TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/3 W189 2163812-2

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Veröffentlicht am 03.09.2019
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Entscheidungsdatum

03.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46

Spruch

W189 2163812-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2019, Zl. 1082151300-190111416, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III.-VI. wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG 2005 idgF stattgegeben und die Spruchpunkte I., II., III.-VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und wird aufgrund des Antrags vom 14.01.2019 die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter um zwei weitere Jahre gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 verlängert.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Somalia, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Schriftsatz vom 07.04.2017 erhob der BF durch seinen Rechtsvertreter mit näherer Begründung das Rechtsmittel der Säumnisbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG.

3. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.07.2017 beauftragte das Gericht gemäß § 19 Abs. 6 AsylG das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit der Einvernahme des BF binnen acht Wochen ab Zustellung dieses Schreibens.

4. Am 31.07.2017 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er aus Mogadischu stamme, dem "Clan der Hawiye und Subclan der Sheikhal", angehöre und muslimischen Glaubens sei. Den Lebensunterhalt der Familie habe die Mutter durch Obstverkauf bestritten. Der BF habe keinen Kontakt zu seiner Familie. Sein Vater lebe mit seiner Zweitfrau in Afgooye, seine Mutter mit zwei Scherstern und einem Bruder in einem Flüchtlingslager in Kenia. Zum Fluchtgrund brachte er vor, dass er in einem Studio gearbeitet habe. Dort seien immer wieder Mitglieder der al Shabaab gekommen und hätten den BF bedroht. Auch sei er entführt und gefoltert worden. Schließlich sei der BF auch von einem Mann der Regierung bedroht worden, weshalb er schließlich das Land verlassen habe. Im Bundesgebiet habe der BF keine Verwandten, lebe von Leistungen aus der Grundversorgung und arbeite in einer Apotheke. Der BF legte eine Teilnahmebestätigung der Tiroler Sozialen Dienste vom 26.08.2016, Anmeldebestätigungen der VHS vom 03.10.2016 und vom 19.04.2017 sowie eine Bestätigung vom 31.07.2017 und ein Empfehlungsschreiben vom 28.07.2017 der Universitätsapotheke Innsbruck vor.

5. Am 05.02.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, zu welcher der BF und sein Vertreter geladen wurden und ihnen die Möglichkeit geboten wurde, zu den Fluchtgründen des BF, seinen Rückkehrbefürchtungen sowie Integrationsbemühungen ausführlich Stellung zu beziehen.

6. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.02.2018, Zl. W251 2163812-1/5Z, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). und hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf Somalia stattgegeben (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 05.02.2019 erteilt.

Begründend führte das Gericht aus, dass es dem BF insgesamt nicht gelungen sei, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Auf Grund der herrschenden Dürrekatastrophe und der sehr prekären Versorgungslage, insbesondere in Süd- und Zentralsomalia, sei aber davon auszugehen, dass der der BF bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat in seinem Leben und seiner körperlichen Unversehrtheit bedroht wäre, sodass die Vorrausetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz gegeben seien, zumal er über keine familiären Anknüpfungspunkte in Somalia verfüge. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in einen anderen Landesteil erscheine nicht zumutbar.

7. Am 14.01.2019 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

8. Am 22.02.2019 wurde der BF vor dem BFA zum gegen ihn eingeleiteten Aberkennungsverfahren niederschriftlich einvernommen. Zu den Rückkehrbefürchtungen gab er an, dass er keine Verwandten in Mogadischu habe und die Lage immer noch gleich sei. Schließlich wurde der BF zu seiner Integration im Bundesgebiet befragt. Vorgelegt wurden vier Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen, eine Bestätigung über die Absolvierung gemeinnütziger Tätigkeit des BF vom 11.08.2018, zwei Empfehlungsschreiben für den BF, eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Workshop, einen Dienstvertrag, ein Zeugnis über die Absolvierung der Integrationsprüfung A und, eine Lohn-Gehaltsabrechnung vom Jänner 2019.

9. Mit Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 06.03.2019 wurde auf die mangelnden familiären Anknüpfungspunkte des BF für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat hingewiesen. Auch gehöre Somalia den Länderberichten entsprechend zu den ärmsten Ländern der Welt, wo sich ein erheblicher Teil der Bevölkerung nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen könne.

Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge, Rückkehrer und andere vulnerable Personen seien limitiert. Schließlich sei die Dürresituation nicht bewältigt worden und die Sicherheitslage habe sich verschlechtert. Daraus sei keine wesentliche und nachhaltige Verbesserung im Sinne der geltenden Rechtslage zu erkennen.

10. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde dem BF der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.02.2018, Zl. W251 2163812-1/5Z, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen. Dem BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und weiters gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt VI.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Schließlich wurde der Antrag des BF vom 14.01.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt VII.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die Gründe für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen würden und sich die Lage im Herkunftsstaat positiv geändert habe. Insbesondere könne der BF zurück nach Mogadischu, zumal er in Somalia seine Sozialisierung erfahren habe. Mogadischu stehe auch weiterhin unter der Kontrolle von AMISOM und verfüge auch über eine präsente und aktive Stadtverwaltung. Zudem sei sie über sicherem Weg erreichbar. Unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes sowie der diesbezüglichen Judikaturlinie des EGMR, stehe der Abschiebung des BF Art. 3 EMRK nicht entgegen und seien andere Gründe, die gegen seine Rückkehr sprechen würden, nicht feststellbar gewesen. Schließlich würden keine Gründe bestehen, die gegen eine Rückkehrentscheidung sprechen würden, zumal über die Jahre kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet entstanden sei und nach Gesamtabwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des BF erstere überwiegen würden. Für den Fall einer Abschiebung des BF nach Somalia ergebe sich keine Gefährdung seiner Person, weshalb sie gemäß § 50 iVm § 46 FPG zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

11. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung rechtzeitig Beschwerde. Nach Wiedergabe des Sachverhaltes wurde insbesondere moniert, dass die Sicherheitslage in Somalia auch weiterhin prekär sei und dem BF eine Rückkehr nach Mogadischu, nicht zumutbar sei. Entgegen der Behauptung der Behörde sei auch nicht von einer Clanunterstützung auszugehen. Überdies sei das Land stark von der aktuellen Dürrekatastrophe betroffen und habe es gleichzeitig Überschwemmungen und Wirbelstürme gegeben. Insbesondere gestalte sich die Arbeitssuche für Rückkehrer und Binnenvertriebene schwierig, weshalb dem BF insgesamt betrachtet keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des BF, beinhaltend das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.02.2018, die niederschriftliche Einvernahme vor dem BFA zum gegenständlichen Aberkennungsverfahren am 22.02.2019 und durch Einsicht in aktuelle Auszüge aus dem Strafregiste sowie durch Einsichtnahme in das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia.

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger von Somalia und lebte bis vor seiner Ausreise mit seiner Familie in Mogadischu. Der BF besuchte acht Jahre lang die Schule und verfügt über keine Berufsausbildung. Seine Mutter besaß ein Lebensmittelgeschäft und der BF arbeitete in einem Musikstudio.

Die Mutter des BF und seine Geschwister leben nicht mehr in Somalia. Aufgrund der Dürrekatastrophe zogen seine verbliebenen Verwandten aus dem Herkunftsort Mogadischu weg. Diese sind nach Kenia in ein Flüchtlingslager geflüchtet. Das Gemüsegeschäft der Mutter gibt es nicht mehr. Die Kernfamilie des BF hat in Somalia bzw. in Mogadischu keine Besitztümer. Der Vater des BF und ein Bruder von ihm sind verstorben. Der BF hat Tanten und Onkeln an der kenianischen Grenze, die er noch nie gesehen hat. Der BF hat keinen Kontakt zu seinen Verwandten in Somalia.

1.2. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.02.2018, Zl. W251 2163812-1/5Z, wurde dem Antrag des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten stattgegeben und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 05.02.2019 erteilt.

Am 14.01.2019 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde dem BF der zuerkannte Status eines subsidiär Schutzberechtigten aberkannt, die befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen und sein Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung abgewiesen.

Aufgrund der weiterhin prekären Versorgungslage und mangels familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seinen Herkunftsstaat Somalia zurückkehren kann. Es kamen keinerlei Anhaltspunkte hervor, dass seine noch lebende Familie ihn finanziell unterstützen und für seinen Unterhalt aufkommen könnte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF von seinem Clan ausreichende Hilfe zu erwarten hätte, zumal nicht festgestellt werden konnte, welchem Clan der BF angehört.

Es hat sich keine wesentliche und nachhaltige Besserung der Lage in Somalia seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ergeben.

Der BF ist unbescholten.

1.3. Zum Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.

Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).

Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:

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(FSNAU 1.9.2018)

Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).

Quellen:

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ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,

https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district, Zugriff 14.9.2018

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FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-december-issued-6-september-2018, Zugriff 14.9.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018):

Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august-2018, Zugriff 14.9.2018

-

FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release,

https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01-sep-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-improving-recovery-remains-fragile, Zugriff 14.9.2018

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WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia,

https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-project-launched-somalia, Zugriff 14.9.0218

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

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(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

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(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

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(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

-

Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

-

Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018

-

FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

-

FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.

Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).

2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).

3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

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NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017):

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ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

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UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html, Zugriff 11.11.2017

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UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

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UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

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WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia, Zugriff 20.11.2017

Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Vergleicht man die Areas of Influence der Jahre 2012 und 2017, hat es kaum relevante Änderungen gegeben. Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das "urban island scenario" besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich Große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017).

Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden - etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017).

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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