TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/4 G307 2190303-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.09.2019
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Entscheidungsdatum

04.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

G307 2190303-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Albanien, gesetzlich vertreten durch die NOAH Sozialbetriebe gem. Gesellschaft mbH, diese vertreten durch die Volkshilfe Flüchtlings- und Migrationsbetreuung Gesellschaft mbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des

angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte II. bis

VIII. des bekämpften Bescheides aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte - gemeinsam mit seiner Mutter, XXXX, geb. XXXX, StA: Albanien - am XXXX.2017 erstmals einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes, welcher letztlich mit Erkenntnis des BVwG GZ.: G314 2190303-1/9E, vom 07.12.2018, negativ entschieden wurde.

2. Am 19.12.2018 stellt der BF den gegenständlichen (neuerlichen) Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

3. Am selben Tag fand die Erstbefragung des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab er zusammengefasst im Wesentlichen an, Probleme mit seiner Familie und in der Schule gehabt zu haben. Er sei von seinen Nachbarn und seinem Vater geschlagen worden und habe Angst um sein Leben.

4. Mit Schriftsatz vom 20.02.2019 nahm der BF durch seinen gesetzlichen Vertreter, Noah Sozialbetriebe gem. GmbH, zum Sachverhalt Stellung.

5. Am 25.02.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Asylverfahren statt.

Der BF brachte zusammengefasst im Wesentlichen vor, nach seiner Rückkehr nach Albanien auf der Straße gelebt zu haben und von seinem Vater sowie dessen Verwandten bedroht worden zu sein. Er habe sich an lokale Polizeiorgane gewandt, welche ihm jedoch nicht geholfen hätten. Diese hätten nur wenige Wochen nach dem Vater des BF gesucht, jedoch letztlich die Suche eingestellt. Sonst habe er sich an keine weiteren herkunftsstaatlichen Behörden oder Einrichtungen gewandt. Letztlich sei er Ende Oktober/ Anfang November 2018 mit einem ihm bis dahin unbekannten Onkel, einem Bruder seiner Mutter, auf deren Anraten hin erneut nach Österreich gereist. Im Herkunftsstaat hielten sich zwar Angehörige des BF auf, jedoch habe er keinen Kontakt zu diesen und könne er keine dahingehende Unterstützung erwarten. Den genauen Aufenthaltsort seiner Mutter kenne er zudem nicht. Das Bestehen sonstiger Probleme im Herkunftsstaat verneinte der BF auf konkretes Befragen.

6. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 05.04.2019, wurde dessen Antrag auf Einräumung internationalen Schutzes hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Rechtssache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Albanien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig sei (Spruchpunkt V.), einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VII.) sowie gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs.2 FPG ein Einreiseverbot im Ausmaß von 3 Jahren erlassen (Spruchpunkt VIII.).

7. Mit per E-Mail am 03.05.2019 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Vertreter (im Folgenden: RV), Volkshilfe Flüchtlings- und Migrantenbetreuung GmbH, Beschwerde gegen den im Spruch angeführten Bescheid.

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, jeweils in eventu die Zuerkennung der Status des Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten, die Feststellung der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung samt Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG, die Einholung eines medizinischen Gutachtens, die Aufhebung des Einreiseverbotes oder die Herabsetzung dessen Befristung, sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

8. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 20.05.2019 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist albanischer Staatsangehöriger und bekennt sich zum Islam. Die Muttersprache des BF ist Albanisch.

1.2. Der erste Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes vom 05.10.2017 wurde mit Erkenntnis des BVwG, Gz.: G314 2190303-1/9E, vom 07.12.2018, rechtskräftig ab- und der BF gleichzeitig aus Österreich ausgewiesen. Die damals gesetzliche Vertreterin des BF, dessen Mutter, brachte begründend vor, Probleme mit ihrem Ex-Mann, dem Vater des BF, zu haben, von dem sie seit 2002 geschieden sei. Dieser habe gegen sie (und den BF) vor und nach der Scheidung Gewalt ausgeübt.

Der BF wurde gemeinsam mit seiner Mutter am XXXX.2018 nach Albanien abgeschoben.

1.3. Der BF reiste erneut ins Bundesgebiet ein, wo er am XXXX.2018 den gegenständlichen (neuerlichen) Asylantrag stellte. Begründend führte der BF aus, nach seiner letzten Rückkehr in den Herkunftsstaat weiterhin von seinem Vater und dessen Angehörigen verfolgt und bedroht worden zu sein. Der BF habe Anzeige erstattet und hätte die Polizei den Vater des BF gesucht, die Suche jedoch nach Wochen aufgegeben. An übergeordnete Stellen, bzw. andere Einrichtungen habe er sich nicht gewandt.

1.4. Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

1.5. Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:

Häusliche Gewalt:

Häusliche Gewalt ist verbreitet. Eine gesetzliche Diskriminierung durch den Staat besteht nicht. Seit 2006 existiert ein Gesetz zum Schutz vor häuslicher Gewalt, in dem verfahrens- und strafrechtliche Konsequenzen definiert werden. Die Regierung hat eine nationale Strategie gegen häusliche Gewalt und für Gleichberechtigung ausgearbeitet und speziell ausgebildete Polizei- und Justizeinheiten aufgestellt. Im Bereich der Ahndung häuslicher Gewalt gibt es immer noch Lücken im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung.

2010 wurde ein Gesetz zum Schutz der Rechte der Kinder verabschiedet, das neue institutionelle Strukturen etabliert. So wurden weitere Kinderschutzzentren gegründet, Informations- und Aufklärungskampagnen organisiert und Gesetzesvorschläge für ein umfassendes Minderjährigenschutzgesetz gemacht. Regierung und NGOs haben diverse, rund um die Uhr geschaltete kostenfreie Notrufnummern für Opfer von Menschenhandel, häuslicher Gewalt sowie Kinder- und Jugendseelsorge eingerichtet.

Quellen:

ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Albanien: Informationen zu Frauenhäusern (Anzahl, Standorte, Betreiber) [a-9447], 28. Jänner 2016 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/local_link/318478/457486_de.html

AHC - Albanian Helsinki Committee: Report on the situation of respect for human rights and freedoms in Albania during 2016, April 2017

http://ahc.org.al/wp-content/uploads/2017/04/Albanian_2016_Human-Rights-Report_AHC_ENG.pdf

AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Albania, 24. Februar 2016 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/local_link/319698/466540_de.html

BVwG - Bundesverwaltungsgericht: Entscheidungstext G311 2107965-1/18E, 19. September 2016

https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20160919_G311_2107965_1_00/BVWGT_20160919_G311_2107965_1_00.html

CEDAW - UN Committee on the Elimination of Discrimination Against Women: Concluding observations on the fourth periodic report of Albania [CEDAW/C/ALB/CO/4], 25. Juli 2016 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1484733174_n1623302.pdf

CoE-GREVIO - Council of Europe - Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence: Report submitted by Albania pursuant to Article 68, paragraph 1 of the Council of Europe Convention on preventing and combating violence against women and domestic violence (Baseline Report), 16. Jänner 2017

https://rm.coe.int/16806dd216

EASO - European Asylum Support Office: Albania Country Focus, November 2016 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/2162_1479371057_easo-coi-albania-country-focus-final-final-201611.pdf

Europäische Kommission: Albania 2016 Report [SWD(2016) 364 final], 9. November 2016 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1480929478_20161109-report-albania.pdf

IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Albania: Domestic violence, including legislation, state protection and support services available to victims (2011-April 2014) [ALB104859.E], 30. April 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

https://www.ecoi.net/local_link/276635/405888_de.html

Landinfo - Norwegian Country of Origin Information Centre: Albania:

Vold mot kvinner , 21. Dezember 2015 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1451486193_alb.pdf

NDR - Norddeutscher Rundfunk: Wenn im sicheren Herkunftsland Gewalt wartet, 25. November 2015

http://www.ndr.de/nachrichten/Wenn-im-sicheren-Herkunftsstaat-Gewalt-wartet,kanun100.html

People's Advocate: Report on the implementation of CEDAW Convention in Albania, 2015

http://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CEDAW/Shared%20Documents/ALB/INT_CEDAW_IFN_ALB_21837_E.pdf

SZ - Süddeutsche Zeitung: Was Menschen vom Balkan zur Flucht treibt, 17. August 2015

http://www.sueddeutsche.de/politik/sichere-herkunftsstaaten-demokratien-mit-fussnote-1.2610249

UD - Utrikesdepartementet: Mänskliga rättigheter, demokrati och rättsstatens principer i Albanien 2015-2016, 26. April 2017

http://lifos.migrationsverket.se/dokument?documentAttachmentId=44598

UNICEF The Netherlands; UNICEF Belgium; UNICEF Sweden: Child Notice Albania, Juli 2015 (veröffentlicht von UNICEF, verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1438754232_unicef-child-notice-albania-201507.pdf

USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2016 - Albania, 3. März 2017 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/local_link/337117/479877_de.html

WAVE - Women Against Violence Europe: Compilation of Country Profiles, Juli 2016

http://fileserver.wave-network.org/researchreports/WAVEReport2015_Compilation_Country_Profiles.pdf

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Wiedereinreise ins Bundesgebiet sowie die gegenständliche Antragstellung ergibt sich aus dem unbestritten gebliebenen Akteninhalt.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, zur Staatsangehörigkeit sowie zur seinerzeitigen Abschiebung des BF und dessen Mutter getroffen wurden, beruhen diese überdies auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen und in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Feststellungen.

Die Feststellungen zur Muttersprache sowie zum Glaubensbekenntnis, folgen den konsistenten Angaben des BF.

Der Erstantrag des BF samt Begründung sowie der negative Ausgang desselben ergeben sich aus dem oben zitierten rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG sowie den sich damit deckenden diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Die aktuellen Fluchtgründe des BF beruhen auf dessen Vorbringen in der Erstbefragung, der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA, der Stellungnahme vom 20.02.2019 sowie den Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde.

Die Feststellung, dass Australien als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 7 Herkunftsstaatenverordnung (HStV).

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die gegenständlich getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den - von der belangten Behörde und dem BF - in das Verfahren eingebrachten und angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Es wurden dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dem BF wurden die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht, und ihm im Anschluss daran die Möglichkeit zur Stellungnahme geboten. Mit der Vorlage überwiegend veralteter Länderberichte vermochte der BF den Länderfeststellungen nicht entgegenzutreten.

Der BF ist den getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr bestätigte der BF durch die Vorlage gleichlautender Länderberichte - welche zudem bereits zur Begründung der Abweisung seines Erstantrages vom BVwG seinerzeit herangezogen worden - die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Schutzwilligkeit und -fähigkeit des Staats Albanien bei Fällen der häuslichen Gewalt.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache):

Gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 (WV) idgF, sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet (VfSlg. 10.240/1984; 19.269/2010). Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Eine "entschiedene Sache" ("res iudicata") iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen (d.h. abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Eine Modifizierung des Vorbringens oder der Sachlage, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (VwGH 22.11.2004, Zl. 2001/10/0035). Bei nach Erlassung des Bescheides hervorgekommenen Umständen, welche die Unrichtigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides dartun, handelt es sich nicht um eine Änderung des Sachverhaltes, sondern sind von der Rechtskraft des Bescheides umfasst und bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 24.09.1992, Zl. 91/06/0113; 24.06.2003, Zl. 2001/11/0317; 06.09.2005, Zl. 2005/03/0065).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564). "Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

Der Verfahrensgegenstand ("Sache") für das Verfahren vor dem BVwG ist somit ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht zurückgewiesen hat (vgl. VfGH 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Das Verwaltungsgericht hat in jenem Falle, dass der Sachentscheidung "res iudicata" entgegenstand oder eine sonstige Prozessvoraussetzung fehlte, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen. Diese Kompetenz zur Sachentscheidung ergibt sich unmittelbar aus der - mit Art. 130 Abs. 4 B-VG übereinstimmenden - Bestimmung des § 28 VwGVG, der bezüglich des Inhalts der vom Verwaltungsgericht zu treffenden Sachentscheidung keine Einschränkungen macht. Inhalt einer solchen Sachentscheidung kann es daher auch sein, dass der verfahrenseinleitende Antrag wegen entschiedener Sache oder wegen Fehlens einer sonstigen Prozessvoraussetzung zurückgewiesen wird (VfGH 18.06.2014, VfSlg. 19.882/2014; 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit der Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz (vor der belangten Behörde) zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Beschwerdeverfahren nicht neu geltend gemacht werden (vgl. VwGH 06.10.1961, VwSlg. 5642 A; 28.11.1968, Zl. 0571/68; 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens siehe VwSlg. 12.799 A). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, die in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A; VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen, von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 24.02.2000, Zl. 99/20/0173; grundlegend VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, mit der Glaubhaftigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" (VwGH 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556) auseinander zu setzen (VwGH 15.03.2006, Zl. 2006/17/0020).

Auf Grund des Umfanges des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ist in der gegenständlichen Rechtssache der Umstand relevant, ob vor der belangten Behörde neue, mit einem glaubwürdigen Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den gegenständlichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Es ist der belangten Behörde beizupflichten, dass das Vorbringen des BF im bereits zweiten Asylverfahren keinen entscheidungsrelevanten Sachverhalt darstellt, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des vorangegangenen Verfahrens neu entstanden wäre bzw. dem letztlich im Vergleich zum vorangegangenen Verfahren Entscheidungsrelevanz zukäme.

Aus den Angaben des BF ergibt sich, dass er auch den nunmehr zweiten Antrag auf internationalen Schutz unmissverständlich unter Bezugnahme auf sein bereits im ersten Asylverfahren vorgetragenes Fluchtvorbringen begründet bzw. dass seine Ausführungen inhaltlich unzweifelhaft mit den im früheren - bereits rechtskräftig als nicht asylrelevant beurteilten - Verfahren gemachten Angaben zusammenhängen und an dieses auch direkt anschließt. Letztlich berief sich der BF erneut auf Übergriffe seines Vaters und die Schutzunfähigkeit bzw. -unwilligkeit des Staates Albanien.

Im Lichte der Länderfeststellungen kann letztlich auch nicht erkannt werden, dass sich die Sicherheitslage im Herkunftsstaat seit der damaligen Rückkehr des BF nach Albanien und der aktuellen Einreise nach Österreich wesentlich geändert hätte. Vielmehr lässt sich diesen nach wie vor entnehmen, dass der albanische Staat häusliche Gewalt ablehnt und bestrebt ist, sie zu verhindern. Aufgrund der bestehenden Gesetze und Einrichtungen zum Schutz vor häuslicher Gewalt und zur Bestrafung der Täter ist die Schutzwilligkeit der albanischen Behörden nicht zu bezweifeln. Auch wenn bei der Umsetzung noch deutlicher Verbesserungsbedarf besteht, ist andererseits von einer ausreichenden Schutzfähigkeit für Personen wie dem BF auszugehen. Zwar ist häusliche Gewalt ein verbreitetes und ernstzunehmendes Problem in Albanien, doch besteht ein im Großen und Grenzen wirksames System zum Schutz der Betroffenen. Häusliche Gewalt ist bei Strafe verboten. Trotz der bestehenden Mängel gibt es keine Hinweise darauf, dass Opfern häuslicher Gewalt systematisch Schutz verweigert würden. So gab der BF selbst an, Anzeige gegen seinen Vater bei den lokalen Polizeibehörden erstattet zu haben, welche darauf hin Wochen lang nach dem Vater des BF gefahndet hätten. Darüber hinaus hätte er keine sonstigen herkunftsstaatlichen oder privaten Einrichtungen kontaktiert. Insofern vermochte der BF ein - von den Länderfeststellungen abweichendes - Versagen herkunftsstaatlicher Institutionen nicht darzutun.

Aus einer Gesamtschau dieser Angaben des BF im Vergleich zu dem vorangegangenen, rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren ergibt sich, dass auch aus dem jetzigen Vorbringen des BF vor der belangten Behörde keine entscheidungsrelevanten neuen Tatsachen im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründet werden, die einen glaubhaften Kern im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung aufweisen würden.

Des Weiteren war zu berücksichtigen, dass der BF in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen nicht substantiiert entgegengetreten ist. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass die belangte Behörde willkürlich gehandelt hätte, sind nicht erkennbar.

Weitere neue Umstände oder Tatsachen, denen über das bisherige Vorbringen hinaus ein für die Begründung einer neuen Sache erforderlicher glaubhafter Kern zukäme, sind vom BF nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht hervorgekommen.

Schließlich liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen vor, die von der belangten Behörde von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären, zumal sich weder die allgemeine Situation im Herkunftsstaat bezogen auf das gesamte Staatsgebiet noch die Rechtslage in der Zwischenzeit entscheidungswesentlich geändert haben.

Auch in der persönlichen Sphäre des BF sind seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Verfahrens keine entscheidungsrelevanten Umstände eingetreten, welche geeignet gewesen wären, einen zulässigen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu begründen, sind doch dem gesamten Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Behandlung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht, weshalb sie den Antrag auf internationalen Schutz im besagten Umfang zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat.

Die Beschwerde gegen den Spruchpunkte I. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung):

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Vor dem Hintergrund der soeben zitierten Bestimmung hatte die gegenständliche Entscheidung in Beschlussform zu ergehen.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur -soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft- anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme der genannten Einschränkungen die im Erk. des VwGH vom 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG). Der VwGH hat nun zusammengefasst in ständiger Rechtsprechung betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des für die Entscheidung jeweils maßgebenden Sachverhaltes durch das Bundesasylamt als Asylbehörde erster und nunmehr auch letzter administrativbehördlicher Instanz durchzuführen ist.

Eine Zurückweisung der Sache gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, ist dies in der gegenständlichen Rechtssache vom Bundesamt jedoch in qualifizierter Weise unterlassen worden.

Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich in wesentlichen Punkten als mangelhaft:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Es ist somit zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer etwa gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 31.07.2014, Ra 2014/18/0058; 21.02.2017, Ro 2016/18/0005).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294). Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; sowie VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 21.02.2017, Ro 2016/18/0005). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung oder Fehlen einer Lebensgrundlage, die die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz - bezogen auf den Einzelfall - deckt) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind.

3.2.2. Den Ausführungen der Beschwerde ist insofern beizutreten, als diese die Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde sowie die unzureichenden Feststelllungen und mangelnden Begründung ihrer Entscheidung im Hinblick auf die Beurteilung der Rückkehrsituation des BF im Lichte des Art 2 und 3 EMRK (subsidiären Schutz) moniert.

Trotz konkreten Vorbringens des BF, den aktuellen Aufenthaltsort seiner Mutter nicht zu kennen, zuletzt auf der Straße gelebt zu haben und auf keine familiäre Hilfestellung im Falle seiner Rückkehr nach Albanien hoffen zu können, unterließ es die belangte Behörde, nähere Ermittlungsschritte hinsichtlich eines möglichen Fortkommens des BF im Albanien zu setzten. So bleibt letztlich die Frage unbeantwortet, ob der minderjährige BF familiären Anschluss in Albanien finden, allein seinen Unterhalt im Herkunftsstaat bestreiten oder über hinreichenden Wohnraum verfügen könnte. Die im Akt einliegenden Länderberichte erweisen sich hiezu als nicht detailliert genug und gehen zudem nicht genügend auf die konkrete Situation des BF ein. Letztlich traf die belangte Behörde auch keine entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Auch hätte die belangte Behörde dem Vorbringen des BF, mit seinem Onkel nach Österreich gekommen zu sein, mehr Beachtung schenken und diesbezüglich nähere Nachforschungen anstrengen müssen. Es erscheint unlogisch und jeglicher Lebenserfahrung widersprechend, dass ein 14jähriger sich ohne seine Mutter oder eine Vertrauensperson zu einem Fremden ins Auto setzt und ohne ein tiefergehendes Gespräch zu führen bzw. ohne Antworten zu erlangen, eine weite und ungewisse Reise antritt. Aus Sicht des erkennenden Gerichts kommt in der gegenständlichen Rechtssache neben der Glaubwürdigkeit des BF, insbesondere den tatsächlichen familiären Gegebenheiten im Herkunftsstaat samt bestehender Kontakte zu Verwandten unter anderem eine wesentliche Bedeutung im Hinblick auf dessen Fortkommen im Herkunftsstaat zu.

Insofern wäre es der belangten Behörde verwehrt gewesen, von einem geklärten Sachverhalt auszugehen. Der von der belangten Behörde erhobene Sachverhalt sowie die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen vermögen eine negative Entscheidung nicht zu stützen.

Mit Blick auf die in Verwaltungsverfahren geltenden Grundsätze, insbesondere jener der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit, (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahren9 (2011), Rz 315ff), wonach die belangte Behörde zur amtswegigen Ermittlung des verfahrensrelevanten Sachverhaltes verpflichtet ist, wäre es der belangten Behörde eingedenk ihrer mangelhaften Ermittlungen und unterlassenen Feststellungen sohin verwehrt gewesen, den gegenständlichen Sachverhalt als im Sinne eines umfassenden Ermittlungsverfahrens hinreichend geklärt anzusehen. Sie hätte hinreichende Ermittlungen zu führen und Feststellungen zu treffen, diese zu begründen und durch Subsumtion des erhobenen Sachverhaltes unter die einschlägigen rechtlichen Normen eine - rechtskonforme - Entscheidung zu treffen sowie diese hinreichend und nachvollziehbar zu begründen gehabt (vgl. VwGH 13.2.1991, 90/03/0112; 17.8.2000, 99/12/0254; 3.9.2002, 2002/09/0055: wonach rechtliche Beurteilungen auf getroffene Feststellungen zu beruhen haben.)

Insofern die belangte Behörde dies jedoch unterlassen hat, erweist sich deren Entscheidung sohin als gravierend mangelhaft.

3.2.3. Aus Sicht des Gerichts verstößt das Vorgehen der belangten Behörde im konkreten Fall somit gegen die in § 37 iVm § 39 Abs. 2 AVG 2005 determinierten Ermittlungspflichten, wonach diese den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen hat.

Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid des BFA und dass diesem zugrunde liegende Verfahren aufgrund der Unterlassung der notwendigen Ermittlungen zu wesentlichen Punkten und hinreichender Begründung somit als mangelhaft zu bewerten. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde weder als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche. Im Gegenteil ist das Verfahren vor dem Bundesamt mit den oben dargestellten Mängeln behaftet. Weit reichende Erhebungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach durch das Bundesverwaltungsgericht zu tätigen. In Anbetracht des Umfanges der noch ausstehenden Ermittlungen würde deren Nachholung durch das erkennende Gericht ein Unterlaufen der vorgesehenen Konzeption des Bundesverwaltungsgerichtes als gerichtliche Rechtsmittelinstanz bedeuten. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

Zusammenfassend ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie die für die Begründung ihrer Entscheidung im Hinblick auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzes erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und dieser damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer negativen behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Demzufolge mangelt es in weiterer Folge auch an den notwendigen Voraussetzungen eine an eine negative Bescheidung eines Antrages auf internationalen Schutz anknüpfende - und zur Voraussetzung habende - Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu treffen sowie eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu beschließen.

3.2.4. Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß der angefochtene Bescheid des BFA im Umfang der Spruchpunkte II. bis einschließlich VIII. gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die gegenständliche Rechtssache an das BFA als zuständige erstinstanzliche Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Das Bundesamt wird in dem neuerlich zu führenden Verfahren die nötigen Ermittlungsschritte, insbesondere im Hinblick auf die tatsächliche Rückkehrsituation des BF unter Beachtung seiner Minderjährigkeit und seinen familiären Bezugspunkten im Herkunftsstaat, zu setzen und den dabei erhobenen Sachverhalt, unter der allfälligen Anstrengung sich ergeben könnender weiterer Ermittlungsschritte, rechtlich zu würdigen und die Rechtssache einer rechtskonformen Lösung zuzuführen haben.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

3.3.1. Im Umfang des Spruchpunktes I.:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG - trotz eines entsprechenden Antrages in der Beschwerde - eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.3.2. Im Umfang des Spruchpunktes II.:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Asylrelevanz, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2190303.2.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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