Entscheidungsdatum
06.05.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W104 2216490-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde des XXXX BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 26.2.2014, AZ II/7-EBP/12-120915117, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2012 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist unzulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Im Antragsjahr 2012 stellte der Beschwerdeführer einen Mehrfachantrag-Flächen und beantragte u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Der Beschwerdeführer war Auftreiber auf die Almen mit der BNr. XXXX und XXXX , für die ebenfalls ein Mehrfachantrag gestellt wurde.
Am 30.9.2012 fand auf diesen Almen eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der festgestellt wurde, dass im Antragsjahr statt der beantragten beihilfefähigen Fläche von 278,87 ha ( XXXX ) bzw. 661,88 ha ( XXXX) nur eine solche von 264,22 ha ( XXXX ) bzw. 643,07 ha ( XXXX ) vorhanden war.
Das Ergebnis dieser Vor-Ort-Kontrolle fand - ebenso wie in Vorbescheiden - auch im nunmehr angefochtenem Abänderungsbescheid vom 26.2.2014 Niederschlag. In Abänderung eines Vorbescheides wurde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2012 jedoch Betriebsprämie nur mehr in der Höhe von EUR 7.230,54 gewährt. Dabei wurden 177,53 zugewiesene flächenbezogene Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche von 195,63 ha und eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 177,53 ha zugrunde gelegt sowie eine Rückforderung von EUR 208,39 ausgesprochen.
In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer als zentralen Punkt vor, dass die belangte Behörde im Irrtum sei, da diese in früheren Vor-Ort-Kontrollen in den Antragsjahren 2007 und 2012 die Almfutterfläche festgestellt habe. Der Beschwerdeführer habe auf dieses Ergebnis vertraut und in den Folgejahren an seiner Beantragung nichts geändert. Er habe die Sorgfaltspflicht erfüllt und es liege offensichtlicher Irrtum der Behörde vor. Darüber hinaus seien der Sanktionskatalog gleichheitswidrig, das Ermittlungsverfahren mangelhaft geführt und die Strafe unangemessen hoch.
Die belangte Behörde nahm bei der Übermittlung des Aktes zur Beschwerde folgendermaßen Stellung:
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Das Bundesverwaltungsgericht ersuchte die Behörde in der Folge dazu Stellung zu nehmen, dass sich nach der von ihr übermittelten Flächenaufstellung unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ergebe, dass sich die Almbewirtschafterin bei ihrer Beantragung offenbar nach dem Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2010 gerichtet habe und dies darauf hindeute, dass - sollten die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle 2012 korrekt sein - ein der Behörde zuzurechnender Irrtum bei der Vor-Ort-Kontrolle 2010 vorliege.
Mit Schreiben vom 2.5.2019 nahm die Behörde dahingehend Stellung, dass die Flächenkorrekturen aufgrund der Vor-Ort-Kontrolle auf vom Prüfer durchgeführten Schlagabänderungen beruhen würden, da auf Teilflächen ein höherer Anteil an nicht produktiven Flächen vorhanden gewesen sei; die differenzierte Schlagbildung sei aufgrund eines neuen Luftbildes durchgeführt worden. Die Änderung der zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche beruhe auf einer Berücksichtigung der Vor-Ort-Kontrolle des Jahres 2012 im Beihilfebescheid betreffend das Antragsjahr 2011 und dem daraus resultierenden Verfall von 5,61 Zahlungsansprüchen in die nationale Reserve. Basierend auf diesen Änderungen zum Antragsjahr 2011 sei es zu den Änderungen in den Bescheiden betreffend das Antragsjahr 2012 gekommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2007 wurde auf der Alm XXXX eine beihilfefähige Futterfläche von 451,5 ha vorgefunden. Dennoch wurde im Jahr 2010 nur mehr eine Fläche von 272 ha beantragt. Bei einer neuerlichen Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2010 wurde diese beantragte Fläche bestätigt.
Bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2010 wurde auf der Alm XXXX eine beihilfefähige Futterfläche von 662,21 ha vorgefunden, was im Wesentlichen der beantragten Fläche entsprach. Im Antragsjahr 2012 wurde nahezu dieselbe Fläche beantragt.
Am 30.9.2012 fand auf diesen beiden Almen eine neuerliche Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der festgestellt wurde, dass im Antragsjahr statt der beantragten beihilfefähigen Fläche von 278,87 ha ( XXXX ) bzw. 661,88 ha ( XXXX ) nur eine solche von 264,22 ha ( XXXX ) bzw. 643,07 ha ( XXXX ) vorhanden war.
Dieses Ergebnis der neuerlichen Vor-Ort-Kontrolle beruht auf einer geänderten Schlageinteilung durch den Prüfer, da u.a. aufgrund eines neuen Luftbildes auf Teilflächen ein höherer Anteil an nicht produktiven Flächen festgestellt wurde.
Die Änderung der zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche im angefochtenen Bescheid beruht auf einer Berücksichtigung der Vor-Ort-Kontrolle des Jahres 2012 im Beihilfebescheid betreffend das Antragsjahr 2011 (zuletzt vom 29.1.2014, AZ II/7-EBP/11-120846627) und dem daraus resultierenden Verfall von 5,61 Zahlungsansprüchen in die nationale Reserve.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Anwendbare Rechtsvorschriften:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (MRK), noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389, entgegenstehen.
Art. Art. 33 bis 35 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, ABl. L 30 vom 31.01.2009, S. 16 (im Folgenden: VO (EG) 73/2009), legen fest, dass Betriebsinhaber Betriebsprämie in Anspruch nehmen können, wenn sie eine entsprechende Zahl von Zahlungsansprüchen besitzen und diese durch Stellung eines entsprechenden Antrages je beihilfefähige Hektarfläche aktivieren. Die Betriebsinhaber melden die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen diese Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat für die Änderung des Beihilfeantrags festgesetzten Zeitpunkt liegen darf.
Gemäß Art. 42 dieser Verordnung werden alle Zahlungsansprüche, die während eines Zeitraums von zwei Jahren nicht aktiviert wurden, der nationalen Reserve zugeschlagen, außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände.
Art. 57 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. L 316 vom 2.12.2009, 65, in der Folge VO (EG) 1122/2009, lautet in der zum Antragszeitpunkt geltenden Fassung auszugsweise:
"Artikel 57
Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen
(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.
(2) Bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung gilt Folgendes:
-
ergibt sich eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt;
-
liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so werden die angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt.
[...]."
3.2. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:
Art. 58 VO (EU) 1306/2013 und ähnlich bisher Art. 9 der VO (EG) 1290/2005 verpflichten die Mitgliedstaaten, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen zu erlassen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere auch zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Dies wurde auch in Art. 80 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 festgelegt. Aus Vorgängerbestimmungen leitete der Europäische Gerichtshof das unbedingte Gebot der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Prämien, auch aus den Vorjahren, ab (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson (Farms) Ltd. und J.A. Gagg & Sons, Rn 64). Dies hat zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat etwa in seinem Erkenntnis vom 9.9.2013, 2011/17/0216, ausgesprochen, dass die Verwaltungsbehörden insbesondere berechtigt und verpflichtet sind, die dem Unionsrecht entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und die Bescheide, mit denen die Betriebsprämien in einer bestimmten Höhe (aber entgegen dem Unionsrecht) zuerkannt worden sind, abzuändern.
Durchbrochen wird dieses Gebot durch den in Art. 80 Abs. 3 VO (EG) 1122/2009 geregelten Grundsatz des Vertrauensschutzes und durch den Entfall der Rückforderung, wenn ein Behördenirrtum vorliegt, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Ein Antragsteller kann sich u.U. auf die Ergebnisse einer früheren Vor-Ort-Kontrolle berufen, wenn er in den Folgejahren die von der Vor-Ort-Kontrolle betroffenen Grundstücke im selben Ausmaß beantragt hat. Dies scheint vorliegend zwar der Fall zu sein, allerdings ist daraus für den Beschwerdeführer in diesem Beschwerdeverfahren nichts zu gewinnen:
Im vorliegenden Fall war für die Herabsetzung der Einheitlichen Betriebsprämie für das Antragsjahr 2012 ausschließlich die Differenz zwischen beantragter Fläche und vorhandenen Zahlungsansprüchen ausschlagegebend. Im Vergleich zum nicht angefochtenen Vorbescheid wurden weniger Zahlungsansprüche als vorhanden anerkannt, wodurch nach Art. 57 Abs. 2 VO (EG) 1122/2009 eine Beihilfe nur in Höhe der vorhandenen Zahlungsansprüche zuerteilt werden konnte.
Die Herabsetzung der vorhandenen Zahlungsansprüche im angefochtenen Bescheid hat ihre Ursache ausschließlich in einer Reduktion der Zahlungsansprüche aufgrund eines Verfalls in Vorjahren, konkret im Antragsjahr 2011.
Im System der einheitlichen Betriebsprämie setzt aufgrund der Zahlungsansprüche jedes Antragsjahr auf das Berechnungsergebnis des Vorjahres auf. Wurde aber über die Zuweisung oder den Verfall von Zahlungsansprüchen rechtskräftig entschieden, so ist es der Beschwerdeinstanz versagt, diese im Rahmen der Prüfung eines Folgejahres wieder aufzugreifen (vgl. VwGH 18.5.2009, 2009/17/0051; BVwG 6.8.2014, W118 2000829). Im hier angefochtenen Beihilfebescheid war daher das Ergebnis der Berechnung der Zahlungsansprüche wie im Bescheid zur Einheitlichen Betriebsprämie 2011 durchgeführt, zu Grunde zu legen.
Die Entscheidung der AMA erfolgte somit zu Recht.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und eines Lokalaugenscheins konnte gegenständlich abgesehen werden, da das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft und die Tatsachenfeststellungen nicht substantiiert bestritten wurden. Das Gericht konnte so aufgrund des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte (VwGH 20.3.2014, 2013/07/0146). Auch der EuGH setzt offensichtlich voraus, dass die Flächenermittlung im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (INVEKOS) primär auf Basis der vorliegenden Orthofotos zu erfolgen hat (vgl. EuGH Urteil vom 27.06.2013, C-93/12 Agrokonsulting).
3.3. Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH (siehe die unter 3.2. angeführte Rechtsprechung des VwGH und des EuGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten).
Schlagworte
beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit, Bescheidabänderung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W104.2216490.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.10.2019