TE Bvwg Beschluss 2019/6/6 W195 2217084-1

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Veröffentlicht am 06.06.2019
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Entscheidungsdatum

06.06.2019

Norm

AVG §53b
B-VG Art. 133 Abs4
GebAG §13
GebAG §14
GebAG §27
GebAG §28
GebAG §29
GebAG §3 Abs1 Z1
GebAG §32
GebAG §33
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z1
GebAG §54 Abs1 Z3
GebAG §54 Abs1 Z4
VwGVG §17
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W195 2217084-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 27.12.2018 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz mit

€ 175,70

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 11.10.2018, Zl. XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 18.12.2018 an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen wurde.

2. In der Folge fand am 18.12.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer der Antragsteller als Dolmetscher fungierte.

3. Mit Antrag vom 24.12.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 27.12.2018, übermittelte der Antragsteller die gegenständliche Honorarnote betreffend seine Teilnahme als Dolmetscher an der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2018, in der er gemäß § 14 GebAG eine Gebühr für den Mehraufwand der Verpflegung in Höhe von € 8,50 sowie eine Gebühr gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG für die Übersetzung eines Schriftstücks (18.111 Zeichen) in Höhe von €

137,64 geltend machte.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 11.04.2019 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass gemäß § 14 Abs. 2 GebAG der Mehraufwand für ein Mittagessen lediglich dann zu vergüten sei, wenn die Reise vor 11:00 Uhr angetreten und nach 14:00 Uhr beendet worden sei. Die gegenständliche Verhandlung habe um 09:30 Uhr begonnen und um 12:55 Uhr geendet. Die Rückreisedauer zur Ladungsadresse betrage ca. 20 Minuten, weshalb die Rückreise, selbst unter Berücksichtigung eines Zeitpuffers von 15 Minuten, vor 14:00 beendet worden sei. Darüber hinaus könne der Niederschrift der Verhandlung keine erfolgte Übersetzung eines schriftlichen Dokuments entnommen werden. Es sei lediglich das im Rahmen der Verhandlung mündlich verkündete Erkenntnis übersetzt worden. Mangels Vorliegens eines schriftlichen Dokuments könne daher die beantragte Übersetzung gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG nicht vergütet werden.

5. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Rahmen der Verhandlung vom 20.07.2018 als Dolmetscher fungierte und dabei auch die mündliche Verkündung des Erkenntnisses zu übersetzen hatte. Darüber hinaus wird festgestellt, dass die Rückreise vom Bundesverwaltungsgericht zur Ladungsadresse vor 14 Uhr beendet werden konnte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Verfahren Zl. XXXX , dem Akteninhalt, der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, einer Online-Routenplanauskunft auf maps.google.com und dem Gebührenantrag vom 27.12.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Zu A)

Zu den beantragten Verpflegungskosten (§ 29 iVm § 14 GebAG):

Gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm 29 iVm 13 GebAG umfassen die Aufenthaltskosten (§ 3 Abs. 1 Z 1 GebAG) den Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Dolmetscher zwingt, das Frühstück, Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort einzunehmen.

Gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm 29 iVm 14 Abs. 2 GebAG ist dem Dolmetscher der Mehraufwand für das Mittagessen zu vergüten, wenn er die Reise vor 11:00 Uhr antreten und nach 14:00 Uhr beenden musste.

In der gegenständlichen Gebührennote beantragte der Antragsteller Aufenthaltskosten für ein Mittagessen in Höhe von € 8,50. Der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2018, Zl. XXXX ist zu entnehmen, dass diese um 09:30 Uhr begann und um 12:55 Uhr endete. Die Rückreisedauer vom Bundesverwaltungsgericht, Hauptsitz Wien, zur Ladungsadresse des Antragsstellers in 1210 Wien, Bahnsteggasse 17-23/1, beträgt gemäß der Online-Routenplanauskunft maps.google.com zwischen 18 - 24 Minuten.

Daher konnte die Reise jedenfalls, selbst unter Berücksichtigung eines Zeitpuffers von 15 Minuten, vor 14:00 Uhr beendet werden, und war der Mehraufwand für das Mittagessen iSd § 14 GebAG daher nicht zu vergüten.

Zu der beantragten Gebühr für die Übersetzung von Schriftstücken in der Verhandlung (§ 54 Abs. 1 Z 4 GebAG):

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks.

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher bei schriftlicher Übersetzung für je 1 000 Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) € 15,20, weshalb die Gebühr für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks für je 1 000 Schriftzeichen €

7,60 ausmacht; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens 20 Euro.

In der gegenständlichen Gebührennote machte der Antragsteller für die Übersetzung eines Schriftstücks im Rahmen der Verhandlung vom 18.12.2018 die Zuerkennung einer Gebühr in Höhe von € 137,64 für

18.111 Schriftzeichen (€ 7,60 pro 1000 Schriftzeichen) geltend.

Der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2018 in dem Verfahren zur Zl. XXXX , ist jedoch keine erfolgte Übersetzung eines schriftlichen Dokuments zu entnehmen. Lediglich das im Rahmen der Verhandlung mündlich verkündete Erkenntnis war zu übersetzen.

Auf Nachfrage in der Gerichtsabteilung XXXX teilte der zuständige Richter mit, dass er die gegebenenfalls von ihm schriftlich ausformulierte Entscheidung mündlich verkündet habe und dieser Entscheidungstext anschließend vom Dolmetscher für den Beschwerdeführer übersetzt worden sei.

Zur Frage des Vorliegens eines zu übersetzenden Schriftstücks im Sinne des GebAG ist festzuhalten, dass das gegenständliche dem Dolmetscher vom Richter zur Verfügung gestellte "Schriftstück" lediglich als konzeptiver Text anzusehen ist, welches ausschließlich der Unterstützung des Dolmetschers bzw. der Erleichterung ihrer Dolmetschtätigkeit dienen sollte. Wesentlich für die Dolmetschtätigkeit - und damit auch in weiterer Folge für die Geltendmachung des Gebührenanspruchs - kann dabei jedoch nur das in der Verhandlung gesprochene Wort sein. Andernfalls würde die Verhandlung konterkariert werden, da es dem Richter bzw. der Richterin sonst nicht möglich wäre, von der an den Dolmetscher ausgehändigten konzeptiven Vorlage abzuweichen bzw. Veränderungen vorzunehmen. Da jedoch immer das gesprochene Wort gilt bzw. zu übersetzen ist kann es sich bei der ausgehändigten schriftlichen Hilfestellung nicht um ein Schriftstück im Sinne des GebAG sondern lediglich um einen konzeptiven Text handeln.

Mangels Vorliegens eines schriftlichen Dokuments im Rahmen der mündlichen Verhandlung war die vom Antragsteller beantragte Übersetzung eines Schriftstücks gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG daher nicht zu vergüten.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung Zeitversäumnis §§ 32, 33 GebAG-

2 begonnene Stunde(n) à € 22,70- € 45,40

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG-

27 km à € 0,42- € 11,34

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG-

für die erste halbe Stunde € 24,50-€ 24,50

für weitere 6 halbe Stunde(n) à € 12,40-€ 74,40

für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00 -

€ 20,00

Gesamtsumme-€ 175,64

Gesamtsumme aufgerundet auf volle Cent-€ 175,70

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 175,70 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im konkreten Fall liegt (noch) keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Die im gegenständlichen Fall herangezogene gesetzliche Regelung des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG ist zwar vom Wortlaut eindeutig, es bedarf jedoch auch einer juristischen Interpretation ob konzeptive Hilfstexte, welche der Unterstützung der Übersetzung des mündlich verkündeten Erkenntnisses durch den Dolmetscher bzw. die Dolmetscherin dienen, als zu übersetzende Schriftstücke im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG zu qualifizieren sind.

Eine ordentliche Revision ist somit zulässig.

Schlagworte

Aufenthaltskostenersatz, Dolmetscher, Dolmetschgebühren,
Mehrbegehren, Mühewaltung, mündliche Verhandlung,
Reisekostenvergütung, Schriftstück - Übersetzungstätigkeit,
Verpflegskosten, Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W195.2217084.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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