TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/7 G307 2220173-1

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Veröffentlicht am 07.08.2019
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Entscheidungsdatum

07.08.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
VwGVG §8a

Spruch

G307 2220173-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am

XXXX, StA: Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingshilfe, gemeinnützige Gesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Bescheid Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2019, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfe Bescheid a u f g e h o b e n.

II. Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe in Form der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr wird gemäß § 8a VwGVG a b g e w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 23.11.2018 räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg (im Folgenden: BFA, RD Vbg.) dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) Parteiengehör zur in Aussicht genommenen Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes ein.

Hierauf erstattete der BF mit Schreiben vom 03.12.2018, beim BFA eingelangt am 06.12.2018 eine Stellungnahme.

2. Am 05.03.2019 wurde der BF vor dem BFA zur erwähnten Thematik einvernommen.

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 22.05.2019, wurde gegen diesen gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien-Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt II.), gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

4. Mit Schreiben vom 12.06.2019, bei der belangten Behörde eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG). Darin wurde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben bzw. dahingehend zu abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot aufgehoben, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK erteilt werde, in eventu das Einreiseverbot (gemeint wohl dessen Dauer) zu verkürzen, festzustellen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gegeben (gemeint wohl: eingeräumt) werde, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu gewähren, in eventu den angefochtenen Bescheid - im angefochtenen Umfang - ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen sowie die Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung der Eingabegebühr zu gewähren.

5. Die Beschwerde und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsaktes wurden vom BFA am 14.06.2019 dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vorgelegt und langten dort am 18.06.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist geschieden, hat keine Sorgepflichten, ist Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

1.2. Nach Absolvierung der Pflichtschule im Herkunftsstaat besuchte der BF den polytechnischen Lehrgang in XXXX.

1.3. Der BF hält sich seit 1992, also seit rund 27 Jahren durchgehend in Österreich auf und begibt sich lediglich zu Urlaubszwecken oder, um seine dort wohnhaften Eltern zu besuchen, in seine Heimat. Im Bundesgebiet leben noch sein Bruder sowie sein Cousin.

1.4. Der BF arbeitete beginnend mit 26.06.2006 bis dato bei 8 Arbeitgebern in insgesamt 11 Arbeitsverhältnissen. Zuletzt war er bis 16.11.2018 bei der XXXXin XXXX im Arbeiterdienstverhältnis beschäftigt und bezieht derzeit als angemeldeter Arbeiter nach dem ASVG ein monatliches Bruttoentgelt von € 1019,40. Er besitzt kein Vermögen und wies zumindest mit 23.06.2016 Außenstände in der Höhe von rund € 17.000,00 auf.

1.5. Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

1.6. Der BF verfügt über einen bis 13.07.2022 gültigen unbefristeten Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU", ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft XXXX (BH XXXX).

1.7. Der BF weist folgende Verurteilungen auf:

1. Bezirksgericht XXXX (BG XXXX) zu Zahl XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2009, wegen versuchten und vollendeten Diebstahls gemäß §§ 15, 127, 127 StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt €

1.600,00, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen,

2. BG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2010 wegen Diebstahls gemäß § 127 StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt €

120,00, im NEF 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

3. BG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am 06.12.2012, wegen versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt € 480,00, im NEF zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Tagen,

4. Landesgericht XXXX (LG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2016, wegen versuchter Körperverletzung und Nötigung gemäß §§ 15, 83 Abs. 1 StGB, 105 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt € 4.800,00, im NEF 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

5. LG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2016, wegen versuchter Nötigung, zweimaliger beharrlicher Verfolgung, gefährlicher Drohung und Urkundenunterdrückung gemäß §§ 15, 105 Abs. 1, 107a Abs.1, 107a Abs. 2 Z 2, 107 Abs. 1, 229 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt € 5.040,00 im NEF 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe,

6. LG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2017 wegen versuchten Betruges, versuchter Verleumdung und gefährlicher Drohung gemäß §§ 15, 146, 15 297 Abs. 1 1. Fall, 107 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt € 960,00, im NEF 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe sowie

7. BG XXXX zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2018 wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von insgesamt € 2.700,00 im NEF 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

Im Zuge der zuletzt erwähnten Verurteilung wurde dem BF angelastet, er habe am 02.06.2017 gegen 20:30 Uhr in XXXX, vorsätzlich mit seiner Faust auf die Motorhaube eines Pkw geschlagen, wodurch eine Eindellung entstanden, eine fremde Sache beschädigt, zerstört oder unbrauchbar gemacht und zum Nachteil der Zulassungsbesitzerin ein Schaden in der Höhe von € 1.515,11 verursacht worden sei.

Als mildernd wurde kein Umstand, als erschwerend vier einschlägige Vorstrafen sowie der rasche Rückfall gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF das beschriebene Verhalten gesetzt und die erwähnten Taten begangen hat.

Aktuell verbüßt der BF aufgrund der fehlenden Begleichung mehrerer Geldstrafen die dahingehenden Ersatzfreiheitsstrafen in der Justizanstalt XXXX. Am 29.07.2019 wurde der BF aus der Haft entlassen.

1.8. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.

1.9. Der Bruder des BF und dessen Familie wie der Cousin leben in Österreich, weitere enge gesellschaftliche Bindungen konnten dem BF nicht attestiert werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Zum Beweis seiner Identität legte der BF einen auf seinen Namen ausgestellten bosnischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Der Familienstand des BF, die Kinderlosigkeit und Heimatbesuche folgen dessen eigenen Angaben, decken sich mit dem auf seinen Namen lautenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) und finden auch im Bescheidinhalt Niederschlag. Die Schulausbildung im Herkunftsstaat und die Absolvierung des polytechnischen Lehrgangs in Österreich sind der vor der belangten Behörde erstatteten Stellungnahme zu entnehmen und decken sich auch mit dem Zeitpunkt der Einreise des BF nach Österreich im Jahr 1992.

Die Innehabung des Titels "Daueraufenthalt" EU folgt aus den Ausführungen im Bescheid und dem Inhalt des auf den BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Fremdenregisters.

Der BF hat in seiner Einvernahme vor dem BFA gesagt, gesund zu sein. Da er bis zum Zeitpunkt seiner Einlieferung am 16.11.2018 einer Beschäftigung nachging, ist davon auszugehen, dass er arbeitsfähig ist.

Die bisher in Österreich ausgeübten Beschäftigungen sind dem Inhalt des auf den BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszug zu entnehmen. Das aktuell bezogene Entgelt ist ebenso aus dem erwähnten Auszug, die Außenstände des BF aus dem jüngsten Urteil des BG XXXX wie der aktuellsten Stellungnahme ersichtlich. Dass der BF aktuell die Ersatzfreiheitsstrafen mehrerer Verurteilungen verbüßt sowie der Umstand seiner Entlassung ergeben sich aus dem Antwortschreiben der JA XXXX vom 11.07.2019 sowie der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt XXXX.

Die bisherigen Verurteilungen des BF ergeben sich aus dem Amtswissen des BVwG durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich wie den im Akt dahingehend einliegenden Urteilen.

Die BF legte keine Bescheinigungsmittel oder ein Sprachzertifikat für Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus vor, sodass dahingehend nichts festgestellt werden konnte. Aufgrund der Einvernahme vor dem Bundesamt in deutscher Sprache kann davon ausgegangen werden, dass er sich in dieser Sprache verständigen kann.

Einige der im Rechtsmittel eingeworfenen Kritikpunkte sind unbegründet. So ist nicht erkennbar, inwieweit das Verhältnis zur Exfrau von Bedeutung für das Privat- oder Familienleben des BF sein soll, zumal in der Beschwerde nicht einmal deren Namen genannt und nicht ausgeführt wurde, weshalb der BF nach der diesbezüglichen Trennung noch eine - wie auch immer geartete - Beziehung zu dieser pflegt. Dass Bruder und Cousin des BF in Österreich leben, entspricht zwar - wie auch im bekämpften Bescheid festgestellt - den Tatsachen, doch ist dem Rechtsmittel auch in diese Richtung nicht entnehmbar, welche Bewandtnis es damit auf sich hat.

Eine Reue im Hinblick auf die begangenen Straftaten kann dem BF nicht zugestanden werden, hat er innerhalb von rund 9 Jahren 7 Verurteilungen begangen und augenscheinlich nichts aus den daraus resultierenden Sanktionen gelernt, weil er immer wieder straffällig wurde.

Es kann im Übrigen keinesfalls gesagt werden, dass sich die belangte Behörde mit den vorgelegten "Beweismitteln" nur mangelhaft auseinandergesetzt habe. Abgesehen davon, dass das Rechtsmittel nicht erwähnt, worin diese Beweismittel zu erblicken sind, hat das Bundesamt sowohl die in der schriftlichen Stellungnahme als auch in der Einvernahme zu Tage geförderten Angaben des BF in seine Beurteilung einfließen lassen. Von fehlender Transparenz kann daher keine Rede sein.

Der Schluss, dass - wie hier - aufgrund permanenter Verurteilungen zu einer Geldstrafe keine Gefahr vom BF ausginge, gründet sich auf kein Fundament, wird nämlich nicht dargetan, woraus der BF diesen Schluss zieht.

Schließlich lässt die Formulierung "Die für das Urteil ausschlaggebenden Milderungsgründe werden nicht berücksichtigt" nicht erkennen, welches Urteil gemeint ist.

Sehr wohl zutreffend und - wie noch in der rechtlichen Beurteilung zu zeigen sein wird - von Relevanz sind der langjährige Aufenthalt des BF im Bundesgebiet und der Umstand, dass der BF - beginnend mit 2006 - bis dato immer wieder Beschäftigungen nachgegangen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, so ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück FPG zu verbinden.

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA VG lautet wie folgt:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

• die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

• das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

• die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

• den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

• die Bindungen zum Heimatstaat,

• die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

• auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).

3.1.3. Der BF hält sich seit 1992, also seit mehr als 27 Jahren im österreichischen Bundesgebiet auf. Er verbrachte bis dato somit rund 65 % seines Lebens in Österreich, wobei er auch das letzte Pflichtschuljahr hier absolvierte. Er war in Österreich verheiratet, ist mittlerweile geschieden und ging seit 2006 - mit kurzen Unterbrechungen - immer einer Beschäftigung nach. Der BF hat zwar keine Deutschprüfungen eines bestimmten Niveaus abgelegt, doch zeigt die Einvernahme in deutscher Sprache vor der belangten Behörde, dass er über Deutschkenntnisse verfügen muss, die ihm die problemlose Verständigung ermöglicht. An Verwandten leben der Bruder und dessen Familie wie ein Cousin in Österreich, wobei zu diesen keine besonders enge Beziehung geltend gemacht werden konnte.

Es kann daher - schon angesichts der in Österreich verbrachten Zeitspanne - wie auch aufgrund des noch aufrechten Aufenthaltstitels von einer berücksichtigungswürdigen Integration des BF gesprochen werden und stützte die belangte Behörde die Rückkehrentscheidung zutreffend auf § 52 Abs. 5 FPG.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das Bundesamt aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Dies unter Beachtung der ständigen Judikatur des VwGH, wonach den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293).

3.2. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

3.2.1. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot stattzugeben. Dies aus folgenden Erwägungen:

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Im konkreten Fall hat der BF zwar zahlreiche Delikte gegen fremdes Vermögen, die Freiheit und die körperliche Unversehrtheit begangen. Die zugrunde liegenden Verurteilungen resultierten jedoch alle in Geldstrafen bzw. Ersatzfreiheitsstrafen. Das soll das Fehlverhalten des BF zwar nicht schmälern, jedoch ist dem in § 37 StGB wiedergegebenen Wortlaut entnehmbar, dass Geldstrafen gegenüber den Freiheitsstrafen nachrangig und somit als geringerwertig anzusehen sind.

Des Weiteren hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 20.12.2013, Zahl 2013/21/0047 erwogen, dass die bisherige Aufenthaltsdauer des Fremden im System des FPG zwar unter Umständen für die Frage des anzuwendenden Gefährdungsmaßstabs relevant sein kann (vgl. dazu allgemein das hg. Erkenntnis vom 3. April 2009, Zahl 2008/22/0913, mwN). Die Dauer des Aufenthalts hat jedoch grundsätzlich nichts mit der Frage der Gefährdungsprognose zu tun. Dabei kommt es letztlich immer nur auf das in Betracht zu ziehende Verhalten des Fremden, also auf die Art und Schwere der inkriminierten Handlung und auf das daraus abzuleitende Persönlichkeitsbild an (vgl. auch dazu das zuletzt genannte Erkenntnis). Auf die Aufenthaltsdauer ist vielmehr erst im Rahmen der Interessenabwägung in Gegenüberstellung zum großen öffentlichen Interesse am Fehlverhalten des BF (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2013, Zl. 2011/23/0538) Bedacht zu nehmen.

Des Weiteren hat der VwGH in seinem in seinem Erkenntnis vom 17.10.2016, Zahl Ro 2016/22/0005 unter anderem erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (siehe zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren:

Dazu zählen die Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025, vom 18. Oktober 2012, 2010/22/0136, sowie vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, sowie das Erkenntnis vom 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie das Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. die Erkenntnisse vom 23. Mai 2012, 2010/22/0128, sowie (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) vom 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. die Erkenntnisse vom 18. März 2014, 2013/22/0129, sowie vom 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. das Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. das zitierte Erkenntnis Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. das Erkenntnis vom 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. die zitierten Erkenntnisse Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. das zitierte Erkenntnis 2011/23/0365).

Umgekehrt hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden können. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, und vom 10. November 2015, Ro 2015/19/0001, sowie die Beschlüsse vom 3. September 2015, Ra 2015/21/0121, und vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (wie etwa das Ausländerbeschäftigungsgesetz; siehe das Erkenntnis vom 16. Oktober 2012, 2012/18/0062, sowie den Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. den Beschluss vom 20. Juli 2016, Ra 2016/22/0039, sowie das zitierte Erkenntnis Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. die zitierten Erkenntnisse Ra 2015/21/0249 bis 0253 sowie Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 2013, 2012/23/0006).

Im Hinblick darauf ist für den vorliegenden Fall Folgendes festzuhalten:

Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass mit der angefochtenen Entscheidung von den bei der Begründung der Zulassung der ordentlichen Revision konkret zitierten hg. Erkenntnissen abgewichen wurde. Aus dem hg. Erkenntnis vom 17. April 2013, 2011/22/0185, können schon deshalb keine Rückschlüsse auf den hier zu beurteilenden Fall gezogen werden, weil dort der beschwerdeführende Drittstaatsangehörige mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war. Auch hinsichtlich der weiteren vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ins Treffen geführten Erkenntnisse vom 18. Oktober 2012, 2010/22/0136, und vom 2. Oktober 2012, 2012/21/0044, sind die jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte nicht vergleichbar, weil dort jeweils nur ein Asylantrag gestellt wurde und eine nicht unerhebliche Erwerbstätigkeit bzw. Selbsterhaltungsfähigkeit vorlag.

Das Bundesamt stützte sein Einreiseverbot auf die insgesamt 7 Verurteilungen des BF sowie dessen rasche Rückfälligkeit und schloss darauf auf eine negative Gefährdungsprognose. Diese Ansicht ist nicht zu beanstanden und hielt die belangte Behörde zu Recht fest, dass zu dem im Bundesgebiet wohnhaften Bruder und Cousin kein Abhängigkeitsverhältnis bestünde.

Die belangte Behörde ließ jedoch - im Rahmen einer Abwägungsentscheidung - außer Acht, dass das Verhältnis des BF zu Bosnien-Herzegowina und den dort lebenden Verwandten - hier insbesondere seinen Eltern - lediglich lose ist und er den überwiegenden Teil seines Lebens in Österreich verbrachte. Nur zu Urlaubszwecken und, um seine Eltern zu besuchen, reiste er dorthin. Auch ging er in Österreich regelmäßig einer Arbeit nach und ist der deutschen Sprache mächtig.

Diese Umstände - vor allem der langjährige Aufenthalt - sprechen im Rahmen einer Interessenabwägung und vor dem Hintergrund des zuletzt erwähnten VwGH-Erkenntnisses zugunsten des BF, zumal die Verurteilungen - wie bereits erwähnt - nie zum Ausspruch einer unbedingten Freiheitsstrafe, sondern ausschließlich zu Geldstrafen führten. Auch wenn das Handeln des BF nicht entschuldbar ist, so stünden die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes außer Verhältnis zu diesen Momenten. Der Bescheid war daher mangels rechtlicher Grundlage aufzuheben.

3.3. Zu Spruchteil A II.)

Gemäß § 8a Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Dies jedoch nur dann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht.

Nach § 8a Abs. 2 VwGVG sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO zu beurteilen, soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist.

§ 8a Abs. 3 bis 7 VwGVG lauten wie folgt:

"(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.

(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwer

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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