TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/9 96/19/0686

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Veröffentlicht am 09.10.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §73 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1969 geborenen T K in T, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1995, Zl. 113.209/2-III/11/95, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 8. September 1993 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Angeschlossen waren beim Antrag eine Meldebestätigung, ein Wohnungserhebungsbogen sowie eine Kopie des Reisepasses des Antragstellers. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 29. September 1994 wurde der Beschwerdeführer ersucht, in Ergänzung der von ihm vorgelegten Unterlagen einen Jahreslohnzettel 1994 für seine Ehegattin sowie eine Lohn- und Arbeitsbestätigung seiner Ehegattin vorzulegen. Das Schreiben enthält überdies den Hinweis, daß der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 AVG wegen nicht behobener Formgebrechen zurückgewiesen werden müßte, sollten die angeführten Unterlagen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens nachgereicht worden sein. Die Zustellung dieses Schreibens erfolgte am 4. Oktober 1994.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 1994 wies die Bezirkshauptmannschaft Bludenz (namens des Landeshauptmannes von Vorarlberg) den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück, da "bis dato" kein Nachweis über den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz eingebracht worden sei.

Die Berufung, in der der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hinwies, daß eine Zurückweisung seines Antrages unzulässig sei, da im vorliegenden Fall kein Formgebrechen vorliege, wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 18. September 1995 gemäß § 13 Abs. 3 AVG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer sei am 29. September 1994 von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz aufgefordert worden, einen Jahreslohnzettel für 1994 und eine Arbeits- und Lohnbestätigung seiner Ehegattin vorzulegen. Die Unterlagen seien binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens "unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG" vorzulegen gewesen. Dieser Aufforderung habe der Beschwerdeführer nicht entsprochen. Er gebe lediglich an, die geforderten Unterlagen sehr wohl übermittelt zu haben, "dies aber nicht mittels Einschreiben". Aus welchen Gründen die Unterlagen nicht fristgerecht bei der Behörde erster Instanz eingelangt seien, sei für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar und auch nicht entscheidungsrelevant, weil im konkreten Fall die geforderten Unterlagen mangels Nachweises über die tatsächliche Übermittlung (Einschreibezettel) auf Gefahr der Partei übermittelt worden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluß vom 13. Dezember 1995, B 3442/95-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese mit Beschluß vom 26. Februar 1996, B 342/95-5, antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt. Dieser erachtet sich ua. in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 27. September 1995) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich.

§ 6 Abs. 1 AufG lautete in der Fassung dieser Novelle:

"§ 6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 werden die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Der Antragsteller kann dem bei der Antragstellung angegebenen Zweck im Laufe des Verfahrens nicht ändern."

§ 6 Abs. 1 AufG enthält keine Formvorschrift, derzufolge der Antragsteller, der einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung einbringt, diesen durch Vorlage eines Jahreslohnzettels oder einer Lohn- und Arbeitsbestätigung (z.B. seines Ehegatten, wenn er sich auf dessen Einkommen beruft) zu belegen hätte. Fehlen derartige Unterlagen, so liegt - ungeachtet des Umstandes, daß es dem Antragsteller nach der ständigen hg. Rechtsprechung obliegt, "initiativ" die Mittel für die Sicherung seines Lebensunterhaltes der Behörde darzulegen - nicht etwa ein Formgebrechen eines schriftlichen Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 erster Satz AVG vor, welches die Behörde ermächtigte, dem Einschreiter die Behebung des Formgebrechens mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 95/19/0926). Es kann daher im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer die von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz verlangten Unterlagen fristgerecht vorgelegt hatte, weil die Behörde nach dem bisher Gesagten nicht ermächtigt war, den Antrag des Beschwerdeführers, gestützt auf § 13 Abs. 3 AVG, zurückzuweisen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ersatz an Stempelgebühren war gemäß § 59 Abs. 3 VwGG nicht zuzusprechen, da diese nicht tatsächlich entrichtet wurden. Wien, am 9. Oktober 1998

Schlagworte

Formgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle Mängel Verschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996190686.X00

Im RIS seit

07.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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