TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/16 W222 2220507-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W222 2220507-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 46, 52, 55 FPG sowie § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.04.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er am 28.04.2019 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Zu seiner Person gab er an, in XXXX , Indien geboren worden zu sein, der Volksgruppe der Punjabi, und der Glaubensrichtung der Sikh anzugehören. In Indien habe er zehn Jahre Schulbildung genossen und als Elektriker gearbeitet. Im Heimatland würde seine Mutter leben. Sein Vater sei bereits verstorben. Der Bruder des Beschwerdeführers lebe in Dubai. Auf die Frage, wann der Entschluss zur Ausreise gefasst wurde, gab der Beschwerdeführer an, dass er 2015 bis 2016 schon überlegt hätte Indien zu verlassen. Ursprünglich hätte er nach Dubai gehen wollen, dort hätte er aber nicht viel verdient, deshalb sei die Entscheidung auf Europa gefallen. Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer Folgendes an: "Mein Vater hat mit seiner Familie um Land gestritten. Dann ist er gestorben. Dann haben wir ein kleines Stück Land bekommen, wir haben immer weiter gestritten. Dann hat mein Bruder das Land verkauft. Dann ist mein Bruder 2016 nach Dubai gegangen. Und dann hat mein Bruder gesagt, ich soll in ein anderes Land gehen." Bei einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, dass ihn seine Verwandten schlagen würden.

Mit Verfahrensanordnung vom 28.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, gemäß § 15b Abs. 1 AsylG iVm § 7 Abs. 1 VwGVG, in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Am 02.05.2019 erfolgten zwei Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Die erste Einvernahme diente der Erfassung der Personendaten, woraus sich Folgendes ergab:

"F: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

A: Ja.

F: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstige Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

A: Nein.

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

A: Ja.

F: Wie lautet Ihr Familienname?

A: XXXX .

F: Wie lautet Ihr Vorname?

A: XXXX .

F: Wann und wo sind Sie geboren?

A: Ich bin am XXXX geboren. Ich bin in XXXX geboren.

F: Gibt es eine Geburtsurkunde oder einen anderen Geburtsnachweis?

A: Ich hatte eine Geburtsurkunde. Diese hat mir aber der Schlepper abgenommen.

F: Führten Sie jemals einen anderen Familien- und/oder Vornamen? Falls ja, wie lauten diese, wann und auf welcher Grundlage erfolgte eine behördliche Namensänderung?

A: Nein.

F: Traten Sie in Österreich und/oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU jemals unter falschen Personalien in Erscheinung? Falls ja, wann und wo bzw. unter welchen Personalien?

A: Nein.

F: Welche Staatsangehörigkeit(en) besitzen Sie?

A: Ich bin indischer Staatsbürger.

F: Besitzen Sie einen Staatsbürgerschaftsnachweis?

A: Nein. Ich hatte einen Reisepass. Dieser wurde mir aber vom Schlepper abgenommen.

F: Welche Dokumente hatten Sie bisher?

A: Ich hatte einen Reisepass und eine Geburtsurkunde und die Schulzeugnisse. Andere Dokumente hatte ich nicht.

F: Wann haben Sie sich Ihren Reisepass ausstellen lassen?

A: Das war im Jahr 2015. An ein genaues Datum oder an den Monat kann ich mich nicht erinnern.

F: Gab es Probleme bei der Ausstellung des Reisepasses?

A: Nein.

F: Was ist Ihre Muttersprache?

A: Meine Muttersprache ist Punjabi. Ich kann auch noch Hindi. Hindi kann ich aber nicht besonders gut. Weiters kann ich noch ein bisschen Englisch. Andere Sprachen spreche ich ansonsten nicht.

F: Welchem Religionsbekenntnis gehören Sie an?

A: Ich bin ein Sikh.

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Punjabi.

F: Wie lautet Ihr Familienstand?

A: Ich bin ledig. Ich bin auch nicht verlobt.

F: Wie viele leibliche, adoptierte oder legitimierte Kinder haben Sie?

A: Nein.

F: Wie lautet der Name Ihres Vaters, sein Geburtsdatum, sein Geburtsort und Wohnort?

A: Mein Vater heißt XXXX . Mein Vater ist schon verstorben. Das war 2007 oder 2008.

F: Wo wurde Ihr Vater beerdigt?

A: Am Friedhof in XXXX .

F: Wie lautet der Name Ihrer Mutter, ihr Mädchenname, ihr Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnort?

A: Meine Mutter heißt XXXX . Meine Mutter ist ca. 44 oder 45 Jahre alt. Meine Mutter wohnt in XXXX .

F: Wie viele Geschwister haben Sie, wie lauten deren Namen, Geburtsdaten, Geburtsorte, Wohnorte?

A: Ich habe einen Bruder. Mein Bruder heißt XXXX . Er ist 1995 geboren. Seit vier Jahren lebt mein Bruder in Dubai. Weitere Geschwister habe ich nicht.

F: Besitzen Sie ein Handy?

A: Ja.

F: Welche Tel.-Nummer hat Ihr Handy?

A: XXXX .

F: Warum haben Sie eine italienische Vorwahl am Handy?

A: Ich war in Italien und deswegen habe ich eine italienische Vorwahl.

F: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit Ihren Angehörigen im Herkunftsstaat?

A: Vorgestern habe ich mit meinem Bruder telefoniert.

F: Nutzen Sie auch Social Media? Wenn ja, welche?

A: Ich nutze Facebook.

F: Telefonieren Sie mit Ihrer Mutter auch?

A: Ja. Ich telefoniere ca. alle zwei Wochen mit ihr.

F: Wie lautet die Telefonnummer Ihrer Mutter und Ihres Bruders?

A: Die Nummer meiner Mutter lautet: XXXX . Die Nummer meines Bruders weiß ich leider nicht auswendig. Diese habe ich auf meinem Handy gespeichert.

F: Wer von Ihren Verwandten lebt noch in Indien?

A: In Indien lebt noch die Schwester meiner Mutter, also meine Tante. Weiters noch der Mann meiner Tante. Diese Tante hat vier Kinder. Dann habe ich noch einen Onkel dort. Das ist der Bruder meines Vaters. Dann ist noch seine Frau dort. Sie haben zwei Kinder. Weiters ist noch die Mutter meiner Mutter dort.

F: Haben Sie Kontakt zu den soeben von Ihnen genannten Verwandten?

A: Ja, ich habe Kontakt zu ihnen.

F: Wann und wo haben Sie Ihr Heimatland zuletzt verlassen?

A: Im Juli 2018 habe ich Indien verlassen. Von XXXX bin ich nach XXXX gefahren. Von dort aus bin ich nach Armenien geflogen. Von Armenien hatte ich ein Visum. Von dort kam ich nach Moskau/Russland. Mit einem Auto fuhr ich dann weiter nach Serbien. Von Serbien aus ging es mit dem Auto weiter nach Bosnien und Kroatien. Dann weiter nach Italien. Von Italien aus kam ich dann schlussendlich per Bahn nach Österreich.

F: War dies das erste Mal, dass Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben?

A: 2016 war ich einmal in Dubai. Ansonsten war ich immer in Indien.

F: Haben Sie jemals die Ausstellung von einem Visum beantragt bzw. waren Sie jemals im Besitz von einem Visum? Falls ja, wann, wo, etc.

A: Ich hatte von Armenien ein Visum. Weiters eines für Russland.

F: Wo haben Sie diese Visa beantragt?

A: Für Armenien habe ich dieses in Indien beantragt. Das Visum für Russland habe ich in Armenien beantragt.

F: Welche Dokumente legten Sie für die Visumserteilung vor?

A: In Indien habe ich meinen Reisepass und meine Geburtsurkunde und mein Schulzeugnis vorgelegt. In Armenien hat der Schlepper für mich das Visum für Russland besorgt.

F: Schildern Sie bitte chronologisch Ihre Schulbildung:

A: Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern. 2011, vermutlich, habe ich die High School beendet.

F: Wie lange sind Sie in die Schule gegangen?

A: 10 Jahre.

F: Wo haben Sie die Schule besucht?

A: In XXXX .

F: Wie hat die High School geheißen?

A: Diese hat " XXXX Public School" geheißen.

F: Gibt es Zeugnisse zu Ihrer schulischen oder beruflichen Ausbildung - wenn ja, welche?

A: Ja, es gab Zeugnisse. Diese sind mir jedoch vom Schlepper abgenommen worden.

F: Befinden sich noch irgendwelche Dokumente oder Kopien dieser Dokumente bei Ihnen zu Hause?

A: Ich weiß es nicht. Ich kann aber meine Mutter fragen, ob noch Dokumente zu Hause sind.

F: Schildern Sie bitte Ihren beruflichen Werdegang:

A: Ja, ich habe als Elektriker gearbeitet. Von Mai 2011 bis 2015. Ich habe in dieser Zeit bei einer Firma gearbeitet. Diese Firma hat " XXXX " geheißen. Diese Firma ist in XXXX .

F: Was haben Sie ab 2015 gearbeitet?

A: Ich war dann selbständig. Bis Februar 2016 habe ich privat gearbeitet. Ich hatte keine eigene Firma.

F: Was war dann?

A: Ich habe im März 2016 ein Visum für Dubai bekommen und ich bin dann nach Dubai gegangen. Dort habe ich dann auch als Elektriker gearbeitet. Bis Jänner 2018. Da bin ich wieder nach Indien zurückgekehrt.

F: Was haben Sie ab Jänner 2018 gearbeitet?

A: Ich habe dort wieder privat, ohne Firma, gearbeitet. Bis ich das Visum im Juli 2018 für Armenien bekommen habe. Ca. zwei bis drei Wochen war ich in Armenien. Dann haben die Schlepper mir ein Visum für Russland besorgt. In Moskau war ich acht bis neun Monate lang. In dieser Zeit habe ich auch gearbeitet. Ich habe Holzarbeiten durchgeführt.

F: Sind oder waren Sie in Ihrem Herkunftsstaat Mitglied in einem Verein?

A: Nein.

F: Können Sie Autofahren?

A: Nein. Ich hatte auch keinen Führerschein.

F: Wie lautet Ihre letzte exakte Wohnadresse im Heimatland (inkl. Gebiet/Region/Provinz)?

A: Meine letzte Adresse lautete: Indien, Punjab, XXXX Das ist die Adresse meines Elternhauses und ich habe immer dort gelebt.

F: Beschreiben Sie Ihre letzte Wohnadresse bzw. in welchem Zeitraum waren Sie dort wohnhaft?

A: Es war ein kleines Haus. Es gab nur das Erdgeschoß. Es gab zwei Zimmer. Dort haben meine Mutter, mein Bruder und ich gewohnt. Einen Garten gab es nicht. Es gab noch drei Nachbarhäuser. Dort haben ca. 12 Personen gelebt.

F: Haben Sie Militärdienst geleistet? Falls ja, in welcher Einheit, unter welchem Kommandanten, an welchem Ort usw.

A: Nein.

F: Haben Sie besondere Kennzeichen, wie z. B. Tätowierungen, Narben, etc. (exakte Beschreibung erforderlich):

A: Nein.

F: Wie groß sind Sie?

A: Ich bin ca. 5,1 Feet groß.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsland jemals eine Operation in einem Krankenhaus? Falls ja, wann, in welchem Krankenhaus, welche Operation?

A: Nein.

F: Verbüßten Sie bereits in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Drittstaat eine Haftstrafe?

A: Nein.

F: Bitte schreiben Sie leserlich Ihren eigenen Namen und gewöhnlichen Aufenthalt in Ihrem Herkunftsstaat in ihrer Landes-Schrift auf!

A: (Anm. s. Beilage A)

F: Haben Sie in Österreich oder in einem anderen EU-Land Verwandte und/oder Bekannte, welche Ihre Angaben in Bezug auf Ihre tatsächliche Identität bestätigen können?

A: Nein.

F: Haben Sie familiäre Beziehungen in Österreich bzw. in einem anderen EU-Land?

A: Nein.

F: Sie führten vorher aus, dass Ihre Mutter sich noch in Ihrem Herkunftsstaat befinden würde. Verfügt Ihre Mutter über Identitätsbezeugende Dokumente?

A: Ich weiß es nicht. Ich werde sie aber anrufen und fragen, ob sie Dokumente von sich hat.

F: Haben Sie zu den soeben an Sie herangetragenen Fragen und/oder zu Ihren Antworten

noch etwas Ergänzendes hinzuzufügen?

A: Nein."

Anschließend erfolgte eine weitere Einvernahme vorwiegend zu Ihrem Verlassensgrund. Aus dieser Befragung ergaben sich auszugsweise folgende Aussagen:

"F: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?

A: Nein, ich bin gesund und ich benötige auch keine Medikamente.

F: Sind Sie in diesem Verfahren vertreten?

A: Nein.

F: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 28.04.2019 durch das PAZ Innsbruck erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?

A: Ich habe dort die Wahrheit gesagt. Korrekturen oder Ergänzungen habe ich auch keine mehr dazu anzuführen.

F: Haben Sie oder Ihre Familienangehörigen bereits jemals irgendwo einen Antrag auf int. Schutz gestellt?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich, im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

F: Gibt es noch andere Personen hier in Österreich, von denen Sie abhängig wären oder zu denen ein besonders enges Verhältnis besteht?

A: Nein.

F: Verfügen Sie über Barmittel?

A: Nein. Ich habe derzeit noch ca. EURO 100,--.

F: Sind Sie alleine gereist?

A: Aus Indien bin ich alleine gereist. Von Moskau bis Italien waren wir vier Personen.

F: Wie viel haben Sie dem Schlepper bezahlt für die Reise?

A: EURO 10.000,--.

F: Woher hatten Sie das Geld für die Reise?

A: Zum Teil haben wir landwirtschaftliche Grundstücke verkauft und wir haben das Haus verpfändet.

F: Welches Land war Ihr Reiseziel?

A: Ich wollte nach Italien.

F: Wenn Italien Ihr Reiseziel gewesen ist, warum sind Sie nicht in Italien geblieben?

A: In Italien habe ich keine Arbeit gefunden. Deswegen bin ich dann nach Österreich weitergereist.

F: Warum haben Sie in Italien nicht um Asyl angesucht?

A: Ich habe deswegen in Italien nicht um Asyl angesucht, da ich gesehen habe, dass in Italien nichts zu holen ist. Ich habe mir dort keine Vorteile gesehen.

F: Warum haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen bzw. warum stellen Sie den gegenständlichen Antrag auf int. Schutz?

A: Meine Familie bzw. ich hatte eine Auseinandersetzung mit meinem Onkel. Mit dem Bruder meines Vaters. Deswegen ist mein Bruder auch von Indien weggegangen und nach Dubai ausgewandert. Meine Familie hat ein Grundstück von meinem Großvater geerbt. Dieses Grundstück wurde in zwei Hälften geteilt. Meine Familie hat eine Hälfte bekommen und mein Onkel hat die andere Hälfte bekommen. Die Auseinandersetzung war deswegen, weil mein Onkel der Meinung war, dass ihm das ganze Grundstück gehören würde. Als ich von Dubai nach Indien zurückgekehrt bin, hatte ich wieder Probleme mit meinem Onkel wegen dem Grundstück. Meine Mutter meinte dann, dass es besser sei, wenn ich Indien verlassen würde und woanders hingehen würde. Deswegen habe ich dann das Land verlassen.

F: Gibt es noch weitere Gründe für die gegenständliche Antragstellung?

A: Das war der Hauptgrund. Jeden Tag gab es Streitereien und manchmal hat mich mein Onkel auch bedroht. Er hat gesagt, dass er mich umbringen würde. Mein Bruder war nicht mehr zu Hause. Nur mehr meine Mutter war da. Ich hatte daher Angst vor meinem Onkel.

F: Wie heißt Ihr Onkel, der Sie bedroht hat?

A: Er heißt XXXX .

F: Wie groß ist das Grundstück, um welches gestritten worden ist?

A: Das Grundstück war doppelt so groß wie dieses Camp hier.

F: Wann hat dieser Streit begonnen?

A: Das war im Jahr 2004 oder 2005.

F: Wer hat dieses Grundstück bewirtschaftet?

A: Zuerst haben meine Großeltern das gemacht. Nach dem Tod meiner Großeltern haben mein Vater und mein Onkel gemeinsam das Grundstück bewirtschaftet. Dann haben mein Vater und mein Onkel begonnen zu streiten. Dann ist mein Vater verstorben. Nach dem Tod meines Vaters wurde das Grundstück in der Hälfte geteilt. Einen Teil bekam mein Onkel und die andere Hälfte hat meine Familie erhalten. Das war im Jahr 2008.

F: Wer hat nach dem Jahr 2008 dieses Grundstück bewirtschaftet?

A: Jeder hat seinen Teil bewirtschaftet. Es wurde aber jeden Tag gestritten.

F: Wie hat dieser Streit konkret ausgesehen?

A: Ich hatte nur eine verbale Aussetzung mit der Familie meines Onkels bzw. mit meinem Onkel. Mit meinem Bruder gab es aber eine handgreifliche Auseinandersetzung. Mein Onkel hat auch veranlasst, dass ich für zwei oder drei Tage in Haft gekommen bin. Er hat mich beschuldigt, dass ich jeden Tag mit ihm streiten würde.

F: Wurde das Grundstück offiziell aufgeteilt?

A: Ja, die Gemeinde hat das gemacht.

F: Sie haben sich von März 2016 bis Jänner 2018 in Dubai aufgehalten. Warum waren Sie in Dubai?

A: Wegen der Arbeit. Ich habe dort eine Arbeitserlaubnis erhalten und deswegen bin ich nach Dubai gegangen.

F: Wer hat in dieser Zeit Ihr Grundstück bewirtschaftet?

A: Bevor ich nach Dubai gegangen bin, haben wir das Grundstück verkauft.

F: An wen und wann haben Sie dieses Grundstück verkauft?

A: Das Grundstück wurde an irgendeine Person im Dorf verkauft. Das war im Jahr 2015.

F Gab es nach dem Verkauf des Grundstücks weiterhin Probleme mit Ihrem Onkel?

A: Nachher gab es auch Streitereien, weil mein Onkel gefragt hat, warum das Land an eine fremde Person verkauft worden ist.

F: Haben Sie selbst das Grundstück verkauft?

A: Meine Mutter hat das Grundstück verkauft.

F: Wie hat die Auseinandersetzung mit Ihrem Onkel nach dem Grundstücksverkauf ausgesehen?

A: Mein Onkel hat geschimpft und mit uns gestritten, warum wir das Land an eine fremde Person verkauft haben.

F: Was ist weiter Person?

A: Mein Onkel ist mit zwei fremden Personen gekommen und hat mich geschubst.

F: Warum sollte Ihr Onkel Sie nach diesem Grundstücksverkauf weiterhin bedrängen oder bedrohen?

A: Mein Onkel hat einfach keine Ruhe gegeben. Hin und wieder ist er gekommen und hat uns sekkiert und geschimpft.

F: Haben Sie Ihren Onkel hinsichtlich der von Ihnen genannten Übergriffe zur Anzeige gebracht?

A: Ja. Die Polizei hat gegen meinen Onkel aber nie etwas unternommen, da mein Onkel der Polizei Schmiergeld gegeben hat.

F: Wenn Ihnen die örtliche Polizei nicht geholfen hat, haben Sie sich dann nie an eine höhere Stelle gewandt?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Meine Mutter war der Meinung, dass wir kein Geld hätten und deswegen auch nichts machen könnten. Es hätte keinen Sinn und ich sollte daher das Land lieber verlassen.

F: Hat Ihre Mutter Probleme zu Hause?

A: Nein, meine Mutter hat keine Probleme. Wir haben aber das Haus verpfändet. Sie hat daher finanzielle Probleme. Mit meinem Onkel hat sie keine Probleme.

F: Gab es bei Ihnen ein fluchtauslösendes Ereignis?

A: Jeden Tag gab es Streitereien und es hat keine Lösung dafür gegeben. Auch nach meiner Rückkehr aus Dubai gab es jeden Tag Streitereien. Meine Mutter war dann der Meinung, dass ich das Land verlassen sollte.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme mit der Polizei, dem Militär oder den staatlichen Organen?

A: 3x Nein.

F: Hatten Sie wegen Ihrer Religion in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme?

A: Wenn wir wegen der Republik Khalistan auf die Straße gegangen sind, dann gab es Probleme mit den Hindus. In XXXX .

F: Was meinen Sie damit "Wenn wir auf die Straße gegangen sind"?

A: Die Sikh haben auch ein heiliges Buch. Dieses Buch ist im Sikh-Tempel. Jemand hat die Seiten dieses Buches zerrissen. Die Regierung hat keine Antwort darauf, wer das gemacht hat. Deswegen sind die Sikhs auf die Straße gegangen. Niemand hat sich bis jetzt aber bemüht herauszufinden, wer die Seiten des religiösen Buches beschädigt hat.

F: Wann war das?

A: Das war im Jahr 2003 oder 2004.

F: Waren Sie damals persönlich dabei?

A: Ja.

F: Welche konkreten persönlichen Probleme haben Sie wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?

A: Zurzeit habe ich keine Probleme wegen meiner Volksgruppenzugehörigkeit. Im nächsten Jahr findet aber ein Referendum zu Khalistan statt. Dann könnte es sein, dass es für mich als Sikh gefährlich werden könnte.

F: Waren Sie jemals politisch tätig?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Verfolgung durch Dritte Probleme?

A: Nein, außer den bereits geschilderten Vorkommnissen gab es keine Probleme mit Dritten.

F: Warum haben Sie nicht in einem anderen Teil Ihres Herkunftsstaates Schutz vor Verfolgung gesucht?

A: Weil ich kein Geld gehabt habe.

F: Sie haben für die Ausreise jetzt lt. eigenen Angaben EURO 10.000,-- aufgebracht. Das ist sehr viel Geld. Was sagen Sie dazu?

A: Mit diesem Geld hätte ich mir keine Existenz in Indien aufbauen können. Ich dachte mir, dass ich mir hier in Europa eine Existenz aufbauen könnte.

F: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Es könnten die Streitigkeiten mit dem Onkel wieder anfangen. Weiters haben wir dort keine finanziellen Mittel mehr.

F: Im Rahmen der Erstbefragung haben Sie auch angegeben, dass Sie Indien bereits im Jahr 2015 bzw. 2016 hätten verlassen wollen. Eigentlich hätten Sie nach Dubai gehen wollen, jedoch dort hätten Sie nicht viel verdient. Deswegen hätten Sie dann nach Europa gewollt. Was meinen Sie damit konkret?

A: Ich meinte damit, wir keine finanzielle Mittel hatten. Mein Bruder war auch nicht mehr zu Hause. Mit unserem Geld hätte ich mir in Indien nichts aufbauen können. Ich meinte damit, dass ich mir woanders mehr verdienen könnte.

F: Habe ich Sie richtig verstanden: Sie haben Ihren Herkunftsstaat eigentlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen?

A: Es gab zwei Gründe. Die Streitereien und die wirtschaftlichen Gründe.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, gegenständlichen Antrag auf int. Schutz zu stellen, vollständig geschildert?

A: Ja, ich habe alle Gründe genannte. Weitere Gründe habe ich nicht.

F: Sind Sie damit einverstanden, wenn Ihre Angaben in Ihrem Herkunftsstaat durch einen Vertrauensanwalt und/oder Sachverständigen überprüft werden?

A: Ja, ich stimme einer Recherche in meinem Herkunftsstaat zu. (Anm.: Die schriftliche Zustimmungserklärung wird vom ASt. unterzeichnet und zum Akt genommen.)

F: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz gemäß § 3 Asylgesetz abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Wollen Sie konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

A: Wenn ich nach Indien zurückkehre, dann gibt es sicherlich wieder Streitereien mit meinem Onkel. Wer ist dann dafür verantwortlich, wenn mir dort etwas passiert.

F: Ihnen werden die Länderfeststellungen zu Indien ausgefolgt, sowie der maßgebliche Inhalt kurz erläutert und werden Sie auf die Möglichkeit zur umfassenden Stellungnahme in der zweiten Einvernahme (Parteiengehör) vor dem BFA hingewiesen.

Anmerkung: Dem ASt. wird die Verfahrensanordnung gem. § 63 Abs. 2 AVG gegen eigenhändige Unterschriftsleistung ausgefolgt. Der Inhalt der Verfahrensanordnung wird dem ASt. durch den anwesenden Dolmetscher zur Kenntnis gebracht.

Anmerkung: Ihnen wird nun zur Kenntnis gebracht, dass Sie nach einer Frist von mindestens 24 Stunden im Zuge einer niederschriftlichen Befragung im Beisein eines Rechtsberaters die Möglichkeit haben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu beziehen. Von diesem Termin werden Sie schriftlich in Kenntnis gesetzt. Sollten Sie diesem Termin nicht nachkommen, müssen Sie damit rechnen, dass das Verfahren in Ihrer Abwesenheit fortgesetzt wird.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?

A: Ja.

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

A: Nein.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?

A: Ja.

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

A: Alles wurde richtig aufgeschrieben. Einwendungen habe ich keine."

Im Zuge jener Einvernahmen vom 02.05.2019 wurde dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Indien, mit Gesamtaktualisierung vom 04.02.2019, letzte Kurzinformation eingefügt am 06.03.2019, ausgehändigt und auf die Möglichkeit der Stellungnahme in einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hingewiesen.

Am selben Tag wurde dem Beschwerdeführer mittels Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG mitgeteilt, dass durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen. Durch eine weitere Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass vor der nächsten Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 29 Abs. 4 AsylG eine Rechtsberatung stattfinden würde und er einer Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG unterliege.

Am 10.05.2019 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Rechtsberaters abermals von einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. In dieser Befragung tätigte der Beschwerdeführer folgende Aussagen:

" F: Sind die von Ihnen im Rahmen der ersten Einvernahmen gemachten Angaben richtig und halten Sie diese aufrecht?

A: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt und ich halte meine Angaben auch aufrecht.

F: Möchten Sie bezüglich der oa. Einvernahmen Korrekturen oder Ergänzungen vorbringen?

A: Nein, ich habe keine Korrekturen oder Ergänzungen dazu anzuführen.

F: Sie führten in der ersten Einvernahme an, dass Sie bzw. Ihre Familie Streitigkeiten wegen eines Grundstücks mit Ihrem Onkel gehabt hätten. Dieses Grundstück sei dann im Jahr 2015 an eine fremde Person verkauft worden. An wen konkret wurde dieses Grundstück verkauft?

A: Das Grundstück wurde an einen Dorfbewohner verkauft.

F: Wie heißt dieser Dorfbewohner?

A: Ich erinnere mich nicht.

F: Wie viele Personen leben in Ihrem Dorf?

A: Es ist eine Ortschaft. Ca. 10.000 Personen wohnen dort.

F: Hat diese Person, welche das Grundstück gekauft hat, nunmehr auch Probleme mit Ihrem Onkel?

A: Nein, diese Person hat keine Probleme mit meinem Onkel.

F: Um wie viel Geld wurde das Grundstück verkauft?

A: Um 1,4 Millionen indische Rupien.

F: Haben Sie mit Ihre Mutter hinsichtlich der Übermittlung von Dokumenten schon Kontakt aufgenommen?

A: Nein, ich habe mit ihr noch keinen Kontakt aufgenommen. Weil ich hier keine SIM-Karte habe und hier das W-LAN sehr schwach ist.

F: Ihnen wurden in der letzten Einvernahme die aktuellen Länderfeststellungen zu Indien ausgefolgt. Möchten Sie zu diesen Länderfeststellungen eine Stellungnahme abgeben?

A: Nein, ich möchte dazu nichts sagen.

F: Möchten Sie eine Stellungnahme zur beabsichtigten Vorgangsweise des BFA (Anm. Abweisung des Antrages auf int. Schutz; Abweisung des Antrages auf subsidiären Schutz; Rückkehrentscheidung aus dem österr. Bundesgebiet nach Indien) abgeben?

A: Bei uns ist es egal, ob ein Grundstück verkauft worden ist oder nicht. Die Rache bleibt trotzdem und die Feindschaft geht weiter. Das ist so in der Kultur des Punjabs. Wenn die österreichische Regierung garantiert, dass mir in Indien nichts passiert, dann kann man mich nach Indien zurückschicken.

Die Rechtsberaterin hat keine Fragen.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?

A: Ja. Ich habe hier die Wahrheit gesagt und ich bleibe auch bei meinen Angaben. Ich sage nochmals, wenn man mir hier garantiert, dass mir in Indien nichts passiert, dann kann man mich wieder nach Indien schicken.

F: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

A: Nein, ich habe bereits alles gesagt.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?

A: Ja.

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, bzw. wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

A: Alles passt. Alles wurde richtig aufgeschrieben."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Außerdem wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen in der Betreuungsstelle XXXX , Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.).

Festgestellt wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insbesondere, dass der Beschwerdeführer aus wirtschaftlichen Gründen die Heimat verlassen habe und er keine Verfolgung im Heimatland zu gewärtigen habe.

Beweiswürdigend hielt die erste Instanz sinngemäß fest, dass das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer aufgrund von Grundstücksproblemen Indien verlassen haben soll, nicht schlüssig nachvollziehbar und glaubhaft gemacht werden konnte. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass sein Vater gemeinsam mit seinem Onkel ein Grundstück vererbt bekommen hätte, woraufhin es zu Streitereien gekommen wäre. Der Beschwerdeführer sei durch den Onkel mit dem Tod bedroht worden und bei der Polizei angezeigt worden. Der Beschwerdeführer sei zwei oder drei Tage inhaftiert gewesen. Den Angaben des Beschwerdeführers zufolge habe sich der Streit über Jahre hinweg zugetragen, weshalb das Bundesamt für Fremdenwesen würdigte, dass der Beschwerdeführer im Falle einer tatsächlichen massiven Bedrohung bereits eher das Heimatland verlassen hätte und nicht auf ein Visum zur Ausreise - lt. Angaben des Beschwerdeführers nach Armenien - zugewartet hätte. Nicht nachvollziehbar sei ferner, dass es überhaupt zu Streitigkeiten gekommen sei, wenn das Grundstück durch die zuständigen indischen Behörden aufgeteilt worden wäre und der Anteil des Beschwerdeführers bzw. dessen Familie im Jahr 2015 verkauft worden sein soll. Nicht nachvollziehbar erschien für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dass dem Beschwerdeführer zwar der Verkaufserlös bekannt gewesen sei, allerdings nicht der Käufer. Dennoch habe der Beschwerdeführer angeben können, dass der neue Grundstücksbesitzer keine Probleme mit dem Onkel habe.

Zum weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er im nächsten Jahr aufgrund eines Referendums in Khalistan wegen seiner Religionsangehörigkeit zu den Sikh, Probleme bekommen solle, hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass dies eine reine Vermutung sei und daraus keine persönlichen Probleme abzuleiten wären.

Zusammenfassend erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dass aufgrund der unnachvollziehbaren Behauptungen des Beschwerdeführers weder ein Asylstatus noch subsidiäre Schutzberechtigung herzuleiten sei (Spruchpunkt I. und II.) und der Beschwerdeführer auch die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfülle (Spruchpunkt III.). Ein dem öffentlichen Interesse, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, überwiegendes privates Interesse iSd Art. 8 EMRK sei durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht feststellbar (Spruchpunkt IV.) und die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig (Spruchpunkt V.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gewährt (Spruchpunkt VI.). Zur Anordnung der Unterkunftnahme stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass dies für weitere Erhebungen in Bezug auf die Identität des Beschwerdeführers erforderlich sei (Spruchpunkt VII.).

Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit Schreiben vom 24.06.2019 langte von Seiten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme zur Beschwerde ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien und stammt aus dem Bundesstaat Punjab, er gehört der Religionsgemeinschaft der Sikh an. In Indien besuchte er mindestens zehn Jahre die Schule und war beruflich als Elektriker tätig. Er spricht Punjabi auf Mutterspracheniveau, ferner spricht er ein wenig Hindi und Englisch. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Am 27.04.2019 stellte er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen und auch keine Lebensgefährtin. In einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Gemeinschaft lebt er ebenso wenig. Seine Mutter, Großmutter und weitere Verwandte leben in Indien, zu denen er Kontakt pflegt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Personen zu denen ein besonders zu berücksichtigendes Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnis besteht. Er verfügt über keine Deutschkenntnisse und engagiert sich weder in einem Verein noch in sonstiger Art und Weise. Integrationsbemühungen konnten nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer hat am 29.05.2019 unrechtmäßig die Betreuungsstelle des Bundes verlassen und war auch am Folgetag nicht anwesend, weshalb er abgemeldet wurde und eine Anzeige an die LPD OÖ erstattet wurde. Der Beschwerdeführer verstieß mit seinem Verhalten gegen die Hausordnung sowie gegen die Verfahrensanordnung gemäß § 15b AsylG. Aktuell ist der Beschwerdeführer seit 06.06.2019 in 1050 Wien, XXXX gemeldet. Er ist gesund, arbeitsfähig und in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus den von ihm genannten Gründen - konkret aufgrund Grundstücksstreitigkeiten mit seinem Onkel - verlassen musste.

Festgestellt konnte werden, dass es eine erhoffte wirtschaftliche Besserstellung in Europa war, die den Beschwerdeführer zur Ausreise bewegte.

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Indien, insbesondere dem Punjab, wird Folgendes festgestellt:

Indien ist mit über 1,3 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 23.1.2019; vgl. AA 18.9.2018). Die Zentralregierung hat im indischen Föderalsystem deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten. Indien verfügt über 29 Bundesstaaten und sechs Unionsterritorien (AA 11.2018a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 20.4.2018). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 11.2018a).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 18.9.2018), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 11.2018a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 18.9.2018). Das oberste Gericht (Supreme Court) in New Delhi steht an der Spitze der Judikative und wird gefolgt von den High Courts auf Länderebene (GIZ 3.2018a). Die Pressefreiheit ist von der Verfassung verbürgt, jedoch immer wieder Anfechtungen ausgesetzt (AA 9.2018a). Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 11.2018a).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 20.4.2018). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 18.9.2018).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 20.4.2018). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2017 ist Präsident Ram Nath Kovind indisches Staatsoberhaupt (AA 11.2018a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 3.2018a).

Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 18.9.2018). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP - Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 3.2018a; vgl. FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 18.9.2018). Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis "National Democratic Alliance" (NDA) mit der "Bharatiya Janata Party" (BJP) als stärkste Partei (282 Sitze) die Kongress-Partei an der Regierung ab (AA 18.9.2018). Die BJP holte sie nicht nur die absolute Mehrheit, sie ließ auch den bislang regierenden Indian National Congress (INC) weit hinter sich. Der INC kam nur noch auf 46 Sitze und erlitt die schlimmste Niederlage seit der Staatsgründung 1947. Wie es mit dem INC mit oder ohne die Familie Gandhi weitergeht, wird abzuwarten sein. Die Gewinne der Wahlen im Punjab, Goa und Manipur sowie das relativ gute Abschneiden in Gujarat sind jedenfalls Hoffnungsschimmer, dass die Zeit der Kongresspartei noch nicht vorbei ist (GIZ 13.2018a). Die Anti-Korruptionspartei (AAP), die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang 2014 landesweit nur vier Sitze (GIZ 3.2018; vgl. FAZ 16.5.2014). Der BJP-Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt und steht seither einem 26-köpfigen Kabinett (mit zusätzlichen 37 Staatsministern) vor (AA 18.9.2018).

In Indien wird im Zeitraum zwischen April und Mai 2019 wiedergewählt. Der genaue Zeitplan ist jedoch noch unklar. In den Umfragen liegt der hindu-nationalistische Premier Narendra Modi mit seiner BJP vorne (DS 1.1.2019).

Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 3.2018b).

Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktive Außenpolitik. Der außenpolitische Kernansatz der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" ergänzt. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und als aufstrebende Gestaltungsmacht die zunehmende verantwortliche Mitgestaltung regelbasierter internationaler Ordnung (AA 11.2018b). Ein ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 3.2018a). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an, wobei nicht zuletzt Alternativkonzepte zur einseitig sino-zentrisch konzipierten "Neuen Seidenstraße" eine wichtige Rolle spielen. In der Region Südasien setzt Indien zudem zunehmend auf die Regionalorganisation BIMSTEC (Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation). Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft und Mitglied im "Regional Forum" (ARF). Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. Die Shanghai Cooperation Organisation (SCO) hat Indien und Pakistan 2017 als Vollmitglieder aufgenommen. Der Gestaltungswille der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) schien zuletzt abzunehmen (AA 11.2018b).

In den Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich in den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst. Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmir-Problem (AA 11.2018b).

Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 3.2018a).

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze. Indien kontrolliert die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs und war historisch maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs während seines Unabhängigkeitskrieges beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert. Die Beziehungen des Landes zur EU sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner Indiens. Der Warenhandel in beide Richtungen hat sich faktisch stetig ausgeweitet (GIZ 3.2018a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (11.2018a): Indien, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/-/206048, Zugriff 23.1.2019

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AA - Auswärtiges Amt (11.2018b): Indien, Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/-/206046, Zugriff 23.1.2019

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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