Entscheidungsdatum
29.07.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W240 2178180-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017, Zl. 831913408-1776066, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.02.2019 zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005 in der geltenden Fassung der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.
III. XXXX wird gemäß § 8 Abs 4 Asylgesetz 2005 in der geltenden Fassung eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiärer Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.
IV. Die Spruchpunkte III. bis IV. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 27.12.2013 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, somalischer Staatsangehöriger zu sein und auf der Insel XXXX bei Kismayo in Somalia geboren zu sein. Er habe nie identitätsbezeugende Dokumente besessen. Seine Ausreise nach Europa sei in Kisawuni-Mombasa gestartet und er habe 2008 seinen Wohnort Nairobi, Kenia, 2008 verlassen, sei nach Bosasso in Somalia gelangt, weiter nach Jemen, Saudi Arabien, Syrien, Türkei nach Europa. Er gab an, keine Ausbildung genossen zu haben. Er habe Somalia verlassen wegen des Krieges und fürchte um sein Leben im Falle einer Rückkehr.
Am 02.07.2014 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Suaheli niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Beschwerdeführer führte insbesondere wie folgt aus:
"(...)
LA: Sie sind gesund?
VP: Ja.
LA: Sie sind gesund? Sie sind psychisch und physisch in der Lage, an Sie gerichtete Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?
VP: Ja.
LA: Sie sind schulisch gebildet? Können Sie lesen und schreiben?
VP: Ich ging nicht in die Schule. Ich kann aber lesen und schreiben.
LA: Bitte schreiben Sie Ihren vollständigen Namen, Ihr Geburtsdatum sowie Ihre Staatsangehörigkeit auf.
VP: Mein Familienname ist XXXX , mein Vorname ist XXXX . Geboren bin ich am XXXX XXXX Kisimayo, Somalia ich bin Staatsangehöriger von Somalia.
LA: Haben Sie identitätsbezeugende behördlich ausgestellte Dokumente Ihres Heimatlandes, wie einen Reisepass, eine Identitätskarte usw. in Vorlage zu bringen?
VP: Nein. Solches habe ich auch niemals besessen.
LA: Sie haben bei der Erstbefragung am 27.12.2013 die Wahrheit angegeben und entsprechen somit die von Ihnen bei Erstbefragung angegebenen Daten der Wahrheit. Sie haben dem bei Erstbefragung Angegebenen nichts hinzuzufügen und haben auch nichts abzuändern.
VP: Ich habe nicht alles angegeben, weil ich vor einem Dolmetscher aus Kenia nicht alles erzählen wollte. Ich habe aber die Wahrheit gesagt.
LA: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden, den Sicherheitsbehörden wie Polizei und Militär und den Gerichten?
VP: ---
LA: Wann reisten Sie aus ihrem Heimatland Somalia aus? Wo lebten Sie im Anschluss an Ihre Ausreise aus Somalia.
VP: Ungefähr 1994 oder 1995, damals flüchteten wir nach Kenia. Dann lebte ich in Kenia bis 2008.
Befragt wo ich lebte in Kenia, gebe ich an, dass ich in Nairobi ab 1994 oder 1995 lebte und zwar bis ich Kenia im Jahre 2008 verließ.
Befragt durch welche Tätigkeit ich Geld verdiente um zu überleben, gebe ich an, dass ich als Mechaniker gearbeitet habe.
Befragt wie mein Aufenthalt in Kenia geregelt war und ob ich für Kenia eine Aufenthaltsberechtigung hatte, gebe ich an, dass ich keine Aufenthaltsberechtigung für Kenia hatte und dass ich mich in Kenia illegal aufhielt. Befragt ob ich in Kenia als Flüchtling registriert war, gebe ich an, dass ich dort als aus Somalia Geflüchteter beim UNHCR registriert war, ich jedoch keinen Flüchtlingsstatus hatte. Ich hatte keine Unterstützung in Kenia.
LA: Ihre Einreise in Österreich erfolgte legal oder illegal (Begriffe werde erklärt)?
VP: Ich reiste illegal, also ohne Visum und Dokument in Österreich ein.
LA: Haben Sie Familienangehörige, Verwandte im Heimatland Somalia?
VP: Ich weiß nicht wo sich meine Geschwister aufhalten. Meine Eltern sind schon verstorben.
LA: Haben Sie Familienangehöriger, Verwandte hier in Österreich oder in der EU?
VP: Nein.
A: Erteilen Sie bitte in allen Einzelheiten und somit konkret und detailgenau Auskunft über die Gründe für Ihre Flucht aus Somalia?
VP: Es gab damals Krieg in Somalia. Barre hat damals viele Leute umgebracht, auch meinen Vater. Als Barre dann weg war aus dem Land, teilte er Leute zu Clans zu. Meine Volksgruppe ist in der Minderheit und deshalb musste ich und andere Angehörige meiner Volksgruppe weg. Wir schauen einfach anders aus und deshalb gab es immer in Somalia Probleme mit den anderen Volksgruppen/Clans.
Ich bin Banjuni. Auch hier in Österreich werde ich gehasst von anderen Somalis.
Ich bin verfolgt und diskriminiert, weil ich Banjuni bin.
LA: Warum haben Sie Kenia verlassen?
VP: Dort hatte ich Probleme mit Somalis und mit Staatsangehörige von Kenia im Zusammenleben, das wollte ich nicht länger, so sparte ich Geld zusammen und ging von Kenia weg.
Viele Somalia verlassen gerade Kenia.
LA: Haben Sie noch etwas anzugeben?
VP: Nichts mehr.
LA: Wie ist Ihr Familienstand? Ledig, verheiratet, geschieden, verwitwet.
VP: Ledig. Ich habe keine Kinder.
Befragt, gebe ich an, dass ich mit keiner Frau in einer eheähnlichen Gemeinschaft/Partnerschaft zusammenlebte.
Befragt, ob ich Kinder angenommen oder adoptiert habe gebe ich an:
Nein.
LA: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland Somalia?
VP: Da wäre für mich sehr schwierig dort als Banjuni zu leben. Die Banjuni haben dort sehr viele Probleme. Mein Land, das mir einst gehörte, das würde ich zurückhaben wollen. Das gehört jetzt aber anderen Leuten. Das gäbe ernsthafte Probleme, die würden mich töten. Ich als Banjuni könnte dort nicht überleben.
LA: Möchten Sie dem Angegebenen noch etwas hinzufügen?
VP: Nein.
LA: Mit wem leben Sie in Österreich?
VP: Ich lebe mit anderen Asylwerbern gemeinsam.
LA: Sprechen Sie Deutsch?
VP: Ja, in die Unterkunft kommt eine Deutschlehrerin.
LA: Durch welche finanzielle Mittel bestreiten Sie Ihr Leben?
VP: Durch staatliche Mitteln.
LA: Welche Arbeitstätigkeit könnten Sie denn in Österreich ausführen?
VP: Jede körperliche Arbeit.
LA: Möchten Sie noch etwas angegeben in ihrem Asylverfahren?
VP: Nein, danke.
LA: Ich würde Sie bitten an der Erstellung eines Sprachgutachtens mitzuarbeiten. Dieses wird im Anschluss an diese Einvernahme stattfinden.
VP: Ja, natürlich, das mache ich.
(...)"
Am 02.07.2014 wurde Dr. Gottschligg mit der Erstellung eines Sprachgutachtens beauftragt. Im Anschluss an die niederschriftliche Einvernahme am 02.07.2014 wurde zur Erstellung eines linguistischen Sprachgutachtens eine Tonaufnahme vom Beschwerdeführer durch den Sachverständigen Dr. Gottschligg durchgeführt.
Im mit 21.07.2016 datierten Sprachgutachten betreffend den Beschwerdeführer wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht bis zu seinem 11. oder 12. Lebensjahr in Somalia sozialisiert worden sei. Dies wurde mit fehlenden somalischen Sprachkompetenzen in Somali und in der Bajuni-Varietät des Suaheli begründet. Es sei in Betracht zu ziehen, dass der Beschwerdeführer, entgegen seinen Angaben, nicht nur nicht in Somalia, sondern auch nicht in Kenia sozialisiert worden sei. Vielmehr wurde er mit einiger Wahrscheinlichkeit aufgrund der von ihm gesprochenen Sprache Suaheli in Tansania hauptsozialisiert. Gegen eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Kenia sprechen das Fehlen einer Sprachkompetenz in einer anderen kenianischen Sprache als dem Suaheli und dem Englischen sowie die Lückenhaftigkeit seiner Landeskenntnisse zu Kenia.
Mit behördlichem Schreiben vom 25.09.2017 wurde dem Beschwerdeführer die Zusammenfassung des Sprachgutachtens übermittelt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, es stehe mit dem Ergebnis des Sprachgutachtens mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit fest, dass seine Hauptsozialisierung nicht wie von ihm behauptet in Somalia, sondern in Kenia oder Tansania erfolgt sei. Weiters wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, es folge aus dem Ergebnis des Sprachgutachtens, dass er gegenständliches Verfahren unter der Behauptung unwahrer Angaben betreibe und, dass sein gesamtes Vorbringen, inklusive seiner behaupteten Identität und somalische Staatsangehörigkeit keinen Wahrheitsgehalt habe. Überdies wurde dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Erlassung einer negativen Entscheidung zur Kenntnis gebracht.
Mit Schreiben vom 29.09.2017 gab der MigrantInnenverein seine Vertretungsvollmacht bekannt und übermittelte unter einem eine Stellungnahme, in welcher ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer habe im Alter von elf Jahren Somalia verlassen. Er sei nicht bei seinen Eltern aufgewachsen, es sei ihm nicht viel Gelegenheit in seiner Kindheit zur Kommunikation geboten gewesen. In der Kindheit hätte er spät zu sprechen begonnen. Es sei verabsäumt worden "sich um seine Sprache zu kümmern". Das Gutachten könne nur einschätzen, wo jemand aufgewachsen sei, genau festlegen könne man dies aufgrund der individuellen Unterschiede jedes Individuums nicht. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Beschwerdeführers ergäbe sich die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinem Leben. Er sei seit 2013 in Österreich und sei unbescholten. In der deutschen Sprache könne er sehr einfache Gespräche führen. Er habe mehrmals für die MA 48 gearbeitet und habe sich auch an Projekten zur Integration und zum Kulturaustausch, z.B. "grenzenlos Kochen" beteiligt.
Mit Schreiben vom 06.10.2017 teilte der bevollmächtigte Vertretung zusätzlich mit, dass der Beschwerdeführer zuverlässig, freundlich und hilfsbereit sei, dass er ehrenamtliche tätig sei, wie z.B. bei einem Reinigungsteam und, dass er als Taglöhner, Schnee- und Streuarbeiter tätig gewesen wäre. Erteilte Beschäftigungsbewilligungen wurden ebenso in Vorlage gebracht wie An- und Abmeldungen für eine fallweise beschäftige Person der MA 48 und ein Schreiben eins interkulturellen Wohnheimes in Österreich.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017 wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchpunkt II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen und unter Spruchteil IV. eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen eingeräumt.
In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Somalia getroffen. Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer behaupte XXXX in Somalia geboren worden zu sein und somalischer Staatsangehöriger zu sein. Er gehöre der Volksgruppe der Bajuni an. Weiters behaupte er in Somalia bis zu seinem elften oder zwölften Lebensjahr gelebt zu haben und 1994 oder 1995 auf einer zu den Bajuni-Inseln zugehörigen Insel nämlich XXXX gelebt zu haben. Im Alter von elf oder zwölf Jahren habe er Somalia verlassen und sei nach Kenia gelangt, wo er bis 2008 in einem Stadtteil von Nairobi gelebt hätte. Der Wahrheitsgehalt des behaupteten Persönlichkeitsprofils, insbesondere die behauptete Zugehörigkeit zu der somalischen Volksgruppe der Bajuni, der behauptete Aufenthalt in Somalia bzw. die behauptete Herkunft aus Somalia, sei ebenso wie der behauptete jahrelangen Aufenthalt in der kenianischen Stadt Nairobi durch das Sprachgutachten widerlegt worden. Die mangelhaften bzw. nicht vorhandenen Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers als auch seine mangelhaften Kenntnisse über sein angebliches jahrelanges Lebensumfeld würden dazu führen, dass das personenbezogene Vorbringen nicht als wahr festgestellt werden könne. Das BFA gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer unwahre Angaben getätigt habe. Das Gutachten sei schlüssig und widerspruchsfrei. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen bestehe für das BFA kein Anlass, das Erhebungsergebnis des Sprachgutachtens anzuzweifeln.
3. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Zusammengefasst wurden die unrichtigen Feststellungen, die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie die unrichtige rechtliche Beurteilung moniert. Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Somalia, die Fluchtgründe stünden im Zusammenhang mit seiner Clanzugehörigkeit zu einem Minderheitenclan. Der Beschwerdeführer habe aufgrund der Clanzugehörigkeit zum Clan der Banjuni seine Heimat Somalia schon im frühen Kindesalter verlassen müssen und sei in Kenia aufgewachsen. Der Beschwerdeführer sei daher durch die kenianische Sozialisierung stärker geprägt als durch eine somalische. Nachdem der Beschwerdeführer aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit auch in Kenia wiederholt Probleme gehabt hätte, habe er auch aus Kenia fliehen müssen und sei nach Österreich gelangt um hier einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Es seien keine weiteren Ermittlungen angestellt worden und schenke das BFA lediglich dem Sprachgutachten mehr Glauben. Sich einzig allein auf ein Sprachgutachten zu berufen um einen gänzlich negativen Bescheid auszustellen sei ein Akt der Willkür. Im Falle einer Rückkehr nach Somalia wäre der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Gefahr intensiv der Gefahr ausgesetzt, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten, da der Beschwerdeführer kein familiäres Netzwerk mehr in Somalia habe, das ihn unterstützen könnte. Der Beschwerdeführer habe sich auch intensiv um seine Integration in Österreich bemüht.
4. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 06.02.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, in der der Beschwerdeführer, vertreten durch einen ausgewiesenen Vertreter, einvernommen wurde. Der Beschwerdeführer wurde zu seinem Fluchtvorbringen, seiner Herkunft, der Lage in Somalia und zu seiner Integration befragt und ihm wurde die Möglichkeit eingeräumt alle seine Gründe für die Ausreise aus Somalia sowie seine Rückkehrbefürchtungen darzulegen.
Ausdrücklich gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeverhandlung auf Nachfrage und Vorhalt des Ergebnisses des eingeholten Sprachgutachtens erneut an, dass er die somalische Staatsbürgerschaft habe ebenso wie seine Eltern und Großeltern und dass er bis zu seinem elften und zwölften Lebensjahr in Somalia gelebt habe, bis er nach Nairobi gelangt sei. Er gab- wie bereits vor dem BFA - auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung an, dass er dem Clan der Bajuni angehöre und er keine familiären und sozialen Anknüpfungspunkte mehr in Somalia habe, seine Eltern seien verstorben und seine Schwester sei auch aus Somalia geflüchtet, zu ihr bestehe kein Kontakt.
Ergänzend zu dem bereits übermittelten Länderinformationsblatt wurde dem Beschwerdevorbringen entsprechend weitere aktuelle Länderberichte, insbesondere zu Minderheitenclans in Somalia sowie zum somalischen Staatsbürgerschaftsrecht ins Verfahren eingebracht.
Betreffend den Beschwerdeführer wurden ärztliche Unterlagen über eine im Jahr 2015 durchgeführte Kernspintomographie aufgrund von Attacken mit heftigen Kopfschmerzen vorgelegt, aus welcher sich keine Anhaltspunkte für erkennbare gesundheitliche Beeinträchtigungen ergaben.
5. Am 04.06.2019 übermittelte das BVwG im Rahmen eines Parteiengehörs aktuelle Länderbericht zur Lage in Somalia. Es langte bis dato keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Somalia, auch seine Eltern und Großeltern waren somalische Staatsangehörige. Er gehört dem Clan der Bajuni an, spricht Suahli, jedoch nicht Somalisch und hat nie eine Schulausbildung genossen. Seine Identität konnte nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hat bis zu seinem elften oder zwölften Lebensjahr auf einer zu den Bajuni-Inseln gehörigen Inseln namens XXXX in der Nähe von Kismayo in Somalia gelebt, danach ist er Anfang der 90er-Jahre nach Kenia gelangt. In Kenia lebte der Beschwerdeführer bis 2008, danach gelangte er über diverse Länder, in denen er zum Teil über Jahre aufhältig war, nach Österreich, wo er am 27.12.2013 gegenständlichen Asylantrag stellte. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.
Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in Somalia ernstlich Gefahr liefe, wegen seiner Clanzugehörigkeit intensiven Übergriffen anderer Bevölkerungsteile ausgesetzt zu sein. Es konnte auch kein weiterer asylrelevanter Sachverhalt für den Herkunftsstaat Somalia erblickt werden.
Nicht festgestellt werden kann ferner, dass der Beschwerdeführer in Somalia ernstlich Gefahr liefe, als Rückkehrer nach einem langjährigen Aufenthalt allein deshalb seitens der somalischen Behörden oder seitens der Al Shabaab Übergriffe zu erleiden.
Der Beschwerdeführer hat keinerlei familiären und/oder sozialen Kontakt in Somalia.
Von seiner Religion her ist er Moslem und Sunnit. Die angegebene örtliche Herkunft und seine fehlende Schulbildung erscheinen glaubhaft.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Zu Somalia wird folgendes verfahrensbezogen festgestellt.
KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)
Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).
Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.
Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).
In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).
Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:
Bild kann nicht dargestellt werden
(FSNAU 1.9.2018)
Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).
Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)
Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).
Quellen:
-
ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,
https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district, Zugriff 14.9.2018
-
FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr
(October-December) - Issued: 6 September 2018,
https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-decemberissued-6-september-2018, Zugriff 14.9.2018
-
FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018):
Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august2018, Zugriff 14.9.2018
-
FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release,
https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01sep-2018, Zugriff 14.9.2018
-
UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia
-
Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),
https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018, Zugriff 14.9.2018
-
UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,
https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september2018, Zugriff 14.9.2018
-
UN OCHA - UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,
https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-improving-recovery-remainsfragile, Zugriff 14.9.2018
-
WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia,
https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-projectlaunched-somalia, Zugriff 14.9.0218
KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation) Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).
Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018). Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):
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(FEWS 3.2018)
Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der GuRegenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).
Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDPKonzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).
Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).
In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).
Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:
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(FEWS 4.2018b)
Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).
Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:
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(FAO 2018)
Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).
Quellen:
-
FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia
-
Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlookupdate/april-2018, Zugriff 2.5.2018
-
FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia
-
Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018
-
FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia
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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/foodsecurity-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018
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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018
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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,
https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff
2.5.2018
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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,
https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impactheavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018
Politische Lage
Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).
Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA
1.1.2017).
Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC
5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der
Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf ClanBasis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).
Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament
Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).
Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).
Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikalislamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).
Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird
(UNSC
5.9.2017).
Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)
Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).
Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).
Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der
Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).
Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.
Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).
Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).
Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen
Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).
1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).
2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South
West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS
3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum
Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).
3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der
Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte
März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).
4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff
13.9.2017
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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineve rsion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017
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DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neuepr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017