TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/16 G307 2219316-1

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Veröffentlicht am 16.07.2019
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Entscheidungsdatum

16.07.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2219316-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am

XXXX, StA.: Rumänien, vertreten durch RA XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2019,

Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (VEB) vom 16.11.2018 wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle XXXX (im Folgenden: BFA) von der in Aussicht genommenen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt und zugleich aufgefordert, Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und gesetzten Integrationsschritten binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens zu tätigen.

Eine Stellungnahme gab der BF hiezu nicht ab.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid, dem BF persönlich zugestellt am 03.04.2019, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein 2jähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der Rechtsvertretung (RV) des BF vom 23.04.2018, welche am 24.04.2018 bei der belangten Behörde eingebracht wurde. Darin wurde beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes angemessen herabzusetzen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Das BFA legte die Beschwerde und den dazugehörigen Verwaltungsakt dem BVwG am 23.05.2019 vor, wo diese am 27.05.2019 einlangte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen: 1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist rumänischer Staatsbürger und seit 15.10.2018 in Österreich gemeldet. Der Familienstand des BF ist ebenso unbekannt wie die Existenz von Obsorgepflichten. In Rumänien besuchte der BF jeweils 4 Jahre die Volks- und die Hauptschule.

1.2. Der BF war bis dato vom 12.11.2018 bis 16.11.2018, vom 12.12.2018 bis 21.12.2018 und vom 07.1.2019 bis 10.01.2019 bei XXXXGesellschaft mbH im Arbeitskräfteüberlassungsverhältnis tätig. Vom 11.03.2019 bis 31.05.2019 war er bei der XXXX Gesellschaft mbH und vom 24.06.2019 bis 04.07.2019 bei XXXX im Arbeiterdienstverhältnis beschäftigt, wobei er für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit rund € 1.320,00 brutto monatlich erhielt.

1.3. Der BF wurde vom Bezirksgericht XXXX unter XXXX, in Rechtskraft erwachsen am 18.02.2019, wegen des Vergehens des Diebstahls gemäß § 127 StGB zu einer auf 3 Jahre bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Dem BF wurde darin angelastet, er habe am 24.10.2018 in XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken gemeinsam mit einem anderen Täter Berechtigten der XXXX Gesellschaft mbH diverse Lebensmittel, Kosmetikartikel und eine Softshell-Jacke im Wert von insgesamt €

116,76 mit dem Vorsatz weggenommen, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Als mildernd wurden dabei das Geständnis und die Schadensgutmachung, als erschwerend kein Umstand gewertet.

1.4. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über irgendwelche gesellschaftlichen oder verwandtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet oder Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt. Ferner konnte nicht festgestellt werden, dass der BF an irgendwelchen Krankheiten leidet.

1.5. Schließlich konnte nicht festgestellt werden, ob der BF im Besitz von Vermögen ist oder Außenstände hat.

2. Beweiswürdigung

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Meldung und Schulausbildung getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem Vorbringen in der Beschwerde, dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) wie der von der Polizeiinspektion (PI) XXXX angefertigten Niederschrift.

Der BF legte einen auf seinen Namen lautenden rumänischen Personalausweis vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die Verurteilung folgt dem im Akt einliegenden Urteil des BG (und nicht wie im Bescheid festgehalten LG) XXXX.

Da der BF weder eine Stellungnahme vor dem BFA abgab noch im Rechtsmittel nähere Angaben zu allfälligen Schulden, Vermögen, Familienstand, Verwandten, Bindungen zu Österreich, Obsorgepflichten, Lebensmittelpunkt und Gesundheitszustand machte, konnte dahingehend nichts festgestellt werden.

Dass der BF arbeitsfähig ist, ergibt sich aus seiner bis zuletzt ausgeübten Beschäftigung.

Die bisherigen und die derzeit ausgeübte Erwerbstätigkeiten ergeben sich aus dem Inhalt des auf den Namen der BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges. Darin ist auch die Höhe des bisher bezogener Bruttolohnes angeführt.

Der BF legte keine Bescheinigungsmittel über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus vor, sodass dahingehend nichts festgestellt werden konnte. Außerdem wurde der Niederschrift in der PI XXXX ein Dolmetsch beigezogen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde stattzugeben, dies aus folgenden Gründen:

Für den BF, der aufgrund seiner rumänischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 1. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung, weil er sich durchgehend seit weniger als 10 Jahren in Österreich aufgehalten hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Bei der für den BF zu erstellenden Gefährdungsprognose steht dessen (einzige) Verurteilung wegen Diebstahls im Mittelpunkt der Betrachtung.

Der BF und sein Komplize stahlen bei der XXXX Gesellschaft mbH Lebensmittel und Kleidung im Gesamtwert von rund € 117,00. Der BF zeigte sich reuig und geständig und verwies zum Zeitpunkt seines Betretens auf seine schlechte finanzielle Lage. Die Verurteilung wurde ausschließlich bedingt ausgesprochen. Ferner war der BF bis dorthin strafrechtlich unbescholten und wurde ihm kein Erschwerungsgrund angelastet. Er geht immer wieder - wenn auch nicht durchgehend - Beschäftigungen nach und deckt damit augenscheinlich seinen Lebensunterhalt. Auch wenn sein Verhalten nicht gerechtfertigt war und nicht bagadellisiert werden soll, so ist doch zu beachten, dass es sich im untersten Segment der Verwerflichkeit von Vermögensdelikten bewegt und der BF aus Not gehandelt hat.

Im Ergebnis und vor dem Hintergrund der zu Beginn zitierten VwGH-Judikatur erweist sich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorliegend somit nicht als verhältnismäßig.

Im Lichte der in § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen ist zwar auf eine bis dato kurze Zeitspanne des Aufenthaltes im Bundesgebiet (seit 15.10.2018) und den fehlenden Nachweis von starken gesellschaftlichen, verwandtschaftlichen oder sprachlichen Bindungen im Bundesgebiet hinzuweisen. Da sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes schon dem Grunde nach als unzulässig erweist, war auf die Relation des Privat- und Familienlebens zu den öffentlichen Interessen nicht (mehr näher) einzugehen.

Wegen der untrennbaren Verbindung des § 18 Abs. 3 BFA-VG mit dem Bestand eines Aufenthaltsverbotes war der Bescheid auch dahingehend aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Behebung der Entscheidung, gekürzte Ausfertigung,
Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2219316.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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