TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/2 W272 2219736-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.2019
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Entscheidungsdatum

02.09.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W272 2219736-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die volljährige Verfahrenspartei (VP) ist nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger.

Die VP reiste unrechtmäßig über FRANKREICH und ITALIEN nach Österreich ein, stellte aber in keinem der beiden Staaten Anträge auf internationalen Schutz und den Antrag in Österreich am 01.04.2005 nur, weil er durch die Polizei betreten wurde.

Sie wurde binnen drei Wochen ab Asylantragstellung straffällig und binnen eines halben Jahres nach der Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe rückfällig. Sie schlug innerhalb eines halben Jahres auf freiem Fuß die Grundversorgung aus und lebt seit Oktober 2005 außerhalb von Haftanstalten im Verborgenen, um sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen; sie hat nur sporadisch Obdachlosenmeldeadressen.

Mit Bescheid vom 22.03.2006 erließ die Bundespolizeidirektion WIEN ein Rückkehrverbot wegen Straffälligkeit gegen die Verfahrenspartei.

Mit Bescheid vom 28.04.2006 wies das Bundesasylamt ihren Antrag auf internationalen Schutz ab und die Verfahrenspartei nach ALGERIEN aus. Das Berufungsverfahren wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mangels Mitwirkung der Verfahrenspartei am 31.10.2007 und vom Asylgerichtshof am 22.10.2008 und 03.06.2009 eingestellt. Die VP wirkte auf freiem Fuß an ihrem Asylverfahren nicht mit. Mit Erkenntnis vom 15.11.2010 gab der Asylgerichtshof ihrer Beschwerde gegen den Bescheid aus 2006 statt und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 09.02.2011 den Antrag erneut ab und wies die Verfahrenspartei nach ALGERIEN aus. Der Bescheid wurde ihr durch Hinterlegung zugestellt und erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Mit Urteil vom 09.12.2009 verurteilte sie das Landesgericht für Strafsachen GRAZ wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels, des Erwerbs und Besitzes von Suchgiften, einer Urkundenfälschung sowie Ladendiebstahls zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe, aus der sie am 02.09.2010 bedingt entlassen wurde. Unmittelbar nach der Haftentlassung reiste die VP nach FRANKREICH weiter und danach zurück in die SCHWEIZ, wo sie am 16.09.2010 unter einer anderen Identität einen Antrag auf internationalen Schutz stellte; die Verfahrenspartei wurde nach ihrem stornierten Abschiebetermin am 24.03.2011, am 24.05.2011 nach Österreich überstellt, über sie wurde die Schubhaft verhängt, die wegen Haftunfähigkeit infolge Hungerstreiks am 30.05.2011 beendet wurde.

Die VP stellte am 24.05.2011 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 25.06.2011 wegen entschiedener Sache zurückwies; unter einem wies es die VP nach ALGERIEN aus. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Bereits am 22.06.2011 stellte die VP in der SCHWEIZ einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und reiste nach DÄNEMARK weiter, wo sie am 25.10.2011 einen Asylantrag stellte, nachdem sie polizeilich betreten wurde. Sie reiste von DÄNEMARK nach NORWEGEN weiter, wo sie am 06.02.2012 einen Asylantrag stellte, wieder unter anderer Identität. Die Überstellung von NORWEGEN nach Österreich am 01.03.2012 sowie die Überstellung aus der SCHWEIZ im MAI 2012 wurden storniert, die VP wurde am 05.12.2012 von der SCHWEIZ nach Österreich überstellt und in Schubhaft genommen, aus der sie am 22.01.2013 entlassen wurde.

Am 25.02.2013 stellte sie ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz in der SCHWEIZ. Die Verfahrenspartei wurde am 20.01.2015 von der SCHWEIZ nach Österreich überstellt, kehrte aber umgehend in die SCHWEIZ zurück; am 10.06.2015 wurde sie erneut aus der SCHWEIZ nach Österreich überstellt.

Am 10.06.2015 stellte sie ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und war bis zu seiner Festnahme am 28.12.2015 unbekannten Aufenthalts. Mit Urteil des Landesgerichts SALZBURG vom 25.01.2016 wurde die Verfahrenspartei wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von ZWÖLF Monaten verurteilt. Das Oberlandesgericht LINZ gab ihrer Berufung mit Beschluss vom 29.02.2016 nicht Folge. Dieses stellte fest, dass eine Reduktion der Strafhöhe wie auch eine teilbedingte Strafnachsicht aus spezialpräventiver Sicht ausgeschlossen waren, weil die Verfahrenspartei selbst das bereits verspürte Haftübel nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten konnte. Sie wurde zusätzlich mit Urteil des Bezirksgerichts GRAZ-OST wegen versuchten Diebstahls am 21.12.2015 verurteilt, wobei keine Zusatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.

Mit Bescheid vom 13.05.2016, der Verfahrenspartei zugestellt am 18.05.2016, wies das Bundesamt den dritten Asylantrag ab, erteilte der Verfahrenspartei keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach ALGERIEN zulässig ist, erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab und erließ ein 10jähriges Aufenthaltsverbot gegen sie. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Am 01.08.2016 stellte die Verfahrenspartei ihren vierten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid vom 14.09.2016, der Verfahrenspartei zugestellt am selben Tag, wies das Bundesamt den vierten Asylantrag ab, erteilte der Verfahrenspartei keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach ALGERIEN zulässig ist, erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab und erließ ein 10jähriges Aufenthaltsverbot gegen sie. Der Bescheid erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Alle dem ersten Asylverfahren nachfolgenden Asylverfahren wurden ausschließlich im Stande der Haft geführt. Die Verfahrenspartei wurde am 09.11.2016 aus der im Anschluss an die Strafhaft verhängten Schubhaft entlassen, nachdem sie in den Hungerstreik getreten war, weil die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht absehbar war.

Sie war bis zur Festnahme am 01.06.2018 unbekannten Aufenthalts, meldete sich ab dem 24.01.2017 auch im Rahmen der Bewährungshilfe nicht mehr bei der Polizei und war von der Staatsanwaltschaft seit FEBRUAR 2017 zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben; sie entzog sich auch ihrem Bewährungshelfer beharrlich, um nicht gefunden zu werden. Seit SEPTEMBER 2017 verfügte sie über einen gefälschten ITALIENISCHEN Personalausweis. Das Landesgericht SALZBURG widerrief mit Beschluss vom 07.08.2017 die bedingte Strafnachsicht; mit Urteil vom 19.09.2018 verurteilte sie das Bezirksgericht KLAGENFURT wegen der Fälschung einer besonders geschützten Urkunde zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten. Im Anschluss an die Strafhaft verbüßte die VP eine Ersatzfreiheitsstrafe für Verwaltungsstrafen.

Am 02.06.2018 wurde die VP durch einen Organwalter des Bundesamtes befragt. Dabei gab sie an, dass sie gesund sei, in Österreich über keinen gesicherten Wohnsitz verfüge, weder einer legalen Arbeit nachgehe noch persönliche Beziehungen oder familiäre Anbindungen habe, noch über ausreichende Existenzmittel verfüge.

Mit Schreiben 20.08.2018 wurde die VP die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt und somit Parteiengehör gewährt. Sie hatte die Möglichkeit zur beabsichtigten Erlassung eines ordentlichen Schubhaftbescheides gem. § 76 FPG innerhalb von 10 Tagen Stellung zu nehmen. Dieser Möglichkeit kam die VP nicht nach.

Mit ordentlichen Bescheid vom 09.01.2019 wurde über die VP gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung nach Haftentlassung am 12.02.2019 angeordnet der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Seit 12.02.2019 wird die Verfahrenspartei in Schubhaft angehalten, die seit 20.02.2019 im Polizeianhaltezentrum HERNALSER GÜRTEL vollzogen wird.

In der Schubhaft befand sich die VP von 14.02.2019 - 21.02.2019, 14.03.2019 - 19.03.2019 und 09.04.2019 - 13.04.2019 im Hungerstreik. Am 18.07.2019 trat sie erneut in den Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft freizupressen, welche sie jedoch am 25.08.2019 freiwillig beendete.

Ein Heimreisezertifikatsverfahren wurde bereits vor der Verhängung der Schubhaft geführt; am 26.02.2019 wurde ein neuer Antrag gestellt, es wird regelmäßig urgiert. Vor diesem Hintergrund ist trotz der negativen Verbalnote vom 07.01.2019 mit hinreichender Sicherheit innerhalb der Schubhafthöchstdauer mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch ALGERIEN zu rechnen, auch wenn die Botschaft im AUGUST auf Urlaub ist, da der Identifizierungsprozess in ALGERIEN läuft.

Parallel führt die belangte Behörde seit 01.02.2019 auch ein Heimreisezertifikatsverfahren mit MAROKKO, in dem bereits zweimal schriftlich und am 18.07.2019 persönlich urgiert wurde. Die Botschaft ist bis Ende August im Urlaub, der Prozess läuft jedoch weiter.

Es erfolgten die amtswegigen Schubhaftprüfung am 11.03.2019, 09.04.2019 und 07.05.2019 durch das BFA, in denen festgestellt wurde, dass die Schubhaftgründe sowie die Rechtmäßigkeit der Schubhaft unverändert vorliegen.

Mit Erkenntnissen des BVwG vom 11.06.2019, 09.07.2019 (nach mündlicher Verhandlung) und 06.08.2019 (nach mündlicher Verhandlung) wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die zitierten Feststellungen des BFA werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihren Stellungnahmen anlässlich der Aktenvorlage getätigten Ausführungen betreffend Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, welche durch das BMI nochmals bestätig wurde.

Auch werden die in der zweiten und dritten Schubhaftsüberprüfung durch das BVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung übernommen.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Betreffend die Verfahrenspartei liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vom 14.09.2016 hinsichtlich Algerien vor.

Die VP ist seit 12.02.2019 in Schubhaft

Die Verfahrenspartei ist nicht vertrauenswürdig, da sie sich im Verlauf ihres Asylverfahrens und der Anhaltung in Schubhaft als nicht kooperativ und nicht vertrauenswürdig erwiesen hat. So tauchte sie mehrmals im Laufe des Asylverfahrens unter und versuchte immer wieder sich im Ausland festzusetzen.

Die VP wurde im Bundesgebiet sechsmal straffällig und zu teil- und unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt und war mehrmals in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Dem ihr gewährten Parteiengehör zur beabsichtigten Schubhaftverhängung im Anschluss an ihre Strafhaft kam sie nicht nach. Darüber hinaus war die VP während ihrer Anhaltung in Schubhaft öfters im Hungerstreik, beendete diese jedoch jeweils freiwillig. Die Verfahrenspartei verfügt im Bundesgebiet weder über einen ordentlichen Wohnsitz, noch über familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte. Sie verfügte in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet über keine aufrechte Meldeadresse und war ansonsten in Justizanstalten aufhältig.

Sie stellte mehrmals einen Antrag auf internationalen Schutz, welche jedes Mal abgewiesen wurde. Die VP kam darüber hinaus der Aufforderung zur Stellungnahme betreffend die beabsichtigte Schubhaftverhängung nicht nach.

Die VP hat auch während der Bewährungshilfe sich dieser entzogen und damit den Behörden.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

Die algerische Staatsangehörigkeit der VP wird derzeit - in Hinblick auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikats - von der algerischen Behörde geprüft. Die VP hat nun erst kürzlich ein neues (verbessertes) FABEL-Dokument erstellt und es ist mit einer Entscheidung, nach Ende des Urlaubes und damit mit Ausstellung eines HRZ ohne weitere Verzögerung zu rechnen. Parallel dazu wurde auch bei den marokkanischen Behörden ein HRZ beantragt, da die VP nicht mitwirkte.

Die Bemühungen der Behörde zur Erlangung des HRZ sind aktenkundig und glaubhaft, ebenso die Urgenzen. Die Verzögerung aufgrund des Verhaltens der Verfahrenspartei können der Behörde nicht zugerechnet werden.

Die Abschiebung erscheint somit zeitnah effektuierbar. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach heutigem Wissensstand durchaus möglich und realistisch erscheint.

Im Hinblick auf das eingeleitete Abschiebungsverfahrens ist begründet zu erwarten, dass die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt.

Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

Die Verfahrenspartei hat keine Verwandten im Bundesgebiet, ist in Österreich weder legal erwerbstätig noch sozialversichert. Sie verfügt kaum über Barmittel und brachte bis vor Kurzem keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Sie ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

Die Verfahrenspartei ist nicht bereit, das österreichische Bundesgebiet freiwillig zu verlassen und ist auch sonst nicht willig zur Kooperation mit den Behörden. Im Falle der Verfahrenspartei liegt daher Fluchtgefahr vor.

Die VP ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere den zitierten Vorkenntnissen und den letzten Erhebungen. Auch die Entscheidungsgründe der Vorerkenntnisse werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren - insbesondere den (mit Dokumenten belegten) Ausführungen des Bundesamtes zum gegenwärtig laufenden HRZ-Verfahren mit Algerien und Marokko in der Stellungnahme vom 26.08.2019.

Die Feststellungen zum Verhalten des Beschwerdeführers in den Asylverfahren ergeben sich aus der Aktenlage.

Die strafrechtlichen Verurteilungen sind einer rezenten Abfrage im Strafregister entnommen.

Die Angaben zur Schubhaftprüfung durch das Bundesamt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Dass der Beschwerdeführer der Aufforderung zur Stellungnahme betreffend die beabsichtigte Schubhaftverhängung nicht nachkam, beruht aus dem diesbezüglichen Schreiben des Bundesamtes vom 26.08.2019 und auf dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates. Der Beschwerdeführer hat zudem keinen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Hinsichtlich der Beurteilung des Privatlebens in Österreich sind keine Sachverhaltselemente hinzugekommen, die Vorlage der Stellungnahme gibt die Antwort der VP vom 02.06.2018 wieder.

Der Grund für die Länge der Anhaltedauer liegt in der von der VP bewusst herbeigeführten Notwendigkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikats. Hätte der Beschwerdeführer nicht seine identitätsbezeugenden Dokumente im Herkunftsstaat zurückgelassen und hätte er von Beginn an seine wahre Identität bekannt gegeben und die Dokumente vorgelegt, hätte die Schubhaft auf wenige Wochen beschränkt werden können. Diese Umstände sind jedenfalls dem Bundesamt nicht vorzuwerfen und trägt der Beschwerdeführer die Verantwortung dafür. Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht und hat umgehend nach Erhalt der Dokumente diese an die marokkanische Behörde vorgelegt und urgiert.

Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage.

Das Barvermögen des Beschwerdeführers ist in der Anhaltedatei ersichtlich und mit 525,61 EURO festgelegt.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder,

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Abs. 2a:

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Gegen die Verfahrenspartei besteht eine gültige Rückkehrentscheidung bzw. ein zehnjähriges Einreiseverbot, eine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Diese Entscheidung wurde mit 30.09.2016 rechtskräftig. Daher ist der Zweck der Schubhaft zur Sicherstellung der Abschiebung gegeben.

§ 76 Abs. 3 FPG lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die VP hat mehrmals auch während aufrechter Schubhaft/Strafhaft einen Antrag auf

internationalen Schutz gestellt, dies nicht nur in Österreich, sondern auch in der Schweiz und hat somit klar dargelegt, immer wieder das österreichische Bundesgebiet während eines aufrechten Asylverfahrens verlassen.

Die VP ist während des Asylverfahrens und nach Abschluss des Asylverfahrens, aber auch nach Schubhaftnahme und Freilassung aufgrund Haftunfähigkeit, in Österreich untergetaucht. Auch hat sie versucht durch gefälschte italienische Dokumente ihre Identität zu verschleiern und verwendete zahlreiche ALIAS-Identitäten.

Sie besitzt keine familiären Beziehungen in Österreich, geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, besitzt keinen gesicherten Wohnsitz oder ausreichende Existenzmitteln, sodass von einer Fluchtgefahr ausgegangen wird. Die VP wird sich auf freiem Fuß, dem Verfahren der Abschiebung durch Untertauchen oder Weiterreise in einen anderen europäischen Staat entziehen.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

Aufgrund seines bisherigen Verhaltens, insbesondere der Nichtmeldung eines Wohnsitzes in Österreich, aber auch aufgrund der Tatsache, dass die VP während der Bewährungshilfe, diese nicht in Anspruch genommen hat und den österreichischen Behörden nicht Folge geleistet hat und auffindbar war, geht das Gericht davon aus, dass gelindere Mitteln nicht ausreichen. Die VP ist jedoch auch unzuverlässig, zumal sie gezeigt hat, dass sie sich der österreichischen Rechtsordnung nicht unterziehen will und dadurch auch sechs strafrechtliche Verurteilungen aufweist.

Die VP wurde mehrmals straffällig, sodass auch hier ein öffentliches Interesse daran besteht, dass es zu einer baldigen Durchsetzung der Abschiebung kommt und daher dieses Interesse dem Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt. So hat die VP nicht nur Vergehen des Diebstahles, sondern wurde auch wegen unerlaubten Umgang mit Suchtmitteln und Urkundenfälschungen verurteilt. Gerade der Umgang mit Suchtmittel stellt eine besonders schädliche Neigung der VP dar und ein öffentliches Interesse daran, dass die VP abgeschoben wird.

§ 80 FPG lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich infrage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zugrunde, dass die infrage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Die Verfahrenspartei hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund - dass bei den Herkunftsstaat-Behörden Überprüfungen zur Identität des Beschwerdeführers anhängig sind / von der Realisierbarkeit der Abschiebung ist immer noch auszugehen - auch verhältnismäßig.

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakte zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Fünfmonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Verwaltungsgerichthof führte in seiner Entscheidung vom 30.08.2018 (Ra 2018/21/0111) Folgendes aus: "In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG 2014 - einen neuen Hafttitel dar. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen. Ein Erkenntnis nach § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 steht daher einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG 2014, mit der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vor oder nach der Erlassung des Erkenntnisses liegenden Haftzeiten begehrt wird, nicht entgegen."

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben. Insbesondere zu berücksichtigen ist, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

Im Ermittlungsverfahren ist hervorgekommen, dass die VP weder selbsterhaltungsfähig ist, noch über familiäre, berufliche oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Sie war innerhalb ihres Aufenthaltes in Österreich behördlich nicht gemeldet und verbrachte den Großteil ihrer Aufenthaltsdauer in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass berücksichtigungswürdige soziale Bindungen in Österreich bisher gar nicht entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

In diesem Zusammenhang war auch die Straffälligkeit der Verfahrenspartei zu berücksichtigen und § 76 Abs. 2a FPG anzuwenden:

"(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt."

Die Verfahrenspartei war mehrmals straffällig und für eine längere Zeit in Österreich untergetaucht.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass die Verfahrenspartei aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal er auch diesbezüglich bei Bedarf einer medizinischen Kontrolle unterzogen wird.

Die Verfahrenspartei hätte es in der Hand gehabt, ihre wahre Identität sogleich bekannt zu geben und nicht immer wieder andere Identitätsdokumente vorzulegen oder ALIAS zu verwenden. Das Bundesamt hat unverzüglich die in Frage kommenden Botschaften kontaktiert und um Ausstellung eines HRZ ersucht. Das Bundesamt ugiert auch immer wieder. Nach Ende des Urlaubes der Botschaften ist mit einer Effektuierbarkeit der Abschiebung zeitnah zur rechnen und daher innerhalb der Frist einer Schubhaft.

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine - die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft - ändernden Umstände erkennen. Mit der Durchführung der Abschiebung - innerhalb der Schubhafthöchstdauer - ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu rechnen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage als geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt II. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, öffentliche
Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
Strafhaft, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W272.2219736.4.00

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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