TE Vfgh Erkenntnis 1996/10/10 B2246/93

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Veröffentlicht am 10.10.1996
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
BG BGBl 702/1991 betr Zahlungen der Krankenversicherungsträger an KRAZAF ArtIV Abs2
ASVG-Nov 45, ArtVIII §4 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Abweisung eines Antrags auf Rückerstattung von Jahresausgleichszahlungen einer Krankenkasse durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger; keine Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schreiben vom 17. März 1993 stellte die Beschwerdeführerin - die Vorarlberger Gebietskrankenkasse - an den Bundesminister für Arbeit und Soziales den Antrag, dieser wolle

"1. den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger verpflichten, der Vorarlberger Gebietskrankenkasse für das Jahr 1990 S 1,673.180,44 an Jahresausgleichszahlung für dieses Geschäftsjahr zu erstatten - allenfalls durch Nachdotierung der entsprechenden Rücklage und

2. feststellen, daß eine Zahlungspflicht der Vorarlberger Gebietskrankenkasse im Zusammenhang mit der Jahresausgleichszahlung für das Jahr 1991 (ArtIV Abs2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 702/1991) nicht besteht und daß die bereits geleistete Zahlung von S 15,286.271,-- daher vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger der Kasse zurückzuzahlen ist".

Diesem Antrag wurde vom Bundesminister für Arbeit und Soziales mit Bescheid vom 22. November 1993 mit näherer Begründung keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, namentlich auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Anwendung verfassungswidriger Gesetze geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

3. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat eine Gegenschrift erstattet, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat dazu eine Äußerung abgegeben.

4. Aus Anlaß der erwähnten Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. Juni 1995 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des ArtVIII §4 Abs2 dritter und vierter Satz des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 283/1988 und des ArtIV Abs2 letzter Satz des Bundesgesetzes, mit dem die finanzielle Beteiligung der Träger der sozialen Krankenversicherung am Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds geregelt wird, BGBl. Nr. 702/1991, ein. Mit Erkenntnis vom 26.9.1996, G1305/95, erkannte der Gerichtshof, daß diese Gesetzesbestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden bzw. nicht verfassungswidrig waren.

5. Die - zulässige (vgl. VfGH 26.9.1996, G1305/95) - Beschwerde ist nicht begründet:

5.1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des ArtVIII §4 Abs2 dritter und vierter Satz

BGBl. Nr. 283/1988 und des ArtIV Abs2 letzter Satz BGBl. Nr. 702/1991 ist es ausgeschlossen, daß die beschwerdeführende Partei durch Anwendung dieser Regelungen in ihren Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen verletzt wurde.

5.2.1. Die Beschwerdeführerin behauptet weiters, durch die Vollziehung in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei ist die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß ArtVIII §4 Abs2 letzter Satz des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 283/1988 für den Ersatz des Aufwandes für die Jahresausgleichszahlung lediglich die Verwendung von Mitteln der Rücklage gemäß §447 a Abs4 ASVG erlaube, soweit diese am 31.12.1990 vorhanden waren, als willkürlich zu qualifizieren. Darüber hinaus liege in der linearen Kürzung der Ersatzbeträge ein willkürlicher Schlüssel.

5.2.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag sich diesen Ausführungen nicht anzuschließen. Die belangte Behörde hat ausführlich und sorgfältig dargelegt (siehe die Seiten 11 bis 16 des angefochtenen Bescheides), weshalb zum Ersatz des für die Jahresausgleichszahlung getätigten Aufwandes nur jene Mittel verwendet werden dürfen, die sich am Ende des Jahres, für das die Ausgleichszahlung geleistet wurde, in der Rücklage befinden. Warum diese Rechtsanschauung "gesetzlos und willkürlich" sein soll, führt die beschwerdeführende Partei nicht aus. Auch der Verfassungsgerichtshof vermag ein willkürliches Vorgehen der belangten Behörde nicht zu erkennen. Ebensowenig vermag der Verfassungsgerichtshof der belangten Behörde entgegenzutreten, wenn diese die Auffassung vertritt, daß die Ersatzansprüche der einzelnen Krankenversicherungsträger zueinander im Verhältnis der Gleichrangigkeit stehen und "die Aufteilung eines Fehlbetrages ... in der Weise vorgenommen werden (kann), daß jeder einzelne Ersatzanspruch in jenem Ausmaß gekürzt wird, das dem Verhältnis der zu verteilenden Mittel zu den gesamten Ersatzansprüchen entspricht". Eine Verletzung der beschwerdeführenden Partei in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger hat durch diese Vorgangsweise nicht stattgefunden.

5.2.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die beschwerdeführende Partei in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Ob der angefochtene Bescheid dem Gesetz in jeder Hinsicht entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

5.3. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz war abzuweisen, da ein solcher gesetzlich nicht vorgesehen ist.

5.4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 VerfGG ohne mündliche Verhandlungen in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Sozialversicherung, Krankenanstalten, Ausgleichsfonds Krankenanstaltenfinanzierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B2246.1993

Dokumentnummer

JFT_10038990_93B02246_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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