Entscheidungsdatum
10.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I419 2180295-3/3E
I419 2180289-3/2E
I419 2180286-3/2E
I419 2180284-3/2E
I419 2180297-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch RAe Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch RAe Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch RAe Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
4. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch RAe Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch RAe Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer, hier als BF und gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als BF1 bis BF5 bezeichnet, sind eine Familie. BF1 ist der Vater, BF2, seine Gattin, die Mutter der weiteren BF. Alle stellten 2016 Anträge auf internationalen Schutz, begründet mit Verfolgung von BF1 durch eine Bande von Geldfälschern, die das BFA 2017 betreffend die Status von Asyl- und die von subsidiär Schutzberechtigten abwies, wobei es jeweils eine Rückkehrentscheidung erließ, die Abschiebung in den Irak für zulässig erklärte und die Ausreisefrist mit zwei Wochen festlegte.
2. Die Beschwerden der BF dagegen hat dieses Gericht am 24.04.2018 abgewiesen. Der VfGH hat die Behandlung der gegen das Erkenntnis erhobenen Beschwerden (nach Zuerkennung aufschiebender Wirkung am 04.09.2018), am 26.02.2019 abgelehnt (E 3242-3246/2018-19), der VwGH die Revisionen am 06.09.2018 zurückgewiesen (Ra 2018/01/0271 bis 0275-8).
3. Am 20.06.2018 erteilte das BFA den BF mit Mandatsbescheiden eine Wohnsitzauflage bezogen auf ein Quartier in Tirol. Die BF verblieben indes in Niederösterreich und stellten dort am 26.06.2018 Folgeanträge auf internationalen Schutz, zu denen sie die bisherigen Fluchtgründe und ferner vorbrachten, aus der islamischen Religion ausgetreten zu sein, wovon die Verwandtschaft zuhause wisse, welche die BF nach einer Rückkehr umbringen werde. In einer ergänzenden, als Antrag auf subsidiären Schutz bezeichneten Eingabe brachten die BF am 07.02.2019 weiter vor, die aktuellen Ereignisse im Herkunftsstaat würden beweisen, dass die Heimatregion kein sicherer Ort sei, zumal sich in XXXX und XXXX die IS-Angriffe intensivierten.
Die am 26.07.2018 verfügten Aufhebungen des faktischen Abschiebeschutzes hat dieses Gericht am 03.08.2018 als rechtmäßig bestätigt.
4. Mit den nun bekämpften Bescheiden hat das BFA die Folgeanträge der BF betreffend die Status von Asyl- und die von subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (jeweils Spruchpunkte I und II), den BF wieder keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkte III), je eine Rückkehrentscheidung wider sie erlassen (Spruchpunkte IV), die Abschiebung in den Irak für zulässig erklärt (Spruchpunkte V) und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise der BF besteht (Spruchpunkte VI).
Gegen BF1 und BF2 wurden auch Einreiseverbote für zwei Jahre verhängt (Spruchpunkte VII).
5. Beschwerdehalber wird - für BF3 mit getrenntem, für die anderen BF mit gemeinsamem Schriftsatz - vorgebracht, es handle sich um keine entschiedene Sache im Sinn des AVG. Die Beschwerdeführer hätten im Februar 2019 subsidiären Schutz beantragt und maßgebliche neue, geänderte Umstände vorgebracht, als sie auf die extrem unsichere und extrem verschlechterte Situation in XXXX, ihrer Heimatregion hingewiesen hätten.
Beantragt wurde unter anderem, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zu den Personen:
Die BF flogen - außer BF5, die fünf Monate später in Österreich geboren wurde - am 07.01.2016 vom Herkunftsstaat in die Türkei, wurden am 03.02. in Griechenland und am 11.02.2016 in Slowenien registriert und stellten noch am selben Tag die Erstanträge im Inland. Die Polizei stellte ihre Reisepässe sicher. BF3 ist der Sohn, BF4 und BF5 sind die Töchter von BF1 und BF2. Die Identitäten der BF stehen fest.
Die BF sind Kurden und bekennen sich zu keinem Glauben. Ihre Muttersprache ist Sorani-Kurdisch (Zentral- oder Südkurdisch). Sie sind gesund, BF1 und BF2 zudem arbeitsfähig. Außer BF5 wurden sie im Herkunftsstaat geboren, stammen aus der Stadt Sulaimaniyah und hielten sich dort bis zur Ausreise auf.
Diese Stadt liegt in der gleichnamigen Provinz, die nördlich der Provinz XXXX und östlich der Provinz XXXX liegt und Teil der Autonomen Region Kurdistan ist. Sie hat einen Flughafen, der unter anderem Direktverbindungen nach Istanbul, Kopenhagen, Sofia, Düsseldorf und Eindhoven aufweist.
An der Provinzgrenze von Sulaimaniyah haben nach einer in dem unter
2.3 (a. E.) zitierten Bericht verwiesenen Meldung (S. 22, FN 114) kurdische Sicherheitskräfte am 09.09.2018 zwei IS-Angehörige bei der Einreise nach Kurdistan gefangen genommen.
BF1 besuchte im Herkunftsstaat mehrere Jahre die Schule und war dort zuletzt als selbständiger Elektriker erwerbstätig. Seit 19.04.2009 ist er mit BF2 verheiratet. Der Lebensunterhalt der BF (1 bis 4) war vor deren Ausreise durch Einkünfte von BF1 gesichert.
BF2 besuchte im Herkunftsstaat 6 Jahre die Volksschule und 3 Jahre die Mittelschule. Sie war dort zuletzt als Hausfrau tätig und hat sonst nach eigenen Angaben nie gearbeitet. Die Eltern und Geschwister von BF1 und BF2, vier Schwestern und drei Brüder von BF1 sowie zwei Brüder und vier Schwestern von BF2, halten sich weiterhin im Herkunftsstaat auf, konkret in XXXX und XXXX.
Die BF haben keine schwerwiegenden Krankheiten, gehen keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit im Inland nach, sind strafrechtlich unbescholten und leben überwiegend von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
BF3 besucht im Inland die Volkschule, wo er 2017/18 einen Notendurchschnitt von 1,5 erzielte und am christlichen Religionsunterricht als Freigegenstand teilnahm. BF1 hat Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 nachgewiesen und eine Einstellungszusage eines Lebensmittelgroßhändlers. BF2 hat eine Einstellungszusage der katholischen Pfarre als Aufräumfrau. Ein Bruder von BF1 wohnt in Deutschland. Die BF haben mehrere Empfehlungsschreiben vorgelegt. Die privaten und familiären Anknüpfungspunkte der BF im Inland haben sich seit der Entscheidung dieses Gerichts vom 03.08.2018 nicht wesentlich geändert.
1.2 Zum Herkunftsstaat
Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak auf Stand 09.04.2019 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind davon speziell die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Sicherheitslage Nord- und Zentralirak
In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlagen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz XXXX und die Provinz XXXX, sowie auch für die Provinz XXXX. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018).
Mit dem Zuwachs und Gewinn an Starke von lokalen und sub-staatlichen Kräften, haben diese auch zunehmend Verantwortung für die Sicherheit, politische Steuerung und kritische Dienstleistungen übernommen. Infolgedessen ist der Nord- und Zentralirak, obgleich nicht mehr unter der Kontrolle des IS, auch nicht unter fester staatlicher Kontrolle. Die Fragmentierung der Macht und die große Anzahl an mobilisierten Kräften mit widersprüchlichen Loyalitäten und Programmen stellt eine erhebliche Herausforderung für die allgemeine Stabilität dar (GPPI 3.2018).
Der Zentralirak ist derzeit der wichtigste Stutzpunkt für den IS. Die Gewalt dort nahm im Sommer 2018 zu, ist aber inzwischen wieder gesunken. In der Provinz XXXX beispielsweise fiel die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfalle von durchschnittlich 1,7 Vorfallen pro Tag im Juni 2018 auf 1,1 Vorfalle im Oktober 2018. Auch in der Provinz Salah al-Din kam es im Juni 2018 zu durchschnittlich 1,4 sicherheitsrelevanten Vorfallen pro Tag, im Oktober jedoch nur noch zu 0,5. Die Provinz Kirkuk verzeichnete im Oktober 2018 einen Anstieg an sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit durchschnittlich 1,5 Vorfällen pro Tag, die höchste Zahl seit Juni 2018. Die Anzahl der Vorfälle selbst ist jedoch nicht so maßgeblich wie die Art der Vorfälle und die Schauplätze an denen sie ausgeübt werden. Der IS ist in allen ländlichen Gebieten der Provinz XXXX, in XXXX, XXXX tätig. Es gibt regelmäßige Angriffe auf Städte; Zivilisten und Beamte werden entfuhrt; Steuern werden erhoben und Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen ausgeübt, die sich weigern zu zahlen; es kommt auch regelmäßige zu Schießereien. Es gibt immer mehr Berichte über IS-Mitglieder, die sich tagsüber im Freien bewegen und das Ausmaß ihrer Kontrolle zeigen. Die Regierung hat in vielen dieser Gegenden wenig Präsenz und die anhaltenden Sicherheitseinsätze sind ineffektiv, da die Kämpfer ausweichen, wenn die Einsätze im Gang sind, und zurückkehren, wenn sie wieder beendet sind. Der IS verfügt derzeit über eine nach außen hin expandierende Kontrolle in diesen Gebieten (Joel Wing 2.11.2018).
1.2.2 Religionsfreiheit
Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Gemäß Art. 2 Abs. 1 ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung (AA 12.2.2018). Es darf kein Gesetz erlassen werden das den "erwiesenen Bestimmungen des Islams" widerspricht (USDOS 29.5.2018; vgl. RoI 15.10.2005). In Abs. 2 wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert. Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen (RoI 15.10.2005; vgl. USDOS 29.5.2018).
Art. 3 der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes (AA 12.2.2018; vgl. UNHCR 15.1.2018). Art. 43 verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam; auch spezielle, in anderen islamischen Ländern existierende Straftatbestände, wie z. B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht (AA 12.2.2018). Das Zivilgesetz sieht einen einfachen Prozess für die Konversion eines Nicht-Muslims zum Islam vor. Die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion ist jedoch gesetzlich verboten (USDOS 29.5.2018).
Die folgenden religiösen Gruppen werden durch das Personenstandsgesetz anerkannt: Muslime, chaldäische Christen, assyrische Christen, assyrisch-katholische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, syrisch-katholische Christen, armenisch-apostolische Christen, armenisch-katholische Christen, römisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen, lateinisch-dominikanische Christen, nationale Protestanten, Anglikaner, evangelisch-protestantische Assyrer, Adventisten, koptisch-orthodoxe Christen, Jesiden, Sabäer-Mandäer und Juden. Die staatliche Anerkennung ermöglicht es den Gruppen, Rechtsvertreter zu bestellen und Rechtsgeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Immobilien durchzuführen. Alle anerkannten religiösen Gruppen haben ihre eigenen Personenstandsgerichte, die für die Behandlung von Ehe-, Scheidungs- und Erbschaftsfragen zuständig sind. Laut der jesidischen NGO Yazda gibt es jedoch kein Personenstandsgericht für Jesiden (USDOS 29.5.2018).
Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams (USDOS 29.5.2018; vgl. UNHCR 15.1.2018).
Die alten irakischen Personalausweise enthielten Informationen zur Religionszugehörigkeit einer Person, was von Menschenrechtsorganisationen als Sicherheitsrisiko im aktuell herrschenden Klima religiös-konfessioneller Gewalt kritisiert wurde. Mit Einführung des neuen Personalausweises wurde dieser Eintrag zeitweise abgeschafft. Mit Verabschiedung eines Gesetzes zum neuen Personalausweis im November 2015 wurde allerdings auch wieder ein religiöse Minderheiten diskriminierender Passus aufgenommen: Art. 26 besagt, dass Kinder eines zum Islam konvertierenden Elternteils automatisch auch als zum Islam konvertiert geführt werden (AA 12.2.2018). Es wird berichtet, dass das Gesetz faktisch zu Zwangskonvertierungen führt, indem Kinder mit nur einem muslimischen Elternteil (selbst Kinder, die infolge von Vergewaltigung geboren wurden) als Muslime angeführt werden müssen. Christliche Konvertiten berichten auch, dass sie gezwungen sind, ihr Kind als Muslim zu registrieren oder das Kind undokumentiert zu lassen, was die Berechtigung auf staatliche Leistungen beeinträchtigt (USDOS 29.5.2018).
Die meisten religiös-ethnischen Minderheiten sind im irakischen Parlament vertreten. Grundlage bildet ein Quotensystem bei der Verteilung der Sitze (fünf Sitze für die christliche Minderheit sowie jeweils einen Sitz für Jesiden, Sabäer, Mandäer und Schabak). Das kurdische Regionalparlament sieht jeweils fünf Sitze für Turkmenen, Chaldäer und assyrische Christen sowie einen für Armenier vor (AA 12.2.2018).
Es gibt weiterhin Berichte, dass die irakischen Sicherheitskräfte (ISF), einschließlich der Peshmerga und schiitischer Milizen, sunnitische Gefangene töten. Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten. Internationale Menschenrechtsorganisationen erklären, dass die Regierung es immer noch verabsäumt ethnisch-konfessionelle Verbrechen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, einschließlich Verbrechen, die von bewaffneten Gruppen in den vom IS befreiten Gebieten ausgeübt wurden. Sunnitische Araber berichten weiterhin, dass manche Regierungsbeamte bei Festnahmen und Inhaftierungen konfessionelles Profiling vornehmen, sowie Religion als bestimmenden Faktor bei der Vergabe von Arbeitsplätzen benützen (USDOS 29.5.2018).
Minderheiten sind auch weiterhin mit Belästigungen, einschließlich sexueller Übergriffe, und Einschränkungen durch lokale Behörden in einigen Regionen konfrontiert. Da Religion, Politik und Ethnizität oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, viele Vorfälle als ausschließlich auf religiöser Identität beruhend zu kategorisieren. Einige Jesiden und christliche Führer berichten von Belästigungen und Misshandlungen durch kurdische Sicherheitskräfte, einschließlich Anforderungen für Sicherheitsgenehmigungen, die von den Asayish auferlegt werden und die die Bewegungsfreiheit von Jesiden zwischen der Provinz Dohuk und dem Sinjar-Gebiet einschränken. Christen berichten von Belästigungen und Misshandlungen an zahlreichen Checkpoints, die von Einheiten der Volksmobilisierungseinheiten (PMF) betriebenen werden. Dadurch wird die Bewegungsfreiheit im Gebiet der Ninewa-Ebene behindert (USDOS 29.5.2018).
Christen und Jesiden geben an, dass die Zentralregierung in Bagdad eine gezielte demografische Veränderung fördert, indem sie Schiiten mit Land und Häusern ausstattet, damit diese in traditionell christliche Gebiete ziehen (USDOS 29.5.2018).
Vertreter religiöser Minderheiten berichten, dass die Zentralregierung im Allgemeinen nicht in religiöse Handlungen eingreift und sogar für die Sicherheit von Gotteshäusern und anderen religiösen Stätten, einschließlich Kirchen, Moscheen, Schreinen, religiösen Pilgerstätten und Pilgerrouten, sorgt (USDOS 29.5.2018).
Atheismus, Agnostizismus, Kritik an konfessioneller Politik
Das irakische Strafgesetzbuch enthält keine Artikel, die eine direkte Bestrafung für Atheismus vorsehen. Es gibt auch keine speziellen Gesetze, die Strafen für Atheisten vorsehen. (Al-Monitor 1.4.2018; vgl. EASO 7.2017, EASO 11.4.2018, Landinfo 29.8.2018). Die irakische Verfassung garantiert Atheisten nicht die freie Glaubensausübung (USDOS 29.5.2018). Im März 2018 wurden in Dhi Qar Haftbefehle gegen vier Iraker aufgrund von Atheismus-Vorwürfen erlassen (Al-Monitor 1.4.2018).
Der Irak ist ein zutiefst religiöses Land, in dem Atheismus selten ist (PRI 17.1.2018; vgl. RDC 31.1.2018). Trotzdem berichten Universitätsstudenten landesweit, dass es noch nie so viele Atheisten im Irak gegeben habe wie heute (WZ 9.10.2018).
Obwohl in der Bevölkerung verschiedene Grade der Religiosität vertreten sind und ein Segment der Iraker eine säkulare Weltanschauung vertritt, ist es dennoch selten, dass sich jemand öffentlich zum Atheismus bekennt. Die meisten Atheisten verstecken ihre Identität. Manchmal sagen sie, dass sie Muslime seien, insgeheim sind sie jedoch Atheisten (EASO 7.2017).
Viele Geistliche, die islamischen politischen Parteien nahestehen, haben missverständliche Vorstellungen zu dem Thema und bezeichnen z. B. oft den Säkularismus als Atheismus (Al-Monitor 1.4.2018). Einige Politiker führender konfessioneller Parteien verurteilten Säkularismus und Atheismus und reagierten damit offenbar auf einen Wandel in der öffentlichen Meinung nach dem IS-Konflikt, gegen religiösen Extremismus und den politischen Islam (FH 1.2018).
Berichten zufolge gibt es auch eine wachsende Bewegung von Agnostikern. Dazu kommen viele Menschen, die zwar bestimmte religiöse Erscheinungen oder Überzeugungen kritisieren, den generellen Rahmen der Religiösität jedoch nicht aufgeben (Al-Monitor 6.3.2014). Eine wachsende Gruppe junger Iraker spricht frei über Säkularismus, Atheismus und den Bedarf ihres Landes an nicht-konfessionellen Institutionen. Während ihr Einfluss begrenzt ist, spiegelt ihre Frustration über die konfessionelle Politik einen breiteren Trend im Land wider. Die Welle des "Facebook Säkularismus" muss die irakische Politik jedoch erst erreichen (Defense One 5.7.2018).
1.2.3 Rückkehr
Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Zu einer begrenzten Anzahl an Abschiebungen in den Zentralirak kommt es jedenfalls aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und Australien. Rückführungen aus Deutschland in die Autonome Region Kurdistan finden regelmäßig statt (AA 12.2.2018).
Studien zufolge ist die größte primäre Herausforderung für Rückkehrer die Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. Einkommen. Andere Herausforderungen bestehen in der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, psychischen und psychologischen Problemen, sowie negativen Reaktionen von Freunden und Familie zu Hause im Irak (IOM 2.2018; vgl. REACH 30.6.2017). In der Autonomen Region Kurdistan gibt es mehr junge Menschen, die sich nach ihrer Rückkehr organisieren. Ob sich diese Tendenzen verstetigen, wird aber ganz wesentlich davon abhängen, ob sich die wirtschaftliche Lage in der Autonomen Region Kurdistan kurz- und mittelfristig verbessern wird (AA 12.2.2018).
Die Höhe einer Miete hängt vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung der Unterkunft ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Die Miete für 250m² in Bagdad liegt bei ca. 320 USD. In den Städten der kurdischen Autonomieregion liegt die Miete bei 300-600 USD für eine Zweizimmerwohnung. Der Kaufpreis eines Hauses oder Grundstücks hängt ebenfalls von Ort, Größe und Ausstattung ab. Während die Nachfrage nach Mietobjekten stieg, nahm die Nachfrage nach Kaufobjekten ab. Durchschnittliche Betriebskosten betragen pro Monat 15.000 IQD (Anm.: ca. 11 EUR) für Gas, 10.000-25.000 IQD (Anm.: ca. 7-18 EUR) für Wasser, 30.000-40.000 IQD (Anm.: ca. 22-29 EUR) für Strom (staatlich) und 40.000 IQD für private oder nachbarschaftlichen Generatorenstrom (IOM 13.6.2018).
Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser im Land. Jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote (GIZ 11.2018). Wohnen ist zu einem der größten Probleme im Irak geworden, insbesondere nach den Geschehnissen von 2003 (IOM 13.6.2018). Die Immobilienpreise in irakischen Städten sind in den letzten zehn Jahren stark angestiegen (IEC 24.1.2018). Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem IS stellt der Wohnungsbau eine besonders dringende Priorität dar (Reuters 12.2.2018). Im November 2017 bestätigte der irakische Ministerrat ein neues Programm zur Wohnbaupolitik, das mit der Unterstützung von UN-Habitat ausgearbeitet wurde, um angemessenen Wohnraum für irakische Staatsbürger zu gewährleisten (UNHSP 6.11.2017). Öffentliche Unterstützung bei der Wohnungssuche besteht für Rückkehrer nicht (IOM 13.6.2018).
1.3 Zum Fluchtvorbringen
Bereits in den Erstverfahren, die mit Erkenntnis dieses Gerichts vom 24.04.2018 abgeschlossen wurden, haben die erwachsenen BF bereits Angaben betreffend ihre Religionszugehörigkeit gemacht. BF1 hat dort erstbefragt angegeben, keiner Religion anzugehören und konfessionslos zu sein, 2017 vernommen, er sei Atheist (AS 99). BF2 gab erstbefragt an, Sunnitin zu sein, in der niederschriftlichen Einvernahme dann am 23.08.2017, sie und die Kinder seien "offiziell moslemischen Glaubens, Sunniten, aber selber habe ich keinen Glauben und auch meine Kinder nicht." In der Beschwerde an dieses Gericht führten sie schon damals aus, "AtheistInnen zu sein" (S. 7). Die BF würden im Irak als Kurden und Atheisten verfolgt, BF2 auch als westlich orientierte Frau. Ihnen drohe wegen "ihrer atheistischen Weltanschauung unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung durch den irakischen Staat sowie die irakische Mehrheitsgesellschaft." (S 21 f)
Am Vormittag des 25.04.2010 erklärten BF1 und BF2 gegenüber der BH XXXX im eigenen und Namens der weiteren BF, aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft auszutreten, worüber ihnen diese eine Bescheinigung ausstellte. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF dabei eine Religionszugehörigkeit nachgewiesen hätten.
Zu ihren Folgeanträgen brachten sie vor, BF1 habe BF2 überzeugt, auszutreten. BF1 gab dazu an, mit BF2 darüber gesprochen zu haben, die im März 2018 zur Überzeugung gekommen wäre, gemeinsam mit ihm auszutreten. Sie hätten den Entschluss telefonisch beiden Familien mitgeteilt, welche ihn nicht akzeptiert, sondern sie beschimpft und damit bedroht hätten, sie zu finden und zurückzubringen. Grund der Mitteilung an die Familien sei gewesen, dass diese sie bis dahin ständig angerufen, an Gebet und Fasten erinnert und ermahnt hätten, die Kinder nach islamischen Gesetzen zu erziehen.
Anschließend hätten sie deren Telefonnummern gelöscht und seien zur Bezirkshauptmannschaft gegangen, wo sie und die drei Kinder offiziell ausgetreten seien. Im Herkunftsstaat sei er nicht ausgetreten, weil das fast unmöglich sei, man werde umgebracht.
BF2 erklärte, BF1 sei schon vor der Heirat konfessionslos gewesen, wovon sie gewusst habe, sie dagegen sei gläubig gewesen und habe, wenn sie bei ihren Eltern gewesen sei, auch gebetet. Nach der Hochzeit habe sich ihre Einstellung geändert. Zuhause habe sie weder Kopftuch getragen, noch gebetet oder gefastet. In Österreich habe sie dann auch Schweinefleisch gegessen und geraucht. Anfang März 2018 habe sie dann ihre endgültige Entscheidung zum Austritt getroffen, besonders, als sie das Leben der Frauen hier mit jenem derer im Herkunftsstaat verglichen habe.
Erst habe sie ihrer Schwester von dem Entschluss erzählt, und sich dann gedacht, sie lebe jetzt in einem anderen Land, wo es Freiheiten gäbe, also "warum sollten sie es nicht erfahren", worauf ihr Vater sie angerufen habe. Er habe sie beschimpft und ihnen gedroht, wenn sie den Familien in die Hände fielen, dann wüssten diese, was sie mit ihnen tun würden. Das sei Mitte März gewesen.
Zur BH seien sie erst am 25.04.2018 gegangen, da eine Bekannte am Wohnort sich darum gekümmert habe, wie vorzugehen sei, wenn man austreten wolle, aber nicht früher Zeit dafür gehabt habe. Da die Kinder ebenso ausgetreten seien, wären das auch deren Fluchtgründe.
Das erwähnte Erkenntnis dieses Gerichts vom 24.04.2018 wurde durch elektronische Zustellung an das BFA am 25.04.2018 um 14:27 Uhr erlassen. Die Rechtsvertretung der BF erhielt es am 25.04.2018 um 16:01 Uhr. Seine Rechtskraft steht damit fest.
Die geltend gemachten Eigenschaften - Atheismus, westliche Einstellung, Kurdische Ethnie - sind nicht neu und waren auch nicht behaupteter Grund der seinerzeitigen Ausreise, sondern die eingangs erwähnte angebliche private Verfolgung durch Kriminelle.
Die BF haben keinen glaubhaften neuen Sachverhalt behauptet. Es kann nicht festgestellt werden, dass sie von Verwandten aus religiösen oder anderen Gründen bedroht oder verfolgt würden. Wie bereits im Vorerkenntnis kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wären, oder sonstige Gründe vorlägen, die einer Rückkehr entgegenstünden.
2. Beweiswürdigung:
Da gegenüber den bisherigen Verfahren weder auf Grund des Vorbringens noch auf Basis amtswegig gewonnener Information gravierende Änderungen des Sachverhalts zutage kamen, folgt das Gericht, soweit nicht eigens erwähnt, den bisherigen Feststellungen.
Das BFA hat (jeweils) ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Gericht verweist daher auch auf die schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen es sich gänzlich anschließt.
2.1 Zum Verfahrensgang
Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der Verwaltungsakten und jener des Gerichts samt dem Erkenntnis vom 24.04.2018 und dem Beschluss vom 03.08.2018. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.
2.2 Zu den Personen:
Soweit Feststellungen zu den Identitäten und zur Staatsangehörigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der vorliegenden Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde, den vorliegenden Reisepässen der BF (außer BF5) und der Geburtsurkunde von BF5 (AS 135 in deren Akt).
Die Feststellung betreffend die strafgerichtliche Unbescholtenheit beruht auf dem Strafregister, jene zur Gesundheit auf den insoweit keinerseits bezweifelten Bescheidinhalten. Daraus und aus dem Alter folgte die gegebene Arbeitsfähigkeit von BF1 und BF2. Das Datum der Mandatsbescheide findet sich in den Fremdenregisterausdrucken vom 26.06.2018 (AS 23 bei BF1 und BF2).
Die Flugverbindungen von und nach der Herkunftsstadt sind auf der Homepage des Flughafens ersichtlich (www.sulairport.krd; Abfragen 09. und 10.07.2019). Darüber hinaus konnten die Aussagen von BF1 und BF2 und die Feststellungen dieses Gerichts in den beiden bisherigen Beschwerdeverfahren aller BF herangezogen werden, um die nunmehrigen Feststellungen zu den Personen zu vervollständigen.
2.3 Zu den Fluchtgründen:
Im Wesentlichen stützen die BF die Folgeanträge über das bisher bereits Vorgebrachte und in den vorigen Verfahren auch von diesem Gericht Behandelte darauf, dass sie im Fall einer Rückkehr nach ihren Religionsaustritten von den Familien von BF1 und BF2 verfolgt würden, und ergänzend auf die Reaktion der Gesellschaft darauf, die westliche Orientierung von BF2 sowie die Sicherheitslage der Herkunftsregion.
Die Feststellung betreffend die Religionsaustritte beruht auf den Aussagen von BF1 und BF2, der vorgelegten Urkunde der BH (AS 91 bei BF1) sowie der Bestätigung betreffend die Vorsprache von BF1 (AV vom 04.07.2019).
Nach dem Vorbringen von BF1 und BF2 wären die telefonischen Drohungen jedenfalls erfolgt, bevor die BF ihre Erklärungen der BH gegenüber abgaben, und damit auch vor der Erlassung des vorigen Erkenntnisses. Nach Angabe von BF2 erfolgten die Telefonate Mitte März 2018.
Damit wurde kein Sachverhalt geltend gemacht, der nach Eintritt der Rechtskraft der vorigen Entscheidung entstanden wäre. Der unerklärt späte Zeitpunkt des Vorbringens belastet auch die seine Glaubhaftigkeit. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass kein Asylwerber eine Gelegenheit ungenützt ließe, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten.
Die Ausführungen sind auch wenig glaubhaft, weil sie einander widersprechen. Während BF1 angab, BF2 und er hätten "beschlossen", ihren Familien mitzuteilen, den Glauben nicht mehr auszuüben, weil diese ständig angerufen, an Gebet und Fasten erinnert und ihnen das Leben unerträglich gemacht hätten, weshalb BF1 und BF2 bezweckt hätten, dass das aufhöre (AS 77 ff), erklärte BF2, zunächst Ihre Schwester eingeweiht und sich dann gedacht zu haben, warum es nicht auch die Familien erfahren sollten. Diese könnten ihnen nichts antun, aber erfahren sollten sie es (AS 69). Demnach wäre es laut BF2 eher gleichgültig gewesen, ob und wie eine Reaktion ausfallen würde, laut BF1 wäre ein Ende der mahnenden Anrufe das Ziel gewesen.
Dazu kommt, dass bei geistig gesunden Erwachsenen Anfang 30 zu erwarten wäre, dass sie die Reaktion ihrer Eltern auf einen Religionsaustritt einigermaßen treffend voraussehen können, und bei BF2, dass sie betreffend die eigene Einstellung angab, dass sie schon vorher in Österreich nicht gefastet, Schwein gegessen und geraucht habe. Ihr Kopftuch habe sie bereits im Herkunftsstaat nur auf den Schultern gehabt, um es anzulegen, wenn Fremde ins Haus gekommen seien (AS 63). Das entspricht auch dem Lichtbild im bereits 2011 ausgestellten Reisepass, wo kein Kopftuch erkennbar ist, sondern allenfalls eine Art transparenter Schleier hinter dem Kopf (AS 53 bei BF2) sowie dem Fehlen eines solchen auf den Fotos anlässlich der Antragstellung 2016 (AS 19) und harmoniert mit dem christlichen Religionsunterricht von BF3 (bereits) im Schuljahr 2017/18.
Demnach wäre die behauptete Überzeugungsarbeit von BF1 im März 2018 kaum erforderlich gewesen, weshalb die vergleichsweise auffallend stimmigen Ausführungen in diesem Punkt wenig überzeugend wirken:
"Ich habe Diskussionen mit meiner Frau geführt und [...] ihr erklärt, dass zwei Frauen im Islam als ein Zeuge gezählt werden, das[s] im Islam einem Ehemann erlaubt wird, das[s,] [...] wenn er seiner Ehe drei Tage fernbleibt[,] er wieder das Recht hat, eine Frau zu heiraten." (BF1, AS 77) "Nach dem Islam sind Männer berechtigt [,] 4 Frauen zu heiraten, wenn Männer 2 Wochen von ihren Ehefrauen fernbl[ei]ben [,] dürfen sie eine neue Familie gründen. 2 Frauen werden als 1 männlicher Zeuge gezählt." (BF2, AS 69)
Weil das Vorbringen der BF damit weder einen glaubwürdigen, noch einen gegenüber den Ersterkenntnissen neuen Sachverhalt beinhaltet, war dies festzustellen. In der Folge war wie in diesen Erkenntnissen noch zu ergänzen, dass weiterhin nicht festgestellt werden kann, dass die BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wären, oder sonstige Gründe vorlägen, die einer Rückkehr entgegenstünden.
Das gilt auch nach Berücksichtigung der beschwerdehalber zitierten UNHRC-Position zum internationalen Schutz aus dem Irak Geflohener (UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Republic of Iraq, Mai 2019, 9;
https://www.ecoi.net/en/file/local/2007789/unhcr-2019-05-protection-considerations-iraq.pdf [Zugriff am 8. Juli 2019]).
Nach dieser Position gehören die BF keiner Gruppe an, bei der es wahrscheinlich wäre, dass sie internationalen Schutz bräuchten ("... likely to be ...").
Zu Atheisten führt sie (übersetzt) an: "Obwohl offener Atheismus im Irak äußerst selten ist, soll die Zahl der Atheisten steigen. Wenngleich es keine Gesetze gibt, die den ‚Atheismus' verbieten, wurden Atheisten Berichten zufolge wegen ‚Entweihung von Religionen' und verwandten Vorwürfen angeklagt Anklage. Ferner wird berichtet, dass die gesellschaftliche Toleranz gegenüber Atheisten sehr begrenzt ist, wie auch die öffentliche Rhetorik einiger Politiker und religiöser Führer belegt. Von Atheisten wird berichtet, dass sie aus Angst vor Ablehnung, Diskriminierung und Gewalt durch ihre Familienangehörigen, private Bürgerwehren und konservative / kompromisslose religiöse Gruppen ihre Ansichten häufig geheim halten."
Zum Schutzbedarf von Atheisten heißt es (übersetzt): "UNHCR ist der Ansicht, dass Atheisten aufgrund ihrer Religion möglicherweise internationalen Flüchtlingsschutz benötigen, abhängig von den individuellen Umständen des Einzelfalls." ("... may be in need of...", S. 82)
Die BF haben unter diesem Aspekt nicht dargetan, dass gleichsam jeder - oder sie im Speziellen -, der nicht irgendeiner Religion angehört, schon deswegen verfolgt würde(n), und so weder in ihren Erst-, noch in den nunmehrigen Verfahren glaubhaft dargetan, dass ihnen im Rückkehrfall - im Gegensatz zu früher - Verfolgung wegen ihrer atheistischen religiösen Einstellung drohe.
2.4 Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen wie in den bekämpften Bescheiden auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation vom 20.11.2018 auf Stand 09.04.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. des UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die BF traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen, sondern zitierten in den Beschwerden daraus (S. 7) sowie aus weiteren, diesen nicht widersprechenden Berichten und einer Reisewarnung. Es war dabei nicht ersichtlich, dass eine für die BF nachteiligere als die bei den Entscheidungen vom 24.04.2018 und 03.08.2018 zu berücksichtigende Lage ihm Herkunftsstaat zu berücksichtigen wäre. Gerade die demgegenüber in den bekämpften Bescheiden vorgenommenen Ergänzungen (S. 29, AS 559 bei BF1; S. 21 ff, AS 345 ff bei BF2) blieben in den Beschwerden ohne fundierte Widersprüche.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Das Gericht verkennt nicht, dass die Rechtzeitigkeit der Beschwerde von BF3 außerhalb eines Familienverfahrens gesondert zu prüfen wäre, weil BF3 entgegen dem Sendezeitpunkt einer E-Mail-Nachricht des BFA vom 05.06.2019 (AS 289) vorbringt, den Bescheid erst am 24.06.2019 erhalten zu haben. Im Hinblick auf § 16 Abs. 3 BFA-VG gilt aber eine auch nur von einem betroffenen Familienmitglied erhobene Beschwerde gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen betreffenden Entscheidungen. Die am 19.06.2019 beim BF eingegangenen Beschwerden der anderen BF waren ohne Zweifel rechtzeitig. Der Zustellzeitpunkt des Bescheids an BF3 ist demnach fallbezogen nicht erheblich.
Das schon im vorangegangenen Verfahren erstattete Fluchtvorbringen der BF und die dort geltend gemachten Gründe sind bereits 2018 abschließend beurteilt und in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Erledigung berücksichtigt worden. Insofern geht es im aktuellen Folgeverfahren um die Prüfung der darüber hinaus geltend gemachten neuen Tatsachen und im Beschwerdeverfahren um den Inhalt des nun bekämpften Bescheids.
Da die belangte Behörde die Folgeanträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Beschwerdegegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Zurückweisung dieses Antrages, nicht aber der Antrag selbst.
3.1 Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I und II):
Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Letzteres betrifft die amtswegige oder aufsichtsbehördliche Bescheidänderung oder -aufhebung. Die §§ 69 und 71 AVG bezeichnen die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die beide hier nicht anwendbar sind.
Die Anordnung, dass Anbringen unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 AVG nicht inhaltlich behandelt, sondern zurückgewiesen werden, soll die wiederholte Befassung der Behörde mit einer bereits entschiedenen Sache vermeiden, wobei es auf die unveränderte Sach- und Rechtslage ankommt.
Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (vgl. VwGH 8.9.2015, Ra 2014/18/0089). Demnach sind behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die der Asylwerber jedoch nicht bereits im ersten Asylverfahren vorgebracht hat, von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0008 bis 0010, mwN).
In den vorliegenden Asylverfahren brachten die BF keine glaubhaften neuen Gründe für die Anträge auf internationalen Schutz vor. Sie haben daher kein Vorbringen erstattet, das eine solche Änderung des Sachverhalts beinhaltet, die nach Rechtskraft der bereits erfolgten Entscheidungen eingetreten und geeignet wäre, andere Entscheidungen herbeizuführen.
Betreffend die im Erstverfahren behauptete private Verfolgung blieb das Vorbringen soweit relevant unverändert und wurde bereits in den Erstverfahren behandelt. Kern des Vorbingens in Bezug auf die religiöse Einstellung der BF ist nunmehr im Folgeverfahren neben dem Atheismus, dass die BF den Angehörigen im Herkunftsstaat diesen und den beabsichtigten Austritt aus der Glaubensgemeinschaft mitgeteilt hätten und daraufhin bedroht worden seien. Nach dem behaupteten zeitlichen Ablauf fand all das vor Abschluss des ersten Beschwerdeverfahrens statt, weshalb dieses Vorbringen sich auf einen bereits damals angeblich vorliegenden Sachverhalt bezieht und schon damals hätte erstattet werden können. Warum die BF das nicht getan haben, ist nicht ersichtlich.
Der behauptete Sachverhalt wäre demnach - läge er wie behauptet vor - von der Rechtskraft der Entscheidungen im Erstverfahren umfasst. Der sonst für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft des Erstverfahrens nicht entscheidungswesentlich geändert.
Wie das BFA in den Verwaltungsverfahren zutreffend ausführte, sprach auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat (nunmehr) eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. (z. B. S. 131 im Bescheid von BF1, AS 661).
Für das BFA lag somit kein Anlass für eine Überprüfung der seinerzeitigen Erledigungen vor. Damit stand einer neuerlichen Behandlung durch das BFA mangels einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung die bereits entschiedene Sache entgegen. Da es demnach die Folgeanträge der BF zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG betreffend den Asyl- und den subsidiären Schutzstatus zurückgewiesen hat, waren die Beschwerden bezogen auf Spruchpunkte I und II nach § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.2 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III):
3.2.1 Im Spruchpunkt III der angefochtenen Bescheide sprach das BFA aus, dass den BF ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß "§ 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war nach der Begründung (z. B. S. 113 / AS 257 im Bescheid für BF3) das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde von den BF nicht behauptet. Aus den Beschwerden und aus den Verwaltungsakten ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung solcher Aufenthaltsberechtigungen in Betracht kommt. Die Beschwerden waren daher auch betreffend die Spruchpunkte III abzuweisen.
3.3 Zu den Rückkehrentscheidungen (Spruchpunkte IV)
Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Diese Bestimmung bildet in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 auch die Rechtsgrundlage für die Rückkehrentscheidung nach einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).
Somit ist auch in den vorliegenden Fällen die Rückkehrentscheidung vorgesehen. Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.
Dabei ergibt im Fall der BF eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in deren Privatleben durch eine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ebenso verhältnismäßig anzusehen ist wie es bereits im Beschlusszeitpunkt über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes der Fall war.
Im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu berücksichtigen ist, dass der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet (außer bei BF5) im Anschluss an eine illegale Einreise 3,3 Jahre gedauert hat. Von einer "Aufenthaltsverfestigung" kann daher und schon unabhängig davon keine Rede sein, dass sich BF1 und BF2 des unsicheren Aufenthalts bewusst sein mussten. Außerdem fußte der Aufenthalt seit 26.02.2019 nicht mehr auf der aufschiebenden Wirkung der VfGH-Beschwerde im Erstverfahren, sondern auf einem Folgeantrag, der zurückzuweisen war.
Die BF haben unstrittig kein Familienleben außerhalb der Kernfamilie, die sie selbst bilden, im Bundesgebiet. Diese Kernfamilie kann zusammen in den Herkunftsstaat ausreisen, sodass dadurch kein Eingriff in das Familienleben zu befürchten ist. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in ihr Privatleben. Dieses erweist sich als wenig gewichtig.
Unter den gegebenen Umständen kann davon ausgegangen werden, dass das Privatleben der BF sich gegenüber dem Zeitpunkt der letzten Entscheidung, 03.08.2018, insofern verstärkt hat, als deren Empfehlung durch Freunde und Bekannte weiter aufrecht ist, ebenso die Einstellungszusagen für BF1 und BF2, und BF3 das zweite Schuljahr absolviert hat.
Es liegen allerdings keine Hinweise vor, dass die BF in Österreich inzwischen einen solchen Grad an Integration erlangt hätten, der den persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. BF1 und BF2 üben in Österreich keine angemeldete Beschäftigung aus und sind nicht selbsterhaltungsfähig.
Zudem haben die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat, in dem BF1 und BF2 aufgewachsen sind und den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben, je rund 30 Jahre, sprachliche und kulturelle Verbindungen sowie Ortskenntnisse und die Möglichkeit, alte oder neue soziale Kontakte zu pflegen, zu knüpfen oder aufzufrischen. Daher werden diese beiden BF im Falle der Rückkehr der BF durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich bei BF1 um eine Hilfstätigkeit und bei BF2 um Heimarbeit handelte, den Lebensunterhalt der BF bestreiten können, wie auch immer eine Unterstützung durch die Familien sich zeigen oder fehlen sollte.
Den Interessen der BF am Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich die BF erfolgreich auf ihr Privat- und Familienleben berufen könnten, obwohl BF1 und BF2 deren Aufenthalt lediglich durch die faktische Einreise sowie unbegründete Asylanträge erzwungen haben (und den von BF5 durch jenen von BF2 erwirkt) und zudem mithilfe von Folgeanträgen fortsetzten. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.
Die Erlassung der Rückkehrentscheidungen kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
3.4 Zur Zulässigkeit der Abschiebungen (Spruchpunkte V)
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die BF im Falle der Rückkehr in den Irak einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wären.
Wie ausgeführt, ist es den BF nicht gelungen, die vorgebrachte individuelle Bedrohung und Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Sie gehören auch keiner Personengruppe einem Risikoprofil an, das Schutzbedarf wahrscheinlich macht.
Soweit sich die Beschwerden darauf beziehen, dass UNHRC dringend ersucht, von zwangsweisen Rückführungen in Herkunftsregionen abzusehen, die in der Vergangenheit vom "IS" kontrolliert wurden, oder in denen "IS" weiterhin anwesend ist, was für die Provinzen Kirkuk und XXXX zutreffe, verfängt dieses Vorbringen schon deshalb nicht, weil die BF nicht von dort stammen (BF5: dorthin zurückkehren), sondern aus der Stadt Sulaimaniyah (Suleimaniya), die per Flugzeug direkt aus der EU und anderen Staaten erreichbar ist. Eine IS-Präsenz dort wurde weder behauptet noch festgestellt.
Wenn die Beschwerden sich auf die Behauptung stützen, dass sich in XXXX und XXXX die IS-Angriffe intensivierten, ist nicht zu sehen, was die BF mit diesen Orten verbände, zumal XXXX in völlig anderen Teilen des Herkunftsstaats liegen.
Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass den BF nach ihrer Rückkehr nach Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Sie sind ausreichend gesund und BF1 und BF2 auch erwerbsfähig, sodass sich daraus auch kein Sachverhalt ergibt, der zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.
Die BF werden aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustandes in der Lage sein, im Irak zumindest notdürftig leben zu können. BF1 und BF2 sind dort aufgewachsen und haben die Schule besucht, BF1 auch Arbeitserfahrung. Sie sprechen Zentralkurdisch und haben eine Reihe von Verwandten, auch ersten und zweiten Grades im Herkunftsstaat, von denen speziell die minderjährigen BF auch Unterstützung erwarten können.
Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben können als im Irak, genügt nicht für die Annahme, sie würden dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit ihre dringendsten Bedürfnisse nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem besteht im Irak keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.
Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass im Irak das Leben der BF oder ihre Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht festgestellt worden.
Eine der Abschiebung in den Irak entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR besteht nicht.
3.5 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte VI):
Das BFA hat die Folgeanträge zu Recht wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen.
Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG nicht besteht, was hier nach den Spruchpunkten I und II der angefochtenen Bescheide der Fall ist.
Daher waren die Beschwerde auch gegen die Spruchpunkte VI des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.6 Zu den Einreiseverboten (Spruchpunkte VII):
Das BFA hat die Einreiseverbote gegen BF1 und BF2 auf § 53 Abs. 2 FPG gestützt, wonach - unbeschadet dessen Abs. 3 - ein solches für bis zu fünf Jahre verhängt werden kann, wobei näher genannte Umstände zu beachten sind, nämlich das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft, wofür Beispiele angeführt sind.
Nach der Rechtsprechung ist es nicht rechtens, im Fall eines Asylwerbers, der Anspruch auf Grundversorgung hat und dessen Antrag auf internationalen Schutz keine Folge gegeben sowie gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen wird, ein allein auf § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG (fehlende Unterhaltsmittel) gegründetes Einreiseverbot zu erlassen, ohne die dafür notwendige Einzelfallprüfung vorzunehmen. (VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349)
Geklärt ist jedoch auch, dass die Kombination von Fehlen der Unterhaltsmittel und Missachten der Ausreiseverpflichtung, ein solches Fehlverhalten ist, das nicht zu einer bloß geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führt, und daher als Grundlage für ein Einreiseverbot ausreicht (VwGH 05.12.2018, Ra 2018/20/0390 mwH).
Fallbezogen tritt zum Fehlen hinreichender Mittel für den Unterhalt zwar nicht die genannte Missachtung, jedoch jene der Wohnsitzauflage. Auch sie bewirkt, dass die Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit insgesam