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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1295;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Steiermark, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 27. Mai 1997, Zl. RV 008-8/02/97, betreffend Einkommensteuer 1993 (mitbeteiligte Partei: E H, M) , zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Zur Abgeltung der durch einen Beratungsfehler seines Steuerberaters verursachten Mehrbelastung an Einkommen- und Gewerbesteuer erhielt der Mitbeteiligte - er erzielt mit seinem Rauchfangkehrerbetrieb gewerbliche Einkünfte - vom Steuerberater eine Schadenersatzzahlung. Die Schadenersatzzahlung entfällt mit einem Betrag von 21.482 S auf die - aufgrund des Beratungsfehlers - erhöhte Einkommensteuerschuld. Strittig ist, ob dieser Teil der Schadenersatzzahlung den steuerlichen Gewinn des Beschwerdeführers erhöht. Mit dem angefochtenen Bescheid hat dies die belangte Behörde verneint und begründend ausgeführt: Schadenersatzleistungen, die auf Grund eines den Betrieb berührenden Vorganges geleistet würden, seien Betriebseinnahmen. Schadenersatzleistungen, die einen außerbetrieblichen Vermögensschaden beträfen oder sich auf die höchstpersönliche Sphäre des Geschädigten bezögen, seien hingegen keine einkommensteuerpflichtigen Einnahmen. § 20 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 normiere die Nichtabzugsfähigkeit der Einkommensteuer. Die Regelung wirke korrespondierend auf der Einnahmenseite, weshalb auch eine Einkommensteuergutschrift nicht steuerpflichtig sei. Die Einkommensteuer sei in der Person des Steuerpflichtigen begründet und daher weder betrieblich noch beruflich veranlaßt. Nach Ansicht der belangten Behörde müsse dem auch bei Schadenersatzleistungen des steuerlichen Beraters wegen einer von ihm zu vertretenden überhöhten Einkommensteuerfestsetzung Rechnung getragen werden. Der Ersatz für die Einkommensteuer führe daher nicht zu Betriebseinnahmen. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde. Über diese hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Betriebseinnahmen sind betrieblich veranlaßte Vermögensmehrungen. Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 dürfen ua Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern nicht bei den einzelnen Einkünften in Abzug gebracht werden.
Einkommensteuererstattungen durch das Finanzamt bleiben bei der Besteuerung außer Ansatz, weil es sich hiebei um die Rückabwicklung (contrarius actus) der nach § 20 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 außer Betracht zu lassenden Einkommensteuerzahlung selbst handelt. Das gesetzlich begründete Steuerschuldverhältnis, innerhalb dessen sich sowohl Zahlung wie Rückzahlung abspielen, begrenzt zugleich den Bereich, innerhalb dessen eine Rückabwicklung stattfindet; nur innerhalb dieses öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses liegt eine Zahlung bzw. Rückzahlung von Einkommensteuer vor.
Der Schadenersatzanspruch eines Steuerpflichtigen für eine zu hohe Steuerzahlung liegt außerhalb des Steuerschuldverhältnisses. Er ergibt sich aus einem Verstoß gegen die aus dem Beratungsvertrag resultierenden Pflichten. Es besteht ein rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Beratungsvertrag und der Beratungsleistung einerseits und dem Schadenersatzanspruch andererseits. Die zuviel bezahlte Einkommensteuer ist lediglich Berechnungsgrundlage des Schadens und damit des Schadenersatzes. Da sich der Beratungsvertrag im Beschwerdefall unbestritten im wesentlichen auf die Gewinnermittlung hinsichtlich des Betriebes des Beschwerdeführers bezogen hat, ist der Zusammenhang mit dem Betrieb gegeben, die Schadenersatzleistung somit betrieblich veranlaßt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde und des Mitbeteiligten in seiner Gegenschrift kommt es nicht entscheidend darauf an, daß die Einkommensteuerschuld - als Berechnungsgrundlage - nicht zu den betrieblichen Schulden zählt (ebenso BFH BStBl. 1992 II 686; 1977 II 220).
Es kommt im Wirtschaftsleben immer wieder vor, daß ein Vertragspartner die Einkommensteuerschuld eines anderen übernimmt. Dies ist etwa der Fall, wenn die Kapitalgesellschaft die auf die Ausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer trägt. Es besteht kein Zweifel, daß in derartigen Fällen die Begleichung der Einkommensteuer zu einem steuerpflichtigen Vorteil beim eigentlichen Schuldner dieser Steuer führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 96/15/0180, 0204). Gleiches gilt im Falle einer Nettolohnvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (vgl. Hofstätter/Reichel, § 25 EStG 1988 Tz 4 "Lohnsteuerübernahme"). Für den Fall, daß der Arbeitgeber die Lohnsteuernachforderung, für die er gemäß § 82 EStG - etwa im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung - zur Haftung herangezogen wird, nicht vom Arbeitnehmer - im Zivilrechtswege - einfordert, hat der Gesetzgeber in § 86 Abs. 3 EStG 1988 (iVm § 46 Abs. 1) eine eigenständige Regelung geschaffen, welche die Erfassung eines steuerlichen Vorteiles ausschließt. Von dieser Ausnahme abgesehen ist jedoch die Übernahme der Einkommensteuerlast durch Dritte - so diese Übernahme in einem Zusammenhang mit der Einkunftserzielung steht - als steuerpflichtiger Vorteil anzusehen.
Der beschwerdeführende Präsident zeigt sohin zu Recht auf, daß der in Rede stehende Schadenersatz zu Betriebseinnahmen geführt hat. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 8. Oktober 1998
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997150135.X00Im RIS seit
19.02.2002Zuletzt aktualisiert am
24.05.2016