TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/14 98/01/0271

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Veröffentlicht am 14.10.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1 impl;
AsylG 1997 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Mag. Axel Bauer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Strohgasse 16/10, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. März 1998, Zl. 200 701/1-III/07/98, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 7. Jänner 1997 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am selben Tag die Gewährung von Asyl. Er wurde am 13. Jänner 1997 niederschriftlich einvernommen.

Hiebei gab er ua. an, er stamme aus dem Kosovo, gehöre der albanischen Volksgruppe an und sei moslemischen Glaubens.

Die Behörde erster Instanz wies den Asylantrag ua. mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. März 1998 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab.

Sie stellte folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:

"Festgestellt wird, daß ein Cousin des Asylwerbers, der bei der LDK als Kassier tätig gewesen ist, im Jahre 1992 deswegen zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Im Jahr 1995 wurde er erneut festgenommen und für zehn Tage inhaftiert. Danach hat der Cousin des Asylwerbers sein Heimatland verlassen, jedoch wurde er immer wieder von der Polizei gesucht. Im August des Jahres 1995 wurde der Asylwerber mit dem Bruder seines Cousins von der Polizei festgenommen und vier Tage lang angehalten. Hiebei wurde den beiden gedroht, daß man sie solange nicht freilassen würde, bis der Cousin des Asylwerbers zurückkommt. In der Folge wurde der Asylwerber sowie der mit ihm festgenommene Bruder des erstgenannten Cousins dennoch mit Hilfe eines Anwaltes freigelassen. Der Asylwerber selbst hat sein Heimatland nicht verlassen, weil er die Schule weiter besuchen wollte. Von August 1995 bis Oktober 1995 kam die Polizei siebenmal und suchte nach dem Cousin des Asylwerbers. Im November 1995 kam die Polizei erneut und suchte auch nach dem Asylwerber selbst, dieser sollte sich am nächsten Tag um 08.00 Uhr bei der Polizei melden, was er auch tat. Der Asylwerber wurde auf der Polizeistation nach dem Aufenthaltsort seines Cousins befragt und man warf ihm außerdem vor, daß er sowie sein Cousin Waffen besessen hätten. Der Asylwerber hatte auch tatsächlich eine Pistole zu Hause, die er jedoch anläßlich seiner Befragung im November 1995 abgab. Weiters wurde ihm auch noch vorgeworfen eine Maschinenpistole zu besitzen und Waffenhandel zu betreiben, was jedoch beides nicht stimmte. Der Asylwerber wurde bei dieser Befragung vier Tage lang festgehalten und während seiner Anhaltung von der Polizei auch geschlagen. Schließlich wurde er unter Mithilfe eines Anwaltes freigelassen. Am 10.12.1996 kam die Polizei erneut zum Asylwerber und forderte diesen auf, sich wieder zu melden, wobei der Asylwerber mit dem Umbringen bedroht wurde, da seine Cousins nicht zurückgekehrt seien. Das neuerliche Erscheinen der Polizei, nachdem der Asylwerber über ein Jahr lang keinen Kontakt mit den Behörden seines Heimatlandes hatte, stand im Zusammenhang mit einer Waffensuche. Von solchen Waffensuchen, die es immer wieder gab, waren alle Familien betroffen. In der Folge begab sich der Asylwerber zu seinen Onkeln nach Logar. Nachdem auch dort zweimal nach dem Asylwerber gesucht wurde, organisierte einer seiner Onkeln seine Ausreise aus seiner Heimat."

In rechtlicher Beurteilung führte die belangte Behörde aus, daß die beiden Anhaltungen des Beschwerdeführers sowie die etwa siebenmaligen Nachfragen der Polizei bezüglich des Aufenthaltsortes des Cousins des Beschwerdeführers die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers nicht zu begründen vermöchten. Zwar stellten die von ihm erlittenen Schläge anläßlich seiner Anhaltungen im Jahre 1995 zweifellos einen Eingriff in seine körperliche Integrität dar, doch könnten diese Eingriffe nicht als so gravierend bewertet werden, daß dem Beschwerdeführer ein menschenwürdiges Leben im Heimatstaat "verunmöglicht" oder in unzumutbarer Weise erschwert worden sei, sodaß er sich dieser Zwangssituation nur mehr durch die Ausreise hätte entziehen können, da er sowohl nach seiner Anhaltung im August des Jahres 1995 als auch nach seiner Anhaltung im November 1995 in seiner Heimat verblieben sei. Aus der Angabe des Beschwerdeführers, daß er nach seiner Anhaltung im August 1995 seine Heimat nicht habe verlassen wollen, weil er die Schule weiterbesuchen wollte, ergebe sich, daß er freiwillig in seinem Heimatland verblieben sei und "offensichtlich" bei einer Abwägung zwischen der Gefährdung seiner Person und dem weiteren Schulbesuch das Gefährdungsmoment in den Hintergrund getreten sei, sodaß dem Beschwerdeführer auch aus objektiver Sicht ein weiterer Verbleib in seinem Heimatland zumutbar sei. Zum Vorfall vom 10. Dezember 1996 sei auszuführen, daß in Anbetracht des Umstandes, daß die Bevölkerung des Kosovo nach absoluter Selbständigkeit strebe und in den vergangenen Jahren diverse kosovo-albanische Organisationen aufgebaut habe, in der Handlungsweise der Staatsorgane - im Zusammenhang mit der Suche nach Waffen - grundsätzlich keine Verfolgungshandlungen zu ersehen seien. Es liege prinzipiell ein Vorgehen im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit vor. Allein der Umstand, daß der Beschwerdeführer von polizeilichen Nachforschungen im Rahmen von Waffensuche betroffen sei, rechtfertige noch nicht wohlbegründete Furcht vor Verfolgung durch die staatlichen Behörden aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention. Es sei möglich, daß im Einzelfall zusätzlich zur Waffensuche noch weitere Umstände hinzuträten, die eine Furcht vor Verfolgung objektiv nachvollziehbar erscheinen ließen. Die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfälle anläßlich seiner zweimaligen Anhaltungen im Zusammenhang mit der Suche nach seinem Cousin stellten jedoch keine solchen Umstände dar. Der Beschwerdeführer habe sich auch selbst nicht politisch betätigt oder sonst für die Belange der ethnischen Albaner im Kosovo eingesetzt, sodaß er auch aus diesem Grunde nicht einem Personenkreis angehöre, der in erhöhtem Maße gefährdet erscheine.

Zu den Angaben, der Beschwerdeführer sei mit dem Umbringen bedroht worden und habe befürchtet, auch tatsächlich von der Polizei umgebracht zu werden, führte die belangte Behörde aus, daß aus einem "verbalen Übergriff eines einzelnen Beamten" keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung abgeleitet werden könne. Es fänden sich in den Angaben des Asylwerbers auch keine Anhaltspunkte, die den Schluß zuließen, daß er tatsächlich umgebracht würde. Dem Berufungsvorbringen, daß der Beschwerdeführer im August 1995 und im November 1995 von der serbischen Polizei festgehalten und "massiv mißhandelt" worden sei, müsse entgegengetreten werden. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich bereits im August 1995 massiv mißhandelt worden, so sei nicht nachvollziehbar, daß er sich im November 1995 freiwillig bei der Polizeistation gemeldet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften die Nichteinräumung von Parteiengehör zu dem von der Behörde erster Instanz in ihrem Bescheid verwerteten "zur Verfügung stehendem eigenen Dokumentationsmaterial", aufgrund dessen die Behörde erster Instanz Tatsachenfeststellungen getroffen habe, welche von der belangten Behörde übernommen worden seien.

Der Beschwerdeführer verkennt, daß die belangte Behörde ausschließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 13. Jänner 1997, welches im Bescheid der Behörde erster Instanz "richtig und vollständig wiedergegeben" worden sei, auch zum Inhalt ihres Bescheides erhoben hat. Da die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Tatsachenfeststellungen der Behörde erster Instanz im angefochtenen Bescheid nicht übernommen hat, ist eine gegebenenfalls im Verfahren erster Instanz unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs im gegenständlichen Verfahrensstadium nicht mehr von Belang.

Dennoch ist die Beschwerde berechtigt: Der Beschwerdeführer hat in der Berufung ausdrücklich den Zusammenhang zwischen der ihm widerfahrenen Behandlung durch die serbische Polizei und seiner ethnischen Zugehörigkeit behauptet. Damit stützt sich der Beschwerdeführer auf einen der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe. Die belangte Behörde erwähnt in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß die vom Asylwerber geschilderten Umstände, die ihn zum Verlassen seines Heimatlandes veranlaßt haben, unter die in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründe subsumierbar sein müssen. Ob die belangte Behörde damit zum Ausdruck bringen wollte, daß im Falle des Beschwerdeführers der Zusammenhang mit einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Gründe nicht gegeben sei (wofür die Einleitung des Folgesatzes "Überdies" spräche), ist mangels jeder näheren Begründung hiezu nicht nachvollziehbar. Denn die weitere Begründung der belangten Behörde beschäftigt sich mit der Intensität der vom Beschwerdeführer erlittenen Maßnahmen, der Wertung von polizeilichen Nachforschungen im Rahmen von Waffensuchen und dem zeitlichen Zusammenhang der Ereignisse des Jahres 1995 mit dem Vorfall vom 10. Dezember 1996, welcher die Flucht des Beschwerdeführers tatsächlich auslöste. Vor dem Hintergrund der Situation im Kosovo ist der vom Beschwerdeführer behauptete Zusammenhang zwischen seiner Behandlung durch die serbische Polizei und seiner Angehörigkeit zur albanischen Volksgruppe mangels näherer Begründung der belangten Behörde aber nicht auszuschließen.

Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0858).

Im Rahmen einer Beurteilung der Gesamtsituation eines Asylwerbers ist die einem Familienangehörigen drohende Verfolgung insoferne nicht außer Betracht zu lassen, als diese grundsätzlich geeignet wäre, eine dem Asylwerber selbst drohende individuelle Verfolgung zu untermauern. Dahingehende Behauptungen müssen vom Asylwerber jedoch aufgestellt und glaubhaft gemacht werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 96/01/0467). Maßnahmen des Staates, die nur der Ausforschung von Verwandten, Bekannten etc. dienen (Befragungen, Hausdurchsuchungen, kurzfristige Inhaftierungen), ohne daß dem Betroffenen selbst Verfolgung aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, also die Maßnahme in Wahrheit auf die Verfolgung (auch) des Betroffenen aus asylrechtlich relevanten Gründen abzielt, sind kein Asylgrund.

Der Beschwerdeführer wurde nach seinen Behauptungen von der serbischen Polizei sowohl im Zuge der Suche nach dem verschwundenen Cousin des Beschwerdeführers belangt als auch wegen Waffenbesitzes und Waffenhandels. Der belangten Behörde ist zwar zuzugestehen, daß allein der Umstand, daß ein Asylwerber von polizeilichen Nachforschungen im Rahmen von Waffensuchen betroffen ist, nicht wohlbegründete Furcht vor Verfolgung durch die staatlichen Behörden aus einem der Gründe der Genfer Flüchtlingskonvention rechtfertigt. Dies kann jedoch nur für solche Waffensuchen Gültigkeit haben, die aufgrund eines hinreichenden Verdachtes durchgeführt werden.

Handelt es sich aber um eine Waffensuche durch die Behörden des Heimatstaates ohne zugrundeliegenden Verdacht auf eine strafbare Handlung bzw. um (wiederholte) Anschuldigungen des (illegalen) Waffenbesitzes oder des Waffenhandels, obwohl vorangegangene Suchen nach Waffen den geäußerten Verdacht nicht zu erhärten imstande waren, so ist nicht auszuschließen, daß es sich bloß um Unterstellungen der Behörden handelt, um - insbesondere vor dem Hintergrund der allgemein bekannten Benachteiligungen der albanischstämmigen Zivilbevölkerung im Kosovo durch serbisch-dominierte Behörden - Druck auf den Betroffenen in Wahrheit wegen eines anderen Grundes als dem der berechtigten Aufklärung und Ahndung strafrechtlicher Übertretungen (hier: aus dem Grund der Zugehörigkeit zur albanischen Volksgruppe) auszuüben. Eine solche Unterstellung kann - bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung - asylrechtlich relevant sein.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß der Beschwerdeführer die von seinem verstorbenen Vater übernommene Pistole bis zur Befragung im November 1995 besaß. Er hat diese Pistole anläßlich dieser Befragung abgegeben. Jedoch wurde ihm darüber hinaus vorgeworfen, eine Maschinenpistole zu besitzen und Waffenhandel zu betreiben, wofür nach den Angaben des Beschwerdeführers keine Grundlage bestand. Das Erscheinen der Polizei am 10. Dezember 1996 stand nach den Feststellungen der belangten Behörde im Zusammenhang mit einer neuerlichen Waffensuche, ohne daß von der belangten Behörde ein individuell gegen den Asylwerber bestehender Verdacht dargestellt wurde. Im konkreten Fall ist daher nicht auszuschließen, daß die - Waffenbesitz und Waffenhandel - betreffenden Anschuldigungen der serbischen Behörden samt der Suche nach Waffen im Sinne der obigen Ausführungen asylrechtliche Relevanz erlangten, wie dies vom Beschwerdeführer in der Berufung dargetan wird.

Ein solcher asylrechtlich relevanter Zusammenhang kann - bei entsprechender Behauptung des Beschwerdeführers - aber nur durch entsprechende Ermittlungen der belangten Behörde (z.B. über die Praxis der serbischen Behörden bei der "Waffensuche" und behaupteten strafrechtlichen Handlungen im Zusammenhang mit Waffen sowie die Art und Schwere der drohenden Strafen, die Durchführung von Gerichtsverfahren etc.) widerlegt werden. Indem die belangte Behörde solche Ermittlungen in Verkennung der Rechtslage im Hinblick auf die Asylrelevanz von "Waffensuchen" im Kosovo unterließ, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einem sekundären Verfahrensmangel.

Dieser wäre jedoch dann nicht relevant, wenn die belangte Behörde mit der Ansicht, die dem Beschwerdeführer widerfahrenen Behandlungen durch die serbische Polizei erreichten nicht die erforderliche erhebliche Intensität, einer Überprüfung standhielte. Doch die belangte Behörde verkennt, daß zwischen den Vorfällen beginnend mit August 1995 ein inhaltlicher Zusammenhang dergestalt besteht, daß sämtliche Repressionen der serbischen Behörden gegenüber dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Suche nach dem Verbleib des verschwundenen Cousins des Beschwerdeführers standen. Ab dem Vorfall im November 1995 kam als weiterer Zusammenhang die "Waffensuche" hinzu. Der belangten Behörde ist zwar grundsätzlich dahingehend zu folgen, daß frühere Verfolgungshandlungen dann nicht zur Asylgewährung führen können, wenn kein Zusammenhang mit dem die Flucht auslösenden Ereignis besteht. Im gegenständlichen Fall ist der Zusammenhang jedoch - wie dargelegt - gegeben. Hält man sich abschließend vor Augen, daß der Beschwerdeführer zunächst vier Tage in Haft genommen wurde (August 1995), sodann nach mehrfachen im wesentlichen ereignislos verlaufenen Nachfragen der Polizei im November 1995 neuerlich vier Tage inhaftiert worden war, wobei er im Zuge dieser Anhaltung von der Polizei auch geschlagen wurde und im Dezember 1996 von der Polizei mit dem Umbringen bedroht wurde, kann angesichts der Steigerung der dem Beschwerdeführer durch die Polizei widerfahrenen Behandlung - aus objektiver Sicht - die Drohung mit dem Umbringen ohne nähere Ermittlungen durch die belangte Behörde nicht bloß als "verbaler Übergriff eines einzelnen Beamten" abgetan werden. Daß in Zukunft eine Steigerung der ethnisch bedingten Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund der vorangegangenen Ereignisse zu erwarten ist, hat der Beschwerdeführer ausreichend dargetan, sodaß auf eine asylrechtlich relevante Intensität der Verfolgungsgefahr aufgrund der dem Beschwerdeführer unterstellten strafbaren Handlungen in bezug auf Waffen und der Nachforschungen nach seinem Cousin geschlossen werden kann.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. Oktober 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010271.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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