TE Bvwg Beschluss 2019/7/29 W251 2172837-2

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Veröffentlicht am 29.07.2019
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Entscheidungsdatum

29.07.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W251 2172837-2/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Angelika Senft als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2018, Zl. 1100704502 - 180786289:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 05.09.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 04.09.2018 erteilt.

3. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides.

4. Mit Bescheid vom 01.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigen von Amts wegen aberkannt. Dem Beschwerdeführer wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen.

Es wurde im Bescheid jedoch nicht über eine Rückkehrentscheidung abgesprochen, es wurde auch keine Entscheidung über eine Abschiebung des Beschwerdeführers getroffen. Es erfolgte auch keine Einvernahme des Beschwerdeführers oder hinreichende Ermittlungsschritte betreffend das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich.

5. Gegen diesen Bescheid vom 01.10.2018 erhob der Beschwerdeführer die hier gegenständliche Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1. Der Beschwerdeführer stellte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 05.09.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 04.09.2018 erteilt.

3. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.04.2019 als unbegründet abgewiesen.

4. Der Beschwerdeführer stellte am 10.08.2018 beim Bundesamt einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

Mit Schreiben des Bundesamtes vom 20.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei den Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen und die Zulässigkeit der Abschiebung festzustellen. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eingeräumt schriftlich eine Stellungnahme einzubringen.

Der Beschwerdeführer nahm mit Schriftsatz vom 03.09.2018 Stellung zur beabsichtigten Aberkennung. Es ist jedoch keine Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt erfolgt.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigen von Amts wegen aberkannt. Dem Beschwerdeführer wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen.

Es wurde im Bescheid jedoch nicht über die Zulässigkeit bzw. Nicht-Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung abgesprochen, es wurde auch keine Entscheidung über eine Abschiebung des Beschwerdeführers getroffen. Es finden sich im angefochtene Bescheid kaum Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich bzw. zu seiner Integration in Österreich. Diesbezüglich erfolgte auch keine gesonderte Einvernahme des Beschwerdeführers.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes sowie in den Gerichtsakt.

Die Feststellungen hinsichtlich der Antragstellung und des Verfahrensablaufes sowie der Erlassung der Bescheide gründen sich auf den unstrittigen Akteninhalt.

2. rechtliche Beurteilung

Zu A) Aufhebung und Zurückverweisung

Über Beschwerden hat das Verwaltungsgericht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 3 VwGVG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063-4).

Der angefochtene Bescheid und die diesem zu Grunde liegenden Ermittlungsschritte des Bundesamtes erweisen sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Gemäß § 52 Abs 2 Z 4 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Das Bundesamt hätte daher bei der Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls prüfen müssen, ob gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Dies hat das Bundesamt jedoch gänzlich unterlassen. Es ist gemäß § 52 Abs 2 Z 4 FPG nicht zulässig den Status eines subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen ohne über eine Rückkehrentscheidung zu entscheiden.

Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Betreffend das Privat- und Familienleben in Österreich sind im angefochtenen Bescheid jedoch kaum Feststellungen enthalten. Es wurden betreffend die Integrationsschritte des Beschwerdeführers in Österreich auch keine hinreichenden Ermittlungsschritte (Einvernahme des Beschwerdeführers) gesetzt. Es wurde auch nicht ermittelt, ob noch eine Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Heimatland (Sprachkenntnisse, Vertrautheit mit sozialen Gepflogenheiten und Kultur des Heimatlandes, familiäre und soziale Anknüpfungspunkte, etc.) vorliegt.

Da das Bundesamt betreffend eine Rückkehrentscheidung bloß ansatzweise Ermittlungsschritte gesetzt hat, diesbezügliche Feststellungen fast zur Gänze fehlen und der maßgebliche Sachverhalt sohin noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen.

Das Bundesamt hat im fortgesetzten Verfahren den Beschwerdeführer einzuvernehmen und zu seinem Privat- und Familienleben, zur Integration sowie zu seiner Bindung zu seinem Heimatstaat zu befragen.

Das Bundesamt hat weiters eine Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen und dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des Art 8 EMRK iVm § 9 BFA-VG durchzuführen. Dabei sind gemäß § 9 BFA-VG zu nachstehenden Punkten Ermittlungen durchzuführen, diesbezügliche Feststellungen zu treffen und die geforderte Interessenabwägung durchzuführen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nur dann vor, wenn die Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung abweicht oder es eine divergierende Rechtsprechung gibt bzw. keine Rechtsprechung vorhanden ist. Dies ist hier nicht der Fall.

Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an das Bundesamt zur Erlassung eines neuen Bescheides ergeht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W251.2172837.2.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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