Entscheidungsdatum
05.09.2019Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W220 2127986-1/4E
W220 2127988-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX und 2) XXXX , geb. XXXX , beide Staatsangehörigkeit Afghanistan, beide vertreten durch XXXX , Rechtsanwältin in XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) 25.04.2016, Zl. 1054389804-150299971 und 2) 25.04.2016, Zl. 1054389205-150299912, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerden werden die angefochtenen Bescheide behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführer, beide Staatsangehörige Afghanistans, stellten am 23.03.2015 nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Am 24.03.2015 fand die Erstbefragung des Erstbeschwerdeführers und des Zweitbeschwerdeführers vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.
1.3. Am 13.10.2015 fand jeweils eine niederschriftliche Befragung des Erstbeschwerdeführers und des Zweitbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.
1.4. Mit den im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status der/des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status der/des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gem. § 57 und 55 AsylG jeweils nicht erteilt und jeweils gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde jeweils festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
1.5. Gegen die an die Beschwerdeführer am 27.04.2016 zugestellten Bescheide wurde jeweils fristgerecht Beschwerde erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die belangte Behörde hat keine Ermittlungen zur Praxis von Blutrache in Afghanistan angestellt. Zum konkreten Hintergrund des Vorbringens beider Beschwerdeführer, insbesondere im Zusammenhang mit einer möglichen Bedrohung durch einen namentlich genannten Kommandanten, hat die belangte Behörde unter diesen Gesichtspunkten nichts ermittelt.
1.2. Die belangte Behörde hat in den angefochtenen Bescheiden keine Länderfeststellungen zur Provinz Balkh getroffen, die Beschwerdeführer jedoch auf eine Rückkehr in diese Herkunftsprovinz verwiesen. Aus welchem Grund das Bundesamt daher zu der Feststellung gelangt "die Heimatregion Balkh gelte als die sicherste Provinz Nordafghanistans", lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen.
1.3. Die belangte Behörde ermittelte die konkrete Rückkehrsituation in der Stadt Kabul für die Beschwerdeführer nur ansatzweise. Die belangte Behörde unterließ Ermittlungen zu der Frage, ob den Beschwerdeführern bei einer Rückkehr nach Afghanistan, insbesondere in ihrer Herkunftsprovinz Balkh, aber auch in Kabul, eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK garantierten Rechte droht und ob ihnen ein Verweis auf diese innerstaatliche Fluchtalternative zumutbar ist.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Dass die belangte Behörde zur Situation und Praxis von Blutrache in Afghanistan keinerlei konkrete Ermittlungen getätigt hat, ergibt sich daraus, dass solche weder den Beschwerdeführern zum Parteiengehör gebracht wurden noch sonst aktenkundig sind. Die belangte Behörde hat insbesondere keine allgemeinen Länderberichte zu dieser Situation eruiert. Damit hat sie auch die Plausibilität der Angaben der Beschwerdeführer nicht vor dem Hintergrund von diesbezüglicher Länderinformation, insbesondere in Zusammenhang mit der Nennung des Namens eines konkreten Kommandanten, ermittelt.
2.2. Die belangte Behörde hat die Beschwerdeführer primär auf eine Rückkehr in ihre Herkunftsprovinz Balkh verwiesen und diese als "sicherste Provinz Nordafghanistans" bezeichnet, im angefochtenen Bescheid jedoch keinerlei Feststellungen zu dieser Provinz getroffen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen befinden sich dafür Länderfeststellungen zur Provinz Nangarhar im angefochtenen Bescheid. Des weiteren hat das Bundesamt die im angefochtenen Bescheid aufgenommenen übrigen Länderfeststellungen den Beschwerdeführern zuvor nicht zur Kenntnis gebracht und damit den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt.
2.3. Der Verweis auf eine Landesregion (hier: Kabul) als innerstaatliche Fluchtalternative erfordert insbesondere eine konkrete Auseinandersetzung damit, welche Rückkehrsituation die Beschwerdeführer in Kabul tatsächlich vorfinden, insbesondere unter Berücksichtigung der dort herrschenden Sicherheitslage, Versorgungslage und Bewegungsfreiheit. Die belangte Behörde hat die Ermittlung dieser konkreten Rückkehrsituation, insbesondere auf Basis aktueller Berichte, nur ansatzweise - nämlich in Bezug auf die dortige Sicherheitslage - vorgenommen, sodass dies entsprechend festzustellen war.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
3.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.-der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.-die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Abs. 3 leg.cit normiert, dass, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
3.2.1. § 28 Abs 2 VwGVG legt in Z 1 und Z 2 drei jener insgesamt vier Alternativen fest, bei deren Zutreffen das VwG dazu verpflichtet ist, in der Sache selbst zu entscheiden; die vierte Kategorie einer derartigen Rechtspflicht findet sich in § 28 Abs 3 erster Satz VwGVG, während dem gegenüber § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG (e contrario) die Erledigung der Rechtssache in Form einer meritorischen Entscheidung in das Ermessen des VwG stellt.
Nach § 28 Abs 2 Z 1 VwGVG haben die VwG auch in Administrativbeschwerdeverfahren zwingend dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht, wobei die Frage, ob diese Voraussetzung im konkreten Fall erfüllt ist, naturgemäß vom VwG jeweils aus eigenem (unter der nachprüfenden Kontrolle der Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechts) beurteilt und entschieden werden muss. Dem aus der Formulierung der Z 1 naheliegenden Umkehrschluss zufolge ergäbe sich, dass bereits dann, wenn der entscheidungswesentliche Sachverhalt seitens der Behörde nicht ausreichend ermittelt wurde, für das VwG auch die in dieser Bestimmung normierte unbedingte Verpflichtung entfällt. Allerdings wird diese systematisch als stringent intendierte Konsequenz in der Praxis maßgeblich dadurch relativiert, dass in den Fällen derartiger behördlicher Unzulänglichkeiten häufig die gemäß § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG bzw gemäß § 28 Abs 3 erster Satz VwGVG normierte subsidiäre Rechtspflicht des VwG zur meritorischen Erledigung zum Tragen kommen wird.
Denn § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG ordnet an, dass die VwG auch dann in der Sache selbst zu entscheiden haben, wenn der entscheidungswesentliche Sachverhalt zwar von der Behörde nicht hinreichend ermittelt wurde, dessen - ergänzende bzw vollumfängliche - Feststellung durch das VwG selbst jedoch im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung entfällt daher für das VwG - die Regelungen der Z 1 und Z 2 gesamthaft besehen - die Verpflichtung zur meritorischen Erledigung nur dann, wenn keine der drei dort genannten Alternativen - nämlich: 1.) Feststehen des maßgebenden Sachverhalts, 2.) Feststellung des mangelhaften Sachverhalts durch das VwG im Interesse der Raschheit gelegen oder 3.) erhebliche Kostenersparnis dadurch, dass das VwG den mangelhaften Sachverhalt selbst ergänzt - zutrifft (Grof in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 28, Rz 15 (Stand 31.3.2018, rdb.at)).
Unter dem in § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG zum Ausdruck kommenden Ziel der effizienten Verfahrensführung (wobei insoweit auf die Gesamtdauer bis zur meritorischen Erledigung abzustellen ist, sodass die mit der gerichtlichen Kassation einer behördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines weiteren Rechtszuges gegen die neue Behördenentscheidung an das VwG idR insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung führt; vgl VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0027) sind zwei alternative Konstellationen zusammengefasst, bei deren Vorliegen die Sachverhaltsfeststellung durch das VwG selbst zu erfolgen hat - mit der Konsequenz, dass die Beschwerde in der Folge jeweils zwingend in der Sache selbst zu erledigen ist (bzw umgekehrt: eine meritorische Erledigung nur dann unterbleiben kann, wenn beide Alternativen erfüllt sind), nämlich
-
entweder dann, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts unmittelbar durch das VwG "im Interesse der Raschheit gelegen" ist
[...]
-
oder dann, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das VwG selbst "mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" ist [...]
(Grof in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 28, Rz 17 (Stand 31.3.2018, rdb.at)).
3.2.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, steht im gegenständlichen Fall der Sachverhalt nicht fest, vielmehr unterblieb in wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten die Sachverhaltsermittlung durch die belangte Behörde.
Aufgrund des aktuell gegebenen notorischen Überhangs von Beschwerdeverfahren am Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zu den bei der belangten Behörde anhängigen Verfahren und des ebenso notorisch weit höheren Personalstandes bei der belangten Behörde im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst keinesfalls im Interesse der Raschheit gelegen. So zeigt die aktuelle Asylstatistik des Bundesministeriums für Inneres (März 2019), dass per 31.03.2019 knapp 30 000 Verfahren "Internationaler Schutz" gerichtsanhängig waren, hingegen eine weit geringere Anzahl von unter 5 000 Verfahren beim BFA anhängig bzw. in offener Rechtsmittelfrist waren (vgl. https://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/files/2019/Asylstatistik_Maerz2019.pdf S. 38). Gleichzeitig hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer vor dem BFA deutlich verkürzt und liegt nach Auskunft des Bundesministeriums für Inneres aktuell bei Antragsstellung ab dem 01.06.2018 bereits unter drei Monaten (vgl. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190124_OTS0192/bmi-innenminister-praesentiert-bilanz-2018-des-bundesamts-fuer-fremdenwesen-und-asyl, auch
http://www.bfa.gv.at/presse/news/detail.aspx?nwid=72735962325769334A57773D). Daher ergibt sich auf Basis der mehreren zehntausend beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahren und der damit einhergehenden Belastung der einzelnen Gerichtsabteilungen, die eine längere Verfahrensdauer zur Folge hat, dass prognostisch die gegenständlichen Verfahren insgesamt jedenfalls schneller erledigt erscheinen, wenn die belangte Behörde selbst die notwendigen Sachverhaltsermittlungen vornimmt. Dies selbst dann, wenn danach wiederum ein Beschwerdeverfahren anhängig werden sollte, da das Bundesverwaltungsgericht, wenn die belangte Behörde den erheblichen Sachverhalt festgestellt hat, nicht wiederum zeitaufwändige Sachverhaltsermittlungen anstellen muss und das gesamte Verfahren dadurch effizienter geführt werden kann.
Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine Verfahrensführung und Sachverhaltsermittlung durch das Bundesverwaltungsgericht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, da hier (allerdings im kontradiktorischen Verfahren) im Wesentlichen die gleichen Ermittlungsschritte zu setzen sind wie durch die belangte Behörde.
Diese Voraussetzung einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in der Sache selbst gem. § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG ist daher nicht gegeben, da weder der maßgebliche Sachverhalt feststeht noch die eigene Sachverhaltsermittlung in dieser gegenwärtigen Situation eine insgesamt raschere Verfahrenserledigung erlaubt.
3.3. Darüber hinaus kommt im gegenständlichen Fall auch die Anordnung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu tragen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhalts durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist. Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründungen hinwegsetzen (vgl. VwGH 10.04.2013, 2011/08/0169).
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, etwa in seinem Erkenntnis vom 7.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhalts (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).
Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG (vgl. zum Ganzen zuletzt VwGH "11.01.2018" [Anm.: richtig: 11.01.2019] Ra 2018/18/0363 mit Verweis auf VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0115, mwN).
3.4. Die gegenständliche Behebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde steht nach Ansicht des erkennenden Gerichts mit diesen höchstgerichtlichen Leitlinien im Einklang:
Wie oben in den Feststellungen und der Beweiswürdigung aufgezeigt, hat die belangte Behörde auf sämtlichen Ebenen unzureichend ermittelt.
Zusammenschauend verdichten sich die auf sämtlichen Ebenen bestehenden gravierenden Ermittlungsmängel derart, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht nur ergänzende Ermittlungen vorzunehmen hätte, sondern den maßgeblichen Sachverhalt in seinen wesentlichen Fragestellungen überhaupt erst ermitteln müsste.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, ist, wie bereits unter Punkt 3.2. dargestellt, nicht gegeben.
Ausgehend von diesen Überlegungen waren im vorliegenden Fall die angefochtenen Bescheide gem. § 28 Abs. 3 VwGVG zu beheben und zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25 Absatz 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Der gegenständliche Beschluss stützt sich maßgeblich auf die sich aus den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu VwGH "11.01.2018" [Anm.: richtig:
11.01.2019] Ra 2018/18/0363; VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0115 (Möglichkeit der Zurückverweisung bei krassen/besonders gravierenden Ermittlungsmängeln); VwGH 10.04.2013, 2011/08/0169 und VfGH VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001 (Ermittlungspflichten der Behörde) ergebenden höchstgerichtlichen Leitlinien. Darüber hinaus hat sie die aktuelle und außerordentliche Situation vor Augen, dass aktuell die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst keinesfalls im Interesse der Raschheit gelegen ist.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar teilweise zur früheren Rechtslage ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W220.2127988.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.10.2019