TE Bvwg Beschluss 2019/8/22 W168 2178106-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.08.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W168 2178106-1/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 07.11.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/2316/2017, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX geb. XXXX , StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 11.09.2017, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine syrische Staatsangehörige, und stellte am 01.08.2016 elektronisch und am 19.09.2016 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: "ÖB Damaskus") unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte sie aus, ihr Ehemann, XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, sei seit 28.10.2015 in Österreich aufhältig und habe am 22.06.2016 in Österreich Asyl erhalten. Mit diesem wolle sie nun gemeinsam im Bundesgebiet leben.

1.2. Mit Schreiben vom 11.08.2017 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Es wurde auf eine beiliegende Stellungnahme und Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Im Folgenden: BFA) vom 11.08.2017 verwiesen, in der ausgeführt wurde, dass es keinen Beweis einer Eheschließung am 01.05.2015 gebe. Die Eheschließung sei von der Ehefrau am 28.02.2016 (9 Monate später) am Schariagericht in XXXX eingeklagt worden. Ehefrau sei von Rechtsanwalt vertreten worden, Ehemann sei nicht persönlich dabei gewesen, somit seien beide Ehepartner nicht anwesend. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, zu diesem Zeitpunkt schwanger zu sein. Es sei nie ein Vorbringen seitens der Beschwerdeführerin bezüglich des geborenen Kindes an die Behörde herangetragen worden. Laut Angaben des Dokumentenberaters in ÖB Beirut sei kein eheliches Zusammenleben erwiesen worden, die damals angeführte Schwangerschaft dürfte vorgetäuscht worden sein. Die Beschwerdeführerin habe diverse völlig unglaubwürdige Angaben getätigt. Das Antragsformular sei in deutscher Sprache ausgefüllt, obwohl die Beschwerdeführerin kein Deutsch spreche. Die Bezugsperson-der behauptete Ehemann XXXX , geb. XXXX habe bei seiner ersten niederschriftlichen Einvernahme am 24.11.2015 bei der Erstbefragung durch die LPD zwar angegeben, verheiratet zu sein. Auf die Frage, wer denn seine Familienmitglieder im Herkunftsstaat seien, habe er diverse Familienmitglieder konkret und mit den Geburtsdaten angegeben, ohne konkret die Ehefrau, ihren Namen und ihr Geburtsdatum zu nennen. In der Erstbefragung habe die Bezugsperson angegeben, seine Ehefrau im Oktober 2015 in der Türkei gelassen zu haben. Bei der niederschriftlichen Asyleinvernahme vor dem BFA am 15.06.2016 habe die Bezugsperson angegeben, seine Ehegattin lebe in der Türkei, jedoch sei ihr Reisepass am 13.07.2016 in Aleppo, Syrien ausgestellt worden. Diese Fakten würden die davorliegende Auskunft des Dokumentenberaters bestätigen, dass es sich um völlig widersprüchliche, unglaubwürdige Angaben der Beschwerdeführerin und auch des vermeintlichen Ehemannes handle. Zudem sehe die Beschwerdeführerin auf den beiden Fotos eher wie ein 13-16jähriges Mädchen und nicht wie eine 25-jährige Frau aus.

1.3. Am 07.09.2017 übermittelte die Beschwerdeführerin im Wege ihrer gewillkürten Vertretung eine Stellungnahme. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Behauptung, dass kein Beweis einer Eheschließung am 1.5.2015 existiere, unrichtig sei. Aus der beiliegenden Heiratsurkunde gehe hervor, dass das Datum des Ehevertrages der 1.5.2015 gewesen sei. Die Ehe sei daher auch an diesem Tag geschlossen worden Die Bezugsperson habe am 28.10.2015 in Österreich um Asyl angesucht, sodass ein gemeinsames Eheleben über einige Monate gegeben gewesen sei. Auch der beiliegende Auszug aus dem Familienregister bestätige die Ehe. Der Beschluss des Justizministeriums, der ebenfalls beigelegt sei, entspreche nach syrischem Recht als Ordnungsvorschrift der angeordneten Registrierung. Die Gültigkeit der Ehe sei von der staatlichen Registrierung strikt zu trennen.

1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.09.2017 verweigerte die ÖB Damaskus - nach negativer Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - die Erteilung des Einreisetitels gem. §26 FPG; iVm §35 AsylG mit der Begründung, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005). Näheres ergebe sich aus der bereits ausgehändigten Stellungnahme und Mitteilung des BFA datiert mit 11.08.2017.

Der Bescheid wurde dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin am 12.09.2017 zugestellt.

1.5. Gegen den Bescheid richtet sich die am 14.09.2017 eingebrachte Beschwerde, in welcher der Bescheid zur Gänze angefochten wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid bzw. der zugrundeliegenden Stellungnahme des BFA unrichtig seien. Die Eheschließung habe am 1.5.2015 stattgefunden und sei durch die abermals vorgelegte Heiratsurkunde bewiesen worden. Die Bezugsperson habe am 28.10.2015 in Österreich um Asyl angesucht, sodass ein gemeinsames Eheleben über einige Monate gegeben gewesen sei. Der Nachweis der Eheschließung sei durch den Auszug aus dem Familienstandsregister und dem Beschluss des Justizministeriums, der ebenfalls noch einmal vorgelegt werde, bestätigt. Die Eheschließung sei nach syrischem Recht mit dem Vertrag vom 1.5.2015 wirksam geschlossen worden. Die Bestätigung der Eheschließung entspreche der Registrierung der Ehe, die von der Gültigkeit der Ehe zu trennen sei. Die Registrierung bzw. die Klage auf Registrierung sei lediglich eine Ordnungsvorschrift des Staates, um den Überblick über die Eheschließungen insgesamt zu bewahren. Dass die Bezugsperson bei der Klage auf Bestätigung der Eheschließung nicht anwesend gewesen sei, habe keine Bedeutung. Es sei keine "Stellvertreterehe" abgeschlossen worden und selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, wäre dies nach syrischem Recht kein Grund, die Gültigkeit der Ehe zu bezweifeln. Da die Ehe nach syrischem Recht wirksam sei, sei sie nach den Regeln des internationalen Privatrechtsgesetzes auch von Österreich als rechtsgültig anzuerkennen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Zweifel des Dokumentenberaters an der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar seien, ebenso wenig wie das Argument, dass die Beschwerdeführerin für eine gewisse Zeit in der Türkei gelebt habe, der Reisepass jedoch in Aleppo ausgestellt worden sei. Maßgeblich sei, dass eine öffentliche Urkunde vorliege, deren Echtheit unbestritten sei, aus der die Eheschließung hervorgehe.

1.6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.11.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde unabhängig von der Bindungswirkung die Beurteilung des BFA teile. Wie das BFA ausführe, würden die dem Einreiseantrag beigefügten Unterlagen nicht zweifelsfrei die am 01.05.2015 geschlossene Ehe zwischen der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin belegen. Es sei dem Antrag lediglich eine Heiratsurkunde mit Registraturdatum 28.02.2016 beigelegt worden, worin das Datum der Eheschließung mit 01.05.2015 angegeben werde. Da die Registratur nachträglich ohne Anwesenheit der beiden Ehepartner bescheinigt worden sei, sei die Eheschließung jedoch nicht rechtsgültig. Laut Artikel 38 des syrischen Zivilrechts müsse jede Eheschließung behördlich registriert werden. Traditionelle Eheschließung würden nicht anerkannt werden. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 17.5.2016, W161-2125339-1 bereits zutreffend ausgeführt habe, widerspreche eine "Stellvertreter Ehe" eindeutig den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung und folge auch aus dem vorliegenden Beschwerdefall aus § 6 IPRG, dass die behauptete Eheschließung in Österreich keinen Rechtsbestand habe. Weiters sei zu bemerken, dass die Beschwerdeführerin offenbar falsche Angaben über ihre angebliche Schwangerschaft gemacht habe und sie von der Bezugsperson bei der Erstbefragung gar nicht erwähnt worden sei. Aufgrund der angeführten Widersprüche und mangels Vorlage relevanter und unbedenklicher Beweismittel sei keinesfalls von einem Nachweis im Sinn eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.

1.7. Am 09.11.2017 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

1.8. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 27.11.2017, am 29.11.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

1.9 Mit Erkenntnis des BVwG vom 16.08.2018 zu Zl. W168 2178106 - 1/ 5E wurde die Beschwerde gem. §35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

1.10. Hiergegen wurde außerordentliche Revision beim VwGH erhoben.

1.11. Mit Erkenntnis des VwGH vom 14.03.2019 wurde das angefochtene Erkenntnis des BVwG aufgehoben, das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass gem. §16 IPRG eine Bestimmung des fremden Rechtes nicht anzuwenden ist, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist österreichisches Recht anzuwenden. Von dieser Ausnahme ist sparsamster Gebrauch zu machen. Ein Abweichen von zwingenden österreichischen Vorschriften ist nicht per se ein "ordre publik" Verstoß. Schutzobjekt sind primär die "Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung" (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2018/18/0094, mwN). Der Verwaltungsgerichthof hat ausgesprochen, dass eine die Formvorschriften des Ortes der Eheschließung erfüllende Ehe grundsätzlich gültig ist. Der bloße Umstand der rückwirkenden Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht verstößt nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (vgl. erneut VwGH 6.9.2018, Ra 2018/18/0094,mwN, sowie daran anschließend VwGH 04.10.2018, Ra 2018/ 18/0149, jeweils mwN). Die hg. Rechtssprechung kann auch auf den gegenständlichen Fall übertragen werden, womit - entgegen der Ansicht des BVwG- auch die in Abwesenheit der Bezugsperson erfolgte formale nachträgliche Registrierung der (im Beisein beider Ehegatten) traditionell geschlossenen Ehe- bei Fehlen inhaltlicher Vorbehalte gegen die Ehe - nicht den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung widerspricht. Soweit das BVwG und die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf den hg. Beschluss vom 19. September 2017, Ra 2016/20/0068, verwiesen, wird übersehen, dass diesem ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, zumal dort bereits die traditionelle Eheschließung in Abwesenheit der Ehegattin festgestellt wurde. Derartige Feststellungen sind dem vorliegenden Erkenntnis nicht zu entnehmen. Es wäre Aufgabe des BVwG gewesen nähere Feststellungen zur diesbezüglichen syrischen Rechtslage zu treffen (vgl. erneut VwGH 6.9.2018, Ra 2018/18/0094,mwN). Dabei hätte es sich insbesondere auch mit dem in der Beschwerde und in der Beschwerdeergänzung unter Verweis auf eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 05.Mai 2017 erstatteten Vorbringen der Revisonswerberin, wonach die traditionell geschlossene Ehe gemäß syrischen Recht durch ihre nachträgliche Registrierung rückwirkend (ex - tunc) ab dem Datum der traditionellen Eheschließung Gültigkeit erlange auseinandersetzen müssen. Das BVwG wird daher im fortgesetzten Verfahren - ausgehend von der vorgelagerten Beurteilung, ob die vorgebrachte traditionelle Eheschließung im Revisionsfall als glaubhaft zu befinden ist- insbesondere Feststellungen dazu zu treffen haben, ob mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung die Ehe der Revisionwerberin bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung Wirksamkeit nach syrischen Recht entfaltet. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH AufwandersatzVO 2014.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben unter I. dargestellte und sich vollständig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt erschließliche Verfahrensgang wird festgestellt.

Ausreichende Abklärungen betreffend der im gegenständlichen Verfahren angegebenen Ehe der BF mit der Bezugsperson nach muslimischen Recht wurden seitens der Behörde in casu nicht bzw. nicht ausreichend vorgenommen, als auch wurden keine Feststellungen betreffend der Rechtmäßigkeit der Nachregistrierung der nach muslimischen Recht geschlossenen Ehe vorgenommen.

Die belangte Behörde wird ergänzende Ermittlungen und Abklärungen betreffend der von der BF im gegenständlichen Verfahren angeführten Ehe vorzunehmen haben.

Die belangte Behörde wird, so sie die angegebenen Eheschließung in Zweifel zieht, die vorgelegten Dokumente im fortgesetzten Verfahren einer validen Überprüfung hinsichtlich ihrer Nachvollziehbarkeit und Echtheit zu unterziehen haben und Feststellungen zur Gültigkeit der nachträglichen Registrierung der Ehe im syrischen Recht vorzunehmen haben.

Der maßgebliche Sachverhalt wurde im gegenständlichen Verfahren durch die Behörde erster Instanz noch nicht ausreichend ermittelt. Im Interesse der Raschheit sind diese Ermittlungen durch die belangte Behörde durchzuführen.

Erst nach Durchführung dieser ergänzenden Ermittlungen kann die Behörde eine valide Entscheidung im gegenständlichen Verfahren treffen.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der Österreichischen Botschaft Damaskus und wurden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückverweisung und Stattgebung der Beschwerde:

1. Rechtsgrundlagen:

§ 35 AsylG lautet:

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der

Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das

Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der im gegenständlichen Verfahren erhobenen Revision festgehalten, dass gem. §16 IPRG eine Bestimmung des fremden Rechtes nicht anzuwenden ist, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist österreichisches Recht anzuwenden. Von dieser Ausnahme ist sparsamster Gebrauch zu machen. Ein Abweichen von zwingenden österreichischen Vorschriften ist nicht per se ein "ordre publik" Verstoß. Schutzobjekt sind primär die "Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung" (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2018/18/0094,mwN). Der Verwaltungsgerichthof hat ausgesprochen, dass eine die Formvorschriften des Ortes der Eheschließung erfüllende Ehe grundsätzlich gültig ist. Der bloße Umstand der rückwirkenden Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht verstößt nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (vgl. erneut VwGH 6.9.2018, Ra 2018/18/0094,mwN, sowie daran anschließend VwGH 04.10.2018, Ra 2018/ 18/0149, jeweils mwN). Die hg. Rechtssprechung kann auch auf den gegenständlichen Fall übertragen werden, womit - entgegen der Ansicht des BVwG- auch die in Abwesenheit der Bezugsperson erfolgte formale nachträgliche Registrierung der (im Beisein beider Ehegatten) traditionell geschlossenen Ehe- bei Fehlen inhaltlicher Vorbehalte gegen die Ehe - nicht den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung widerspricht. Soweit das BVwG und die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf den hg. Beschluss vom 19.September 2017, Ra 2016/20/0068, verwiesen, wird übersehen, dass diesem ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag, zumal dort bereits die traditionelle Eheschließung in Abwesenheit der Ehegattin festgestellt wurde. Derartige Feststellungen sind dem vorliegenden Erkenntnis nicht zu entnehmen. Es wäre Aufgabe des BVwG gewesen nähere Feststellungen zur diesbezüglichen syrischen Rechtslage zu treffen (vgl. erneut VwGH 6.9.2018, Ra 2018/18/0094, mwN). Dabei hätte es sich insbesondere auch mit dem in der Beschwerde und in der Beschwerdeergänzung unter Verweis auf eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 05.Mai 2017 erstatteten Vorbringen der Revisionswerberin, wonach die traditionell geschlossene Ehe gemäß syrischen Recht durch ihre nachträgliche Registrierung rückwirkend (ex - tunc) ab dem Datum der traditionellen Eheschließung Gültigkeit erlange auseinandersetzen müssen. Das BVwG wird daher im fortgesetzten Verfahren - ausgehend von der vorgelagerten Beurteilung, ob die vorgebrachte traditionelle Eheschließung im Revisionsfall als glaubhaft zu befinden istinsbesondere Feststellungen dazu zu treffen haben, ob mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung die Ehe der Revisionswerberin bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung Wirksamkeit nach syrischen Recht entfaltet.

Dem vorliegenden Verwaltungsakt können im gegenständlichen Verfahren durch das BVwG somit keine ausreichenden und abschließenden Ermittlungen, bzw. Feststellungen betreffend das tatsächliche Bestehen bzw. Zustandekommen der traditionellen Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson entnommen werden., bzw. wurden insgesamt ausreichende Abklärungen zu der im gegenständlichen Verfahren angegebenen Eheschließung nicht vorgenommen.

Ebenso sind im vorliegenden Verwaltungsakt keine Feststellungen, bzw. Erörterungen bezogen auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 05.Mai 2017 ersichtlich, wonach eine traditionell geschlossene Ehe gemäß syrischen Recht durch ihre nachträgliche Registrierung rückwirkend (ex - tunc) ab dem Datum der traditionellen Eheschließung Gültigkeit erlange.

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren - ausgehend von der vorgelagerten Beurteilung, ob die vorgebrachte traditionelle Eheschließung als nachvollziehbar und glaubhaft zu befinden ist- insbesondere Feststellungen dazu zu treffen haben, ob mit der in casu erfolgen nachfolgenden staatlichen Registrierung die Ehe der Revisionwerberin bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung Wirksamkeit nach syrischen Recht entfaltet und wird auf die Abklärungen aufbauend eine neue Entscheidung zu treffen haben.

Im fortgesetzten Verfahren werden somit verfahrenswesentlich ergänzende Ermittlungen und Abklärungen vorzunehmen sein, um letztlich die verfahrenswesentlichen Fragen beantworten zu können, ob im Sinne der oben angeführten Judikatur eine traditionelle Ehe der BF in Syrien glaubhaft bzw. nachvollziehbar geschlossen wurde, bzw. diese traditionell geschlossene Ehe in Folge gemäß syrischen Recht durch ihre nachträgliche Registrierung rückwirkend ab dem Datum der traditionellen Eheschließung Gültigkeit erlangt hat.

Erst hierdurch können valide Grundlagen im Sinne der Rechtsprechung des VwGH gewonnen werden, um auch im Beschwerdefall das erkennende Gericht in die Lage zu versetzen beurteilen zu können, ob eine Ehe der BF mit der angegebenen Bezugsperson bereits vor dessen Ausreise bereits bestanden hat und der BF in casu eine Fortsetzung des Familienlebens in Österreich zu ermöglichen ist oder nicht.

Auf die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist durch das BVwG hinzuweisen, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.

Daher war mit der ersatzlosen Behebung der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung vorzugehen (siehe VwGH, 20.05.2015, Ra 2015/09/0025, 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W168.2178106.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten