TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/16 W171 2221814-3

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Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W171 2221814-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor Morawetz, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 08.04.2019 aus der Schweiz nach Österreich rücküberstellt und nach der Ankunft im Bundesgebiet festgenommen. Am selben Tag brachte er einen Asylfolgeantrag ein.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt bzw. BFA) hat mit Bescheid vom 09.04.2019 über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Diesbezüglich verwies das Bundesamt auf eine rechtskräftige Vorstrafe wegen Vermögens- und Suchtmitteldelikten. Hinsichtlich der Begründung der Fluchtgefahr verwies das Bundesamt auf die Umgehung/Behinderung einer Abschiebung durch illegale Ausreise und das Bestehen einer (früheren) rechtskräftigen Rückkehrentscheidung sowie die fehlende Verankerung im Bundesgebiet. In Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung wurde insbesondere die Straffälligkeit und die potenzielle Gefährlichkeit des Beschwerdeführers thematisiert. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.07.2016 wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat verbunden. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

4. Am 13.06.2019 wurde der Beschwerdeführer einer Delegation seines Herkunftsstaates zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) vorgeführt. Dabei wurde er als algerischer Staatsbürger identifiziert. Allerdings sei noch eine Identitätsüberprüfung in Algerien notwendig. Diese Überprüfung ist aktuell noch nicht abgeschlossen.

5. Am 29.07.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft vor. Im Vorlageschreiben wurde auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 2010 hingewiesen. Eine Entscheidung Algeriens werde aufgrund der internen Organisation der Botschaft und der dortigen Behörden nicht vor Anfang September erfolgen. Das Bundesamt werde zu diesem Zeitpunkt jedenfalls eine Entscheidung urgieren.

6. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnis vom XXXX , fest, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorlagen und diese auch verhältnismäßig waren.

7. Am 19.08.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur neuerlichen gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft vor. Im Vorlageschreiben verwies das Bundesamt auf eine zwischenzeitlich ergangene strafgerichtliche Entscheidung und bestätigt die beabsichtigte Urgenz im HRZ-Verfahren.

8. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnis vom XXXX , neuerlich fest, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vorlagen und diese auch verhältnismäßig waren.

9. Am 10.09.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur neuerlichen gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft vor. Im Vorlageschreiben verwies das Bundesamt auf zwei mittlerweile ergangene Urgenzen (27.08.2019 und 10.09.2019) bei der algerischen Botschaft hinsichtlich des ausständigen Heimreisezertifikates. Eine wesentliche Änderung der haftbegründenden Umstände habe sich in der Zwischenzeit nicht ergeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine (aktuelle) rechtskräftige Rückkehrentscheidung nach Algerien vor. Die algerische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist unstrittig und von der algerischen Botschaft bestätigt; seine tatsächliche Identität wird derzeit - in Hinblick auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) - von den algerischen Behörden geprüft. Mit einer diesbezüglichen Entscheidung kann realistisch im September 2019 gerechnet werden.

1.2. Der Beschwerdeführer hat sich im Verlauf seiner Asylverfahren und des Aufenthalts in Österreich als insgesamt nicht kooperativ und nicht vertrauenswürdig erwiesen. Er wurde im Juli 2014 wegen Vermögens- und Suchtmitteldelikten zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe (18 Monate, davon 12 Monate bedingt) verurteilt. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichtes vom 23.07.2019 von der Anklage der absichtlichen schweren Körperverletzung freigesprochen.

1.3. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht nach wie vor. An der bisherigen Dauer trifft das Bundesamt keine Schuld. Diese ergibt sich aus den erforderlichen administrativen Abläufen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, da der Beschwerdeführer (nach eigenen Angaben) über keine Personaldokumente verfügt beziehungsweise diese 2010 jedenfalls nicht aus Algerien mitgenommen haben will.

1.4. Der Beschwerdeführer ist nicht Asylwerber; es kommt ihm kein faktischer Abschiebeschutz zu. Er ist in Österreich in keiner Form integriert, verfügt nur über geringfügige Deutschkenntnisse und keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Zudem verfügt er über keine gesicherte Unterkunft und war im Bundesgebiet seit Oktober 2010 (bis zur Anordnung der Schubhaft) ausschließlich in Polizeianhaltezentren und einer Justizanstalt gemeldet. Vom Vorwurf der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung (betreffend einen Vorfall vom Februar 2015) wurde er zwischenzeitlich rechtskräftig freigesprochen. Gegenwärtig verfügt er über ein Barvermögen von rund 300 Euro. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig. Er erhält laufend Schubhaftbetreuung und hatte sowohl unmittelbar nach Anordnung der Schubhaft, als auch am Tag der Erlassung der Entscheidung im Asylfolgeverfahren sowie zuletzt vor wenigen Tagen Schubhaftbetreuungstermine.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren - insbesondere den rechtskräftigen Asylentscheidungen und den (mit Dokumenten belegten) Ausführungen des Bundesamtes zum gegenwärtig laufenden HRZ-Verfahren mit Algerien. Der derzeit absehbare Zeithorizont für die HRZ-Ausstellung ergibt sich aus den übermittelten Informationen der algerischen Botschaft (Überprüfungserfordernis, Urlaube) und dem Gerichtswissen hinsichtlich derartiger Überprüfungen, die in vielen Fällen einige Monate dauern können.

2.2. Die Feststellungen zum Verhalten des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage. Die strafrechtliche Verurteilung ist einer rezenten Abfrage im Strafregister entnommen. Aktenkundig (durch übermittelte Ladungen, Anklageschrift, etc.) ist auch die Beendigung des Strafprozesses betreffend den Beschwerdeführer.

2.3. Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates. Der Asylfolgeantrag des Beschwerdeführers ist zudem vor mehr als zwei Monaten rechtskräftig zurückgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat verbunden worden.

Der Grund für die Länge der Anhaltedauer liegt im Kern in der vom Beschwerdeführer verursachten Notwendigkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikats und insbesondere der erforderlichen Identitätsprüfung in Algerien. Würde der Beschwerdeführer über ein Personaldokument verfügen, hätte die Schubhaft wahrscheinlich schon (durch Abschiebung/freiwillige Ausreise) beendet werden können. Diese Umstände sind jedenfalls nicht dem Bundesamt vorzuwerfen; die Verantwortung dafür trägt der Beschwerdeführer selbst. Es steht ihm frei, den behördlichen Prüfungsvorgang in Algerien durch konkrete, leicht überprüfbare Angaben wesentlich zu beschleunigen, was er jedoch bisher unterlassen hat.

2.4. Der rechtskräftige Abschluss des jüngsten Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Diese Umstände wurden vom Beschwerdeführer auch nie bestritten. Hinsichtlich des strafrechtlichen Freispruches befinden sich die gerichtlichen Dokumente im Akt. Seine bisherigen Meldeadressen ergeben sich aus einer rezenten Nachschau im Zentralen Melderegister (ZMR). Das Barvermögen des Beschwerdeführers ist aus der Anhaltedatei ersichtlich. Hinweise für ein Fehlen der Haftfähigkeit sind im Verfahren nicht hervorgetreten. Die Rechtsberatungstermine sind in der Anhaltedatei aufgelistet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I.:

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

"§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde."

§22a Abs. 4 bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 09.04.2019 in Schubhaft angehalten wird.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:

Art 5 Abs. 1 lit. f EMRK

(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

§ 76 FPG (in der nunmehr gültigen Fassung)

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 80 FPG ("Dauer der Schubhaft") lautet:

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung nach in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Schubhaft anordnete, haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Eine eigenständige Beschwerde gegen den Bescheid oder die Anhaltung in Schubhaft hat bisher nicht stattgefunden. Hinsichtlich des HRZ-Verfahrens ist eine unverhältnismäßige Dauer ebenfalls nicht feststellbar. Die Zubringung in Schubhaft während der üblichen Ermittlungszeit von vier bis fünf Monaten ist dem Beschwerdeführer nach Ansicht des Gerichts in jedem Fall zumutbar und ist die Haft weiterhin als verhältnismäßig anzusehen. Insbesondere ist die festgestellte übliche Ermittlungszeit noch nicht überschritten. Für eine Änderung entscheidungsrelevanter Umstände gibt es keinen Hinweis.

Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann dementsprechend der bescheidmäßigen Ausführungen weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Neben der dafür erforderlichen hinreichenden persönlichen Vertrauenswürdigkeit - siehe dazu das unstrittige Vorleben des Beschwerdeführers in Österreich - fehlt es dem Beschwerdeführer überdies an hinreichenden finanziellen Mitteln für einen nunmehr erforderlichen Aufenthalt von mehreren Wochen (allenfalls wenigen Monaten), weshalb eine Sicherheitsleistung auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Für Gegenteiliges gab es im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen und sich diese zudem weiterhin als verhältnismäßig erweist.

Zu Spruchpunkt II. (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Mittellosigkeit,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2221814.3.00

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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