TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/3 W182 2183002-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2019
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Entscheidungsdatum

03.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §21 Abs5 Satz 1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W182 2183002-1/7E

W182 2183004-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerden von 1.) XXXX auch XXXX , geb. XXXX , und 2.) XXXX auch XXXX , geb. XXXX , beide StA. Russische Föderation, beide vertreten durch: ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 13.12.2017, 1.) Zl. 1100483706 - 152071047 und 2.) Zl. 449892401 - 152071063, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden nach § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF) sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der tschetschenischen Volksgruppe an und sind Muslime. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) reiste zusammen mit seiner Ehegattin (im Folgenden: BF2) am 29.12.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.12.2015 brachte der BF1 zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass der Bruder seiner Ehefrau "seit 2000 gegen die Behörden gekämpft" habe. Nachdem letzterer einmal bei den BF übernachtet habe, seien die Behörden regelmäßig und unangemeldet gekommen und hätten nach diesem gesucht. Der BF1 habe mit seiner Frau im Dezember 2015 das Herkunftsland verlassen. Die BF2 brachte in der Erstbefragung zu ihren Fluchtgründen vor, dass ihr Bruder vor einigen Jahren weggegangen sei und gegen die Behörden gekämpft habe, er sei nun verschollen. Die Behörden seien ständig ins Haus gekommen und hätten gefragt wo der Bruder sei. Sie hätten auch gefragt, wo der Sohn sei, da sie gewusst hätten, dass er im Ausland sei, aber nicht wo genau.

In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 29.11.2017 brachten der BF1 und die BF2 zu den Fluchtgründen befragt vor, dass der Bruder der BF2 während des Krieges verschollen sei. In früheren Zeiten habe er immer bei ihnen übernachtet, da das Elternhaus in der Nähe ihres Wohnortes gewesen sei. Sie seien deshalb ständig von der Polizei kontrolliert worden und hätten Probleme zuhause gehabt. Aus diesem Grund hätten sie auch ihren Sohn (2003) nach Österreich geschickt. Befragt nach einem fluchtauslösenden Ereignis gaben die beiden an, sie hätten auch immer wieder Geld gezahlt, um in Ruhe gelassen zu werden. In ihrem Heimatort habe ein Nachbar gelebt, welcher bei der Dorfgemeinde gearbeitet und den BF1 und BF2 immer wieder geholfen habe, nach dessen Tod sei die Situation jedoch unerträglich geworden. 2008 habe die BF2 auch Probleme mit der Polizei gehabt, weil sie einen jungen Mann, den die Polizei auf dem Mark festnehmen habe wollen, unterstützt habe. Befragt, was die BF bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchten, gaben diese an, dass sie weiter belästigt und schikaniert werden würden. Der BF1 gab befragt nach seinem Gesundheitszustand an, er leide seit 2002 oder 2003 an Diabetes. Er habe von XXXX bis XXXX als XXXX gearbeitet und ab XXXX sei er XXXX gewesen. Sowohl er als auch die BF2 hätten zuletzt Rente bekommen und zudem ihr vorheriges Haus verkauft und ein neues Haus gekauft. Dabei sei noch Geld übriggeblieben. Die BF2 gab befragt nach ihrem Gesundheitszustand an, sie hätte keine chronischen Beschwerden, sei jedoch psychisch labil und befinde sich bei einer Psychologin in Behandlung. Auch bekomme sie regelmäßig Spritzen verabreicht. Die BF hätten gemeinsam zwei Kinder. Eine Tochter würde sich nach wie vor im Herkunftsland aufhalten, ein Sohn lebe gemeinsam mit seiner Ehefrau und den sieben Kindern in Österreich.

Die BF legten jeweils einen russischen Inlandspass im Original vor.

1.2. Mit den nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheiden des Bundesamtes wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt IV.) Unter Spruchpunkt V. wurde den BF für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Seitens des Bundesamtes wurde u.a. festgestellt, dass die beiden BF Staatsangehörige der Russischen Föderation, volljährig und voll handlungsfähig seien. Sie würden an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohenden Erkrankung leiden. Es könne keine aktuelle Bedrohungssituation für sie in der Russischen Föderation festgestellt werden. Eine Tochter würde sich im Herkunftsland aufhalten. Bis auf den Sohn und dessen Familie gäbe es keine weiteren Anknüpfungspunkte in Österreich.

Zur Situation im Herkunftsland wurde im bekämpften Bescheid wie folgt festgestellt:

"[...]

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 19.3.2014 - Islamistenführer Doku Umarow diesmal wirklich tot? (betrifft Abschnitt 2 Politische Lage, Abschnitt 3 Sicherheitslage):

Russlands Staatsfeind Nummer Eins Doku Umarow (Kampfname Dokku Abu Usman), der selbsternannte Emir des Kaukasus Emirats, dürfte diesmal wirklich tot sein. In den letzten Jahren wurde häufig vermeldet, dass Umarow tot sein soll, was nie stimmte. Aufgrund der Tatsache, dass die rebellennahe Website Kavkaz Center, Umarows Tod vermeldete und auch gleich einen Nachfolger lieferte, scheint dieses Mal die Nachricht von seinem Tod doch mehr Substanz zu haben. Zu dessen Nachfolger wurde Scheich Ali Abu Muhammad (auch Ali Abu Muhammad al Dagestani) ernannt. Zum Zeitpunkt und den genauen Umständen von Umarows Tods wurden keine Angaben gemacht. Von offizieller Seite (Nationale Anti-Terror-Komitee) wurde die Meldung noch nicht bestätigt. (Standard 18.3.2014, Kurier 18.3.2014, Kavkaz Center 18.3.2014a).

Zur Person Scheich Ali Abu Muhammad al Dagestani:

Ali Abu Muhammad al Dagestani wurde von Doku Umarow 2010 zum obersten Qadi (islamischer Scharia-Richter) des Kaukasischen Emirats ernannt. Er folgte somit seinem Vorgänger Sayfullah, der 2010 von föderalen Truppen getötet wurde. Seit seiner Ernennung zum Qadi, blieb er der Öffentlichkeit fern. Er schaltete sich kurz nach seiner Ernennung bei der Entführung des Sohnes einer prominenten Persönlichkeit in Dagestan ein und dürfte - laut der rebellennahen Homepage Kavkaz Center - aufgrund seines Urteils, dass die Entführung nicht Scharia-konform sei, an der Freilassung des Sohnes beteiligt gewesen sein (Long War Journal 18.3.2014, Kavkaz Center 24.10.2010b).

Quellen:

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Kavkaz Center (18.3.2014a): Caucasus Emirate's Emir Dokku Abu Usman martyred, Insha'Allah. Obituary, http://www.kavkazcenter.com/eng/content/2014/03/18/19017.shtml, Zugriff 19.3.2014

-

Kavkaz Center (24.10.2010b): Message from the supreme judge of the Caucasus Emirate,

http://www.kavkazcenter.com/eng/content/2010/10/24/12807.shtml, Zugriff 19.3.2014

-

Kurier (18.3.2014): Kreml-Todfeind Doku Umarow ist tot, http://kurier.at/politik/ausland/kreml-todfeind-doku-umarow-ist-tot/56.547.370, Zugriff 19.3.2014

-

Long War Journal (18.3.2014): Ali Abu Muhammad al Dagestani, the new emir of the Islamic Caucasus Emirate, in: Threat Matrix - A Blog of the Long War Journal,

http://www.longwarjournal.org/threat-matrix/archives/2014/03/ali_abu_muhammad_al_dagestani.php, Zugriff 19.3.2014

-

Standard (18.3.2014): Islamistenführer Umarow angeblich tot, http://derstandard.at/1395056962017/Islamistenfuehrer-Umarow-angeblich-tot, Zugriff 19.3.2014

Kommentar:

Da die Nachricht von Umarows Tod dieses Mal nicht wie sonst von offiziellen russischen bzw. tschetschenischen Stellen behauptet wurde, sondern auf der rebellennahen Homepage www.kavkazcenter.com veröffentlicht wurde, scheint die Nachricht diesmal glaubwürdiger zu sein.

Was genau dies für die Zukunft des Nordkaukasus bedeutet, ist unklar. Die Dschihadisten im Kaukasus haben schon mehrmals den Tod ihrer Anführer überstanden (vgl. Long War Journal 18.3.2014). Ein Ende der Gewalt scheint jedoch nicht sehr wahrscheinlich, es könnte kurz- bis mittelfristig sogar zu einer intensivierten Anschlagswelle kommen, um die Position des neuen Anführers zu bestätigen und zu festigen.

KI vom 11.7.2014 - Statement des neuen Emirs bez.

Selbstmordattentate (betrifft Abschnitt Abschnitt 3 Sicherheitslage):

Der neue Emir des Kaukasus Emirats hat sich mit einer Reihe an neuen Initiativen an die Öffentlichkeit gewandt. In dem am 2.7.2014 geposteten Video spricht sich Emir Abu Muhammad unmissverständlich gegen Selbstmordattentate aus. Vor allem gegen Selbstmordattentate durchgeführt von Frauen sprach er sich noch dezidierter aus, außer im Falle, wenn eine Frau von Polizisten umzingelt sei und sie glaubt, verfolgt zu werden, wenn sie sich ergibt. In allen anderen Fällen verbot er ausdrücklich weibliche Selbstmordattentäter. Abu Muhammad wies darauf hin, dass diese Methode aus dem Ausland importiert wurde und im Nordkaukasus weder notwendig noch unerlässlich sei.

Des Weiteren sagte er, dass er keine Attacken gegen Zivilisten unterstütze, aber gleichzeitig merkte er an, dass Selbstmordattentate in der Russischen Föderation weitergehen könnten, aber nur gegen Ziele, die gegen den Widerstand arbeiteten. Er will alles tun, um zivile Opfer zu vermeiden. Darüber hinaus entschuldigte er sich bei der zivilen russischen Bevölkerung für alle Opfer der Selbstmordattentate.

Abu Muhammad äußerte sich auch in Bezug auf die Sufis im Allgemeinen, indem er klarstellte, dass Sufis nicht die Feinde des Widerstands sind. Jedoch machte er auch klar, dass jene Sufis, die Vertreter der offiziellen religiösen Behörden sind und gegen den Widerstand arbeiten, weiterhin attackiert werden (Jamestown 10.7.2014).

Quellen:

-

Jamestown Foundation (10.7.2014): New Caucasus Emirate Leader Takes Hard Line Stance Against Suicide Bombing, Eurasia Daily Monitor Volume 11 Issue 125,

http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=42606&tx_ttnews%5BbackPid%5D=228, Zugriff 11.7.2014

Kommentar:

Dass sich der neue Emir so dezidiert gegen Selbstmordattentate im Allgemeinen und von Frauen im Besonderen ausspricht ist doch bemerkenswert. Er argumentiert, dass diese Praxis nicht nur nutzlos ist, sondern zusätzlich ist sie der nordkaukasischen Kultur fremd. Solch ein Statement wurde seit der Errichtung des Emirats 2007 nicht mehr getätigt. Statt eines Moratoriums für Selbstmordattentate scheint es, als ob er dieses Thema vollständig von der Agenda entfernen will.

Ob alle Aufständischen seine Aussagen unwidersprochen hinnehmen werden bleibt dahingestellt (Jamestown 10.7.2014).

2. Politische Lage

Administrativ und territorial gliedert sich die Russische Föderation in eine Vielzahl von Föderationssubjekten. Diesen stehen Gouverneure vor. Gouverneur von Tschetschenien ist Ramsam Kadyrow. Er gilt als willkürlich herrschend. Russlands Präsident Putin lässt ihn aber walten, da er Tschetschenien "ruhig" hält. Tschetschenien wird überwiegend von Geldern der Zentralregierung finanziert. So erfolgte der Wiederaufbau von Tschetscheniens Hauptstadt Grosny vor allem mit Geldern aus Moskau (BAMF 10.2013).

Historisch verwurzelte Unabhängigkeitsbestrebungen führten in jüngster Geschichte zu zwei Kriegen mit dem föderalen Zentrum Russland. Der zweite Tschetschenienkrieg wurde offiziell im April 2009 für beendet erklärt. 2006 wurde Ramsan Kadyrow zum Premierminister, 2007 per Dekret zum Präsidenten der Republik Tschetschenien ernannt (BBC 24.5.2012, AA 3.2013). Im Februar 2011 wurde er von Präsident Medwedew für eine zweite fünfjährige Amtszeit zum Republiksoberhaupt ernannt und in der Folge vom tschetschenischen Parlament bestätigt (Jamestown 2.3.2011).

Die Macht von Ramsan Kadyrow ist in Tschetschenien unumstritten. Kadyrow versucht durch Förderung einer moderaten islamischen Identität einen gemeinsamen Nenner für die fragmentierte, tribalistische Bevölkerung zu schaffen. Politische Beobachter meinen, Ersatz für Kadyrow zu finden wäre sehr schwierig da er alle potentiellen Rivalen ausgeschaltet habe und über privilegierte Beziehungen zum Kreml und zu Präsident Putin verfüge (Asylländerbericht 9.2013).

2012 restrukturierte Kadyrow die tschetschenische Regierung, was zu vielen Entlassungen führte. Zudem vereinte er die Präsidentschafts- und Regierungsverwaltung, was die Verwaltung gegenüber der lokalen Regierung stärkte und dadurch die Macht Kadyrows weiter festigte. Zum Chef der Gemeinsamen Präsidentschafts- und Regierungsverwaltung wurde Kadyrows enger Vertrauter Magomed Daudov ernannt (RFE/RL 22.5.2012). Weiters entließ Ramsan Kadyrow den Bürgermeister von Grosny, und ernannte einen seiner Verwandten, Islam Kadyrow, als neuen Bürgermeister. Zuvor hatte das Republiksoberhaupt in mehreren Bezirken der Republik Umbesetzungen in der Führungsriege vorgenommen (RFE/RL 9.10.2012).

In Tschetschenien hat Kadyrow ein auf seine Person zugeschnittenes repressives Regime etabliert. Vertreter russischer und internationaler NGOs zeichnen ein insgesamt düsteres Lagebild. Gewalt und Menschenrechtsverletzungen bleiben dort an der Tagesordnung, es herrscht ein Klima der Angst und Einschüchterung (AA Bericht 10.6.2013).

Sowohl bei den gesamtrussischen Duma-Wahlen im Dezember 2011, als auch bei den Wahlen zum russischen Präsidenten im März 2012 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien bei über 99%. Die Zustimmung für die Regierungspartei "Einiges Russland" und für Präsidentschaftskandidat Wladimir Putin lag in der Republik ebenfalls bei jeweils über 99%. Bei beiden Wahlen war es zu Wahlfälschungsvorwürfen gekommen (Welt 5.3.2012, Ria Novosti 5.12.2012, vgl. auch ICG 6.9.2013).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2013): Übersicht, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/RussischeFoederation_node.html;

Zugriff 24.10.2013

-

Auswärtiges Amt (10.6.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2013):

Protokoll zum Workshop Russische Föderation/Tschetschenien am 21.-22.10.2013 in Nürnberg

-

BBC News (24.5.2012): Chechnya profile - Timeline, http://www.bbc.co.uk/news/world-europe-18190473; Zugriff 24.10.2013

-

ICG - International Crisis Group (6.9.2013): The North Caucasus:

The Challenges of Integration (III), Governance, Elections, Rule of Law,

http://www.ecoi.net/file_upload/1002_1379094096_the-north-caucasus-the-challenges-of-integration-iii-226-the-north-caucasus-the-challenges-of-integration-iii-governance-elections-rule-of-law.pdf;

Zugriff 24.10.2013

-

The Jamestown Foundation (2.3.2011): Eurasia Daily Monitor -- Volume 8, Issue 42, Replacement of Karachaevo-Cherkessia's President Highlights Kremlin Crisis in Appointment System, http://www.jamestown.org/programs/edm/single/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=37584&tx_ttnews%5BbackPid%5D=512&no_cache=1; Zugriff 24.10.2013

-

The Jamestown Foundation (31.5.2012): Eurasia Daily Monitor -- Volume 9, Issue 103, Russia Errs Again in Trying to Resolve the North Caucasus Insurgency Problem, http://www.jamestown.org/programs/edm/single/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=39436&tx_ttnews%5BbackPid%5D=587&no_cache=1; Zugriff 24.10.2013

-

The Jamestown Foundation: Eurasia Daily Monitor -- Volume 9, Issue 113, A Cold Wind Blows from Moscow to Chechnya, http://www.jamestown.org/programs/edm/single/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=39496&tx_ttnews%5BbackPid%5D=587&no_cache=1; Zugriff 24.10.2013

-

ÖB Moskau (9.2013): Asylländerbericht Russische Föderation

-

RFE/RL (22.5.2012): Chechen Leader Restructures His Government, http://www.rferl.org/content/chechen-leader-restrucures-government/24588951.html; Zugriff 24.10.2013

-

RFE/RL (9.10.2012): Chechen Leader Replaces Grozny Mayor, http://www.rferl.org/content/chechen-leader-replaces-grozny-mayor/24733562.html; Zugriff 24.10.2013

-

Ria Novosti (5.12.2012): United Russia gets over 99 percent of votes in Chechnya,

http://en.rian.ru/society/20111205/169358392.html; Zugriff 24.10.2013

-

Die Welt (5.3.2012): In Tschetschenien stimmen 99,76 Prozent für Putin,

http://www.welt.de/politik/ausland/article13903750/In-Tschetschenien-stimmen-99-76-Prozent-fuer-Putin.html; Zugriff 24.10.2013

2.1. Nordkaukasus

Mit der Schaffung des "Nord-Kaukasus Distrikts", der Annahme eines umfangreichen Programmes für die sozioökonomische Entwicklung und der Betrauung von Wirtschaftsfachleuten mit hohen politischen Funktionen in der Region verfolgt Moskau seit Anfang 2010 einen neuen, umfassenderen Ansatz zur Stabilisierung der nordkaukasischen Republiken. Anstatt den Fokus auf Sicherheitsaspekte im engeren Sinn zu legen und die nordkaukasischen Republiken durch Transferzahlungen in finanzieller Abhängigkeit zu halten, gehen die geplanten Maßnahmen in Richtung einer strukturellen und nachhaltigeren Konsolidierung. Der damalige Premierminister Putin hat am 6. September 2010 eine Strategie zur Entwicklung des Nordkaukasus bis 2025 signiert. Die Strategie kombiniert föderale Programme und private Geschäftsprojekte und soll bis zu 400.000 Arbeitsplätze schaffen. Im Wirtschaftsbereich sollen vor allem die Bau-, die Energie-, die Agrar- und die Tourismusbranche gefördert werden. Insgesamt wurden Projekte mit dem Gesamtwert von 600 Mrd. Rubel (ca. 15 Mrd. Euro) gebilligt. Als Teil dieses Programmes wurden im Rahmen einer Sitzung der Kommission für sozio-ökonomische Entwicklung im Nordkaukasus Anfang Mai 2011 von der russ. Regierung 30 vorrangige Investitionsprojekte für die Region ausgewählt. Für diese sollen 145 Mrd. Rubel (3,5 Mrd. Euro) zur Verfügung gestellt werden (Asylländerbericht 9.2013, vgl. auch BPB 14.11.2011).

Als Konkurrenzzone vieler politischer Kräfte, die ihre Positionen im Bereich des Schwarzen und Kaspischen Meeres zu festigen suchen, ist der Nord-Kaukasus eine für Russland wichtige Region.

Seit einiger Zeit gibt es im Nord-Kaukasus positive Entwicklungen:

• die Einsicht über die Notwendigkeit einer Strategie zur Lösung vieler örtlicher Probleme

• die Abnahme der Zahl zwischenethnischer Konflikte

• die Stabilisierung sozio-ökonomischer Bedingungen (IOM 6.2013)

Dennoch bleibt die Situation im Nordkaukasus in bestimmten Gebieten angespannt. Dies ist auf eine Kombination unterschiedlicher Faktoren zurückzuführen: niedriger Grad wirtschaftlicher Entwicklung, verlorenes Vertrauen in die Politik Moskaus sowie ethnische Rivalitäten. Hinzu kommen noch regional spezifische Strukturen und Probleme.

Im Nordkaukasus herrscht ein kompliziertes Beziehungsgeflecht zwischen russischen Truppen, kremltreuen lokalen Einheiten, islamistischen Rebellen und kriminellen Banden. Russische Menschenrechtler beklagen, dass die Staatsmacht im Nordkaukasus schwach ist und alle möglichen Gruppierungen in dieses Vakuum vorstoßen (Asylländerbericht 9.2013, vgl. auch BPB 14.11.2011).

Quellen:

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Bundeszentrale für politische Bildung (14.11.2011): Nordkaukasus, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54672/nordkaukasus; Zugriff 29.10.2013

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IOM - International Organisation of Migration (6.2013):

Länderinformationsblatt Russische Föderation

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ÖB Moskau (9.2013): Asylländerbericht Russische Föderation

3. Sicherheitslage

In Tschetschenien existiert noch immer eine islamistische Untergrundbewegung. Deren Mitglieder werden als "Wäldler" bezeichnet, da sie in den ausgedehnten und dichten Wäldern des Landes ihre Verstecke haben. Ihre Anzahl ist unbekannt. Sie sind jedoch zu effektiven Anschlägen, die meist als Selbstmordattentate erfolgen, fähig. Ziel der Islamisten ist die Errichtung eines "Kaukasischen Emirats" im Nordkaukasus. Ihr Anführer ist Doku Umarov, der selbsternannte "Oberste Emir" des Nordkaukasus. Die Städte gelten gegenwärtig als sicher vor Anschlägen durch die islamistischen Rebellen. Am gefährlichsten sind die Waldgebiete, insbesondere die Gebiete in den hohen Bergen an der Grenze zu Georgien sowie die Grenzgebiete zu Dagestan. (BAMF 10.2013).

Die Gewalt im Nordkaukasus, angefacht von Separatismus, interethnischen Konflikten, dschihadistischen Bewegungen, Blutfehden, Kriminalität und Exzessen durch Sicherheitskräfte geht weiter, jedoch fiel das Gewaltlevel im Nordkaukasus allgemein 2012 um 10% verglichen mit dem Vorjahr. Die Gewalt in Tschetschenien ging 2012 stark zurück (US DOS 19.4.2013). Andere kaukasische Teilrepubliken haben Tschetschenien bei der Zahl der registrierten Gewaltvorfälle überholt. 2012 gab es im Nordkaukasus insgesamt 700 kampfbedingte Todesopfer, davon mehr als die Hälfte in Dagestan, der größten kaukasischen Teilrepublik Russlands. Dort wurden knapp 300 Verbrechen verzeichnet, die mit Terrorismus im Zusammenhang standen, im restlichen Nordkaukasus 180 (Tagesspiegel 26.4.2013).

Für die ersten neun Monate des Jahres 2013 berichtet Caucasian Knot 87 getötete Soldaten, 68 getöteten Zivilisten und 220 getöteten Rebellen im Nordkaukasus [Anm. nicht Tschetschenien allein]. Von staatlicher Seite wurde verlautbart, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2013 Straftaten, die mit Extremismus in Zusammenhang stehen im Nordkaukasus um 40% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen, jedoch terroristische Angriffe im selben Zeitraum um 10% sanken (Jamestown 10/217 4.12.2013).

Im Sicherheitsbereich ist gegenwärtig ein Trend zu beobachten, der auf eine Stabilisierung Tschetscheniens bei gleichzeitiger Verschlechterung der Lage in Dagestan hinausläuft. In manchen Regionen konstatieren Beobachter auch ein Übergreifen der Gewalt auf bisher ruhige Gebiete.

Einschätzungen zur zahlenmäßigen Stärke der Rebellen divergieren stark. In Tschetschenien ist es seit Jahresbeginn 2010 zu einem spürbaren Rückgang von Rebellen-Aktivitäten gekommen. Diese werden durch Anti-Terror Operationen in den Gebirgsregionen massiv unter Druck gesetzt (teilweise bewirkte dies ein Ausweichen der Kämpfer in die Nachbarrepubliken Dagestan und Inguschetien) (Asylländerbericht 9.2013).

Quellen:

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2013):

Protokoll zum Workshop Russische Föderation/Tschetschenien am 21.-22.10.2013 in Nürnberg

-

Jamestown Foundation (4.12.2013): Eurasia Daily Monitor Volume 10 Issue 217. North Caucasus Prosecutor's Office Reports Rise in Extremism-Related Crimes

-

ÖB Moskau (9.2013): Asylländerbericht Russische Föderation

-

Tagesspiegel. Uwe Halbach (26.4.2013): Tschetschenien im Fokus, http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/nach-den-anschlaegen-von-boston-tschetschenien-im-fokus/8130872.html; Zugriff 24.10.2013

-

U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices for 2012 - Russia, http://www.ecoi.net/local_link/245202/368649_de.html; Zugriff 24.10.2013

4. Rechtsschutz/Justizwesen

Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen wird weiterhin gewährt, trotz der rund 200 diesbezüglichen Entscheidungen des EGMR. Diese Verletzungen beziehen sich auf ungerechtfertigte Gewaltanwendung, rechtswidrige Inhaftierungen, Verschwindenlassen, Folter und Misshandlungen, die Unterlassung effektiver Untersuchungen dieser Verbrechen und das Fehlen eines effektiven Rechtmittels, Versagen in der Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof und unrechtmäßige Durchsuchungen, Festnahmen und Zerstörung von Eigentum (CoE 12.11.2013). Russland zahlt den Opfern zwar die vorgeschriebene finanzielle Kompensation, versäumt es aber, effektivere Untersuchungen durchzuführen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen (HRW 31.1.2013).

Die strafrechtliche Verfolgung der Menschenrechtsverletzungen ist in Tschetschenien völlig unzureichend. Tendenzen zur Einführung von Scharia-Recht sowie die Diskriminierung von Frauen haben in den letzten Jahren zugenommen (AA 10.6.2013).

Grundsätzlich können Personen, die den Widerstand in Tschetschenien unterstützen - sei es mit Lebensmitteln, Kleidung oder Unterschlupf für Rebellen oder sei es durch Waffen - in der Russischen Föderation strafrechtlich verfolgt werden. Es kommt regelmäßig zu Verhaftungen aufgrund von Hilfeleistung an die Rebellen. Ob Personen, die unter diesem Vorwurf vor Gericht gestellt werden mit einem fairen Verfahren rechnen können ist aufgrund der im Justizbereich verbreiteten Korruption und der bekannten Einflussnahme der Exekutive auf richterliche Entscheidungen fraglich. Das Strafmaß beträgt 8 bis 20 Jahre Freiheitsentzug (BAA/Staatendokumentation 20.4.2011).

Quellen:

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Auswärtiges Amt (10.6.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation

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BAA/Staatendokumentation (20.4.2011): Analyse der Staatendokumentation - Russische Föderation - Unterstützer und Familienmitglieder (mutmaßlicher) Widerstandskämpfer in Tschetschenien

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CoE-Commissioner for Human Rights (12.11.2013): Report by Nils Muižnieks Commissioner for Human Rights of the Council of Europe Following his visit to the Russian Federation from 3 to 12 April 2013,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1384353253_com-instranetrf.pdf; Zugriff 9.12.2013

-

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Russia, http://www.ecoi.net/local_link/237036/359908_de.html; Zugriff 9.12.2013

5. Sicherheitsbehörden

In Tschetschenien sind sowohl föderale russische als auch lokale tschetschenische Sicherheitskräfte tätig. Letztere werden oft zusammenfassend als Kadyrowzy bezeichnet, nicht zuletzt, da in der Praxis fast alle tschetschenischen Sicherheitskräfte unter der Kontrolle Ramsan Kadyrows stehen dürften. Die tschetschenischen Sicherheitskräfte bestehen aus einem "relativ undurchsichtigen Geflecht von verschiedenen Einheiten", wie in einer Analyse der Staatendokumentation festgehalten wurde. Davon konnte man sich während des Forschungsaufenthalts überzeugen: Die zahlreichen in den Straßen der Hauptstadt Grosny zu sehenden Sicherheitskräfte tragen eine Vielzahl an verschiedenen Uniformen. Viele bewaffnete Männer in schwarzer oder Camouflage-Kleidung tragen keinerlei Abzeichen, die erkennen lassen würden, ob oder zu welcher polizeilichen oder militärischen Einheit sie gehören. Vereinzelt sieht man in den Straßen Grosnys auch Männer in Zivil, die eine Handfeuerwaffe im Gürtel tragen (FoA 12.2011). Die im Nordkaukasus agierenden Sicherheitskräfte sind in der Regel maskiert (BAMF 10.2013). Tschetschenische Kommandoeinheiten werden von russischen Eliteeinheiten wie z.B. ALFA (eine spezielle Eliteeinheit des FSB) für den Einsatz in bergigen Gebieten und Wäldern trainiert. Das Trainingslager für tschetschenische Spezialeinheiten befindet sich im Dorf Tsenteroi im Kurchaloi Distrikt. Aus dem Bericht der Jamestown Foundation geht hervor, dass der Major und seine Auszubildenden nicht-russische khakifarbene Uniform ohne jegliches Abzeichen einer bestimmten Behörde trugen (Jamestown 10/219 6.12.2013).

Das Vorgehen der Sicherheitskräfte führt nach wie vor häufig zu Menschenrechtsverletzungen. Bewaffnete Gruppen überfielen erneut Angehörige der Sicherheitskräfte, örtliche Staatsbedienstete und Zivilpersonen. Angriffe bewaffneter Gruppen wurden aus dem gesamten Nordkaukasus gemeldet. Im gesamten Nordkaukasus gab es 2012 weiterhin regelmäßig Sicherheitseinsätze der Polizeikräfte. Dabei kam es Berichten zufolge häufig zu Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen, rechtswidriger Inhaftierung, Folter und anderen Misshandlungen sowie außergerichtlichen Hinrichtungen.

Die Behörden verstießen systematisch gegen ihre Verpflichtung, bei Menschenrechtsverletzungen durch Polizeikräfte umgehend unparteiische und wirksame Ermittlungen einzuleiten, die Verantwortlichen zu identifizieren und sie vor Gericht zu stellen. In einigen Fällen wurden zwar Strafverfolgungsmaßnahmen ergriffen, meistens konnte im Zuge der Ermittlungen jedoch entweder kein Täter identifiziert werden oder es fanden sich keine Beweise für die Beteiligung von Staatsbediensteten oder man kam zu dem Schluss, es habe sich um keinen Verstoß seitens der Polizeikräfte gehandelt. Nur in Ausnahmefällen wurden Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Polizeibeamte wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit Folter- und Misshandlungsvorwürfen ergriffen. Kein einziger Fall von Verschwindenlassen oder außergerichtlicher Hinrichtung wurde aufgeklärt und kein mutmaßlicher Täter aus den Reihen der Ordnungskräfte vor Gericht gestellt (AI 23.5.2013).

Quellen:

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AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Russian Federation, http://www.ecoi.net/local_link/248036/374230_de.html; Zugriff 9.12.2013

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2013):

Protokoll zum Workshop Russische Föderation/Tschetschenien am 21.-22.10.2013 in Nürnberg

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FoA - Forschungsaufenthalt der Staatendokumentation (12.2011):

Bericht zum Forschungsaufenthalt Russische Föderation - Republik Tschetschenien

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Jamestown Foundation (6.12.2013): Eurasia Daily Monitor Volume 10 Issue 219. Training of Chechen special forces causes controversy in Moscow

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Im gesamten Nordkaukasus gab es 2012 weiterhin regelmäßig Sicherheitseinsätze der Polizeikräfte. Dabei kam es Berichten zufolge häufig zu Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen, rechtswidriger Inhaftierung, Folter und anderen Misshandlungen sowie außergerichtlichen Hinrichtungen (AI 23.5.2013, vgl. auch Asylländerbericht 9.2013).

Im Einklang mit der EMRK sind Folter sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Strafen in Russland gesetzlich verboten. Ein Drittel der beim Ombudsmann für Menschenrechte eingehenden Beschwerden bezieht sich dennoch auf polizeiliche Gewalt bzw. Willkür gegenüber Verdächtigen. Exekutivpersonal greift manchmal auf Misshandlungs- und Folterpraktiken zurück, um Geständnisse zu erzwingen. Der Umstand, dass russische Gerichte ihre Verurteilungen oft nur auf Geständnissen der Beschuldigten aufbauen, scheint in vielen Fällen Grund für Misshandlungen in Untersuchungsgefängnissen zu sein. Foltervorwürfe gegen Exekutivbeamte werden oft nicht untersucht. Besonders oft wird Folter offenbar im Nordkaukasus angewendet (Asylländerbericht 9.2013).

Besonders Anhänger des Salafismus sind anfällig für Verfolgung wie Verschwindenlassen, Folter und außergerichtliche Tötungen (HRW 31.1.2013)

Quellen:

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AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Russian Federation, http://www.ecoi.net/local_link/248036/374230_de.html; Zugriff 11.12.2013

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HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): Human Rights Watch: World Report 2013 - Russia,

http://www.ecoi.net/local_link/237036/359908_de.html; Zugriff 11.12.2013

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ÖB Moskau (9.2013): Asylländerbericht Russische Föderation

7. Korruption

Es herrscht eine hohe Korruption in der tschetschenischen Gesellschaft. Das Kadyrow-Regime will aus der Bevölkerung möglichst viel Geld herauspressen. So sind beispielweise öffentliche Arbeitsplätze regelmäßig nur gegen vorherige Geldzahlungen zu erhalten. Diese erfolgen beispielsweise in den "Ahmad-Kadyrow-Fonds", den Ramsan Kadyrows Mutter leitet. Eine Beamtenstelle bei der Stadt Grosny koste ein Jahresgehalt; eine Stelle als Verkehrspolizist sei am teuersten, da sich in dieser Position viel Geld von Verkehrsteilnehmern erpressen lasse. Um eine an sich kostenfreie medizinische Behandlung zu erhalten, muss grundsätzlich ein Geldbetrag an den Arzt bezahlt werden (BAMF 10.2013, vgl. auch CACI 30.10.2013).

Quellen:

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2013):

Protokoll zum Workshop Russische Föderation/Tschetschenien am 21.-22.10.2013 in Nürnberg

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CACI Analyst - Central Asia-Caucasus Institute (30.10.2013):

Ignoring All the Problems Involved, Kadyrov's Chechnya Bets on Tourism,

http://www.cacianalyst.org/publications/analytical-articles/item/12845-ignoring-all-the-problems-involved-kadyrovs-chechnya-bets-on-tourism.html;

Zugriff 11.12.2013

8. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Die Nichtregierungsorganisation Vesta bietet kostenlose qualifizierte Rechtsberatung in den folgenden Bereichen:

Rechtsberatung bezüglich ziviler und juristischer Angelegenheiten, Vorbereitung von Anträgen und Anfragen, Ausstellung von Urkunden und Petitionen für die Gerichtshilfe, Einlegung von Berufung bei Verwaltungs- und Strafverfolgungsinstitutionen. Die Menschenrechtsorganisation Memorial bietet Rechtshilfe und befasst sich mit Wohnraumproblemen von Rückkehrern und Zwangsumgesiedelten in Grosny (BAMF/IOM 16.5.2012).

Der deutsche eingetragene Verein AMICA betätigt sich unter anderem auch in Tschetschenien. Hierzu gibt es zwei Projektpartner vor Ort namens Zhenskoe Dostoinstvo bzw. Zhenshchiny za razvitie und Sintem in Grosny.

Der Verein AMICA befähigt Frauenorganisationen in Nachkriegs- und Krisenregionen dazu, nachhaltige Strukturen zur Unterstützung von Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, aufzubauen. Dazu gehört:

• psychosoziale Arbeit mit Traumatisierten

• medizinische Versorgung

• Recht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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