TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/7 98/12/0278

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Veröffentlicht am 07.10.1998
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

BDG 1979 §10 Abs4 impl;
BDG 1979 §10 Abs4 Z4;
BDG 1979 §43 Abs2;
LDG 1984 §29 Abs2;
LDG 1984 §9 Abs2;
LDG 1984 §9 Abs4 Z3;
LDG 1984 §9 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der E in F, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Moritschstraße 5/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 29. Juli 1998, Zl. SchA-71505/55/1998, betreffend Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses nach LDG 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides von folgendem aus:

Die Beschwerdeführerin stand seit 1. Juli 1997 als Hauptschullehrerin in einem provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ihr Dienstverhältnis mit Ablauf des zweiten Monates nach Zustellung gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 4 Z. 3 LDG 1984 gekündigt. In der Begründung wird nach kurzer Darlegung der Vorgeschichte und dem Hinweis auf die erfolgte Suspendierung weiter ausgeführt, die Beschwerdeführerin stehe im dringenden Verdacht, das Verbrechen des schweren Raubes in Form der Beteiligung nach den §§ 12, 142 Abs. 1 und 143 erster Satz, zweiter Deliktsfall StGB begangen zu haben. Wie aus dem Strafakt ersichtlich sei, werde ihr auf Grund der bisherigen Ermittlungsergebnisse zur Last gelegt, am 1. Mai 1998 in den frühen Morgenstunden in Thörl-Maglern, Gemeinde Arnoldstein, Bezirk Villach, dadurch zur Ausführung der strafbaren Handlung des Erstbeschuldigten entsprechend beigetragen zu haben, daß sie diesen mit ihrem PKW in die Nähe des mutmaßlichen Tatorts gebracht, als Aufpasserin fungierte und nach Absetzen des Erstbeschuldigten durch einen fingierten Notruf die Gendarmeriestreife der Autobahn in Richtung Villach geschickt habe; zudem vor dem mutmaßlichen Tatzeitpunkt mit dem Erstbeschuldigten den Tatort ausgekundschaftet und ihm bei weiteren Vorbereitungshandlungen zur mutmaßlichen Tatausführung geholfen habe, indem sie Anrufe bei der Wechselstube getätigt und einen Pfefferspray besorgt habe. Dem Erstbeschuldigten werde zur Last gelegt, am 1. Mai 1998 um 4.55 Uhr in der ÖAMTC-Wechselstube in Thörl-Maglern dadurch, daß er Pfefferspray gegen den dortigen Angestellten versprüht und ihn aufgefordert habe, den Tresor aufzumachen, um Bargeld herauszugeben, mithin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben den dortigen Angestellten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, das Verbrechen des schweren Raubes unter Verwendung von Pfefferspray begangen zu haben. Die dabei erzielte Raubbeute habe S 2,350.000,-- und 90.000.000,-- italienische Lire betragen. Der dringende Tatverdacht stütze sich auf die bisherigen Ergebnisse der gerichtlichen Voruntersuchung, sodaß für die Dienstbehörde kein Zweifel an der Mittäterschaft der Beschwerdeführerin gegeben sei. Dies umsomehr, weil sowohl der Erstbeschuldigte als auch die Beschwerdeführerin als Zweitbeschuldigte und Beitragstäterin sich im Zuge der protokollierten Einvernahmen als geständig erwiesen hätten. Auf Grund der geschilderten Ereignisse sei die Beschwerdeführerin seit 2. Mai 1998 in Haft gewesen, wobei die Untersuchungshaft bis 15. Juni 1998 angedauert habe.

Die Dienstbehörde habe der Beschwerdeführerin im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens vor Ausspruch der Kündigung die Gelegenheit eingeräumt, zu der gegen sie beabsichtigten dienstrechtlichen Maßnahme schriftlich Stellung zu beziehen. In der dazu ergangenen schriftlichen Stellungnahme vom 16. Juli 1998 habe die Beschwerdeführerin den Antrag auf Unterbrechung des gesamten Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens gestellt und weiters auf ihre persönliche schwierige Situation sowie die Einmaligkeit des Geschehens hingewiesen (wird näher ausgeführt).

Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsprechung zum provisorischen Dienstverhältnis und dessen Kündigung sowie der dem Landeslehrer obliegenden Dienstpflichten nach § 29 LDG 1984 führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, das pflichtwidrige Verhalten der Beschwerdeführerin habe dazu geführt, daß das Vertrauen der Allgemeinheit und der Vorgesetzten in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben nicht mehr gewährleistet und damit die persönliche Eignung der Beschwerdeführerin für den Schuldienst - selbst in Anbetracht der von ihr geltend gemachten Schuldausschließungsgründe - auf Grund ihrer mangelnden Pflichtauffassung, Gewissenhaftigkeit und Charakterfestigkeit nicht mehr gegeben sei. Eine Landeslehrerin, die gerade in ihrer Arbeit mit Jugendlichen, die ihre eigene Persönlichkeitsbildung noch nicht abgeschlossen hätten, eine Vorbildfunktion habe, schädige durch ein derartiges Verhalten das Ansehen der Landeslehrer im allgemeinen. Aufgabe eines Landeslehrers sei es, in dem für den Unterricht und die Erziehung der Jugendlichen wichtigen Bereich, nämlich innerhalb der Schule aber auch außerhalb, allen auftretenden Problemen strafrechtlicher Relevanz mit Energie sowie Einsicht entgegenzuwirken und nicht selbst zur Erfüllung strafgesetzlicher Tatbestände beizutragen. Für die Dienstbehörde handle es sich im gegenständlichen Fall nicht um eine bloß geringfügige, einmalige Fehlleistung,die möglicherweise auf Grund der gegebenen psychischen Ausnahmesituation erfolgt sei, sondern um eine Pflichtverletzung, die insgesamt ihrer Schwere nach sehr wohl in einem Verhältnis zur Schwere der Ahndung in Form der Kündigung stehe und somit den angeführten Kündigungsgrund rechtfertige. Die Dienstbehörde sei daher der Auffassung, daß die Rolle der Beschwerdeführerin als Beitragstäterin und damit die aktive Beteiligung in Form der dargestellten Verhaltensweisen bei der Ausübung des Verbrechens des schweren Raubes durchaus eine derartige schwerwiegende Dienstpflichtverletzung darstelle, daß die Lösung des provisorischen Dienstverhältnisses nach § 9 Abs. 4 Z. 3 LDG 1984 gerechtfertigt sei.

In diesem Zusammenhang werde nochmals festgestellt, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus die einmalige Tat eines Lehrers derartig schwerwiegend sein könne, daß durch sie der Kündigungsgrund des § 9 Abs. 4 Z. 3

LDG 1984 - ungeachtet eines früheren oder späteren dienstlichen und außerdienstlichen Wohlverhaltens - verwirklicht werden könne. Unabhängig vom Ausgang des strafgerichtlichen Verfahrens, sei für die Dienstbehörde daher auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes und der konkreten Verdachtsmomente die Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses wegen pflichtwidrigen Verhaltens mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist auszusprechen gewesen. Der Abfertigungsanspruch sei in den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956 begründet. Die Suspendierung ende mit Ablauf des zweiten Monates nach Zustellung dieses Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich nach ihrem gesamten Vorbringen in ihrem Recht auf Weiterbestehen ihres provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses verletzt, weil sie bereits im Stadium der polizeilichen Vorerhebungen bzw. der gerichtlichen Voruntersuchung vom Dienst suspendiert worden, das Kündigungsverfahren eingeleitet und die Kündigung mit dem angefochtenen Bescheid vollzogen worden sei. Diese Vorgangsweise verstoße gegen die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK.

Aus dem Sachverhaltsvorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz ergibt sich, daß sie im Rahmen der polizeilichen Vorerhebungen ein Tatsachengeständnis abgelegt hat und zur Frage ihrer Schuldfähigkeit ein Sachverständigengutachten eingeholt worden ist. In diesem Gutachten sei der Sachverständige zum Schluß gekommen, daß der Erstbeschuldigte es offensichtlich verstanden habe, die Gefühle und Emotionen der Beschwerdeführerin in einer Art und Weise anzusprechen, daß es ihm gelungen sei, trotz anfänglicher Widerstände der Beschwerdeführerin diese so weit zu bringen, daß sie sich "Hals über Kopf" in ihn verliebt habe und mit ihm eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei. Der Sachverständige meine weiters, daß die Beschwerdeführerin letztlich nicht mehr imstande gewesen sei, ihre emotionalen Impulse rational zu steuern. Obwohl keine sexuelle Hörigkeit vorgelegen sei und auf sachlich-rationaler Ebene für die Beschwerdeführerin zahlreiche Argumente gegen den späteren unmittelbaren Täter als Person gesprochen hätten, sei dennoch die Angst vor einem neuerlichen Partnerverlust derart groß gewesen, daß dieser die Möglichkeit gehabt habe, einen gewaltigen psychischen Druck auf die Beschwerdeführerin auszuüben. Tatsächlich sei die Beschwerdeführerin in einem emotionalen und affektiv hochgespannten Zustand und daher nicht mehr in der Lage zu disponieren gewesen, wie sie es vor ihrer Bekanntschaft mit dem Erstbeschuldigten gewesen sei. Zum Tatzeitpunkt habe sie auf Grund ihrer psychischen Verfassung mit Sicherheit nicht die Folgen ihres Verhaltens in der vollen Tragweite erkennen können. Zudem käme noch dazu, daß ihr ihr Lebensgefährte kurz vor der Tatausführung Medikamente verabreicht habe, die ihre Kritikfähigkeit noch weiter herabgesetzt hätten. Dennoch sei ihre freie Willensbildung im Tatzeitraum aber noch minimal vorhanden gewesen, dies sei erkennbar daran, daß sie sich in einem eklatanten Gewissenskonflikt befunden habe. Dieser Konflikt habe den Zustand der massiven Anspannung noch verstärkt, wodurch ein negativer Regelungskreis entstanden und ihre "Diskretions- und Dispositionsfähigkeit" praktisch völlig ausgeschaltet worden sei. Erst im Laufe der über sie verhängten Untersuchungshaft habe sie die Tragweite ihrer Handlungen erkannt; ebenso, daß sie der erstbeschuldigte Lebensgefährte lediglich als "willenloses Werkzeug" ausgenützt bzw. benutzt habe.

Rechtlich bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, würde man der Rechtsansicht der belangten Behörde folgen, daß es für die Beurteilung eines Verhaltens im Kündigungsverfahren nicht darauf ankomme, ob dieses auch in strafrechtlicher Hinsicht zu einem Schuldspruch oder gar einem Freispruch führe, müsse man entweder davon ausgehen, daß die belangte Behörde ihren Ermessensspielraum in bezug auf das Tatbestandsmerkmal "Verhalten" in nicht gesetzmäßiger Weise zu weit interpretiere, andernfalls man annehmen müsse, daß § 9 Abs. 2 LDG 1984 nicht dem Legalitätsprinzip entspreche. Der Begriff "Verhalten" sei der Überbegriff für jegliche (menschliche) Handlung, Duldung oder Unterlassung und vorerst völlig wertfrei zu beurteilen. Mit dem Prädikat "Pflichtwidrigkeit" werde erst ein Werturteil postuliert. Es sei daher sehr wohl relevant, ob der Beschwerdeführerin aus ihrem Verhalten heraus auch ein gravierender Schuldvorwurf gemacht werden könne. Nachdem die Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens der Grund für ihre Suspendierung und Kündigung sei, könne ihr Verhalten niemals losgelöst von einer allfälligen Schuldfrage beurteilt werden. Ob ihr Verhalten ihr sowohl in strafrechtlicher als auch in disziplinarrechtlicher Hinsicht zum Vorwurf gemacht werden könne, bleibe dem jeweiligen präjudiziellen Verfahren vorbehalten. Auf Grund des geschilderten Sachverhaltes und insbesondere im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalles sei die belangte Behörde auf Grund des mangelhaft durchgeführten Verfahrens zur Ansicht gelangt, daß der Beschwerdeführerin mangelndes Verantwortungsgefühl, mangelnde Pflichtauffassung und Gewissenhaftigkeit sowie mangelnde Charakterfestigkeit vorgeworfen werden könne. Wenn die belangte Behörde ihr dazu Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme in einem kontradiktorischen Verfahren gegeben hätte, hätte sie zwingend zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangen müssen. Bereits vorher habe sie dargelegt, daß ihr Informationen des Landesgendarmeriekommandos von der belangten Behörde vorenthalten worden seien und sie dazu niemals habe Stellung nehmen können. Obwohl sich der angefochtene Bescheid ausdrücklich auf diese Informationen beziehe, habe sie dazu niemals Stellung nehmen können, wodurch sie in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei.

Selbst wenn man die irrige Rechtsauffassung der belangten Behörde teilen würde und das Verhalten der Beschwerdeführerin tatsächlich ein pflichtwidriges im Sinne des § 9 Abs. 2 und 4 Z. 3 LDG 1984 wäre, müsse davon ausgegangen werden, daß durch die Einleitung des Kündigungsverfahrens, bedingt durch die zweimonatige Kündigungsfrist, ein Weiterverbleiben ihrer Person im Dienst als Landeslehrerin offenbar nicht als unzumutbar angesehen worden sei. Andernfalls wäre die Disziplinarbehörde verhalten gewesen, nach durchgeführtem Disziplinarverfahren mittels einstimmigen Beschlusses ihre sofortige Entlassung aus dem Landesdienst zu verfügen. Nachdem die Unverzüglichkeit der Durchführung eines Disziplinarverfahrens und der Ausspruch einer Entlassung die Unzumutbarkeit ihrer Weiterbeschäftigung bekundet hätte, habe sich die belangte Behörde dennoch für ihren Verbleib im Landesdienst entschieden und lediglich das Kündigungsverfahren eingeleitet. Es sei daher davon auszugehen, daß die belangte Behörde konkludent auf die Geltendmachung allfälliger aus ihrem Verhalten abzuleitender Entlassungsgründe verzichtet habe, dies trotz Kenntnis des vermeintlichen Entlassungsgrundes. Es sei evident, daß die Behörde auch deshalb konkludent auf die vorzeitige Lösung verzichtet habe, weil damit auch der Zweck verfolgt werde, der Beschwerdeführerin ein Disziplinarverfahren vorzuenthalten. Auszugehen sei davon, daß gleichzeitig mit dem Ablauf der Kündigungsfrist das Dienstverhältnis zum Land Kärnten beendet werde, dies mit der Folge, daß überhaupt kein Disziplinarverfahren eingeleitet werden müsse. Die Kündigung habe daher hauptsächlich den Zweck, zwingende Vorschriften des Disziplinarrechtes zu umgehen, insbesondere ihr den Rechtsschutzanspruch in einem allfälligen Disziplinarverfahren vorzuenthalten.

Selbst dann, wenn die Beschwerdeführerin tatsächlich ein derart schwerwiegendes pflichtwidriges Verhalten zu verantworten hätte, wäre auf Grund der Strafanzeige gemäß § 82 Abs. 1 LDG 1984 das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluß des strafgerichtlichen Verfahrens zu unterbrechen gewesen. Nach richtiger rechtlicher Auffassung sei bereits daraus ersichtlich, daß das Strafverfahren sehr wohl präjudiziell für ein Disziplinarverfahren sei. Das eingeleitete Kündigungsverfahren stelle daher eine Umgehung zwingender Rechtsvorschriften dar.

Nach § 9 Abs. 2 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984), BGBl. Nr. 302, kann das provisorische Dienstverhältnis mit Bescheid gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt nach Ablauf der Probezeit zwei Kalendermonate und nach Vollendung des zweiten Dienstjahres drei Kalendermonate. Die Kündigungsfrist hat mit Ablauf eines Kalendermonates zu enden. Im Abs. 4 der genannten Bestimmung sind insbesondere folgende Kündigungsgründe genannt:

1.

Mangel der körperlichen oder geistigen Eignung,

2.

unbefriedigender Arbeitserfolg,

3.

pflichtwidriges Verhalten,

4.

Bedarfsmangel.

Gemäß § 29 Abs. 2 LDG 1984 hat der Landeslehrer in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Diese Rechtslage ist - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - mit der Rechtslage nach dem BDG 1979 (vgl. § 10 bzw. § 43 Abs. 2) wortgleich, sodaß die Rechtsprechung hiezu auch für den vorliegenden Fall herangezogen werden kann.

Wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, verfolgt die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Es sind daher alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, auszuschließen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1982, Zl. 81/12/0041, vom 22. Februar 1995, Zl. 95/12/0031, und die dort weiters genannte Rechtsprechung).

Einer der im Gesetz ausdrücklich genannten

Kündigungsgründe - auf den die Behörde ihre Entscheidung gestützt hat - stellt pflichtwidriges Verhalten während des provisorischen Dienstverhältnisses dar.

In der Rechtsprechung wurden - einen gewissen Dienstbezug vorausgesetzt - bereits wesentlich geringfügigere Verfehlungen als die im Beschwerdefall unbestrittene für eine Kündigung als ausreichend betrachtet. So wurde beispielsweise die Kündigung eines provisorischen Gendarmeriebeamten, der in einem ihm zur Kenntnis gebrachten Sachverhalt keine Anzeige erstattet hatte und hiefür wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt verurteilt worden war, als rechtmäßig erkannt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1988, 88/12/0146). Ebenso wurde der Diebstahl von Nahrungsmitteln in einem S 5.000,-- nicht übersteigenden Wert durch einen Küchenarbeiter mit strafgerichtlicher Verurteilung nach § 127 StGB (Erkenntnis vom 11. Mai 1987, 86/12/0173) oder das Nichteinhalten der Pflicht beim Überwachungsdienst (Ausrasten in vor dem Objekt geparktem Privat-PKW) durch einen provisorischen Polizisten (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1986, 86/12/0051) als Kündigungsgrund des pflichtwidrigen Verhaltens gewertet.

Zwar stellt nicht jede in einem provisorischen Dienstverhältnis unterlaufene Verletzung von Dienstpflichten schon den Kündigungsgrund des "pflichtwidrigen Verhaltens" dar. Dies wird insbesondere dann nicht der Fall sein, wenn die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt unterlaufene Pflichtverletzung geringfügig ist, auf bloßer Nachlässigkeit beruht, einmaliger Art war und keine Wiederholung besorgen läßt, also insgesamt in ihrer Schwere nach in keinem Verhältnis zur Schwere der Ahndung in Form einer Kündigung steht (vgl. insbesondere Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1987, Zl. 86/12/0168).

Daß diese letztgenannten Voraussetzungen im Beschwerdefall nicht gegeben sind, bedarf keiner weiteren Erörterung. Im Beschwerdefall geht der Verwaltungsgerichtshof - im Ergebnis in Übereinstimmung mit der belangten Behörde und auch mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin selbst - davon aus, daß kein die Zurechnungsfähigkeit in Frage stellender Schuldausschließungsgrund vorliegt. Das Gutachten spricht nach Darstellung der besonderen Probleme der Partnerbeziehung der Beschwerdeführerin und der Verabreichung von Medikamenten (welche?) vor der Tat von einer herabgesetzten Kritikfähigkeit der Beschwerdeführerin, meint aber, daß die Willensbildung noch minimal vorhanden gewesen sei. Die Beschwerdeführerin selbst wendet sich in ihrem Vorbringen nur dagegen, daß ihr aus ihrem Verhalten ein "gravierender Schuldvorwurf" gemacht wird. Ein solcher gravierender Schuldvorwurf ist aber für die Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses aus dem Grund eines pflichtwidrigen Verhaltens nicht die Voraussetzung. Die auch hinsichtlich der Schuld maßgebende Bedeutungsgrenze wird im bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1987, 86/12/0168, aufgezeigt und ist im Beschwerdefall zweifellos überschritten.

Ein pflichtwidriges Verhalten als Kündigungsgrund kann auch durch eine einmalige Handlung des Beamten verwirklicht werden. Weder aus dem betreffenden Gesetzestext noch aus der sprachlichen Deutung des Wortes "Verhalten" ergibt sich, daß dasselbe nur auf zeitlich andauernde oder wiederkehrende Handlungen anzuwenden ist. Auch eine einmalige Tat des Beamten kann derart schwerwiegend sein, daß durch sie der Kündigungsgrund des pflichtwidrigen Verhaltens verwirklicht wird, gleichgültig ob die Gründe die zur Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses führen, eine längere oder kürzere Zeit zurückliegen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1992, 91/12/0242, und vom 29. November 1993, 93/12/0291 mit weiteren Hinweisen).

Eine Kündigung wegen pflichtwidrigen Verhaltens setzt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht die vorherige Durchführung eines Disziplinar- oder Strafverfahrens voraus (vgl. in diesem Sinne Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 1956, Zl. 2403/53, vom 9. Mai 1983, 82/12/0133, vom 27. Oktober 1986, 85/12/0230, vom 29. November 1993, 93/12/0291, und vom 18. September 1996, 96/12/0235).

Aber selbst wenn die der Beschwerdeführerin angelastete und von ihr eingestandene Tat wegen "praktisch fehlender Diskretions- und Dispositionsfähigkeit" im Hinblick auf ihre besondere Beziehung zu ihrem Lebensgefährten bzw. den damit zusammenhängenden Umständen, und zwar bei der Vorbereitung und bei der Tatausführung, mangels jeglicher Schuld nicht als pflichtwidriges Verhalten gewertet werden könnte, folgt daraus im Beschwerdefall noch kein anderes Ergebnis. Das provisorische Dienstverhältnis dient nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dazu, die Eignung des Beamten für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1982, 81/12/0041, vom 22. Februar 1995, 95/12/0031, oder vom 28. Mai 1997, 97/12/0066). Das Verhalten der Beschwerdeführerin zeigt im Gesamtzusammenhang, bezogen auf ihre Verwendung als Lehrerin und die ihr dabei zukommende Vorbildfunktion gegenüber Kindern und Jugendlichen, daß sie diese Eignung nicht aufweist. Wie aus dem Ausdruck "insbesondere" im § 9 Abs. 4 LDG erhellt, ist die Aufzählung der Kündigungsgründe in der genannten Bestimmung keine ausschließliche (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juni 1980, Zl. 1900/779). Für die Berechtigung der Behörde zur Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin ist es daher unerheblich, ob das ihr angelastete Verhalten pflichtwidrig gewesen ist, ob dieses Verhalten allenfalls einem anderen in § 9 Abs. 4 LDG genannten Tatbestand zu unterstellen ist oder ob sie sich wegen eines sonst bedeutenden Mangels als nicht geeignet für das definitive Dienstverhältnis erweist.

Die behauptete Verletzung des Parteiengehörs ist - abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin nicht angegeben hat, was sie bei Einräumung des Parteiengehörs vorgebracht hätte (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1978, Slg. 9596/A u.v.a.) - schon deshalb nicht ergebnisrelevant, weil die sachverhaltsmäßige Grundlage für die Entscheidung der belangten Behörde durch die Angaben der Beschwerdeführerin selbst gedeckt ist.

Da bereits diese Überlegungen zeigen, daß die Beschwerde unbegründet ist, war sie - ohne weitere Kosten für die Beschwerdeführerin - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 7. Oktober 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998120278.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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