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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1967 geborenen JP in Wien, vertreten durch Dr. E und Dr. D, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. August 1996, Zl. 119.964/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der über Wiedereinreisesichtvermerke in der Gesamtdauer vom 2. Jänner 1991 bis 31. Jänner 1992 verfügte, stellte im Weg über die österreichische Botschaft in Krakau einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, welcher am 6. Februar 1996 bei der Behörde erster Instanz einlangte. Im Antrag wurde der Ort der Antragstellung mit Wien und das Datum mit 22. Jänner 1996 angegeben.
Auf dem Antrag findet sich ein Vermerk mit dem Wortlaut: "auf dem Postwege übermittelt". Dem Antrag ist ein Kuvert beigeschlossen, wo als Absender das österreichische Generalkonsulat in Krakau und der Eingangsstempel der Behörde erster Instanz vom 6. Februar 1996 aufscheint. Im Antrag selbst gab der Beschwerdeführer als derzeitigen Wohnsitz im Ausland eine näher bezeichnete Adresse in Polen an.
Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag gemäß § 4 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mit Bescheid vom 27. April 1996 ab. Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer persönlich beim österreichischen Generalkonsulat in Krakau übernommen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und gab in dieser ebenfalls eine Adresse in Wien an. Er brachte vor, er arbeite bei einem näher genannten Unternehmen als Gesellschafter und sei seit längerer Zeit an einer Wiener Adresse gemeldet. Er strebe eine selbständige Berufstätigkeit in Österreich an und wolle nicht alle drei Monate aus Österreich ausreisen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. August 1996 wies der Bundesminister für Inneres die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG ab. Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer habe das Formular für einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG im Inland unterzeichnet und durch die Post beim österreichischen Generalkonsulat eingereicht, von wo der Antrag an die Behörde erster Instanz weitergeleitet worden und am 6. Februar 1996 eingelangt sei. Der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Dies habe er in seinem Antragsformular selbst angegeben und durch seine Unterschrift beurkundet. Somit habe er sich im Zeitpunkt der Antragstellung eindeutig im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Zu den persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, daß nur die dargestellten Beziehungen zu Österreich bestünden. Auch in der Berufung habe der Beschwerdeführer keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätten. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 6 Abs. 2 AufG lautete:
"§ 6. .....
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Falle des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs.3 Z.1; weiters in den Fällen des § 7 Abs.2, des § 12 Abs.4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs.3 Z.4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszweckes kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
Da der Beschwerdeführer weder nach seinem Vorbringen, noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung oder über eine am 1. Juli 1993 aufrechte Aufenthaltsberechtigung verfügte, war auf den vorliegenden Beschwerdefall die Bestimmung des § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 nicht anzuwenden. Die belangte Behörde wertete den Antrag des Beschwerdeführers - aus den obgenannten Gründen - zu Recht als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, für dessen Beurteilung § 6 Abs. 2 erster Satz AufG heranzuziehen war.
Vorauszuschicken ist weiters, daß die Aufenthaltsbehörden entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht keinesfalls von zwei verschiedenen Anträgen (vom 22. Jänner 1996 bzw. vom 6. Februar 1996) ausgingen, sondern daß es sich dabei einzig und allein um den am 22. Jänner 1996 unterfertigten und (nach Absolvierung des Postweges über das Generalkonsulat in Krakau) am 6. Februar 1996 bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz eingelangten Antrag handelt.
Das in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, den Antrag vom Ausland aus zu stellen, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895). Der Antragsteller muß sich, um der Vorschrift des § 6 Abs.2 erster Satz AufG zu entsprechen, im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland befinden und die Erlassung des über den Antrag ergehenden Bescheides auch dort abwarten.
Der Beschwerdeführer hat im Antragsformular angegeben, seinen Antrag in Wien unterfertigt zu haben. Der Feststellung der belangten Behörde, wonach der Antrag dem österreichischen Generalkonsulat in Krakau postalisch übermittelt wurde, tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Für den Fall, daß sich die Verhältnisse (der Aufenthalt) des Beschwerdeführers zwischen der Antragsunterfertigung und der Antragsüberreichung geändert hätten, wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, dies im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht bei Antragstellung (oder im folgenden Verwaltungsverfahren) von sich aus geltend zu machen. Da dies nicht geschah, war die belangte Behörde befugt, aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers, er habe den Antrag in Wien unterfertigt, davon auszugehen, daß - mangels einer ihr bekanntgegebenen Änderung der Verhältnisse zwischen Antragsunterfertigung und -überreichung - der Antrag nicht vor der Einreise des Beschwerdeführers vom Ausland aus gestellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/0982 u.a.).
Auch in der Beschwerde stellt der Beschwerdeführer keine gegenteiligen Behauptungen auf, sondern erklärt zum einen, den Antrag "während eines kurzfristigen Aufenthaltes in Wien" ausgefüllt zu haben, relativiert dies aber etwas später, indem er meint, "er könne nicht mehr sagen, ob er das Formular tatsächlich in Wien ausgefüllt" habe. Ein gegenteiliges Sachvorbringen, wonach er im Zeitpunkt der Antragstellung nicht in Österreich gewesen sei, erstattet er aber nicht.
Die belangte Behörde hatte angesichts der eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Antrag und mangels der Bekanntgabe einer Änderung des Aufenthaltsortes des Beschwerdeführers zwischen dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Antrages und der Antragseinbringung ausreichend Indizien dafür, um von der Anwesenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Zeitpunkt der Antragstellung auszugehen.
Vom Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus wäre nur dann abzusehen, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem Personenkreis zählt. Die belangte Behörde hatte den Antrag des Beschwerdeführers daher an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu messen. Die auf die Nichterfüllung dieser Vorschrift gestützte Abweisung des Antrages erfolgte daher zu Recht.
Angesichts dessen erübrigte sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde und in der Äußerung des Beschwerdeführers vom 6. Mai 1997, die (angebliche) Qualifikation des Beschwerdeführers als Schlüsselkraft betreffend.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 Abstand genommen, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 MRK dem nicht entgegensteht.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1996. Wien, am 9. Oktober 1998
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996193226.X00Im RIS seit
11.07.2001