TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/25 W141 2216728-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2019
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Entscheidungsdatum

25.07.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W141 2216728-1/ 10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie die fachkundige Laienrichterin

Mag. Bettina PINTER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,

geb. XXXX , bevollmächtigt vertreten durch den KOBV der Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 19.12.2018, OB: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid in Form der Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass dessen Spruch insgesamt wie folgt lautet:

1. Dem Antrag des XXXX vom 05.09.2018 wird insoweit stattgegeben als die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vorliegen.

2. Im Übrigen wird der Antrag vom 05.09.2018 auf die Vornahme der Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs.1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" und "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes bedarf einer Begleitperson" in den Behindertenpass abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Wirksamkeit 19.11.2004 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung von 80 vH eingetragen.

1.1. Am 05.09.2018 hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, Gesundheitsschädigung gemäß §2 Abs.1 erster und zweiter Teilstrich (VO 303/1996), auf Eintragung einer Begleitperson und Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO, gestellt.

1.2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.11.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragungen der Zusatzvermerke "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", Gesundheitsschädigung gemäß §2 Abs.1 erster Teilstrich (VO 303/1996) und einer Begleitperson in den Behindertenpass nicht vorliegen.

1.3 Mit Schreiben vom 29.11.2018 erklärt der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers, dass er mit dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht einverstanden sei und beantragte eine nochmalige Überprüfung der Unterlagen.

1.4. Mit Stellungnahme desselben Allgemeinmediziners vom 10.12.2018 wird das von ihm im Gutachten festgestellte Ergebnis bestätigt.

1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", Gesundheitsschädigung gemäß §2 Abs.1 erster Teilstrich (VO 303/1996) und einer Begleitperson in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.

Dem Bescheid war das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten beigelegt.

2. Gegen diesen Bescheid wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben.

Unter Vorlage eines weiteren Befundes wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers vorgebracht, dass laut Sachverständigengutachten nur eine moderate Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vorliege, welche das Erreichen, Besteigen und Mitfahren in öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwere. Dem sei entgegenzuhalten, dass nunmehr eine höhergradige Herzinsuffizienz vorliege, wodurch die Belastbarkeit des Beschwerdeführers höhergradig eingeschränkt sei.

3. Mit Schreiben vom 12.02.2019 gibt derselbe Sachverständige erneut eine Stellungnahme zum Gutachten vom 12.11.2018 mit dem Ergebnis ab, dass auch nach nochmaliger Durchsicht aufgrund der vorgebrachten Einwände an der getroffenen Beurteilung festzuhalten sei.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Rahmen der rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung, die am 23.01.2019 eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.12.2018 betreffend der Vornahme der Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", Gesundheitsschädigung gemäß §2 Abs.1 erster Teilstrich (VO 303/1996) und einer Begleitperson in den Behindertenpass gemäß § 41, § 42 und § 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des BBG zitierend wird begründend ausgeführt, dass die belangte Behörde zur Prüfung der gegen den Bescheid vom 19.12.2018 rechtzeitig eingebrachten Beschwerde eine ärztliche Stellungnahme, basierend auf der Aktenlage eingeholt wurde, welche im Ergebnis ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Eintragungen der Zusatzvermerke nicht vorliegen.

5. Mit Schreiben vom 22.03.2019 beantragte der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

6. Mit Schreiben vom 01.04.2019 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.

6.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde ein weiteres Sachverständigengutachten eines Facharztes für Anästhesiologie und Intensivmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.06.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen würde.

6.2. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs hat weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde Einwendungen erhoben. Vielmehr hat der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers um ehestmögliche Erlassung des beschwerdestattgebenden Erkenntnisses ersucht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichen, Sachverhalt aus.

1.1. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland. Er ist Inhaber eines Behindertenpasses.

1.2. Zur beantragten Zusatzeintragung:

Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

1.2.1. Art der Funktionseinschränkungen:

? KHK, Zustand nach aortokoronarer Bypassoperation, Aortenklappenersatz, Mitralklappenersatz, Bluthochdruck, pulmonaler Hochdruck, Zustand nach Isthmusablation wegen Vorhofflattern

? Zustand nach NTX

? Zustand nach Teilresektion des linken Lungenunterlappen und Rippenresektion, gemischt obstruktiv-restriktive Störung

? Asthma bronchiale mit deutlich gebesserter Lungenfunktion

? Angst- und Panikzustände

? Polyarthralgien und Myopathien ohne maßgebliche Funktionseinschränkung in den Gelenken, insbesondere auch den Kniegelenken. 1.2.2. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

176 cm großer und 92 kg schwerer Mann

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput: sichtbare Häute und Schleimhäute gut durchblutet, Bulbusmotorik seitengleich, beidseits prompte Pupillenreaktion.

Wirbelsäule: Rechtskonvexe Skoliose BWS, Schulterhochstand rechts +3 cm, kein Beckenschiefstand, Klopfschmerz LWS, im Seitaspekt physiologischer Krümmungsverlauf, FBA 40 cm. Der gesamte Rücken mit teils narbig abgeheilten kleinen Furunkeln.

Obere Extremitäten: sämtliche Gelenke werden altersentsprechend endlagig frei bewegt, MER seitengleich prompt, periphere DMS in Ordnung. Stillgelegter Shunt Unterarm links.

Untere Extremitäten: Hüfte rechts S 0/0/100, Außenrotation 15°, Innenrotation 5°, Abduktion 10°, Hüfte links S 0/0/100, Außenrotation 10°, Innenrotation 0°, Abduktion 10°. Diffuser Druckschmerz über dem Gelenksspalt an beiden Kniegelenken, beidseits S 0/0/120, Seitenbandapparat stabil. Bland abgeheilte Narbe Unterschenkel links nach Gefäßentnahme zur Bypassoperation, keine Unterschenkelödeme, Sprunggelenke frei, periphere Durchblutung in Ordnung, Wackelbewegungen der Zehen möglich. Das Hautgefühl am rechten Unterschenkel medial sowie an den Zehen wird herabgesetzt angegeben, die Beinachse im Lot, keine Beinlängendifferenz, MER seitengleich prompt, Lasegue rechts positiv bei 40°, links bei 30°.

Thorax: Asymmetrisch - es zeigt sich eine narbige Einziegung am linken Hemithorax etwa 5 cm unterhalb der Brustwarze bei Zustand nach Entfernung des linken Lungenunterlappens, Rippenresektion. Die Narbe reicht am Rücken bis an den Innenrand des Schulterblatts, ist etwa 50 cm lang. Bland abgeheilte mediane Narbe nach Sternotomie. Herzaktion arrythmisch, leises systolisches Strömungsgeräusch ohne Fortleitung, Pulmo beidseits VA, gelegentlich spastische Atemgeräusche, die Atemgeräusche im Bereich des linken Hemithorax in der unteren Hälfte nicht hörbar (Zustand nach Lungenresektion). Infraclaviculär rechts bland abgeheilte Narben nach zentralen Venenzugängen, ECMO.

Abdomen: weich, über Thoraxniveau, diffuser Druckschmerz, keine Abwehrspannung. Kleiner Narbenbruch, blande Narben nach Leistenbruch-OP beidseits.

Er kommt in Begleitung, selbstständig gehend zu Untersuchung, trägt normales Schuhwerk ohne Einlagen. Das Barfußgangbild ist sicher, eher langsam, die Schrittlänge ist seitengleich, der Abrollvorgang unauffällig. Zehenspitzenstand, Fersenstand und Einbeinstand mit Festhalten möglich, Kniebeuge traut er sich nicht zu, Nacken- und Schürzengriff endlagig. Selbstständiges An- und Auskleiden im Sitzen möglich (die Socken zieht er nicht wieder an).

1.2.3. Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Der Beschwerdeführer kann sich zwar im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 200 - 300 m) kann aber nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist erheblich eingeschränkt.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich im Zusammenwirken in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.

Auf Grund der Verschlechterung der Herzinsuffizienz lässt sich eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit verifizieren. Zudem zeigt sich einer der beiden aortokoronaren Bypässe bereits wieder verschlossen, auch dieser Zustand führt zu einer maßgeblichen Einschränkung der koronaren Reserve, woraus sich wiederum eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ableiten lässt.

Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister mit Stichtag 05.04.2019.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen gründen sich auf das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.06.2019.

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entspricht unter Berücksichtigung des erstatteten Vorbringens und der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt und fasst deren Inhalt nachvollziehbar wie folgt zusammen:

* mitgebrachte Ambulanzkarte KH XXXX 06/2019 Zustand nach Isthmusablation aufgrund von persistierendem Vorhofflattern, Rechtsschenkelblock, Kollaps mit Vertigo, Hypotonie, NTX 06/2015, Hämodialyse 4/04-6/05, Stilllegung des Shunts 07/2009, Schrumpfnieren beidseits, kleine Zyste an der rechten Eigenniere (09/2015), Bluthochdruck, chronische Herzinsuffizienz, ischämische Cardiomyopathie - EF im Echo 10/2018: 35-40 %, Vorhofflattern unter Marcoumar, Zustand nach PTCA und 3 x DES RCA, LAD 03/2012, Coronarangiografie 11/2015: gutes Stent-Langzeitergebnis der LAD , 80 % Stenose, die übrigen Herzkranzgefäße zufriedenstellend, Zustand nach mechanischem Mitralklappen- und Aortenklappenersatz sowie ACBP 01/2016, Reanimation nach Ausbau der ECMO 20.1.2016, passagerer Schrittmacher bei AV-Block III, passageres organisches Psychosyndrom, pulmonale Hypertension, Polyneuropathie Beine beidseits, restless legs Syndrom, Struma, Zwerchfellbruch, Struma, Schwellung der Fingergelenke, Hyperlipidämie, Leberzyste im linken Leberlappen, Zustand nach mehrfachen Pneumonien, Pleuraerguss rechts 10/2015, Zustand nach Lungenabszess 1973, Zustand nach Gastroenteritis, Clostridien positiv 11/2016, Zustand nach Herpes simplex gluteal rechts, Zustand nach Erysipel linker Unterschenkel 6/2012, mittelgradige Depression, Somatisierungstendenz, Leistenbruch beidseits, Zustand nach Augenentzündungen; Zustand nach Hodenbruchoperation beidseits, Zustand nach Mandelentfernung.

* Transthoracales Echo 03/2019 (Abl. 105): die Linksventrikelfunktion etwas verschlechtert, die Klappenfunktion unauffällig.

* Myocardscintigraphie 02/2019 (Abl. 104): Perfusionsstörung im septalen und im basalen Drittel der Hinterwand wie bei ischämischer Cardiomyopathie.

* Befundbericht Dr. XXXX (Abl. 102-103): NYHA III, eventuell CRT-Therapie, Kontrollangio zum Ausschluss einer Bypass-Dysfunktion empfohlen.

* Entlassungsbericht interne Abteilung KH XXXX 03/2019 (Abi. 99-101): ischämische Kardiomyopathie EF 30 %, 50 % Stenose der LAD, 50 % Stenose RIVP, ein aortokoronarer Bypass verschlossen, der zweite offen, gute Funktion der Aorten- und Mitralklappenprothese. Stationäre Aufnahme wegen Belastungsdyspnoe und retrosternalem Druckgefühl bei hochgradig reduzierter Linksventrikelfunktion. Auch laborchemisch zeigen sich Zeichen der Herzinsuffizienz, die medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz, die medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz wurde auf die Höchstdosis erhöht, eine CRT-Therapie bei Zustand nach NTX unter immunsuppressiver Therapie erscheint nicht sinnvoll

* Lungenfachärztlicher Befundbericht Dr. XXXX 10/2018 (mitgebracht und eingeordnet): Asthma bronchiale, deutlich gebessert der gemischte obstruktive-restriktive Störung, von pulmonaler Seite keine stärkere körperliche Anstrengung zumutbar.

* Neurologisch-psychiatrischer Arztbrief Dr. XXXX 08/2018 (mitgebracht und eingeordnet): Angst- und Panikzustände, verträgt keine Menschen um sich. In Zusammenschau der internistischen und psychiatrischen Erkrankung ist die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Im internistischen Sachverständigengutachten wird überzeugend dargestellt, dass sich im aktuellen Herzecho des Beschwerdeführers eine EF von etwa 30 % zeigt mit tendenzieller Verschlechterung trotz Maximierung der medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz, dementsprechend lässt sich eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit verifizieren. Zudem zeiget sich einer der beiden aortokoronaren Bypässe bereits wieder verschlossen, auch dies führt zu einer maßgeblichen Einschränkung der koronaren Reserve, woraus sich wiederum eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ableiten lässt. Weiters führt der Sachverständige aus, dass die Therapieoptionen der ischämischen Cardiomyopathie/ Herzinsuffizienz zur Gänze ausgeschöpft sind.

Der Sachverständige beschreibt, dass im Erstgutachten zwar sämtliche Leiden erfasst wurden, jedoch im aktuellen Befund eine deutliche Verschlechterung der Herzleistung attestiert wird. Diese maßgebliche Beeinträchtigung der körperlichen Belastbarkeit, begründet durch die Herzinsuffizienz sowie der eingeschränkten koronaren Reserve, führt zu einer abweichenden Einschätzung bezogen auf die Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde somit umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Das eingeholte Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die Abweichung zur Beurteilung der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten resultieret aus der nunmehr durchgeführten fachärztlichen Untersuchung.

Die Angaben des Beschwerdeführers waren sohin geeignet, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen

Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II. 3.1.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle zehn Wochen. § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Falle des Eintretens von Änderungen durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009,

Zl. 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014)

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Therapieoptionen sind die Umstände des Einzelfalles zu bewerten. Dabei kommt es den vom Obersten Gerichtshof zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit bzw. Schadensminderungspflicht entwickelten Kriterien nach u.a. auf die mit der Heilbehandlung verbundenen Gefahren, die Art und Schwere der Schmerzen, die Schwere des Eingriffs in die körperliche Integrität, die Erfolgsaussicht der Heilbehandlung, die Dauer des allfälligen stationären Aufenthalts sowie des Genesungsprozesses an. (vgl. OGH vom 06.05.2008, 10 ObS 19/08d, RIS-Justiz RS0026982 und RIS-Justiz RS0084353)

Die Gehstrecke des Beschwerdeführers ist durch die bestehenden Funktionseinschränkungen deutlich limitiert und wird durch den neuerlichen Verschluss von einer der beiden aortokoronaren Bypässen eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bedingt. Daher erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen ein Ausmaß, welches die Eintragung des Zusatzes "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt.

Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen ein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragungen "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde durch das Bundesverwaltungsgericht ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welches mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang steht. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt. Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Begleitperson, Behindertenpass, Gesundheitsschädigung,
Sachverständigengutachten, Teilstattgebung, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W141.2216728.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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