TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/9 I415 2162959-1

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Veröffentlicht am 09.05.2019
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Entscheidungsdatum

09.05.2019

Norm

AVG §57
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §77
FPG §77 Abs1
FPG §77 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2162959-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Mag. Laszlo Szabo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) vom XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach unberechtigter Einreise in das Bundesgebiet am 28.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine durchgeführte Eurodac -Abfrage ergab eine fremdenpolizeiliche Registrierung in Italien mit Datum 23.10.2016.

Bei der durchgeführten Erstbefragung gab die bP befragt zum Reiseweg an, dass sie mit Hilfe von Schleppern und z.T. selbstorganisiert aus ihrer Heimat kommend zunächst über Libyen nach Italien gelangt wäre. Von dort wäre sie mit dem Zug weiter nach Österreich gefahren. In Italien hätte es ihr nicht gut gefallen. Sie wolle nicht zurück nach Italien und wolle hier in Österreich bleiben.

Das Bundesamt richtete aufgrund des Vorliegens des Eurodac Treffers, bzw. der Angaben der bP ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien. Über das Führen von Konsultationen wurde die bP nachweislich informiert.

Aufgrund des Unterbleibens einer fristgerechten Antwort wurde Italien mit Schreiben des BFA vom 11.01.2017 auf die eingetretene Zustimmung durch Verschweigen gem. Art. 25 Abs. 2 iVm Art. 13Abs. 1 Dublin III VO aufmerksam gemacht.

Am 25.01.2017 wurde nach erfolgter Rechtsberatung eine Einvernahme im Zulassungsverfahren mit der bP seitens des BFA durchgeführt. In der Einvernahme gab die bP im Wesentlichen an, dass sie physisch und psychisch in der Lage sei, an der Einvernahme teilzunehmen. Es gehe ihr gesundheitlich gut und sie könne der Einvernahme ohne Probleme folgen. Weiter befragt zum Gesundheitszustand führte die bP aus, dass sie unter aktuell unter keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Erkrankungen leiden würde. Sie sei jedoch behindert, da sie ihre Finger nicht richtig bewegen könne. Dies hätte sie bereits bei der Erstbefragung ausführen wollen, bzw. wolle sie dies nun ergänzen. Sie hätte aus diesem Grund auch Italien verlassen. In Italien hätte sie versucht zu sagen, dass sie krank wäre. Doch dort hätte sich niemand um sie gekümmert. Es wäre ihr überhaupt nicht zugehört worden. Jemand hätte ihr gesagt, dass sie Englisch nicht verstehen würden. Nach vier Tagen hätte sie deshalb Italien verlassen. Sie könne aufgrund ihrer Behinderung auch nicht arbeiten. In einem Krankenhaus in Österreich hätten sie ihr auch gesagt, dass bezüglich der Finger nichts mehr gemacht werden könne. Sie hätte auch nie gesagt, dass sie deswegen nicht arbeiten könne. Befragt zu Familienangehörigen im Bundesgebiet führte sie aus, dass sich keine im Bundesgebiet befinden würden. Ihre Ehefrau und ihre zwei Kinder würden in Nigeria leben. Den Aufenthalt eines Bruders würde sie nicht kennen. Zu den Länderinformationen wären keine Fragen offen. Sie würde über keine Papiere verfügen, die ihre Identität bezeugen könnten. Seitens des BFA hinsichtlich der angenommenen Zuständigkeit Italiens befragt, führte die bP aus, dass sie in Italien nicht um Asyl angesucht hätte. Ihr wären nur die Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie hätte in Österreich um Asyl angesucht. Hier in Österreich hätte sie eine medizinische Behandlung bekommen. Sie hätte in Italien vergeblich versucht auf ihre Erkrankung hinzuweisen, doch wäre ihr nicht zugehört worden. Sie würde ersuchen wegen ihrer Gesundheit in Österreich bleiben zu dürfen. Sie wolle nicht mehr nach Italien zurück. Zu den Länderfeststellungen führte die bP aus, dass sie hierzu nichts ausführen wolle. Sonstige Ausführungen zu Italien wurden nicht erstattet.

Mit Bescheid des BFA vom XXXX, wurde I. der Antrag der bP auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass die Abschiebung nach Italien zulässig sei. Der Bescheid legt in seiner Begründung und den aktuellen Feststellungen insbesondere ausführlich dar, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund-und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen, sowie dass in dem zuständigen Mitgliedstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung, die aktuelle Unterbringungssituation, den Zugang zu medizinischen Dienstleistungen für Antragsteller, sowie die Sicherheitslage unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 10.03.2017 vorgelegt. Mit Erkenntnis dieses Gerichts vom 16.05.2017, Zl. W168 2149962-1/8E, gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung erwuchs am 23.05.2017 mit Zustellung an die Rechtsvertretung VMÖ in Rechtskraft.

Am 10.05.2017 erging seitens des BFA ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs 3 Z 3 BFA-VG an die LPD XXXX. Die bP war zu diesem Zeitpunkt aufrecht an der Adresse XXXX gemeldet. Für den 16.05.2017 war ihre Abschiebung nach Italien geplant. Diese konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da die bP nicht an der angegebenen Adresse aufhältig war und nicht festgenommen werden konnte. Bei der Nachschau in der Wohnung wurde vom Vermieter mitgeteilt, dass die bP seit ca. vier Tagen an einem ihm unbekannten Ort untergetaucht sei, da sie eine Abschiebung befürchte. Der Aufenthaltsort der bP sei daher unbekannt.

Am 14.06.2017 wurde die bP von der Polizei festgenommen und in das PAZ XXXX verbracht. Anlässlich einer Kurzbefragung durch das BFA führte die bP aus gesund zu sein und bei seinem Cousin in der XXXX Unterkunft genommen zu haben. Dieser unterstütze sie auch mit Barmittel. Auf Nachfrage, ob Sie denn wisse, dass sie sich nicht in Österreich aufhalten dürfe und sie nach Italien ausreisen müsse, führte die bP aus wie folgt: "Ich bekam nach meinem Asylverfahren einen negativen Bescheid. Zu diesem Bescheid erhob ich Einspruch. Seit diesem Einspruch habe ich nichts mehr von der Behörde gehört. Mir wurde also nie gesagt, dass ich das Land nach Italien verlassen müsse. Es wurde mir lediglich gesagt, dass ich evtl. noch einen negativen Bescheid bekommen könnte."

Mit angefochtenem Mandatsbescheid des BFA vom XXXX, wurde gemäß §77 Abs. 1 und 3 iVm §76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG 1991 über die bP das gelindere Mittel zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und verfügt, dass sich diese beginnend mit Montag dem 19.06.2017 bei der PI XXXX XXXX regelmäßig in der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 12:00 Uhr zu melden habe. Begründend führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe des Verfahrensganges - im Wesentlichen aus, dass die bP sich im bisherigen Verfahren unkooperativ verhalten habe, indem sie nach Bekanntwerden der Nichtzuständigkeit Österreichs und der Anordnung zur Außerlandesbringung untergetaucht sei und sich dadurch dem Verfahren sowie den Behörden entzogen habe. Weiter würde sie kein gültiges Reisedokument besitzen und könne sie daher Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Die bP verfüge weiters nicht über ausreichend Barmittel um ihren Unterhalt zu finanzieren, gehe keiner legalen Beschäftigung nach. Und sei in keinster Weise integriert.

Mit E-Mail vom 26.06.2017 erhob die bP durch ihren bevollmächtigten Vertreter Vorstellung gegen den Mandatsbescheid und stellte den Antrag den Bescheid ersatzlos aufzuheben, da der bP der Zeitpunkt der geplanten Abschiebung nicht bekannt gegeben worden und weiters im Bescheid nicht ausgeführt worden sei, inwieweit die angeblich geplante Abschiebung auch tatsächlich effektuiert werden hätte können, also ob eine Erklärung des Ziellandes der Bereitschaft zur Übernahme der bP vorgelegen sei als die Behörde zu ihm kam. Die Verpflichtung einer Adresse Unterkunft zu nehmen beinhalte nicht die Verpflichtung sich 24 Stunden dort aufzuhalten, zudem seien die Abschiebetermine den Parteien mitzuteilen, damit sie sich bereithalten können. Deshalb habe die bP keinen Anlass gegeben weitere gelindere Mittel vorzuschreiben als die Verpflichtung beim Cousin Unterkunft zu nehmen.

Am 26.07.2017 erfolgte die Abschiebung der bP auf dem Luftweg von Wien Schwechat nach Mailand / Italien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Die bP begab sich illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 28.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnis vom 16.05.2017, Zl. W168 2149962-1/8E, fest wie folgt:

"Das BFA hat aufgrund der vorliegenden Informationen begründet ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO gestütztes Ersuchen an Italien gerichtet.

Italien antwortete nicht binnen der vorgesehen First und daher teilte das BFA in Folge der italienischen Dublin Behörde mit Schreiben vom 11.01.2017 mit, dass nunmehr jedenfalls eine Zuständigkeit Italien gem. Art. 13Abs. 1 iVM Art. 25 Abs. 2 Dublin III VO gegeben ist.

Besondere in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den aktuellen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren, oder akut lebensbedrohenden Krankheiten. Die Überstellung der beschwerdeführenden Partei nach Italien stellt keinen unzulässigen Eingriff in durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Das Bestehen eines besonderen Abhängigkeits-bzw. Naheverhältnisses zu sich im Bundesgebiet befindlichen Personen konnte nicht nachgewiesen werden. Eine Überstellung der beschwerdeführenden Partei nach Italien stellt unter Berücksichtigung der bewusst illegal vorgenommenen Einreise verbunden mit der kurzen Dauer des Aufenthaltes in Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen keinen unzulässigen Eingriff in durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Besondere individuelle Gründe, die für ein Verbleiben des Beschwerdeführers in Österreich sprechen, wurden während sämtlicher Befragungen und in der Beschwerde nicht vorgebracht bzw. konnten glaubhaft nicht dargelegt werden."

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zum einen aus den vorgelegten verwaltungsbehördlichen Akten. Zum anderen tritt der Beschwerdeführer dem von der belangten Behörde wie auch vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt in seinem Vorbringen auch nicht entgegen; vielmehr zieht er aus dem Sachverhalt andere rechtliche Schlüsse und wird daher der festgestellte Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt. Dass der Beschwerdeführer am 26.07.2017 von Wien Schwechat auf dem Luftweg nach Mailand / Italien abgeschoben wurde, ergibt sich aus einem Bericht der LPD Niederösterreich vom 26.07.2017.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Vorab ist auszuführen, dass die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung des gelinderen Mittels nicht nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes sondern nach jener zum Zeitpunkt der Anordnung des gelinderen Mittels erfolgt.

Die bP begründet die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und somit die Rechtswidrigkeit der Anordnung des gelinderen Mittels im Wesentlichen damit, dass der bP der Zeitpunkt der geplanten Abschiebung nicht bekannt gegeben worden und weiters im Bescheid nicht ausgeführt worden sei, inwieweit die angeblich geplante Abschiebung auch tatsächlich effektuiert werden hätte können, also ob eine Erklärung des Ziellandes der Bereitschaft zur Übernahme der bP vorgelegen sei. Die Verpflichtung einer Adresse Unterkunft zu nehmen beinhalte nicht die Verpflichtung sich 24 Stunden dort aufzuhalten, zudem seien die Abschiebetermine den Parteien mitzuteilen, damit sie sich bereithalten können. Deshalb habe die bP keinen Anlass gegeben weitere gelindere Mittel vorzuschreiben als die Verpflichtung beim Cousin Unterkunft zu nehmen.

Das gelindere Mittel ist gem. § 77 Abs 8 FPG mit Bescheid anzuordnen, dieser ist gem. § 57 AVG zu erlassen. Nicht vollstreckte Bescheide gem. § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Für die Anwendung gelinderer Mittel müssen grundsätzlich die Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gem. § 76 FPG vorliegen, d.h. es muss auch hier ein Sicherungsbedarf (Fluchtgefahr) gegeben sein (VwGH 24.10.2007, 2007/21/0370).

Das gelindere Mittel dient der Sicherung der angeführten Verfahren bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.02.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.06.2006, B362/06).

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 28.10.2016 wurde seitens der belangten Behörde mit Bescheid vom 03.03.2017 zurückgewiesen und die Zuständigkeit Italiens für seinen Antrag auf internationalen Schutz festgestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis dieses Gerichts vom 16.05.2017 abgewiesen.

Aufgrund des vollstreckbaren Bescheides der belangten Behörde vom 03.03.2017 erging am ein Festnahmeauftrag. Am 15.05.2017 wurde seitens der LPD XXXX versucht, dem Festnahmeauftrag der belangten Behörde nachzukommen um in der Folge die bP überstellen zu können.

Die bP hat im Verfahren zur Erlassung einer aufenhaltsbeendenden Maßnahme nicht mitgewirkt, indem sie untergetaucht ist und für die Behörde nicht greifbar war. Trotz aufrechter Hauptwohnsitzmeldung war die bP nicht dort anzutreffen und wurde vom Vermieter - laut Bericht der LPD XXXX - zum Zeitpunkt der geplanten Abschiebung vorgebracht, dass die bP seit ca. vier Tagen an einem ihm unbekannten Ort untergetaucht sei, da sie eine Abschiebung befürchte. Der Aufenthaltsort der bP ist daher unbekannt.

Es stellt sich daher die Frage, ob die belangte Behörde aufgrund der Meldung der LPD XXXX davon ausgehen durfte, dass der Beschwerdeführer untergetaucht sei. Dies ist in der Folge zu bejahen.

Es ist anzumerken, dass die belangte Behörde sich bei der Beurteilung der Situation nicht alleine darauf gestützt hat, dass die Beamten die bP vor Ort nicht antrafen. Das alleine wäre wohl für die Annahme einer Flucht bzw. des Untertauchens zu wenig. Die belangte Behörde hatte eben zusätzlich die Aussage des Vermieters der bP vorliegen, die es in seiner Beurteilung zu berücksichtigen hatte. Das erkennende Gericht schließt sich in weiterer Folge auch den Ausführungen der belangten Behörde an, wonach - abgesehen vom Verhältnis zum Cousin der bP, welches jedoch nicht als schützenswertes Familienleben zu werten ist - keine familiären Beziehungen der bP im Bundesgebiet bestehen. Auch ist die bP während ihres Aufenthaltes keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und verfügte sie nur über unzureichend Barmittel.

Nach der Judikatur des VwGH sind unter "flüchtig" alle Sachverhalte zu subsumieren, in denen der Asylwerber aus von diesem zu vertretenden Gründen für die Behörden des die Überstellung durchführen wollenden Staates nicht auffindbar ist (vgl. VwGH vom 19.6.2008 zu 2007/21/0509).

Hinsichtlich des Vorbingens des Beschwerdeführers, dass diesen bis zur Verhängung des gelinderen Mittels keine Aufenthaltspflicht traf, ist auszuführen, dass ungeachtet dessen der Beschwerdeführer von der belangten Behörde zu Recht als flüchtig im Sinne der oben zitierten Judikatur betrachtet wurde. Es bleibt die Tatsache bestehen, dass vor der Anordnung des gelinderen Mittels ein Festnahmeversuche erfolglos blieb und seitens des Vermieters der bP ausgesagt wurde, dass die bP eine zeitnahe Abschiebung befürchte.

Aus diesen Gründen erschließ sich dem erkennenden Gericht nicht, inwiefern der Beschwerdeführer vermeint, dass er die Gründe dafür, dass er von der belangten Behörde nicht gefunden wurde nicht selbst zu verantworten hätte.

Insgesamt war die Anordnung des gelinderen Mittels sohin gerechtfertigt, da es zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers angeordnet wurde und notwendig war, da Fluchtgefahr bestanden hat. Gemäß § 76 Abs. 3 FPG liegt eine Fluchtgefahr vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass die Zuständigkeit für sein Verfahren auf internationalen Schutz nicht in Österreich, sondern in Italien lag und dass er dorthin überstellt werden sollte. Seine diesbezügliche in der Einvernahme behauptete "Unkenntnis" wertete das BFA nachvollziehbar als Schutzbehauptung. Dem ersten Überstellungsversuch hat er sich durch Untertauchen erfolgreich entzogen, weshalb er im Sinne der Z 1 leg. cit. seine Abschiebung wesentlich erschwert hat. Die Anordnung des gelinderen Mittels stellt sich sohin als zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers notwendig und verhältnismäßig da.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen ist unsubstantiiert.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung, Fluchtgefahr, gelinderes Mittel, Integration,
Interessenabwägung, Mandatsbescheid, Meldepflicht,
Mitwirkungspflicht, öffentliche Interessen, persönliches Interesse,
private Interessen, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Überstellung,
Untertauchen, Verfahrensentziehung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I415.2162959.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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