Entscheidungsdatum
06.09.2019Norm
ASVG §113 Abs1Spruch
L510 2130825-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Karré Rechtsanwalts GmbH, gegen den Bescheid der XXXX
Gebietskrankenkasse, vom 12.04.2016, Kto.Nr.: XXXX , Zl XXXX , mit welchem der Beschwerdeführer zur Entrichtung eines Beitragszuschlages in Höhe von EUR 2.300,00 verpflichtet wurde, nach
Beschwerdevorentscheidung vom 06.07.2016, Zl XXXX , beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid vom 06.07.2016 im Ausmaß der Verpflichtung zur Entrichtung eines Beitragszuschlages in Höhe von EUR 2.300,00 behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) an die XXXX Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Gegenstand dieses Verfahrens bildet die Beschwerde gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse (GKK), vom 12.04.2016, Kto.Nr.: XXXX , Zl XXXX , mit welchem ausgesprochen wurde, dass der Beschwerdeführer EUR 2.300,00 umgehend an die GKK zu entrichten habe aufgrund der Meldepflichtverletzung hinsichtlich dreier Dienstnehmer, XXXX , XXXX und XXXX , welche am 27.02.2016 von der Finanzpolizei beim Bauvorhaben des Beschwerdeführers arbeitend betreten worden seien.
Mit Bescheid zur Zahl XXXX , ebenso vom 12.04.2016 verpflichtete die GKK, den Beschwerdeführer zur Zahlung von EUR 1.300,00 aufgrund der Meldepflichtverletzung hinsichtlich eines Dienstnehmers, XXXX , welcher am 21.01.2016 arbeitend von der Finanzpolizei beim Bauvorhaben des Beschwerdeführers betreten worden sei.
Diese beiden Bescheide wurden vom Beschwerdeführer jeweils in Beschwerde gezogen, woraufhin die Verfahren von der GKK zu einer gemeinsamen Beschwerdevorentscheidung verbunden wurden (Beschwerdevorentscheidung vom 06.07.2016, Zl XXXX ).
Aufgrund des Vorlageantrages des Beschwerdeführers werden vom Bundesverwaltungsgericht nun wieder zwei Verfahren geführt. Der gegenständliche Beschluss betrifft den Bescheid vom 12.04.2016, Zl XXXX .
Das Verfahren betreffend den Bescheid vom 12.04.2016, Zl XXXX wird unter der hg Zl L510 2130825-2 geführt.
1. Mit Bescheid vom 12.04.2016, Kto.Nr.: XXXX , Zl XXXX , zugestellt am 15.04.2016, sprach die GKK aus, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG verpflichtet sei, aufgrund der Meldepflichtverletzung gemäß § 113 Abs 2 iVm § 113 Abs 1 Z 1 ASVG einen Beitragszuschlag in der gemäß § 113 Abs 2 ASVG gesetzlich festgelegten Höhe von EUR 2.300,00 umgehend an die GKK zu entrichten habe. Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 30, 33, 35 Abs 1, 111 Abs 1, 111a sowie 113 ASVG ausgesprochen.
Begründend führte die GKK aus, dass anlässlich einer Kontrolle am 27.02.2016 um 12:50 Uhr beim Bauvorhaben des Beschwerdeführers durch Prüforgane der Abgabenbehörden des Bundes (Finanzpolizei) festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der Beschäftigung des XXXX , VSNR XXXX , (Herr S), des XXXX , VSNR XXXX , (Herr B) und der XXXX , VSNR XXXX , (Frau D), gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht iSd § 33 Abs 1 ASVG verstoßen habe. Diese Dienstnehmer seien arbeitend für den Betrieb des Dienstgebers angetroffen worden.
Im Akt befindet sich diesbezüglich eine Anzeige der Finanzpolizei vom 04.04.2016, wonach Herr S, Herr B und Frau D am 27.02.2016 um 12:50 Uhr beim Bauvorhaben des Beschwerdeführers arbeitend angetroffen worden seien. Herr S habe dabei angegeben, er habe nur sein Werkzeug aus der Garage abholen wollen, Herr B habe angegeben, er habe lediglich Matratzen und Lattenroste für die Betten von einem Geschäft zum Haus gebracht und Frau D habe angegeben, die Küche zu putzen, da sie eine Freundin des Beschwerdeführers sei.
2. Gegen den Bescheid der GKK vom 12.04.2016 erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.05.2016 fristgerecht Beschwerde. Ausgeführt wurde im Wesentlichen, dass der Beschwerdeführer selbst am Tag der Kontrolle auf der Baustelle anwesend gewesen sei, zum Kontrollzeitpunkt sei er jedoch kurz ortsabwesend gewesen um Einkäufe zu erledigen. Herr S sei im Haus erschienen um sein im Jänner dort hinterlassenes Werkzeug abzuholen. Damals habe er im Haus Fliesen verlegt. Zum Zeitpunkt der Kontrolle seien auch Mitarbeiter der Firma XXXX (Firma G) gerade mit Arbeiten beschäftigt gewesen. Diese würden bezeugen können, dass Herr S an diesem Tag keinerlei Arbeiten auf der Baustelle verrichtet habe, die Finanzpolizei habe diesbezüglich keine Nachforschungen betrieben. Auch Herr B und Frau D würden bezeugen können, dass Herr S nicht gearbeitet habe. Jene Arbeiten, die Herrn S von der Finanzpolizei zugeschrieben worden seien, habe der Beschwerdeführer selbst und zum Teil auch Mitarbeiter der Firma G erledigt. Herr S habe jedenfalls nicht gearbeitet, das Tragen von verschmutzter Kleidung reiche nicht aus, um von einer Bautätigkeit ausgehen zu können.
Bei Herrn B handle es sich um einen Freund des Beschwerdeführers, welcher aus Gefälligkeit zwei Matratzen und einen Lattenrost von einem Möbelhaus abgeholt und ins Haus des Beschwerdeführers gebracht habe. Es habe sich dabei um einen Freundschaftsdienst ohne jegliche Gegenleistung und ohne Bezahlung gehandelt.
Frau D sei seit mehr als 20 Jahren eine enge Freunden des Beschwerdeführers. Es sei selbstverständlich, dass eine enge Freundin auch bei Putzarbeiten unter die Arme greife. Außerdem wasche und bügle Frau D die Wäsche des Beschwerdeführers.
Zum Zeitpunkt der Kontrolle würden Herr B und Frau D darüber hinaus auf der Terrasse Kaffee getrunken und sich unterhalten haben, sie seien nicht arbeitend betreten worden.
Der im Bescheid enthaltene pauschale Verweis auf den Strafantrag der Finanzpolizei sei darüber hinaus unzulässig und die GKK habe keine Ausführung hinsichtlich eines allfälligen Dienstverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und den Betretenen getätigt. Der Beschwerdeführer sei dazu vor Erlassung des Bescheides nicht in das Verfahren eingebunden worden, er habe keine Möglichkeit der Rechtfertigung gehabt und sei von der Entscheidung überrascht worden.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.07.2016, Zl XXXX , zugestellt am 07.07.2016, wies die GKK die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 12.04.2016 ab. Zugleich wurde mit dieser Beschwerdevorentscheidung eine Beschwerde gegen den Bescheid der GKK zur Zl XXXX , mit welchem dem Beschwerdeführer ein Beitragszuschlag in Höhe von EUR 1.300,00 vorgeschrieben wurde, abgewiesen.
Begründend wurde, soweit für das gegenständliche Verfahren relevant, im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behauptung, Herr S habe am 27.02.2016 keine Tätigkeiten für den Beschwerdeführer verrichtet nach dem Gesamtbild als unwahr und unter dem Aspekt der wiederholten Betretung als bloße Schutzbehauptung anzusehen sei. Es stehe im gänzlichen Widerspruch zu den von der Finanzpolizei vor Ort festgestellten Wahrnehmungen, dass der Beschwerdeführer selbst die Herrn S zugeschriebenen Arbeiten erledigt habe, da der Beschwerdeführer weder am 21.01.2016, noch am 27.02.2016 (noch am 09.10.2015) auf der Baustelle anwesend gewesen sei und darüber hinaus angesehener Geschäftsmann und Geschäftsführer mehrerer Unternehmen sei.
Herr B sei bereits am 09.10.2015 von Organen der Wirtschaftskammer betreten worden und habe der Beschwerdeführer dazu befragt angegeben, dass Herr B mindestens zwei Tage auf der Baustelle tätig gewesen sei. Ursprünglich habe der Beschwerdeführer Herrn B als Hausmeister in einer seiner Unternehmen anstellen wollen, habe aber keine Beschäftigungsbewilligung für ihn erhalten.
Die zwischen dem Beschwerdeführer und Frau D vorgebrachte spezifische Bindung würde ein Dienstverhältnis nicht ausschließen können. Das Reinigen der Küche resultiere weder aus einer ehelichen Beistandspflicht noch bestehe eine Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und Frau D, welche dazu führen könne, dass keine Pflichtversicherung begründet werde. Das Wäschewaschen und -bügeln führe sodann dazu, dass die Kurzfristigkeit, die bei Freundschaftsdiensten im Sinne der Judikatur gefordert werde, nicht erfüllt sei.
Der Einwand der Verletzung des Parteiengehörs hinsichtlich der Betretung vom 27.02.2016 sei rechtens, durch die unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Beschwerdeführers vom 09.05.2016 erlassene Beschwerdevorentscheidung, werde der ursprüngliche Verfahrensmangel jedoch saniert.
4. Mit Schreiben vom 19.07.2016 beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht.
Ergänzend zur Beschwerde wurde dabei ausgeführt, dass wesentliche Beweismittel rechtswidrig durch "Vollzugsorgane" der Wirtschaftskammer erhoben worden seien und diese somit dem Beweismittelverwertungsverbot unterliegen würden. Zudem sei der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1999 mit etwa zehn Unternehmen selbständig und habe unzählige Mitarbeiter angemeldet beschäftigt. Schwarzarbeit sei nie ein Thema gewesen. Begründend wurde, soweit für das gegenständliche Verfahren relevant, im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtsansicht der GKK, wonach die Verletzung des Parteiengehörs durch die Erlassung der Beschwerdeführer als saniert angesehen werden könne, nicht zutreffend sein. Eine bloße Anwesenheit auf einer Baustelle lasse auch nicht auf eine Dienstnehmereigenschaft schließen.
5. Mit Schreiben vom 25.07.2016 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Akt vorgelegt (OZ 1).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen
Die GKK hat den Beschwerdeführer vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides, welcher auf einer am 27.02.2016 durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei basiert, nicht einvernommen und sie hat auch sonst keinerlei Ermittlungsschritte diese Kontrolle betreffend vorgenommen.
Dem Strafantrag der Finanzpolizei vom 04.04.2016 ist betreffend Herrn S - lediglich - zu entnehmen, dass Herr S "mit schmutziger Arbeitskleidung vom Obergeschoß [des Bauvorhabens des Beschwerdeführers] die Treppe herunterkam" sowie dass eine Silikonfuge beim Waschbecken frisch aufgetragen gewesen sei und "alles" darauf hingewiesen habe, dass die Fuge durch Herrn S hergestellt worden sei und dass Herr S weiteres Installationsmaterial in seinem Auto gehabt habe. Die GKK hat nicht ermittelt, ob tatsächlich Herr S die Silikonfuge aufgetragen hat oder ob diese Arbeit dem Beschwerdeführer selbst bzw Mitarbeitern der zu diesem Zeitpunkt auf der Baustelle anwesenden Firma G zuzuschreiben ist. Die Finanzpolizei beobachtete ausschließlich, dass Herr S die Treppe hinabging, ob Herr S auf der Baustelle Arbeiten tatsächlich verrichtete, wurde von der GKK nicht ermittelt.
Dem Strafantrag ist hinsichtlich Herrn B lediglich zu entnehmen, dass er zu Beginn der Kontrolle in schmutziger Arbeitskleidung aus dem Obergeschoß gekommen sei. Dem Strafantrag sind keine weiteren von Herrn B am 27.02.2016 auf der Baustelle des Beschwerdeführers verrichteten Tätigkeiten zu entnehmen; nichtsdestotrotz sind als ausgeübte Tätigkeiten in einer Tabelle des Strafantrages "diverse Bauarbeiten und Anlieferung von Matratzen und Lattenroste" angeführt. Der Beschwerdeführer hat vor der Finanzpolizei im Rahmen der Aufnahme einer Niederschrift am 15.02.2016 vorgebracht, dass Herr B ein Freund von ihm sei; auch dazu unterließ es die GKK, den Beschwerdeführer konkret und im Zusammenhang mit der Betretung vom 27.02.2016 zu befragen.
Dass Frau D auf der Baustelle des Beschwerdeführers war, um die Küche zu putzen, ist unstrittig. Der Beschwerdeführer wurde aber insbesondere nicht zu den persönlichen Verhältnissen zwischen ihm und Frau D, welche bereits im Rahmen der Betretung eine Freundschaft zum Beschwerdeführer vorbrachte, befragt.
Herr B und Frau D wurden ebenso nicht von der belangten Behörde zu den Beziehungen die sie mit dem Beschwerdeführer vorbrachten, befragt.
Der maßgebliche Sachverhalt wurde somit hinsichtlich der Betretung vom 27.02.2016 von der GKK nicht ermittelt.
Von der GKK wurde die nicht durchgeführte Einvernahme des Beschwerdeführers zwar anerkannt, jedoch hat die GKK diesen Mangel in der Folge nicht behoben und so letztlich das Ermittlungsverfahren in wesentlichen Punkten gänzlich unterlassen und an das Bundesverwaltungsgericht delegiert.
Festzustellen ist, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf die oben angeführten 3 Personen jedenfalls nicht in unsubstantiierter Weise Einwendungen gegen die Feststellung der GKK vorgebracht hat, dass diese beim Bauvorhaben des Beschwerdeführers arbeitend angetroffen worden seien und schon alleine daraus auf ein Dienstverhältnis zu schließen sei.
Vielmehr ist gegenständlich ein jeweiliges Dienstverhältnis als Vorfrage in einem ordentlichen Verfahren zu klären.
Dahingehend wurde jedoch durch die GKK bisher nicht ermittelt.
Es liegen gegenständlich keine entsprechenden Versicherungspflichtbescheide seitens der GKK vor, welche jedoch gegenständlich erforderlich sind um in weiterer Folge etwaige Beitragszuschläge vorschreiben zu können.
Dies ist von der GKK in eigenen Verfahren nachzuholen.
Es ist nicht vorgesehen, dass Versicherungspflichtverfahren erstmals durch das BVwG geführt werden, da es Aufgabe des BVwG ist, solche Verfahren in einem etwaigen Beschwerdeverfahren zu beurteilen.
2. Beweiswürdigung
Der getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 414 Abs 2 ASVG iVm § 410 Abs 1 ASVG Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die GKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
Die GKK hat gegenständlich eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG erlassen und der Beschwerdeführer hat fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG gestellt, mit dem die (gegen den ersten Bescheid gerichtete) Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist daher die an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung, wobei der Ausgangsbescheid Maßstab dafür bleibt, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht, da sich diese gegen den Ausgangsbescheid richtet und ihre Begründung auf diesen beziehen muss (VwGH 20.05.2015, Ra 2015/09/0025; 17.12.2015, Ro2015/08/0026).
Die Beschwerde und der Vorlageantrag sind rechtzeitig und auch sonst zulässig.
Zu A) Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2). Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Entsprechend der Judikatur des VwGH zu § 28 VwGVG verlangt es das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 17.03.2016, Ra 2015/11/0127; 29.04.2015, Ra 2015/20/0038; 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 RS29).
Die GKK ist von sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten von Herrn S, Herrn B und Frau D auf der Baustelle des Beschwerdeführers ausgegangen, wobei bloß ansatzweise Ermittlungen hinsichtlich der tatsächlichen Tätigkeiten von Herrn S und Herrn B bzw hinsichtlich der persönlichen Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn B bzw Frau D aufgrund des Strafantrages der Finanzpolizei vorliegen. Weder der Beschwerdeführer, noch Herr S, Herr B oder Frau D wurden zur gegenständlichen Betretung vom 27.02.2016 jemals von der belangten Behörde einvernommen. Dass persönliche Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn B bzw Frau D vorliegen, war der belangten Behörde durch die Angaben des Beschwerdeführers vom 15.02.2016 bzw der Angaben von Frau D im Rahmen der Betretung bekannt. Beweisaufnahmen hinsichtlich der Beziehungen wurden von der GKK nicht vorgenommen.
Hinsichtlich Herrn S wird festgehalten, dass ein bloßes Heruntergehen einer Treppe nicht ohne Weiteres bedeutet, dass auch er es war, der die besagte Silikonfuge gezogen hat, insbesondere, da Mitarbeiter einer anderen Firma zeitgleich bei der Baustelle anwesend waren. Installationsmaterial im Auto sowie schmutzige Arbeitskleidung widerlegen die Verantwortung des Herrn S, er habe lediglich sein Werkzeug abholen wollen, nicht. Jene Begründung der GKK, dass es nicht möglich sei, dass der Beschwerdeführer selbst die Silikonfuge aufgetragen habe, da er ein angesehener Geschäftsmann sei, ist ebenso nicht nachvollziehbar und hat die belangte Behörde durch Ermittlungen auch nicht widerlegt, dass der Beschwerdeführer lediglich kurz nicht auf der Baustelle war, um Einkäufe zu erledigen.
Hinsichtlich Herrn B ist darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich des ausschließlichen Abholens von Matratzen und Lattenrost(en) von einem Möbelhaus und Verbringens dieser Gegenstände ins Haus des Beschwerdeführers, so nicht andere Umstände im weiterzuführenden Verfahren hervorkommen, nicht automatisch unplausibel sein muss, dass es sich hierbei um einen Freundschaftsdienst handeln könnte.
Bezüglich der eventuell als Freundschaftsdienst zu qualifizierenden Tätigkeit von Frau D (Reinigen der Küche) liegen aufgrund des Unterlassens jeglicher Ermittlungsschritte keine Ermittlungsergebnisse vor, die eine Beurteilung dieser Frage ansatzweise erlauben würden.
Das BVwG hätte hier nicht bloß Ergänzungen zu den Tätigkeiten und den Beziehungen der beteiligten Personen vorzunehmen, sondern wäre vielmehr die erste Instanz, welche diese Aufgabe vollinhaltlich vornimmt und kann erst nach Feststellung des Sachverhaltes samt Beweiswürdigung eine Beurteilung der Rechtsfragen stattfinden. Das ho. Gericht hätte iSd Urteils des EuGH vom 14.6.2017, C-685/15, somit in einem wesentlichen Teil des Ermittlungsverfahrens "an die Stelle" der zuständigen belangten Behörde zu treten, der es eigentlich obliegt, dem Gericht die Beweise iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts vorzulegen.
Es liegt nicht auf der Hand, dass die Ermittlungen und Entscheidung in der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht rascher durchgeführt werden könnten oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wären.
Die GKK wird daher im fortzusetzenden Verfahren zunächst zu ermitteln und festzustellen haben, welche Tätigkeiten Herr S und Herr B am 27.02.2016 beim Bauvorhaben des Beschwerdeführers durchgeführt haben und ob diese eine Sozialversicherungspflicht auslösen können. Bezüglich der Tätigkeit des Herrn B und Frau B wird insbesondere auch zu klären sein, ob es sich bei deren Tätigkeiten um Gefälligkeits- bzw. Freundschaftsdienste handelte.
Abschließend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf die oben angeführten 3 Personen jedenfalls nicht in unsubstantiierter Weise Einwendungen gegen die Feststellung der GKK vorgebracht hat, dass diese beim Bauvorhaben des Beschwerdeführers arbeitend angetroffen worden seien und schon alleine daraus auf ein Dienstverhältnis zu schließen sei.
Vielmehr ist gegenständlich ein jeweiliges Dienstverhältnis als Vorfrage in einem ordentlichen Verfahren zu klären.
Dahingehend wurde jedoch durch die GKK bisher nicht ermittelt.
Es liegen gegenständlich keine entsprechenden Versicherungspflichtbescheide seitens der GKK vor, welche jedoch gegenständlich erforderlich sind um in weiterer Folge etwaige Beitragszuschläge vorschreiben zu können.
Dies ist von der GKK in eigenen Verfahren nachzuholen.
Es ist nicht vorgesehen, dass Versicherungspflichtverfahren erstmals durch das BVwG geführt werden, da es Aufgabe des BVwG ist, solche Verfahren erst in einem etwaigen Beschwerdeverfahren zu beurteilen.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die getroffene Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragszuschlag, Ermittlungspflicht, Gefälligkeitsdienst,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L510.2130825.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.10.2019