Entscheidungsdatum
05.09.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W272 2222965-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX Staatsangehörigkeit Russische Föderation, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 13.08.2019, Zahl XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.08.2019 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft ab 26.08.2019 für rechtmäßig erklärt
II. Gem. § 22 a Abs. 3 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
III. Gem. § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 426, 20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährige Beschwerdeführer, ein russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, reiste am 16.11.2004 gemeinsam mit seinem Bruder illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 17.11.2004 einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG 1997 (idF BGBl I Nr. 101/2003).
1.2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 18.11.2004 sowie am 13.06.2005 wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und gab diesbezüglich im Wesentlichen an, dass er und sein Bruder im Heimatland zweimal festgenommen worden seien, woraufhin sie aus Angst getötet zu werden ihren Herkunftsstaat verlassen hätten.
1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.03.2006, Zl. 04 23.336-BAS, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Russland ausgewiesen.
1.4. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 11.04.2006 im Wege seines gesetzlichen Vertreters fristgerecht Berufung, mit welcher der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft wurde.
1.5. Mit (Berufungs-)bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 28.12.2007, Zahl: 300.945-C1/5E-XII/37/06, wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 31.03.2006 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. In Erledigung der Berufung gegen Spruchpunkt II. des genannten Bescheides wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Abs. 1 und 2 FPG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation nicht zulässig ist und wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 28.12.2008 erteilt (Spruchpunkt III.).
1.6. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28.05.2009, Zl. 2008/19/0455-8, ab.
2.1. Im Zuge des bisherigen Aufenthaltes in Österreich wurde der Beschwerdeführer wegen folgender Strafdelikte angezeigt:
PI Vöcklabruck vom 06.10.2007, ZI. B1/18919/2007, wegen Raufhandels;
PI Vöcklabruck vom 12.11 .2007, ZI. B1I32044/2007, wegen Körperverletzung;
PI Lenzing vom 13.09.2008, ZI. 86/25733/2008, wegen Hehlerei;
PI Neunkirchen vom 19.12.2008, ZI. B5/16807/2008, wegen räuberischen Diebstahls;
PI Lenzing vom 13.01.2009, ZI. B5/34384/2008, wegen gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstählen und
PI Thalheim vom 03.02.2009, ZI. 85/1353212008, erneut wegen gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstählen
2.2. Der Beschwerdeführer wies zum damaligen Zeitpunkt folgende rechtskräftige Verurteilungen auf:
Landesgericht Wels, GZ. 24 HV 114/2007, vom 24.04.2008 wegen §§ 91 Abs. 2 erster Fall und 83 Abs. 1 StGB, Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe;
Bezirksgericht Vöcklabruck, GZ. 4 U 447/2007, vom 08.05.2008 wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je € 2 sowie
Landesgericht Wels, GZ. 15 HV 7/2009, vom 30.03.2009 wegen §§ 127, 129 Abs. 1, 130 vierter Fall, 164 Abs. 2, 299 Abs. 1, iVm § 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon fünf Monate unbedingt
Aufgrund dieser Verurteilungen leitete das Bundesasylamt ein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 9 AsylG 2005 ein.
2.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.11.2009, ZI. 09 07.479-BAS, welcher am 17.11.2009 in Rechtskraft erwuchs, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation für zulässig erklärt.
In der Folge wurde gegen den Beschwerdeführer seitens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 30.12.2009 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot unter der Zahl Sich40-33009-2005 erlassen.
3.1. Nach seiner Haftentlassung reiste der Beschwerdeführer im Juni 2009 aus und hielt sich laut eigenen Angaben in Tschetschenien, in Roschnytschu, in Inguschetien und in Moskau bei einem Onkel auf, bevor er wieder illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am 23.02.2011 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
3.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.07.2012, Zl. 11 01.863-BAS, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 und 8 AsylG erneut abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 AsylG in die Russische Föderation ausgewiesen.
3.3. Am 13.08.2012 erhob der Beschwerdeführer durch seinen damaligen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde und wurde der gegenständliche Akt am 21.08.2012 beim Asylgerichtshof in Vorlage gebracht. Da der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers dem Verbesserungsauftrag des Asylgerichtshofes vom 23.08.2012 (Nachbringung der fehlenden Unterschrift auf der Beschwerde) innerhalb der gesetzten zweiwöchigen Frist nicht nachgekommen ist, wurde das Beschwerdeverfahren eingestellt und mittels Verfahrensanordnung vom 29.11.2012 festgehalten, dass demzufolge die eingebrachte Beschwerde gemäß § 13 Abs. 4 AVG als zurückgezogen gilt.
Sohin erwuchs der Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.07.2012, Zl. 11 01.863-BAS, in Rechtskraft.
4.1. Während seines nunmehrigen Aufenthalts in Österreich wurde der Beschwerdeführer wegen folgender Delikte angezeigt:
PI Linz Nietzschestraße vom 30.01.2012, Zl. B6/55617/2011/1124, wegen Diebstahls;
SPK Linz vom 08.03.2012, Zl. B5/8724/2012/1124, wegen versuchten Raubes;
SPK Linz vom 20.06.2012, Zl. B6/4023106/2012/3560, wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz und
LKA OÖ vom 03.07.2012, Zl. B5/18280/2012/1337, wegen schweren Raubes
4.2. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Linz am 16.10.2012, GZ. 25 Hv 65/12i, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Raubes gemäß §§ 142 Abs. 1 und 143 zweiter Fall, wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
Dieser Verurteilung liegt zu Grunde, dass der Beschwerdeführer mit vier Komplizen in wechselseitiger Beteiligung in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken teilweise unter Verwendung einer Waffe mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anderen Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt hat bzw. wegzunehmen oder abzunötigen versucht hat, sich oder einen Dritten durch Zueignung dieser Sachen unrechtmäßig zu bereichern.
Einer gegen dieses Urteil erhobenen Berufung hat das Oberlandesgericht Linz keine Folge gegeben (vgl. OLG Linz vom 12.04.2013, GZ. 8 Bs 52/13y), sodass das Urteil des Landesgericht Linz vom 16.10.2012 in Rechtskraft erwuchs.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit 31.05.2012 durchgehend in Untersuchungs- bzw. Strafhaft und anschließender Schubhaft.
4.3. In Strafhaft befindlich wurde der Beschwerdeführer am 29.07.2015 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Russisch einvernommen, wobei er eingangs angab, dass er an der Einvernahme kein Interesse habe. Im Zuge der in der Einvernahme gestellten Fragen, antwortete der Beschwerdeführer lediglich auf die Frage, ob er gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände habe, und gab an, dass er glaube, der Leiter der Amtshandlung sei ein FSB-Mann. Die in der Folge gestellten Fragen wurden seitens des Beschwerdeführers nicht beantwortet. Ferner nahm er weder zu den Vorhalten Stellung noch erstattete er ein Vorbringen nach wörtlicher Rückübersetzung. Die Unterschrift unter die Niederschrift des Einvernahmeprotokolls wurde vom Beschwerdeführer verweigert (vgl. hierzu AS 41, AS 55).
Im Zuge dieser Einvernahme wurden dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen des Bundesamtes zur Situation in der Russischen Föderation und in Tschetschenien übergeben und ihm eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme ist in der Folge nicht eingelangt.
5. Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2015 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt III. gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt. Ferner wurde unter Spruchpunkt IV. dieses Bescheides gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
6. Mit Erkenntnis des BVwG vom 17.08.2016 wurde die Beschwerde gegen den oa. Bescheid abgewiesen, wobei der BF von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme vom 29.06.2016 keinen Gebrauch macht. Der BF brachte keine Rechtsmittel ein, sodass die Entscheidung rechtskräftig wurde.
7. Während der Anhaltung in Strafhaft wurde der BF rechtskräftig verurteilt:
BG Graz-West, 007 U 123/2016k vom 20.10.2016 RK 25.10.2016 wegen § 83 (1) StGB, zu Freiheitsstrafe 6 Monate, Datum der (letzten) Tat 01.07.2016
BG Schärding 001 U180/2016f vom 21.11.2016 RK 24.11.2016 wegen § 83
(1) StGB, zu Freiheitsstrafe 2 Monate, Datum der (letzten) Tat 04.05.2016
LG F Strafsachen Graz 010 HV 74/2017m vom 05.12.2017 RK 05.12.2017 wegen § 15 iVm § 83 (1) StGB, zu Freiheitsstrafe 3 Monate, Datum der (letzten) Tat 21.06.2017
LG Krems a.d.Donau 038 HV 12/2018g vom 09.04.2018 RK 21.08.2018, zu Freiheitstrafe 15 Monate, Zusatzstrafe gem. §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf LG f. Strafs. Graz 010HV 74/2017m RK 05.12.2017, Datum der (letzten) Tat 22.11.2017, Vollzugsdatum 26.08.2019
8. Mit Parteiengehör vom 31.07.2019 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtig ist, ihn nach Strafhaft, zur Sicherung der Abschiebung, in Schubhaft zu nehmen. Der BF gab hiezu keine Stellungnahme ab.
9. Mit Bescheid vom 13.08.2019 wurde gegen den BF gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Verwaltungsbehörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der BF sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung iVm mit einem unbefristeten Einreiseverbot, rechtskräftig mit 22.08.2016 besteht. Dem BF wurden mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.11.2009 der subsidiäre Schutz aberkannt und gleichzeitig die Ausweisung für zulässig erachtet. Der Bescheid erwuchs am 17.11.2009 in Rechtskraft. Am 30.12.2009 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der BF verließ Österreich, kehrte jedoch im Februar 2011 wieder nach Österreich zurück und stellte erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde rechtskräftig (06.10.2012) negativ entschieden und die Ausweisung für zulässig erachtet. Mit Erkenntnis vom 17.08.2016, nunmehr rechtskräftig durch das BVwG die Beschwerde abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung iVm. einem unbefristeten Einreisverbot, erlassen. Der BF wurde achtmal rechtskräftig verurteilt, darunter wegen Raufhandels, Körperverletzung, Hehlerei, räuberischer Diebstahl, gewerbsmäßiger Diebstahl, teils versuchten und teils vollendeten schweren Raubes. Seine letzte Haftstrafe wurde in der Höhe von 8 Jahren unbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen. Auch während der Haft wurden der BF wegen Körperverletzung, gefährlicher Drohung und Widerstand gegen die Staatsgewalt verurteilt. Der BF war seit 31.05.2012 bis 26.08.2019 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Mit 31.07.2019 wurde dem BF ein Parteiengehör übermittelt, in welchem mitgeteilt wurde, dass er Inschubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Ende der Gerichtshaft genommen wird. Der BF gab hiezu keine Stellungnahme ab. Der BF besitzt zwar familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich durch seine Mutter und seinem Bruder, diese sind jedoch nur schwach ausgeprägt.
Die Anhaltung in Schubhaft sei verhältnismäßig und die Erlangung eines HRZ wurde eingeleitet. Der BF ist haftfähig. Da der BF keinen Aufenthaltstitel hat, während eines aufrechten Aufenthaltsverbotes eingereist ist, straffällig wurde, keine Meldeadresse hat und nur wenige familiäre oder soziale Kontakte im Bundesgebiet hat, keiner legalen Beschäftigung nachgeht, geringe Barmittel und sich nicht der österreichischen Rechtsordnung unterwirft sei die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhältnis- und rechtmäßig. Der Behörde waren zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft keine Gründe bekannt, welche gegen die Verhältnismäßigkeit spricht. Der BF war haftfähig.
10. Gegen diesen Bescheid brachte der BF vertreten durch die Diakonie das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Es wurde vorgebracht, dass die Behörde das Recht auf Parteiengehör verletzt habe, die Schubhaft nicht notwendig sei und unverhältnismäßig, zumal die Behörde davon wusste, dass der BF in Haft ist und sie daher rechtzeitig agieren hätte können umso die Abschiebung durchzuführen und den BF nicht solange in Schubhaft halten müsste. Es sei daher nicht auf die kürzest mögliche Schubhaufdauer hingewirkt worden. Auch hätte der BF ein gelinderes Mittel angenommen, zumal er Familie in Österreich hat, insbesondere seinen Bruder, wo der BF Unterkunft nehmen könne und auf die Abschiebung warten würde und für die Behörden greifbar wäre. Eventuell würde er auch in einer allfällig angeordneten Unterkunft in Anspruch nehmen und sich periodisch melden. Sodass insgesamt die Inschubhaftnahme nicht verhältnismäßig ist und eine gelinderes Mittel anwendbar sei, um das Ziel zu erreichen. Weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Kosten für den Aufwand beantragt.
11. Am 04.09.2019 erfolgte eine mündliche Verhandlung unter Anhörung eines Zeugen:
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der achtmal strafrechtlich verurteilte Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Der BF spricht Deutsch, Tschetschenisch und Russisch.
Die BF ist nicht verheiratet und hat eine Mutter und einen Bruder in Österreich.
Der BF reiste zunächst mit seinem Bruder in Österreich illegal ein und stellte 17.11.2004 einen Asylantrag. Der BF erhielt eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.12.2008.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.11.2009, rechtskräftig am 17.11.2009 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und die Ausweisung in die Russische Föderation für zulässig erklärt.
Der BF verließ das österreichische Staatsgebiet und war ua. in Frankreich und Deutschland, dadurch versuchte er den Aufenthalt in Russland zu umgehen.
Durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wurde am 30.12.2009 gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der BF wies drei rechtskräftige Verurteilungen wegen Körperverletzung, Raufhandel, Diebstahl, Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen wie im Verfahrensgang festgehalten auf.
Der BF reiste nach Österreich wieder ein und stellte am 23.02.2011 wiederum einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die Anträge wurden rechtskräftig abgewiesen und mit Erkenntnis XXXX vom 17.08.2016 eine Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, eines unbefristeten Einreiseverbotes und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen und rechtskräftig.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz am 16.10.2012, wie im Verfahrensgang festgehalten, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Raubes und des Vergehens der Körperverletzung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Der BF war seit 31.05.2012 bis zur Schubhaft in Straft bzw. Untersuchungshaft.
Dem BF wurde ein Parteiengehör zur Anordnung einer Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung übermittelt. Der BF machte davon keinen Gebrauch.
Der BF versuchte in den Asylverfahren durch Nichtteilnahme am Parteiengehör, die Verfahren zu verzögern.
Der BF ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.
Es besteht ein Heimreisezertifikat für den BF und der Flug in die Russische Föderation ist für den 19.10.2019 gebucht. Die Behörde hat versucht die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten.
Der BF hat nur eine schwache familiäre Bindung ihn Österreich.
Der BF verfügt über keinen ordentlichen Wohnsitz, keine Geldmittel.
Mit gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes verhängte das Bundesamt über die Beschwerdeführerin die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung
Der Beschwerdeführer hat keine engen soziale Kontakte in Wien.
Der BF reiste trotz aufrechten Aufenthaltsverbot in Österreich ein.
Es besteht Fluchtgefahr und aufgrund der geringen sozialen und familiären Bindung in Österreich, dem nichtvorhandenen Wohnsitz, geringer Barmittel, und dem laufenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung keine Möglichkeit der Anordnung von gelinderen Mittel. Die Schubhaft und die weitere Anhaltung in Schubhaft ist zum Zeitpunkt des Bescheides und zum Entscheidungszeitpunkt auch verhältnismäßig. Der BF könnte zwar Unterkunft bei seinem Bruder beziehen, dies gewährleistet jedoch nicht, dass er sich dort aufhalten wird.
Der BF ist gesund und haftfähig. Der BF war in Hungerstreik um die Schubhaft zu verhindern.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren ergeben sich aus der Aktenlage und der mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Verfahren.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorliegenden Aktes und seinen stringenten Angaben in den Vorverfahren fest. Die Feststellungen über seine Familie ergibt sich aus den glaubhaften Angaben (Seite 5 und 6 des Verhandlungsprotokolls). Die beherrschten Sprachen ergeben sich aus der Verhandlung und das Gericht konnte sich selbst davon überzeugen, der BF antwortete zu meist in Deutsch und sprach mit seinem Bruder russisch und tschetschenisch.
Die Feststellungen zur Straffälligkeit, der polizeilichen Anzeigen und der Anklageerhebung ist aus dem im Akt liegenden Urteil und Berichte ersichtlich.
Dass der BF keinen ordentlichen Wohnsitz hatte ergibt sich aus den Akten.
Dass der BF nach der Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes wieder in das österreichische Staatsgebiet einreiste ergibt sich aus den Akten - wiederholter Antrag auf internationaler Schutz - und seinen Aussagen.
Dass der BF das Aufenthaltsverbot missachtet hat ergibt sich aus der Tatsache, dass er nach Österreich wieder eingereist ist.
Nach stringenten Angaben des BF und seines Bruders in der Verhandlung und in den Gerichtsakten des BVwG, verließ der BF das österreichische Staatsgebiet im Jahr 2009. Der BF gab zwar an in Tschetschenien gewesen zu sein, es ist jedoch in der gegenständlichen Verhandlung durch den Zeugen (Bruder des BF) mitgeteilt worden, dass sich der BF auch in Frankreich und Deutschland aufgehalten habe, diese wurde nunmehr durch den BF bestätigt. Der Bruder selbst konnte jedoch nicht bestätigten, dass der BF jemals wieder in Tschetschenien war (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Wann der BF wieder nach Österreich einreiste konnte nicht festgestellt werden zumal der Bruder angab, dass der BF nach mehreren Monaten bis ein Jahr wieder in Österreich war, dies würde bedeuten, da der BF 2009 Österreich verlassen hat, er im Jahr 2010 wieder in Österreich war.
Dass der BF in Schubhaft war ergibt sich aus einem Auszug aus der Anhaltedatei.
Gegen den BF besteht aufgrund des Erkentnisses XXXX des BVwG vom 17.08.2016 ein aufrechtes unbefristetes Einreiseverbot, eine Zulässigkeit der Abschiebung, eine Nichtgewährung einer freiwilligen Ausreise und eine aufrechte Rückkehrentscheidung.
Dass der BF gesund ist beruht auf dem Umstand, dass Gegenteiliges in der Beschwerde nicht vorgebracht wurde und er dies in der Verhandlung bestätigte. Weiters zeigt die aufliegende ärztliche Untersuchung in Schubhaft keine Erkrankungen des BF auf.
Die Effektuierbarkeit der Abschiebung ist aus dem vorgelegten Urkunden der Behörde und dem Flugtermin mit 09.10.2019 innerhalb der Schubhaftdauer gegeben.
Die Behörde versuchte unmittelbar nach Beendigung der Strafhaft den BF in die Russische Föderation abzuschieben (28.08.2019). Die Buchungsanfrage vom 08.07.2019 liegt im ho. Akt auf. Ein Termin wurde zunächst mit 19.09.2019 festgelegt, jedoch dann von der russischen Behörde verschoben. Seitens der russischen Föderation wurde die russische Staatsangehörigkeit des BF identifiziert, sodass die Behörde von der Erlangung eines HRZ ausgehen kann. Die Behörde hat versucht die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten. Dies wurde durch den BehV bestätigt und es erfolgte kein Einwand durch den BF.
Die familiäre Bindung zu seinem Bruder und zu seiner Mutter sind gering, zumal der BF selbst Vieles über sich geheim hielt und nicht immer bei seinen Verwandten anwesend war und nicht mitteilte wo er war. So hatte der BF zwar während seiner Strafhaft in den letzten sechs Monaten auch Ausgang und zwar über mehrere Tage (bis zu drei). Er gab zwar zunächst an, dass er diese Tage/Nächte bei seinem Bruder bzw. Mutter verbrachte. Auch brachte er vor, dass er dies auch der Haftanstalt so mitteilte. Er gab an meistens bei seiner Mutter geschlafen zu haben und drei, vier, fünf Mal bei seinem Bruder (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Doch bei der Einvernahme des Bruders gab dieser an, dass der BF bei ihm nur einmal genächtigt hat und zweimal bei seiner Mutter (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Der Bruder selbst konnte nicht sagen, wo sein Bruder tatsächlich übernachtet hat, so erweckte diese Tatsache den Eindruck für das Gericht, dass der BF versuchte darzulegen, dass er ein inniges und enges Verhältnis zu seinem Bruder hat und bei ihm übernachten würde. Die Möglichkeit wurde auch vom Bruder bestätigt. Das Gericht glaubt jedoch dieser Aussage nicht, zumal selbst bei Haftausgang und dem vom BF gemeldeten Unterkunft, dieser nicht wahrgenommen hat, sondern, zumeist woanders geschlafen hat. Der BF war für die Behörden nicht auffindbar, da er dies nicht meldete (er hat bei verschiedenen Plätzen gewohnt) (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls), weiters hat er auch in Parks geschlafen (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls).
Weiters hat der BF auch nicht von seinen Vorstrafen erzählt und der Bruder wusste nicht welche Straftaten sein Bruder begangen hatte. Auch als der BF nach Österreich zurückkehrte war er zwar bei der Frau seines Bruders gemeldet, tatsächlich wohnte er dort aber nach einer Zeit nicht mehr, der Bruder gab an: "Er war bei uns in der Traisengasse angemeldet, die erste Zeit hat er auch zuhause übernachtet und alle war normal, dann ist er aber verschwunden und es gab ständig Konflikte mit der Mutter, sie fragte ihn immer, wohin er verschwunden und sie hat ihn angerufen" (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls).
Aus dem Verhalten des BF gegenüber seinem Bruder und seiner Mutter, dass er nicht von allen Strafttaten und Verurteilungen berichtete, bei seinem Bruder gemeldet war, aber dann verschwunden ist, bei Haftausgang zwar mitteilte, dass er bei seinem Bruder oder Mutter oder Freund übernachtete, jedoch nur einmal bei seinem Bruder und ansonsten irgendwo und der Tatsache, dass der Bruder nach der Ausreise aus Österreich auch nach Frankreich und Deutschland gefahren ist, geht das Gericht davon aus, dass der BF bei Entlassung aus der Schubhaft und Wohnsitznahme beim Bruder, diesen Anordnungen nicht Folge leisten wird und versuchen wird unterzutauchen um weiterhin illegal ins Österreich zu leben oder etwaig nach Frankreich oder Deutschland zu seinen Verwandten auszureisen. Der BF zeigte immer wieder, dass er sich nicht an die österreichische Rechtsordnung hält und auch den Anweisungen seines Bruders nicht Folge leistet, obwohl dieser nach dem Tod des Vaters als Familienoberhaupt gilt: "... Ich habe ihm auch manchmal verboten nach draußen zu gehen. Er hat sich auch streng daran gehalten, bis zu seinem 18. Lebensjahr. Dann hatte ich keine Chance mehr." (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls).
Die Behörde ging daher zu Recht von einer Fluchtgefahr aus, versuchte die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten, die Schubhaft war verhältnismäßig und konnte keine geringen Mittel anwenden. Der BF hatte die Möglichkeit im Rahmen des Parteiengehörs Stellung zu nehmen und tat dies jedoch nicht. Der BF spricht sehr gut Deutsch wodurch im klar war, dass er nach Strafhaft in Schubhaft genommen werden wird. Er verzichtete auf die Möglichkeit einer Stellungnahme. Dass er keine Unterstützung in Haft bekam ist unglaubwürdig, außerdem hätte es gereicht, wenn er hier einige Zeilen geschrieben hätte und offiziell um Unterstützung angesucht hätte. Aus den bisherigen Verfahren ist jedoch ersichtlich, dass der BF des Öfteren sein Recht auf Parteiengehör nicht wahrgenommen hat, sodass das Gericht davon ausgeht, dass der BF kein Interesse daran hatte.
Der BF gab selbst an, dass er im Hungerstreik wegen der Schubhaft war, diesen Streik, jedoch beendete und diese Verhandlung nun abwartet (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Dies zeigt, dass der BF sich immer wieder durch seine Möglichkeiten der österreichischen Rechtsordnung widersetzten will.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
3. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
4. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung wurde mit Bescheid vom 13.08.2019 durch das zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angeordnet. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde am 29.08.2019 dem BVwG übermittelt.
Zu Spruchpunkt A.I - Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft.
1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz in Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 2), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 3).
Der BF ist russischer Staatsbürger. Sohin ist sie Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Über den Beschwerdeführer wurde die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.
Gegen die BF besteht eine rechtskräftige und rechtmäßige Rückkehrentscheidung und die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation, sowie ein unbefristetes Einreiseverbot. Dies wurde zuletzt durch das BVwG am 17.08.2016 bestätigt. Der BF brachte kein Rechtsmittel ein, sodass das Erkenntnis rechtskräftig und durchsetzbar ist. Daher ist der Zweck der Schubhaft zur Sicherstellung der Abschiebung gegeben.
2. Fluchtgefahr/Sicherungsbedarf:
Die belangte Behörde verhängte die Schubhaft laut Spruch gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung.
Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 2 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.11.2009, welcher am 17.11.2009 in Rechtskraft erwuchs, wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation für zulässig erklärt. In der Folge wurde der BF seitens der BH Vöcklabruck am 30.12.2009 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der BF verließ Österreich und war zumindest in Frankreich und Deutschland. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der BF längere Zeit in Russland war. Der BF kehrte trotz aufrechtem Aufenthaltsverbot wiederum nach Österreich zurück. In Österreich aufhältig war der BF zwar gemeldet, aber nach einer Zeit nicht mehr bei seiner Familie untergebracht, sodass er nicht mehr rechtmäßig gemeldet war. Auch war er durch seine Familie nicht auffindbar. Er ging keiner legalen Beschäftigung nach. In Österreich verbrachte der BF mehrere Jahre und wurde viermal strafrechtlich verurteilt, zuletzt eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren für teils versuchten, teils vollendeten schwere Raub. Gegen den BF besteht derzeit ein rechtskräftiges unbefristetes Einreiseverbot. Der BF versuchte die Schubhaft zu verhindern, indem er in den Hungerstreik trat. Auch verhinderte er die Ausreise in die Russische Föderation, indem er sich in andere europäische Staaten begab.
Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.
Die soziale Verankerung in Österreich ist nur gering, zumal er keinen Kontakt mit anderen Österreichern angab und der Kontakt zur Familie gering erscheint, zumal er diesen nicht von den strafbaren Handlungen berichtete, zeitweise nur scheingemeldet war, diese ihn nur selten (zumeist 1-mal im Monat durch den Bruder) in der Strafhaft besuchten und auch bei Haftausgang der BF zumeist nicht bei seinem Bruder oder Mutter nächtigte, sondern bei anderen Personen oder im Park. Auch wenn im tschetschenischen Kulturkreis der älteste Sohn die Vaterrolle übernimmt somit der Zeuge, so hat sich der BF seitdem er 18. Jahre alt ist, nicht an die Anweisungen des Bruders gehalten und dieser konnte ihn nicht von strafbaren Handlungen abhalten. Auch wusste der Bruder teilweise nicht wo sich der BF tatsächlich aufhält. Einer legalen Erwerbstätigkeit kann der BF nicht nachgehen und er besitzt auch nicht ausreichende Mitteln um auszureisen, wobei er auch keine freiwillige Frist zur Ausreise erhalten hat. Der BF zeigte durch seine strafrechtswidrigen Handlungen auch, dass er nicht gewillt ist sich der österreichischen Rechtsordnung unterzuordnen, sodass insgesamt das Gericht davon ausgeht, dass Fluchtgefahr besteht und der BF nicht gewillt ist freiwillig auszureisen, um dem gerichtlichen Erkenntnis und behördlichen Bescheiden Folge zu leisten. Auch wenn der Bruder dem BF Unterkunft und Versorgung bieten kann, so geht das Gericht nicht davon aus, dass der BF dem Folge leisten wird, zumal er dies bisher auch nur eingeschränkt durchführte.
Der BF hat gegen ein Aufenthaltsverbot verstoßen. Er hat selbst angegeben, dass er nach Abschiebung aus Österreich nochmals nach Österreich eingereist ist. Die Beschwerde hat sowohl gegen das aufrechte Aufenthaltsverbot als auch gegen die neuerliche Einreise nach Österreich keine Einwände vorgebracht und daher den Feststellungen nicht widersprochen.
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Der BF ist jedoch auch bei letztmaliger Ausreise nicht nur in seinen Herkunftsstaat gereist, sondern hat sich illegal in Frankreich und Deutschland aufgehalten. Das Gericht konnte nicht feststellen, ob der BF jemals nach Russland zurückkehrte, zumal auch der Bruder dies nicht bestätigen konnte.
Der BF versuchter der Schubhaft auch zu entgehen, indem er in Hungerstreik trat und diesen jedoch freiwillig beendete.
Die Behörde ging zu Recht von einer Fluchtgefahr aus.
Die Schubhaft muss jedoch auch verhältnismäßig sein. Hierbei normiert das Gesetz:
§ 76 Abs. 2a FPG:
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Die Schubhaftdauer ist nun bis 09.10.2019 geplant es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der BF schwere Verbrechen, wie räuberischen Diebstahl und Raub begangen hat bzw. versucht hatte zu begehen. Sowie auch während der Haft weitere strafrechtliche Delikte begangen hat, sodass das Gericht davon ausgeht, dass vom BF eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht und daher das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung der Abschiebung seinem Interesse des Schutzes der persönlichen Freiheit überwiegt.
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum.
Ein solches Sicherungsbedürfnis wurde jedoch schon festgestellt, da gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, ein gültiges Einreiseverbot und der BF schon einmal trotz aufrechten Aufenthaltsverbot unrechtmäßig nach Österreich eingereist ist.
Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des BF ist insofern zu rechnen, als eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt. Die Behörde versuchte zunächst mit Haftentlassung die Abschiebung durchzuführen, aufgrund der Probleme mit der Fluglinie und der durch Russland erfolgten Verschiebung der Abschiebung vom 19.09.2019 auf 09.10.2019 kann mit einer Abschiebung innerhalb der Schubhaftdauer und nun unmittelbar gerechnet werden.
Sodass keine Gründe der Nichtdurchführbarkeit der Abschiebung gegeben ist. Die Behörde ging zu Recht von einer zeitnahen Durchführbarkeit der Abschiebung aus.
Die Behörde hat auch rechtzeitig dem BF ein Parteiengehör von der beabsichtigten Schubhaftanordnung übermittelt. Der BF wusste Bescheid, insbesondere da er auch gut Deutsch spricht. Der BF hatte wie auch in anderen Verfahren nicht vom Parteiengehör Gebrauch gemacht. Die Behörde war nicht verpflichtet nun zusätzlich eine mündliche Einvernahme anzuberaumen, da aus der Aktenlage der Sachverhalt geklärt war.
Der BF war zu keinem Zeitpunkt gesundheitlich eingeschränkt, sodass die Behörde zu Recht von einer Haftfähigkeit ausging.
Auch wenn ein Sicherungsbedarf gegeben ist, so hat die Behörde gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme besteht, dass der Zweck der Schubhaft damit erreicht werden kann.
§ 77 Gelinderes Mittel:
§ 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76
genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Die verhängte Schubhaft ist jedoch nach Ansicht des Gerichtes als Ultima Ratio zu qualifizieren.
Gegen den BF bestand ein unbefristetes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, dass der BF diese nicht persönlich erhielt, sondern durch Hinterlegung zugestellt wurde, schadet dem Verfahren nicht. Er reist jedoch auch illegal in andere europäische Staaten, insbesondere zu seinen Verwandten nach Frankreich und Deutschland. Der BF zeigte durch sein Verhalten, dass er sich nicht an den österreichischen oder andere europäischen Rechtsordnungen hält. Er versuchte durch Untertauchen in Frankreich und Deutschland seine Rückkehr nach Russland zu umgehen. Der Bruder kann zwar dem BF Unterkunft gewähren und für seine Verpflegung sorge. Aufgrund der Tatsache, dass er aber auch während aufrechter Meldung beim Bruder, dort nicht wohnte, bei Haftausgang im Freien nächtigte oder bei nicht genannten Freuden, geht das Gericht davon aus, dass der BF sich auch weiterhin den Anordnungen entziehen wird und der Unterkunftsnahme nicht Folge leisten wird. Die sozialen oder familiären Beziehungen zu seinem Bruder bzw. seiner Mutter sind nicht stark genug, zumal er trotz Aufforderung beider sich an die Rechtsordnung zu halten, dies nicht tat. Dass der Bruder den BF nur selten besuchte ist auch aus der Besucherliste der Haftanstalt ersichtlich.
Sonstige soziale Kontakte bestehen in Österreich nicht. Die Behörde ging zu Recht davon aus, dass die Schubhaft verhältnismäßig ist und keine Anwendung von gelinderen Mitteln möglich ist.
Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.
Zu Spruchpunkt A.II - Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, der mündlichen Verhandlung und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:
Die Schubhaft hat den Zweck der Sicherung der Abschiebung, welche nunmehr zeitnah erfolgt und damit effektuierbar ist. Gegen den BF besteht ein aufrechtes unbefristetes Einreisverbot, die Abschiebung ist rechtkräftig und durchsetzbar. Die Schubhaft ist verhältnismäßig, insbesondere dadurch, dass der BF durch sein bisheriges Verhalten - strafbare Handlungen - gezeigt hat, dass er sich der österreichischen Rechtsordnung nicht unterstellt.
Die Möglichkeit der Anwendung eines gelinderen Mittels ist nicht gegeben, da der BF keine sozialen Kontakte in Österreich hat und die familiären Beziehungen zu seinem Bruder und seiner Mutter nur gering sind. Er hat sich auch bei Haftausgang nicht bei seinem Bruder oder Mutter aufgehalten, sondern zumeist bei anderen Personen oder im Freien.
Spruchpunkt A III - IV - Kostenbegehren:
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).