TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/2 G308 2221942-2

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Veröffentlicht am 02.09.2019
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Entscheidungsdatum

02.09.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G308 2221942-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. PENNITZ als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft des XXXX, geb. XXXX, StA.: Algerien, zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Mit Bescheid, GZ XXXX, vom 08.04.2019 wurde vom BFA über den oben genannten betroffenen Fremden (im folgenden kurz BF) gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung mit XXXX.2019,

XXXX Uhr verhängt. Der BF befindet sich seither im AHZ XXXX.

2. Der BF reiste 2005 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag in Österreich. Er gab fälschlicherweise an aus Palästina zu stammen. Mit dieser Falschangabe konfrontiert brachte der BF vor gelogen zu haben um seiner Abschiebung nach Algerien zu entgehen.

3. Er entzog sich dem Verfahren indem er untertauchte.

4. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde am 21.02.2008 rechtskräftig negativ entschieden und die Ausweisung verfügt. Er verließ das Bundesgebiet jedoch nicht, sondern verblieb illegal in Österreich.

5. Im Frühjahr 2011 wurde er von der Schweizer Behörden aufgegriffen und nach Österreich zurücküberstellt, wo er im Stande der Schubhaft aus einen weiteren Asylantrag stellte und nach seiner Schubhaftentlassung am 30.05.2011 erneut untertauchte.

Abgesehen von den vielen Haftaufenthalten und einer Wohnsitzmeldung vom 19.02.2008 bis 10.04.2008 war der BF im Bundesgebiet seit 21.03.2006 nicht mehr gemeldet. Zwischen 15.07.2016 und 30.01.2017 bzw. 12.06.2017 und 23.10.2017 war er als Obdachloser gemäß § 19a Abs 2 Meldegesetz gemeldet.

Demnach lebte er seit der rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz, wenn er sich auf freiem Fuße befand, im Untergrund.

6. Während seines illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet wurde er insgesamt achtmal rechtskräftig durch ein inländisches Gericht wegen Suchtmittel- und Vermögensdelikten verurteilt.

7. Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme betreffend Erlangung eines Ersatzreisedokumentes am 09.07.2016 gab der BF an, unsteten Aufenthaltes zu sein und sporadisch einer illegalen Beschäftigung nachzugehen. Weiters gab er an, keine Familienangehörigen im Bundesgebiet zu haben, jedoch Verwandte in Frankreich.

8. Am XXXX.2018 wurde der BF im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle aufgegriffen und mit Mandatsbescheid von 25.12.2018 in Schubhaft genommen.

9. Am 27.12.2018 erfolgte eine Urgenz bezüglich der Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes bei der algerischen Botschaft.

10. Am XXXX.2019 wurde der BF aus dem Stande der Schubhaft entlassen und in die Justizanstalt zum Antritt einer Strafhaft überstellt.

11. Mit Bescheid vom XXXX.2019 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 BFA-VG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung nach Haftentlassung am XXXX.2019 eingeordnet. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

12. Nach Entlassung aus der Haftstrafe am XXXX.2019 wurde der BF gemäß § 34 Abs 1 Z 2 BFA-VG erneut festgenommen und in das AHZ XXXX überstellt.

13. Am 19.04.2019 wurde bezüglich der Ausstellung des Heimreisezertifikates bei der algerischen Botschaft urgiert.

14. Am 06.05.2019, 03.06.2019 und 02.07.2019 wurde die amtswegige Schubhaftprüfung durch das BFA durchgeführt und festgestellt, dass die Haftgründe sowie die Rechtmäßigkeit der Schubhaft unverändert vorliegen.

15. Am 11.06.2019 und 24.06.2019 wurde bezüglich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der algerischen Botschaft urgiert.

16. Am 05.08.019 wurde durch des BVwG die erste amtswegige Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22 a Abs. 4 BFA-VG statt und wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Zu der am 05.08.2019 anberaumten Verhandlung ist der BF nicht erschienen, da er angab aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen zu wollen. Die diensthabende Ärztin des AHZ teilte mit, dass aus ihrer Sicht keine gesundheitliche Beeinträchtigung des BF vorliegen würde welche eine Teilnahme an der Verhandlung verhindern würde. Die Verhandlung fand daher in Abwesenheit des BF statt und wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

17. Am 26.08.2019 wurde bezüglich der Ausstellung eines HRZ bei der algerischen Botschaft urgiert.

18. Mit Schreiben vom 28.08.019 wurde der Akt seitens des BFA dem Bundesverwaltungsgericht zur amtswegigen Überprüfung vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die Identität des BF aufgrund der fehlenden Mitwirkung nicht eindeutig feststeht. Dieser weigert sich vehement bei der Beschaffung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken, da er der Überzeugung ist, dass er so im Bundesgebiet verbleiben kann. Er verfügt über keinen nachweislichen Wohnsitz, ist beharrlich im Bundesgebiet geblieben, verfügt über keine finanziellen Mittel um den Lebensunterhalt auf legale Weise zu bestreiten und wurde bisher bereits mehrmals straffällig und rechtskräftig verurteilt.

Er verfügt weder über familiäre noch sonstige nennenswerte soziale Anknüpfungspunkte in Österreich und hat sich dem Verfahren durch untertauchen entzogen, was die Mobilität des BF bestätigt. Verwandte von ihm leben in Frankreich, was die Wahrscheinlichkeit eines Untertauchens vermehrt. Ein gelinderes Mittel erscheint hier nicht anwendbar. Die Ausstellung eines HRZ ist als sehr wahrscheinlich anzusehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird, dass der BF seit XXXX.2019, XXXXUhr durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken. Solches wurde vom Fremden auch nicht, etwa in einer Schubhaftbeschwerde, geltend gemacht.

Festgestellt wird, dass der BF für die Verhandlung am 05.08.2019 ordnungsgemäß geladen wurde. Der BF verweigerte jedoch die Teilnahme mit der Begründung, dass es ihm nicht gut gehe. Der aktuelle Gesundheitsakt (vom AHZ XXXX in der Verhandlung vorgelegt) hätte eine Teilnahme jedenfalls zugelassen. Es liegt aus Sicht der diensthabenden Ärztin (AHZ XXXX) keine gesundheitliche Beeinträchtigung vor. Der BF verweigerte daher bisher nicht nur jegliche Zusammenarbeit mit den Behörden, sondern auch mit dem erkennenden Gericht.

Festgestellt wird, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig und mit Nachdrücklichkeit geführt hat bzw. immer noch führt. Ein Heimreisezertifikat liegt aktuell zwar nicht vor, jedoch hat das BFA bisher alles unternommen um eines zu erlangen.

Die Identität des BF steht nach wie vor nicht fest, da dieser zu seinem Namen, Geburtsdatum sowie seines Herkunftsstaates immer wieder andere Angaben machte, sodass es am BF selbst liegt, seine tatsächlichen wahren Daten bekannt zu geben. Würde der BF seiner Mitwirkungspflicht nachkommen und seine wahre Identität preisgeben, könnte die Schubhaft wesentlich schneller beendet werden. Die Verschleierung der Identität sowie Verweigerung der Mitarbeit, erschwert der Behörde natürlich die Möglichkeit zur Erlangung eines HRZ. Die Behörde führte mit der algerischen Botschaft mehrmalige Urgenzen und war die letzte am 26.08.2019. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig. Der BF ist bereits achtmal wegen Suchtmittel- und Vermögensdelikten, rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden. Der BF stellte nach seiner illegalen Einreise (erstmals bereits 2005) nach Österreich immer wieder unbegründete Anträge auf internationalen Schutz. Der BF zeigt ein absolutes unkooperatives Verhalten und ist keinesfalls gewillt, freiwillig nach Algerien zurückzukehren. Der BF tauchte auch im Zuge der Asylverfahren immer wieder unter.

Die Behörde zeigt sich entschlossen ein HRZ für den BF zu erlangen, jedoch verweigert dieser offensichtlich jegliche Zusammenarbeit. Es waren daher bisher mehrere Urgenzen bei der algerischen Botschaft erforderlich. Aufgrund seines bisherigen Verhalten ist eine Weiterführung der Schubhaft nicht nur verhältnismäßig, sondern auch dringend erforderlich.

Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen von der Verhängung eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.

Im Hinblick auf das zielstrebig betriebene Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates, ist begründet zu erwarten, dass dieses zu erlangen sein wird und die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen betreffend die strafrechtliche Verurteilung des BFs in Österreich sowie die damit verbundene Freiheitsstrafe ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere einem rezenten Auszug aus dem Strafregister.

Die Feststellungen betreffend die Familiensituation und (soziale) Integration des BFs in Österreich ergeben sich aus der Aktenlage.

Die fehlende Vertrauenswürdigkeit des BFs ergibt sich aus seinem Verhalten seit der Einreise in das Bundesgebiet. Insbesondere hat sich der BF bereits mehrfach seinen Verfahren entzogen und wurde in Österreich auch mehrfach strafrechtlich verurteilt. Dass der BF nunmehr kooperativ wäre kann aus seinem Verhalten nicht abgeleitet werden, insbesondere der Verweigerung der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und seiner sonstigen Weigerung Angaben zu seiner Person zu machen.

Da die Zusammenarbeit mit dem potenziellen Herkunftsstaat des BFs grundsätzlich funktioniert, bestanden und bestehen keine Zweifel, dass eine Abschiebung jedenfalls innerhalb des gesetzlich möglichen Rahmens erfolgen kann. Der BF hat es durch sein Verhalten selbst in der Hand, diese Zeit möglichst kurz zu halten.

Für eine grundsätzliche Unmöglichkeit der Überstellung gibt es keinen Hinweis und wurde solches auch nicht behauptet.

Die finanzielle Situation des BFs ergibt sich aus der Aktenlage und fügt sich zudem stimmig in die (unstrittigen) Lebensumstände des BFs. Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme sind dem Akt nicht zu entnehmen; ein grundsätzliches Fehlen der Haftfähigkeit wurde in keiner Phase des Verfahrens behauptet.

3. Zur Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft (Spruchpunkt A.):

3.1. Rechtliche Beurteilung:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 i. d. g.F., lautet:

"§ 22a. [...]

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde."

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit 08.04.2019 andauernden Schubhaft wegen Vorliegens von Fluchtgefahr (auf Grund des § 76 Abs. 2 Z 2 iVm. Abs. 3 FPG) weiterhin als erforderlich und die Anhaltung in Schubhaft wegen Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Vergleich zum Recht des betroffenen Fremden auf persönliche Freiheit auch als verhältnismäßig.

Da somit eine zeitnahe Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat nach Vorliegen des HRZ als sehr wahrscheinlich gilt und sich der BF bislang trotz mehrmaliger rechtskräftiger Entscheidungen beharrlich geweigert hat, seiner Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachzukommen und in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, kann von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgegangen werden. So wird der Sicherungsbedarf gerade auch dadurch verstärkt, dass der BF nunmehr davon in Kenntnis ist, dass eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht und er somit seine illegalen Reisebewegungen nicht mehr fortsetzen kann und ihm dadurch auch eine illegale Weiterreise von Österreich in andere europäische Staaten verunmöglicht wird, um damit etwa auch einer Abschiebung in den Herkunftsstaat zuvorzukommen. Die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des BF, welche sich aus seinem bereits näher dargelegten Gesamtverhalten ergibt, lässt eine Fluchtgefahr durchaus als erheblich erscheinen.

Aus den eben dargelegten Umständen und insbesondere auch unter Berücksichtigung der nicht vorhandenen sozialen Bindungen in Österreich ist aktuell jedenfalls von einer als erheblich zu qualifizierenden Fluchtgefahr auszugehen, zumal besondere Umstände vorliegen, die ein Untertauchen des BF - um sich so einer Abschiebung zu entziehen - befürchten lassen.

Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG erweist sich im Hinblick auf die erhebliche Fluchtgefahr als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (Durchführung der Abschiebung) zu erreichen.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dass besondere, in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen, die der Schubhaft entgegenstehen würden, ist nicht hervorgekommen.

Die in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von sechs Monaten wurde zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.

Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und auch als verhältnismäßig. Die andauernde Schubhaft kann daher - auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung - fortgesetzt werden, weshalb gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Darüber hinaus verweigerte der BF bereits ohne stichhaltige Gründe die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, sodass eine nunmehrige Teilnahme zweifelhaft ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder von den Parteien vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,
Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G308.2221942.2.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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