Entscheidungsdatum
02.09.2019Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art. 130 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG des Herrn MMag. Dr. A. B., Wien, C.-straße, vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Landespolizeidirektion Wien namentlich 1) die durch die Kriminalpolizei vom Handy des Beschwerdeführers mit der Nummer ...1 kopiert, sichergestellt (gespeichert) und ausgewerteten Daten (ausgenommen von Textnachrichten) sowie 2) die durch die Kriminalpolizei vom Handy der Frau DDr. D. B. mit der Nummer ...2 kopiert, sichergestellt (gespeichert) und ausgewerteten Daten, (ausgenommen von Textnachrichten) soweit es sich um Daten handelt, die Gespräche des Beschwerdeführers, insbesondere mit Geheimnisträgern (zB Rechtsanwälten) beinhalten
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und wird die über die Textnachrichten hinausgehende Sicherstellung bzw. Auswertung der Daten (Bilder, Videos udgl.) vom Mobiltelefon des Beschwerdeführers sowie die über die Textnachrichten hinausgehenden, sichergestellten bzw. ausgewerteten Daten betreffend die Gespräche des Beschwerdeführers, insbesondere mit Geheimnisträgern (zB Rechtsanwälten), vom Mobiltelefon der Ehefrau des Beschwerdeführers für rechtswidrig erklärt und aufgehoben.
2. Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde hat gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, dem Beschwerdeführer 737,60 Euro für Schriftsatzaufwand an Aufwandersatz binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten. Das Begehren auf Ersatz der Eingabegebühr (30,00 Euro) wird zurückgewiesen.
3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.
BEGRÜNDUNG
I.1. Mit dem am 21.05.2019 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangten Schriftsatz erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer eine Maßnahmenbeschwerde und brachte darin vor:
„Gegen die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Beamte der Landespolizeidirektion Wien, genauer Landeskriminalamt Wien, insbesondere Alnsp E. und PI F. G., sowie allenfallls weiteren Beamten des technischen Assistentdienstes des Landeskriminalamts seit 15.11.2018 bis dato erhebe ich binnen offener Frist nachstehende
Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 iVm Art 132
Abs 2 B-VG
wegen Verletzung in verfassungs- und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechen und beantrage
a. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
b. die Erlassung eines Erkenntnisses mit dem Ausspruch, dass der in Beschwerde gezogene Verwaltungsakte rechtswidrig waren und - soweit noch andauernd aufgehoben werde sowie
c. den Zuspruch der Stempelgebühren und allfälliger Fahrtkosten sowie der pauschalen Kosten gemäß § 35 VwGVG und schließlich
d. den Zuspruch einer allfälligen Beteiligtengebühr nach § 26 VwGVG iVm den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975.
A. Sachverhalt:
I)
Im Verfahren ... der Staatsanwaltschaft Wien wird gegen H. I., J. K. und L. M. ermittelt, dies wegen der §§ 201 ff StGB. Zugrundeliegend sind Anzeigen von DrDr. D. B., N. O. und P. Q..
Offenbar seit 17.11.2018 wird - kurz zusammengefasst - aufgrund von Eingaben dieser drei Beschuldigten (Gegenanzeigen) gegen DDr. D. B. wegen Verdachts der Verleumdung, Verdachts der falschen Beweisaussage vor Gericht und Verdacht des Betruges, gegen Dr. A. B. wegen Verdachts der Anstiftung zur Verleumdung, Verdachts der Anstiftung zur falschen Beweisaussage vor Gericht, Verdachts der beharrlichen Verfolgung, Verdachts der gefährlichen Drohung und Verdachts der Nötigung ermittelt, sowie gegen Frau N. O. wegen des Verdachts der Verleumdung und des Verdachts der falschen Beweisaussage vor Gericht, ermittelt.
Der Einschreiter ist sohin der Ehegatte eines Opfers, gleichzeitig aber auch Beschuldigter.
Gem. dem Anlassbericht des Landeskriminalamts Wien ON 19 im oben zitierten Akt wurden Ermittlungen hinsichtlich der Handynummer ...2, lautend auf DDr. D. B., und der Handynummer ...1, lautend auf die R. GmbH, geführt. Ersteres Handy ist grundsätzlich Frau Dr. D. B. zuzuordnen, wurde aber in der Folge - wie die Ergebnisse der Auswertungen zeigen, auch von Dr. A. B. ab und an verwendet. Das Handy ...1 wurde von Dr. A. B. verwendet.
Klarstellend sei hier ausgeführt, dass die vorliegende Beschwerde nur von Dr. A. B. erstattet wird.
II)
Unter anderem ging es bei diesen Ermittlungen darum, ob SMS bzw. Textnachrichten von den Ehegatten B. geschrieben wurden oder nicht bzw., ob sie von deren Handys versendet wurden. In diesem klar abgegrenzten verfahrensgegenständlichen Bereich war sohin nur das Faktum gefährliche Drohung durch SMS bzw. Nötigung durch solche zu untersuchen.
Am 15.11.2018 erfolgte die Einvernahme von Frau Dr. B. und Herrn Dr. B.. Gelegentlich dieser Einvernahme schlug der leitende Kriminalbeamte Amtsinspektor E. (Landeskriminalamt Wien ...) vor, dass die Genannten ihre Handys der Polizei übergeben sollen, damit überprüft werden kann, ob oder ob nicht von ihren Handys SMSe bzw. Textnachrichten an die Anzeiger (mit Drohungen) geschickt worden seien oder nicht. Es ging hier nur um das Faktum Nötigung bzw. gefährliche Drohung.
Damit erklärten sich beide Beschuldigte einverstanden, dies um zu beweisen, dass sie keine der inkrimminierten (Droh)-SMSe (textnachrichten) verschickt hätten.
Wie sich aus Aktenseite 15 der ON 19 (Anlassbericht) ergibt, wurde das Handy des Dr. A. B. am 19.11.2018 an den Assistenzdienst des LKA Wien übermittelt, wo die Daten gesichert werden. In der Folge sind diese vom Sachbearbeiter auszuwerten. Sinn und Zweck war, dass geklärt werden sollte, ob die Droh-SMSe vom Handy des Dr. A. B. versendet wurden oder nicht.
Die Übergabe des Handys hat sich so abgespielt, dass Herr Dr. B. von seiner Einvernahme mit seinem Handy zum nächsten Handy-Shop fuhr, dort auf seine Kosten ein neues Handy erwarb, die Daten auf dieses übertragen ließ und zurück zur Polizei fuhr, um sein Handy abzugeben. Dort war aber niemand mehr, und wurde vereinbart, dass die Polizei sich am nächsten Tag bei den Ehegatten zu Hause in der C.-straße das Handy abholen würde.
Es wurde explizit vereinbart, dass nur der Textnachrichtenverkehr angesehen wird, wobei aus Anlass der Übergabe am 16.11.2018 Herr Dr. B. gerade dabei war, andere Daten, die sich auf seinem Handy befanden, zu löschen.
Genauer ist Dr. B. folgendes in Erinnerung:
a) Am 15.11.2018 wurden Fr. Dr. Dr. D. B. und Hr. Dr. A. B. von Hrn. Alnsp. E. mit dem Vorwurf konfrontiert, (Droh-)sms an Hrn. M. versandt zu haben.
Der ermittelnde Beamte machte - aus Sicht Dr. B. - den Eindruck, als sähe auch er, dass der Schreibstil von Hrn. Dr. B. nicht zu dem in den Droh-sms angegebenen passt und machte - soweit Hrn. Dr. B. noch erinnerlich - sogar auf eine gravierende, von Hrn. Dr. B. übersehene Diskrepanz aufmerksam.
Dem Ehepaar Dr. B. war sehr daran gelegen, Aufklärung in diese Vorhaltung zu bringen und bot FREIWILLIG UND AUS EIGENEM ANTRIEB HERAUS an, der Polizei ihre Mobiltelefone auszuhändigen, um zur Aufklärung beitragen zu können.
Aus den Gesprächen mit Hrn. Alnsp. E. ging sowohl hinsichtlich der Einvernahme von Hrn. Dr. B., als auch seiner Ehefrau zweifelsfrei hervor, dass die Mobiltelefone ausschließlich hinsichtlich der getätigten Textnachrichten überprüft werden.
b) Hr. Dr. B. übergab dem Polizeibeamten S. E. anlässlich der Vernehmung vom 15.11.2018 freiwillig sein Mobiltelefon am 16.11.2018. Die Übergabe erfolgte ausschließlich zu dem Zweck, zweifelsfrei festzustellen, dass Hr. Dr. B. die inkriminierten (Droh-sms) an Hrn. M. nicht sandte.
Obwohl Fr. Dr. Dr. B. nicht einmal einer strafbaren Handlung bezichtigt wurde (Lediglich des Versandes von sms an Hrn. M.), übergab auch sie FREIWILLIG (mit der konkludenten Auflage, nur die Textnachrichten zu überprüfen) ihr Mobiltelefon.
c) Zu diesem Zweck fuhr Hr. Dr. B. sofort nach seiner Einvernahme am 15.11.2018 extra ein neues Handy kaufen, da 12 Tage später eine längere Urlaubsreise beginnen sollte und laut Hrn. Alnsp. E. die Auswertung nicht innerhalb von 12 Tagen vonstatten hätte gehen könnte.
Da Hr. E. nach Besorgung eines neuen Mobiltelefones an der Polizeiadresse nicht mehr anwesend war (frustrierter Zeitaufwand), wurde vereinbart, dass das Mobiltelefon am nächsten Tag in der Wohnung des Ehepaares B. abgeholt werden würde.
d) Am 16.11.2018 kam Hr. E. in Begleitung einer Kollegin von ihm und wurde schließlich das alte Mobiltelefon von Hrn. Dr. B. geliefert (Von einem Handyshop wurden Fotos/Videos auf das neue Mobiltelefon übertragen). Zu diesem Zeitpunkt anwesend waren Hr. Alnsp. E., eine Kollegin von ihm, Fr. Dr. Dr. D. B. und Hr. Dr. A. B.. Hr. Dr. B. wollte vor Übergabe Fotos/Videos löschen, da diese Dateien nichts mit der Sache zu tun hatten und private und intime Dinge zeigten, die niemand gerne fremden Leuten zeigt.
e) Nachdem Hrn. Dr. B. dies nicht gelang, bzw. er Angst hatte, daß dann diese Dateien auch auf seinem neuen Mobiltelefon gelöscht wären, oder aber auf seinem alten Mobiltelefon zu sehen wären, sagte er drei mal (!) explizit und unmißverständlich „Das ist es mir nicht wert“, woraufhin gesagt wurde, es gehe ihnen nur um die SMS; die Fotos/Videos würden nicht angeschaut, interessieren nicht, es wäre ohnehin keine Zeit dafür.
Anzumerken bleibt an dieser Stelle, dass Hr. Dr. B. auf seinen Fotos neben Aufnahmen seiner Familie, Freunde, Bekannte und der Ehefrau auch Passwörter abfotografierte, die selbstverständlich nicht fremde Leute sehen sollten.
Die Polizisten gaben sogar noch Tipps, wie Hr. Dr. B. die Fotos/Videos auf diesem Mobiltelefon löschen könnte, ohne diese (auf seinem neuen Handy) zu verlieren, was dieser dann auch tat.
BEWEIS: privates Protokoll hinsichtlich der Weigerung von Hrn. Dr. B., sein Mobiltelefon samt den darauf befindlichen Fotos/Videos, etc. auszuhändigen.
(Beilage./1)
f) Nachdem der Ratschlag der Polizisten, wie man die Fotos auf dem alten Mobiltelefon löschen könne, aber auf dem Neuen behalten könne, setzte Hr. Dr. B. diesen um und beobachtete, wie sich im Sekundentakt die Fotos/Videos löschten. Anschließend machte er noch Fotos der noch auf dem alten Mobiltelefon vorhandenen Apps und übergab danach sein altes Mobiltelefon.
Beweis: privates Protokoll des Gespräches zwischen Hrn. Alnsp. E., seiner Kollegin, Fr. DDr. B. und Dr. B.
h) Wie mittlerweile von Dr. B. eruiert werden konnte, konnten sich die Fotos/Videos auf dem Mobiltelefon des Hrn. Dr. B. wahrscheinlich deshalb nochmals hochladen, weil die Polizei aktiv den Flugmodus ausgeschalten hat und sich die Fotos/Videos daher nochmals hochluden und den Internetzugang des Handys wieder einschalteten. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Hr. Dr. B. aber EXPLIZIT NICHT WOLLTE, dass die Fotos/Videos eingesehen werden und wurde dies auch EXPLIZIT so vereinbart und stellte er dafür (auf Anraten der Polizei) AKTIV den Flugmodus ein. (Der ohne Zustimmung des Hrn. Dr. B. aber offenbar wieder ausgeschalten wurde.)
Alternativ ist ein Abbrechen des begonnen Löschvorgangs ebenso denkbar, wie die Softwaremäßige Wiederherstellung der Fotos und Videos durch das LKA.
Also auch hier erkennt man das AKTIVE TUN seitens der Kriminalpolizei, denn die zur Auswertung übergebenen Textnachrichten hätten auch mit weiter ausgeschaltenem Flugmodus eingeschaut werden können.
BEWEIS: Stellungnahme von Hrn. T. U. vom 29.4.2019 (Beilage./2)
i)Festgehalten werden muss, dass die Fotos/Videos aus dem intimsten Lebensbereich stammen, den es überhaupt gibt, nämlich von 2 Eheleuten, die teilweise Gespräche in der ehelichen Wohnung im ehelichen Bett geführt haben. Noch dazu waren die Eheleute aufgrund der Vorfälle vom 1 und 4.6.17 nachweislich und mehrfach gutachterlich bestätigt schwerst traumatisiert und kann es nicht sein, dass derartige Daten ohne Genehmigung und gesetzlicher Grundlage eigenmächtig eingesehen werden, noch dazu, weil diese Daten in keinerlei Zusammenhang mit den inkriminierten (Droh-)sms sein konnten (aus dem bloßen Vorhandensein einer Foto/Video-App kann man wohl schwer darauf schließen, dass sms abgesetzt wurden) und stellte sich wenig überraschend heraus, dass die Fotos und Videos für die Aufklärung der Versendung der (Droh-)sms keinerlei Bedeutung haben.
j)Überhaupt sollte nicht vergessen werden, dass die Kriminalpolizei Daten auswertete, die teilweise aus dem Jahr 2017 stammten, also ca. 1 Jahr, BEVOR das Ehepaar B. Hrn. M., der die inkrimminierten Textnachrichten angeblich bekam, kennenlernte und kann alleine dadurch keinerlei kausaler Zusammenhang mit den inkriminierten (Droh-)sms gegeben sein
k) Es lag weder Gefahr im Verzug und auch keine Verhältnismäßigkeit vor, es gab auch keine aus dem Akt ersichtliche Anordnung des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft.
l) Die Verwendung von Nacktfotos der Ehegatten B. im Zuge des Besuches eines Sado-Maso Kurses, der mit den gegenständlichen Vorwürfen nichts zu tun hat, ist außerdem überschießend und greift unzulässig in Persönlichkeitsrechte ein; zumal die genannten vor allem Opfer der angezeigten Vorfälle sind. Daher ist es unzulässig derartige Fotos zum Akt zu nehmen und allen Parteien zugänglich zu machen; Stattdessen könnte man ohne weiteres einen Aktenvermerk, beschreibend den Inhalt der Fotos zum Akt nehmen, und diese selbst zumindest von der Akteneinsicht ausnehmen.
Konkret sagten die Ehegatten B. zu den Polizisten bei Übergabe der Handys sinngemäß „Die Fotos, die Fotos tun mir sehr weh“. Die anwesende Kollegin von Amtsinspektor E. sagte konkret „Glaubens mir das, die wird sich keiner anschauen, weil sich keiner dafür interessiert von der IT-Abteilung, und auch das interessiert die nicht. Die haben auch nicht die Zeit, dass sie sich das anschauen. Ich verstehe sie .... Nein, Nein, ich verstehs - würds auch nicht wollen“. Vor allem auch Frau Dr. B. wollte die Fotos gelöscht haben.. Herr Amtsinspektor E. wollte aber nicht warten, weil es um ca. 14.000 Fotos ging. Unter anderem sagte die Kriminalpolizei: „Ich schwöre, mich interessiert das nicht. Die einzige Sorge, die ich habe ist, aufs Klo gehen, die Einvernahme und nach Hause.“. Auch sagte Ainsp E. ausdrücklich „Heute machen wir eh nichts mehr und morgen wird es wahrscheinlich schon gelöscht sein“.
Zusammenfassend war es so, dass von der Kriminalpolizei seitens des leitenden Amtsinspektors und seiner Kollegin ausdrücklich zugesagt wurde, dass lediglich der Textnachrichten-Verkehr angeschaut werden würde, nicht aber die Fotos und andere Daten (Videos). „Es geht nur darum“
Es findet sich dann am 17.11.2018 mit der Aktenzahl 11 im Amtsvermerk gem. § 95 StPO folgende Aufzeichnung des Amtsinspektors E.:
„Da die Übermittlung der Droh-SMSe von Dr. A. B. im Zuge der Beschuldigtenvernehmung vehement bestritten worden sind, wurde von diesem angeboten, dass er sein Mobiltelefon freiwillig zur forensischen Auswertung an die Sachabteilung übergibt. Dr. B. ersucht jedoch, dass mit der Sicherstellung noch einen Tag bis zum 16.11. zugewartet wird, damit er sich ein neues Mobiltelefon kaufen und seine bestehenden Daten auf das neue Handy überspielen kann. Am 16.11.2018, um 15:30 Uhr, begaben sich PI F. G. und der Gefertigte zur Wohnanschrift des Beschuldigten, um dessen Mobiltelefon sicherzustellen. Von Dr. A. B. wurde vor der Übergabe die privaten Videos und Fotos vom Mobiltelefon gelöscht.
(Anmerkung: Das ist insoweit unrichtig, als lt Information Dr. A. B. der Löschvorgang offensichtlich noch im Gange war bei der Übergabe und bis zur Weiterleitung an das LKA - also vor Sicherung und Auswertung - beendet werden hätte sollen)
Im Zuge der Übergabe wurde von Dr. D. B. angegeben, dass sie sich einen Einzelgesprächsauszug von ihrem Telefon besorgt und aus diesem ist ersichtlich, dass sie das betreffende SMS am 25.6.2018, Beilage./38, Seite 27, nicht von ihrem Mobiltelefon aus übermittelt hat.“
Aus einem weiteren Amtsvermerk, allerdings ohne Aktenseite, vom 23.11.2018, ergibt sich, dass die Mobiltelefone am 23.11. wieder den Ehegatten B. ausgefolgt wurden.
In ON 33, Anlassbericht vom 17.10.2018, findet sich folgender Satz: „Vom Beschuldigten, Dr. A. B., wurde sein Mobiltelefon mit der Einschränkung freiwillig herausgegeben, dass er seine Lichtbilder und Videos löschen darf. Da diese Dateien für die Sachbearbeitung von geringer Bedeutung waren und das vordringliche Interesse der Sachbearbeitung den SMS- bzw. WhatsApp-Nachrichten galt, wurde diesem Ersuchen vom Gefertigten entsprochen.
(Anmerkung: Laut Dr. B. wurde der Löschvorgang vor der Übergabe nur eingeleitet aber nicht abgeschlossen.)
Aus diesem Grund wurden sämtliche Video- und Bilddateien vom Beschuldigten im Beisein des Gefertigten von seinem Mobiltelefon gelöscht.
In der Folge wurde dem Beschuldigten mitgeteilt, dass eine 1:1 Kopie des Mobiltelefons angefertigt worden sei. Der Beschuldigte wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass sämtliche auf dem Mobiltelefon befindlichen Daten gesichert und in der Folge (falls notwendig) auch ausgewertet werden.
Damit war Dr. A. B. einverstanden. Im Zuge der forensischen Sicherung des Mobiltelefons des Dr. A. B. konnte festgestellt werden, dass sich die zuvor gelöschten Video- und Bilddateien wieder auf dem Mobiltelefon befunden haben.
Aus diesem Grund ergeht nun das Ersuchen um Sicherstellung dieser Daten, zumal im Zuge der Auswertung bereits festgestellt werden konnte, dass zumindest einige Dateien für die weitere Beweisführung von Interesse sein könnten.“
Eine ausdrückliche Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft ist dem Akt (Antrags- und Verfügungsbogen nicht zu entnehmen), Dennoch wurden die Auswertungen verschriftlich und als ON 41 und 42 sowei 52 zum Akt genommen.
Selbstverständlich hat Dr B. die Ankündigung Des Ainsp E. bei der Rückstellung der Handys, „falls erforderlich erfolgt eine Auswertung“ nur und ausschließlich auf Textnachrichten bezogen, sowie zuvor vereinbart.
Am 5.4.2019 fand die Einvernahme von Frau DDr. D. B. statt. Gelegentlich dieser Einvernahme erfuhren deren damalige Rechtsfreunde und damit gleichzeitig auch ihr Ehegatte, der von einem dieser Rechtsfreunde ebenfalls vertreten wird, dass entgegen der getroffenen Vereinbarung im Zeitraum 2018 bis März 2019 59.160 Bilder, sowie 3.456 Videos auf dem von Herrn Dr. A. B. freiwillig zur Verfügung gestellten Iphone 7 durch Herrn Amtsinspektor S. E. - entgegen der mit ihm getroffenen Vereinbarung, dass diese Daten nicht angesehen werden - gesichtet und ausgewertet wurden. Die angegebene Anzahl ist viel zu hoch.
Diese Videos umfassen offensichtlich den Zeitraum zwischen dem 1. und 4.6.2017 bis Juni 2018, und umfassen Gespräche zwischen den Ehegatten Dres. B., Dr. B. und Frau N. O. (ON 41). In ON 41 findet sich auch noch auf der Seite 64 ff eine Aufzeichnung eines Telefongespräches zwischen Dr. A. B. und dessen Rechtsbeistand ..., aufgenommen offensichtlich auf einem Handy der Dr. D. B. vom 28.6.2018 (übertragen und aufgenommen am 27.3.2019). Offensichtlich wurden diese Daten gem. dem nie bewilligten Antrag ON 33 von der Staatsanwaltschaft dennoch zum Akt genommen, weil diese irrtümlich von bewilligungsfreien Zufallsfunden ausging. Ein Zufallsfund würde aber voraussetzen, dass er ohne aktives Zutun der Kriminalpolizei zustande gekommen ist. Das liegt hier aber nicht einmal nach deren Ansicht vor. (siehe On 33) Die ausgewerteten Daten finden sich nunmehr in den Ordnungsnummern 41 und 42, sowie in ON 52 (Bilder, zeigend die Ehegatten B. in einem Sadomaso-Studio). Von letzteren - dh deren Inhalt (ON52) erfuhren die Ehegatten erst später, gelegentlich einer vorgenommen Akteneinsicht. Zuvor hieß es nur es gäbe auch Fotos.
Diese Vorgangsweise der Kriminalpolizei war und ist rechtswidrig, zumal noch immer die rechtswidrig ermittelten Daten bei Kriminalpolizei vorhanden sind und teilweise an das Gericht in verschriftlichter Form weitergeleitet wurden. Die Kriminalpolizei hat sohin - offensichtlich alle Daten ausgewertet, einen ihr wesentlich erscheinenden Teil verschriftlicht und an das Gericht weitergeleitet.
Gegen all diese Maßnahmen erhebe ich fristgerecht
MAßNAHMENBESCHWERDE
Und begründe diese, wie folgt:
Zunächst ist auszuführen, dass ein faires Verfahren voraussetzt, dass eine Partei sich auf das Wort des ermittelnden Beamten verlassen können muss. Dadurch, dass die beiden Polizisten, Amtsinspektor E. und seine Assistentin, zusagten, dass sich weder sie noch das LKA (Assistenzdienst) für Fotos und Videos (gemeint sind Aufzeichnungen von Gesprächen, sei es Telefonaten, sei es Videos über Gespräche) interessieren würde und diese daher nicht ausgewertet würden, ist davon auszugehen, dass die Übergabe des Handys bzw. der Daten in diesem Umfang insoweit nicht freiwillig erfolgte bzw zur Auswertung anderer Daten als textnachrichten keine Zustimmung erfolgte.
Schließlich wurde ein Löschvorgang begonnen, und hat sich der einschreitende Polizeibeamte auch bereit erklärt, diesen noch fertig laufen zu lassen, bis er schließlich das Handy an das LKA zur Auswertung übergibt.
Nicht aus dem Akt unmittelbar erhellend sind zwei denkbare Varianten:
Entweder das LKA hat das gesamte Handy gescannt und damit auch die gelöschten Daten und diese - was softwaremäßig leicht möglich ist - „wieder zum Leben erweckt“, oder aber, das Handy wurde (unzulässiger Weise) wieder so in Betrieb genommen, dass eine Verbindung zur icloud hergestellt (durch Inbetriebnahme des Internetanschlusses) und von dieser rückgesichert (synchronisiert) wurde.
Mit beiden Maßnahmen (nämlich der Aufhebung der vereinbarungsgemäß vorgenommenen bzw. eingeleiteten Löschung), deren allfälliger Unterbrechung bzw. dem Wiedersynchronisieren aus der icloud waren die Ehegatten B. jedenfalls nicht einverstanden. Daraus folgt, dass die Auswertung und Übergabe nicht auf einem freiwilligen Akt beruht, sondern auf einem Hoheitsakt, der nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zulässig gewesen wäre.
Dass diese nicht zur Anwendung kommen, ergibt sich schon alleine daraus, dass alle diese Maßnahmen einen dringenden Verdacht dahingehend voraussetzen, dass sich solche Daten überhaupt auf einem Handy befinden, und dieser lag von vornherein nicht vor, vor allem deshalb, weil sich beide Ehegatten B. damit einverstanden erklärten, dass - zum Nachweis, sie hätten keine Droh-SMSe verschickt - der SMS-Verkehr ausgewertet werden hat dürfen.
Nun ist es grundsätzlich so, dass sich Parteien auf die Zusage/ Belehrung/ Auskunft eines Beamten bzw. der Staatsanwaltschaft oder eines Richters verlassen können müssen, kann doch sonst von der Führung eines fairen Verfahrens nicht mehr ausgegangen werden. Grundsätzlich muss man dem Wort eines Beamten vertrauen können. Zusagen sind jedenfalls einzuhalten, wird doch sonst das Vertrauen in die Rechtspflege schwer gestört - und dies alles unabhängig davon, ob solche Zusagen grundsätzlich zulässig sind oder nicht.
Des Weiteren hat die Verwendung dieser Daten für die Frage Droh-SMS keinen Beweiszweck, ist also unverhältnismäßig.
Wie sich aus der Genesis des Sachverhalts ergibt, kam es Anfang Juni 2017 zu Vorfällen, die das bis dahin gelebte symbiotische Verhältnis der Ehegatten B. schwer erschütterten, und zu psychisch schwer krankhaften Veränderungen bei beiden führten, die auch tatsächlich von Fachleuten diagnostiziert und behandelt wurden. Erst im Laufe der Zeit verdichtete sich der Verdacht auf Verabreichung von GHB-Tropfen und wurde schließlich aus Sicht der Ehegatten B. zur Gewissheit.
Die hier aufgezeichneten Gespräche sind also Gespräche zwischen schwer kranken Persönlichkeiten, noch dazu intime eheliche Gespräche, die dem Schutz der Intimsphäre und der Privatsphäre zur Gänze unterliegen.
Derartige Gesprächsaufzeichnungen hätten niemals ausgewertet werden dürfen, widerspricht doch all dies den §§ 134 ff StPO.
Dabei macht es keinen Unterschied, ob derartige Gespräche direkt abgehört werden, oder elektronische Aufzeichnungen darüber ausgewertet werden.
Dabei haben im Sinne der Wahrung eines fairen Verfahrens, im Sinne des § 10 StPO die beteiligten Behörden auf die besonderen Interessen und besonderen Schutzbedürfnisse der Opfer von Straftaten angemessen Bedacht zu nehmen, wobei auch im Sinne des § 6 StPO für Beschuldigte gilt, dass auf die Achtung der persönlichen Würde Rücksicht zu nehmen ist.
Mit anderen Worten: Es ist ganz besonders darauf zu achten, dass Vereinbarungen über die Verwendung sensibler Daten eingehalten werden, und dass insbesondere die für den Verfahrenszweck nicht erforderliche Auswertung von Fotos und Gesprächen unterbleibt und selbst wenn, sind gelindere Mittel ausreichend, wie zB im Hinblick auf sensible Fotos eine einfache textliche Bildbeschreibung.
Noch dazu handelt es sich Momentaufnahmen, aus denen keine abschließend relevanten Schlüsse gezogen werden können.
III)
Hinsichtlich der Auswertung eines Gespräches zwischen Dr. A. B. und seinem Rechtsfreund ist insbesondere auf § 157 Abs. 1 Z 2 StPO zu verwiesen, ein Recht, das auch nicht umgangen werden darf, und dies bei sonstiger Nichtigkeit, durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherte Informationen oder durch Vernehmung der Hilfskräfte oder der Personen, die zur Ausbildung an der berufsmäßigen Tätigkeit nach Abs. 1 Z 2-4 teilnehmen.
Dabei ist es gleichgültig, ob diese Informationen vom Beschuldigten, von ihm auf dem Handy seiner Gattin, oder von dieser, oder gar durch den Parteienvertreter selbst gespeichert wurden.
Immer ist das Gespräch Anwalt-Klient geschützt und kann sohin nicht zum Aktenbestandteil gemacht werden. Eine Verwertung wäre mit Nichtigkeit sanktioniert.
IV)
Unzulässig ist auch die „zur Aktnahme“ einer Lichtbildbeilage (ON 52), zeigend den Besuch der Ehegatten B. bei einer Domina.
Naturgemäß wendet sich Dr. B. in diesem Zusammenhang nur gegen die „zur Aktnahme“ jener Bilder, die seine Person alleine oder gemeinsam mit seiner Gattin abbilden.
Die Lichtbildbeilage stammt vom 9.11.2018, daher stammen die Aufnahmen von mehr als einem Jahr nach den gegenständlichen Vorfällen.
Sie zeigt lediglich, dass die Ehegatten B. eine Domina besucht haben, dies mit dem Ziel, von ihr Informationen über das „Würgen“ zu bekommen. Das steht alles auch nicht im Widerspruch mit der Aussage der Beschuldigten Dr. B. in der kontradiktorischen Einvernahme.
Konkret hat sich dieser Besuch lt. Information des Herrn Dr. B. im Kern abgespielt, wie folgt:
Die Ehegatten B. haben im Internet bezüglich des Würgefetisch (wegen Hrn. I.) gegoogelt; wahrscheinlich kamen sie irgendwann einmal aufgrund des Wortes „Fetisch“ auf die Website der Domina und nachdem sie bereits alles Mögliche unternahmen, um zu beweisen, dass das „Von-Haus-aus-Würgen“ nicht normal ist (Stellungnahme Sexualarzt, Infos. Von Bekannten, Fragen von Prostituierten) kamen sie auf die Idee, quasi eine Domina, da es in diesem Beruf ja um Fetische geht, zu kontaktieren. Da wohl klar ist, dass man nicht einfach eine fremde Domina anruft und von dem Erlebten erzählt und um eine Stellungnahme ersucht und sahen, dass diese Dame Kurse für „Dominus“ anbietet beschlossen sie, einen solchen Kurs zu machen, um anschließend mit der Dame sprechen zu können. So kam es dazu, dass sie sich diesen „Spaß mit ernstem Hintergrund“ erlaubt haben. Erstens ist so etwas sicher nicht strafbar, zweitens gab es ja eine Intention dahinter und drittens haben sie von Juni 2017 bis dahin so viel teils auch „Verrücktes“ durchgemacht, dass sie nichts mehr wirklich etwas schocken konnte. So war es dann auch, die Dame zeigte, wie man fesselt und auspeitscht. Das klingt alles absurd und steht fest, dass den Ehegatten B. - nach eigenen Angaben - NICHTS davon gefällt, aber sie haben sich gesagt: Die Dame wird definitiv wissen, ob so etwas noch unter Fetisch fällt, oder krank ist. Die ganze Zeit war surreal, aber es ist nichts Schlimmes passiert, sie haben „mitgespielt“ und nach der „Kursstunde“ haben sie die Dame gebeten, ihnen noch zuzuhören und haben ihr kurz die Geschichte erzählt. Diese war schockiert. Sie sagte zB, dass sie einen Kunden hat, der auf extrem schlanke, junge Mädchen mit auffallend kleinen Brüsten steht. Wieso: Weil dieser Herr ein Pädophiler ist, dies aber zum Glück nicht auslebt, so aber seine Vorstellungen hat. Das, was Hr. I. aber offenbar macht, sei - nach Meinung der Domina - nicht normal, auch nicht grenzwertig, sondern gehört abgestellt, denn das kann ganz, ganz schlimme Folgen haben. Zum Abschluss übergab die Dame ein Zertifikat. Die Ehegatten B. haben sie nie wieder gesehen und haben auch kein Interesse daran, Sado-Masopraktiken auszuleben.
Beweis: Schulungszertifikat (Beilage ./3)
Schreiben vom 12.11.2018 (Ist bereits Beilage AHC des „Memos“; Beilage ./4)
Einvernahme der Ehegatten B.
Insgesamt hat das mit den vorgeworfenen Fakten vom 1. und 4. 6.2017 (!) geradezu nichts zu tun.
Ein offenbarer Widerspruch zu den Angaben der Beschuldigten DDr. B. in der kontradiktorischen Vernehmung ist auch nicht zu erkennen. Sie kannte offenbar die Fotos nicht bzw. war sich bei ihren Antworten nicht bewusst, dass es diese gibt. Bei der Fülle von Unterlagen, Videos und Fotos (mehrere Tausend) ist das auch nicht weiter verwunderlich. Das Material ist bereits so umfangreich, dass man sich dieses jedesmal genau auch wiederholt ansehen muss, danach dieses zunächst zeitlich einordnen und erst nach längerem Nachdenken dazu inhaltlich etwas sagen kann. In wenigen Sekunden ist das nicht ausreichend möglich. Daher ist der Beweiswert der Lichtbilder in Bezug auf die kontradiktorische Einvernahme (Seite 67) gleich null, jedenfalls ist die „Auflage“ dieser Fotos im Akt unverhältnismäßig im Vergleich zum daraus allenfalls zu gewinnenden Beweiswert für einen völlig unbedeutenden Nebenaspekt der ganzen Angelegenheit. Ob „Würgen“ krankhaft ist kann - für das Verfahren relevant - sowieso nur ein Sachverständiger sagen. Meinungen Dritter oder der Parteien sind hier von sehr geringer Bedeutung.
Jedenfalls ist Herr Dr. B. berechtigt, da er zur Auswertung der Lichtbilder keine Zustimmung erteilt hat, und durch diese überwiegend in seine Privat- und Intimsphäre unzulässig eingegriffen wird, zu verlangen, dass diese Lichtbilder - soweit sie seine Person allein oder gemeinsam mit seiner Frau zeigen - aus dem Akt entfernt oder doch zumindest von der Akteneinsicht ausgenommen werden.
Beweis:
- Privates Protokoll über das Gespräch vom 16.11.2018 in der C.-straße, Wien (Beilage ./1)
- Einvernahme Dr. A. B.
- Alnsp E.
- PI F. G.
- Einvernahme der DDr. D. B.
- Akt ...
Zu Rechtzeitigkeit ist auszuführen, dass erst gelegentlich der Einvernahme vom 5.4.2019 bekannt wurde, dass entgegen der getroffenen Vereinbarung auch nicht Textnachrichten kopiert, abgespeichert und ausgewertet wurden.
Da insoweit die Übergabe nicht freiwillig erfolgte und nur Tätigkeiten der Kriminalpolizei (zB Stoppen des Löschvorgangs, Ausschalten des Flugmodus und damit Auslesen der Icloud, oder Aufhebung der Löschung) zur Lesbarmachung der Daten geführt haben können, liegen auch keine verwertbaren Zufallsfunde vor. Würde man das anders sehen, könnte die Kriminalpolizei ohne Bindung an das Gesetz in dieser Richtung ermitteln, wie sie will, sohin willkürlich handeln und die einschlägigen - diese beschränkenden Vorschriften - hätten überhaupt keinen Sinn.
Vielmehr wurden die Bestimmungen der §§ 110 StPO ff verletzt und überdies in die verfassungsrechtlich geschützten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie auf ein faires Verfahren und des Datenschutzes unzulässig und von Seiten der Kriminalpolizei eigenmächtig und daher unzulässig eingegriffen.
Die Übergabe erfolgte nur zur Beweisführung hinsichtlich der Nichtverfassung und Versendung von Droh-SMS bzw sonstigen Textnachrichten. Das ergibt sich ganz eindeutig aus dem Akt.
Es war ganz klar vereinbart, dass keine Einsicht in andere Daten erfolgt, und muss eine Partei auf das Wort der einschreitenden Beamten - noch dazu besonders in diesem Bereich - vertrauen können.
Die Auswertung steht nicht mit § 110 Abs 1 Z1 StPO in Einklang, welcher die Erforderlichkeit für eine Beweisführung voraussetzt, zumindest aber eine konkrete Vermutung, dass die Daten für ein bestimmtes Verfahren erforderlich sind. Unzulässig ist eine Sicherstellung und Auswertung, wenn sie erst zur Gewinnung eines zum Beginn des Verfahrens führenden ausreichenden Anfangsverdachts dienen soll.
Im vorliegenden Fall sollte die Auswertung der Daten nur zur Ausräumung des Verdachts auf Versendung von inkrimminierten Textnachrichten erfolgen, welcher Verdacht eindeutig ausgeschlossen werden konnte. Die Auswertung weiterer Daten war jedenfalls bei der gebotenen ex ante Betrachtung unzulässig.
Die Auswertung der privaten Videos und Fotos sowie Sprachdateien war zur Klärung des Tatvorwurfs Nötigung bzw. Drohung nicht von Bedeutung. Dass die Krimminalpolizei dennoch
• ohne jedlichen Anfangsverdacht
• ohne Zustimmung und entgegen einer ausdrücklichen Vereinbarung
• ohne gerichtliche oder staatsanwaltliche Anordnung und
• ohne gesetzlicher Grundlage
die Daten auswertete und dann als Zufallsfunde darstellte (ON36) verstößt nicht nur gegen das subjektive Recht auf Einhaltung des Gesetzes (zB §§ 6 und 10 StPO, §§ 110, 134ff, 152 StPO, sondern auch gegen die Grundrechte auf Datenschutz, Wahrung der Privat- und Intimsphäre und ein faires Verfahren). Es liegt ein massiver Grundrechtsverstoß vor.
Eine autonome krimminalpolizeiliche Sicherstellung scheitert bereits an § 110 Abs 3 Z1 lit d StPO, weil Mobiltelefone der Marke Iphone weder geringwertig noch leicht ersetzbar sind. Eine solche war daher nicht zulässig.
Es wurden daher das Gesetz verletzt.
Der Beschwerdeführer wurde in seinen subjektiv öffentlichen Rechten auf Unterlassung der oben beschriebenen Ermittlungsmaßnahmen durch Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verletzt.
Zur Zulässigkeit der Beschwerde ist auszuführen: Durch die Aufhebung des Wortes „Kriminalpolizei“ im § 106 StPO mit 1.1.2014 durch den VfGH wurde die Abgrenzung zwischen kriminalpolizeilichem Handeln im Auftrag der Justiz, zu bekämpfen mit Beschwerde nach § 106 StPO und kriminalpolizeilichem Handel außerhalb eines solchen Auftrags und damit nur mehr Beschwerdemöglichkeit nach Art 130 BVG erschwert. Aus Gründen advokatorischer Vorsicht wird, da hier ein Grenzfall vorliegt, sowohl nach § 106 StPO bei der Staatsanwaltschaft bzw. Gericht als auch beim Landesverwaltungsgericht vorgegangen, dies im Bewusstsein, dass in aller Regel nur eine der beiden Behörden zuständig sein kann, allenfalls ein Kompetenzkonflikt zu entscheiden sein wird.
Im vorliegenden Fall, handelte die Kriminalpolizei bei faktischer Sicherstellung (kopieren und Auswerten) von Daten auf Handys
• ohne jedlichen kausalen Anfangsverdacht
• ohne Zustimmung und entgegen einer ausdrücklichen Vereinbarung
• ohne gerichtliche oder staatsanwaltliche Anordnung und
• ohne gesetzlicher Grundlage
und verletzte damit nicht nur die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers auf Einhaltung der Verfahrensgesetze (StPO) sondern auch das Grundrecht auf ein faires Verfahren, auf Achtung der Menschenwürde, des Privat und Familienlebens und das Grundrecht Datenschutz, besonders des Schutzes besonders sensibler Daten aus dem intimsten Bereich.
Das Handeln der Kriminalpolizei war nicht durch die StPO gedeckt (und auch durch kein anderes Gesetz), jedenfalls massiv willkürlich und massiv exzessiv, weshalb die entgegen einer ausdrücklichen Vereinbarung erfolgte Durchsicht, das Kopieren auf Datenträger der Kriminalpolizei (Sicherstellung) und Auswertung (Verschriftlichung von nach deren Meinung relevanten Teilen) der auf den Handys gespeicherten Daten (Fotos, Videos) und nachfolgende Speicherung und Auswertung - all das ohne staatsanwaltlichen oder gerichtlichen Auftrag - rechtswidrig war.
In diesen Fällen ist eine Maßnahmenbeschwerde jedenfalls zulässig, sie muss aber auch in jenen Fällen zulässig sein, in denen die Kriminalpolizei ohne gesetzliche oder gerichtliche Deckung aus eigenem vorgeht, weil in diesen Fällen nicht nach § 106 StPO vorgegangen werden kann (dieser setzt ja behauptete Ermittlungsfehler der Staatsanwaltschaft bzw der in ihrem Auftrag handelnden Kriminalpolizei voraus, ein Auftrag, der hier fehlt).
Auch muss in einem Rechtsstaat gegen jede in Rechte des Bürgers eingreifende behördliche Maßnahme zumindest eine Beschwerdemöglichkeit formal zulässig sein.
Der Verstoß hält an, weil die Daten - nach Durchsicht - auch nicht gelöscht wurden und zwar auch nicht jene Daten, die selbst nach Meinung der Kriminalpolizei für die Ermittlungen nicht benötigt werden und für diese irrelevant sind.
VI.)
Aus diesen Gründen stelle ich die
Anträge
das Verwaltungsgericht Wien möge
I) im Verfahren über diese Beschwerde eine mündliche Verhandlung durchführen,
II) die in Beschwerde gezogene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt aufzuheben bzw. für rechtswidrig zu erklären und insbesondere die Löschung der Daten
a) die durch die Kriminalpolizei vom Handy des Beschwerdeführers mit der Nummer ...1 kopiert, sichergestellt (gespeichert) und ausgewertet wurden, dies mit Ausnahme von Textnachrichten
b) die durch die Kriminalpolizei vom Handy der DDr. D. B. mit der Nummer ...2 kopiert sichergestellt (gespeichert) und ausgewertet wurden, dies mit Ausnahme von Textnachrichten, soweit es sich um Daten handelt, die Gespräche des Dr. A. B., insbesondere mit Geheimnisträgern (zB Rechtsanwälten) beinhalten,
anordnen.
III) den Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in den Kostenersatz zu verfällen, insbesondere für den Schriftsatz und Verhandlungsaufwand.
An Kosten werden verzeichnet:
Maßnahmenbeschwerde verfasst
(Schriftsatzaufwand netto) € 614,67
20% USt € 122,93
€ 737,60
PG € 30,00
€ 767,60“
(Hervorhebungen wie im Original)
2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift. Unter einem wurde um Bekanntgabe der an der Amtshandlung beteiligten bzw. anwesenden Beamten samt deren konkreten Aufgaben bzw. Funktionen im Zuge der Amtshandlung ersucht.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte den von ihrem Landeskriminalakt (LKA ...) zu GZ ..., geführten kriminalpolizeilichen Teil-Akt (2), welcher Unterlagen des LKA betreffend die Sicherstellung beinhaltet und über 400 Seiten umfasst, unnummeriert in Kopie vor und verwies dazu u.a. darauf hin, dass dieser Teil-Akt im Wesentlichen die Aufträge der StA Wien zu GZ ... (wegen § 201 StGB) sowie die bisherigen diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse des LKA beinhalte. Die Gegenschrift ist wie folgt ausgeführt:
„Die Landespolizeidirektion Wien legt den von ihrem Landeskriminalamt (LKA ...) zu GZ.:..., geführten kriminalpolizeilichen Teil-Akt (2), welcher sämtliche Unterlagen des LKA betreffend die Sicherstellung beinhaltet in Kopie vor und stellt gleichzeitig den
Antrag,
diesen soweit von der Akteneinsicht auszunehmen, als die Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde.
Der Teil-Akt (1) beinhaltet im Wesentlichen die Aufträge der StA Wien zu
GZ.: ... (wegen § 201 StGB), sowie die bisherigen diesbezüglichen
Ermittlungsergebnisse des LKA.
Der gesamte Originalakt wurde anlässlich eines Einspruchs des BF wegen Rechtsverletzung der StA Wien zu GZ. ... übermittelt.
Im Übrigen erstattet die Landespolizeidirektion Wien nachfolgende
GEGENSCHRIFT.
I. SACHVERHALT
Hinsichtlich des Sachverhaltes darf auf die Amtsvermerke des LKA Wien vom 17.11.2018 und 29.05.2019 hingewiesen werden.
An der in Beschwerde gezogenen Amtshandlung waren folgende Beamte beteiligt:
• Sicherstellung des Handys: Abtlnsp E. S. und Bzl F.-G. (beide LKA Wien);
• Datensicherung und Aufbereitung: Rvl V. W. (LKA Wien)
• Auswertung: Abtlnsp E. S. (LKA Wien);
Beweis: vorgelegter kriminalpolizeilicher Akt
II. RECHTSLAGE
Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: „BF") erachtet sich durch die Sicherstellung und Auswertung der auf seinem Mobiltelefon gespeicherten Daten sowie deren nachfolgende Speicherung und Auswertung, in seinen Rechten verletzt.
1. Zur Sicherstellung des Mobiltelefons:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 (WV), zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 32/2018, in der im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Fassung, lauten auszugsweise:
„Das Strafverfahren
§ 1. (1) bis Die Strafprozessordnung regelt das Verfahren zur Aufklärung von Straftaten, über die Verfolgung verdächtiger Personen und über damit zusammenhängende Entscheidungen. Straftat im Sinne dieses Gesetzes ist jede nach einem Bundes- oder Landesgesetz mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung.
(2) Das Strafverfahren beginnt, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines Anfangsverdachts (Abs. 3) nach den Bestimmungen des 2. Teils dieses Bundesgesetzes ermitteln; es ist solange als Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter oder die verdächtige Person zu führen, als nicht eine Person auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben (§ 48 Abs. 1 Z 2), danach wird es als Ermittlungsverfahren gegen diese Person als Beschuldigten geführt. Das Strafverfahren endet durch Einstellung oder Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung.
(3) Ein Anfangsverdacht liegt vor, wenn auf Grund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine Straftat begangen worden ist."
„Amtswegigkeit
§ 2. (1) Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft sind im Rahmen ihrer Aufgaben verpflichtet, jeden ihnen zur Kenntnis gelangten Anfangsverdacht einer Straftat, die nicht bloß auf Verlangen einer hiezu berechtigten Person zu verfolgen ist, in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären.
(2) [...]"
„Anklagegrundsatz
§ 4. (1) Die Anklage obliegt der Staatsanwaltschaft, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Staatsanwaltschaft hat für die zur Entscheidung über das Einbringen der Anklage notwendigen Ermittlungen zu sorgen, die erforderlichen Anordnungen zu treffen und Anträge zu stellen. Gegen ihren Willen darf ein Strafverfahren nicht geführt werden. Die Rechte auf Privatanklage und auf Subsidiaranklage (§§ 71 und 72) bleiben unberührt.
(2) und (3) [...]"
„Gesetz- und Verhältnismäßigkeit
§ 5. (1) Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht dürfen bei der Ausübung von Befugnissen und bei der Aufnahme von Beweisen nur soweit in Rechte von Personen eingreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Jede dadurch bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht der Straftat, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen.
(2) Unter mehreren zielführenden Ermittlungshandlungen und Zwangsmaßnahmen haben Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht jene zu ergreifen, welche die Rechte der Betroffenen am geringsten beeinträchtigen. Gesetzlich eingeräumte Befugnisse sind in jeder Lage des Verfahrens in einer Art und Weise auszuüben, die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Personen achtet und deren Rechte und schutzwürdige Interessen wahrt.
(3) Es ist unzulässig, Personen zur Begehung von strafbaren Handlungen in einer dem Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958) widerstreitenden Weise zu verleiten, oder durch heimlich bestellte Personen zu einem Geständnis zu verlocken."
„Kriminalpolizei
§ 18. (1) Kriminalpolizei besteht in der Wahrnehmung von Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege (Art. 10 Abs. 1Z6B-VG).
(2) Kriminalpolizei obliegt den Sicherheitsbehörden, deren Organisation und örtliche Zuständigkeit sich nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung richten.
(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 5 Abs. 2 SPG) versehen den kriminalpolizeilichen Exekutivdienst, der in der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes besteht.
(4) [...]"
„Zweck des Ermittlungsverfahrens
§ 91. (1) Das Ermittlungsverfahren dient dazu, Sachverhalt und Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann und im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht wird.
(2) Ermittlung ist jede Tätigkeit der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die der Gewinnung, Sicherstellung, Auswertung oder Verarbeitung einer Information zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat dient. Sie ist nach der in diesem Gesetz vorgesehenen Form entweder als Erkundigung oder als Beweisaufnahme durchzuführen. Die bloße Nutzung von allgemein zugänglichen oder behördeninternen Informationsquellen sowie die Durchführung von Erkundigungen zur Klärung, ob ein Anfangsverdacht