführte Wohnadresse an, an welcher der BF "ein paar Tage" bei einem Freund gewohnt haben will und wo sich auch alle Sachen des BF befinden würden. Dann hat er laut seinen Angaben vor dem BFA bei einem anderen Freund an der Adresse gewohnt, die er bei seiner Einvernahme im Polizeianhaltezentrum als geplante Meldeadresse angeführt hat.

Der BF gab, befragt danach, ob es ihm bewusst sei, dass er als serbischer Staatsangehöriger ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet nicht arbeiten dürfe, an:

"Ja, deswegen wollte ich mich auch anmelden, damit ich mir auch eine Arbeit suchen kann."

1.6. Fest steht, dass bereits am 29.01.2019 unter dem auf dem gefälschten slowakischen Identitätsdokument aufscheinenden Aliasnamen des BF eine Nebenwohnsitzmeldung an der Adresse, an welcher der BF zuletzt vor seiner polizeilichen Anhaltung wohnhaft war, erfolgt ist. Im Zentralen Melderegister scheint diesbezüglich die Eintragung auf: "mit falscher Identität angemeldet, daher amtlich abgemeldet".

1.7. Der BF war bei seiner Festnahme im Besitz von rund 32 Euro.

Er war in Österreich jedenfalls nie erwerbstätig und ist im Bundesgebiet auch nicht sozial- und krankenversichert.

1.8. Am 07.02.2019 erfolgte die Ausreise und Abschiebung des BF nach Serbien.

1.9. Der BF hat im Gegensatz zu seinem Herkunftsstaat, wo seine Eltern am Herkunftsort des BF leben und mit welchen der BF auch im Bundesgebiet aufrechten Kontakt gehalten hat, in Österreich keine Familienangehörige.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Die Feststellungen zur am 04.02.2019 erfolgten polizeilichen Kontrolle und Anhaltung des BF, bei welchem ein gefälschtes slowakisches Identitätsdokument gefunden wurde, seiner darauffolgenden Festnahme und Einvernahme im Polizeianhaltezentrum und der darauffolgenden Einvernahme vor dem BFA ergab sich aus dem vorliegenden Akteninhalt.

2.3. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen

2.3.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den diesbezüglich im angefochtenen Bescheid getroffenen und unbestritten gebliebenen Feststellungen.

2.3.2. Dass der BF am 18.01.2019 in den Schengen-Raum eingereist ist, war aus einem mit "18.01.2019" datierten Einreisestempel in seinem serbischen Reisepass ersichtlich (AS 18). Die Feststellung, dass der BF kurze Zeit nach seiner Einreise in den Schengen-Raum, spätestens am 29.01.2019, auch in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, beruht auf einer im Bundesgebiet bereits am 29.01.2019 erfolgten Nebenwohnsitzmeldung unter dem im gefälschten slowakischen Personalausweis des BF aufscheinenden Aliasnamen des BF, was laut einem Zentralmelderegisterauszug aufgrund Anmeldung mit falscher Identität noch mit Tag der Anmeldung am 29.01.2019 wieder die amtliche Abmeldung des BF zur Folge hatte.

2.3.3. Die festgestellte Meldung des BF in einem Polizeianhaltezentrum von 04.02.2019 bis 07.02.2019 beruht auf einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Dass bereits eine Nebenwohnsitzmeldung unter dem auf dem gefälschten slowakischen Personalausweis des BF aufscheinenden Aliasnamen erfolgt ist, war aus einem Zentralmelderegisterauszug ersichtlich. Auf diese Meldung wurde in der von der Polizei niederschriftlich festgehaltenen Anzeige wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet hingewiesen, ebenso wie die festgestellte Tatsache, dass der BF bei seiner Festnahme Bargeld in Höhe von rund EUR 32,71 bei sich hatte (AS 83).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zum Einreiseverbot:

3.1.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

(....).

3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich Folgendes:

Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen - gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG.

Gemäß § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachweisen kann.

Die Erfüllung des von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG indiziert jedenfalls das Vorliegen einer Gefahr für die Öffentlichkeit.

Dem Beschwerdevorbringen, der BF habe die von ihm mit seinem gefälschten Personalausweis beabsichtigte Beschäftigungsaufnahme im Bundesgebiet bereits zugestanden, was zweifellos einen entsprechenden Milderungsgrund darstelle, kann jedenfalls nicht gefolgt werden, gab der BF doch am 04.02.2019 sowohl im Zuge seiner Kontrolle und Anhaltung gegenüber den Polizeibeamten als auch in seiner Einvernahme vor dem BFA - ohne Unrechtsbewusstsein - an, mit seinem gefälschten Identitätsdokument eine Arbeit aufnehmen wollen zu haben. Sogar befragt danach, ob dem BF bewusst sei, dass er als serbischer Staatsbürger ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet nicht arbeiten dürfe, gab der BF an, sich "deswegen" anmelden wollen zu haben, damit er sich eine Arbeit suchen könne, welche selbstverständliche Antwort darauf schließen lässt, dass für den BF sein Aufenthalt im Bundesgebiet mit einem gefälschten Identitätsdokument offenbar "selbstverständlich" war. Ein "Milderungsgrund", wie in der Beschwerde angeführt, kann aus dem gesamten Verhalten und Aussageverhalten gegenüber den Polizeibeamten bei seiner Kontrolle und gegenüber dem ihn vor dem BFA einvernehmenden Organ jedenfalls nicht erkannt werden.

Im gegenständlichen Fall war der BF nicht imstande, Existenzmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes im Bundesgebiet nachzuweisen, konnte doch bei seiner Anhaltung Bargeld in Höhe von rund EUR 32 gefunden werden, und gab der BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA an, in der Wohnung seines Freundes, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, noch EUR 150 bis 200 Euro zu haben. Der BF ging im Bundesgebiet jedenfalls nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach und ist nicht sozial- und krankenversichert. Der BF konnte jedenfalls nicht ausreichend Barmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes im Bundesgebiet nachweisen, weshalb vor allem aufgrund seines Vorbringens gegenüber den ihn am 04.02.2019 anhaltenden Polizeibeamten, sich mit seinem gefälschten slowakischen Personalausweis leichter Arbeit verschaffen wollen zu haben, und der damit dargelegten offensichtlichen Bereitschaft zur illegalen Beschäftigung, von keiner positiven Zukunftsprognose und einer vom BF ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft iSv § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG auszugehen war.

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes kann sich die Behörde zudem nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0057).

Das vom BFA ausgesprochene Einreiseverbot wird jedenfalls nicht nur dem Grunde, sondern auch der von der belangten Behörde ausgesprochenen Dauer nach als gerechtfertigt erachtet, deshalb, weil der BF in Österreich keine einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehenden berücksichtigungswürdigen privaten und familiären Interessen hat, hat er doch im Bundesgebiet im Gegensatz zu seinem Herkunftsstaat, wo sich seine Eltern, zu denen er während seines kurzen Aufenthaltes in Österreich im Jänner, Februar 2019 auch vom Bundesgebiet aus den Kontakt aufrecht gehalten hat, keine Familienangehörige, nur zwei Freunde, bei denen er, ohne sich zuvor bei ihnen ordnungsmäßig gemeldet zu haben, untergekommen war.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Einreiseverbot, freiwillige Ausreise, Interessenabwägung,
öffentliche Interessen, Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G313.2215768.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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