TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/9 G301 2222465-1

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Veröffentlicht am 09.09.2019
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Entscheidungsdatum

09.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G301 2222465-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Brasilien, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. LINS und Dr. ÖZTÜRK in Bludenz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX, vom 22.07.2019, Zl. XXXX, betreffend Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX, zugestellt am 24.07.2019, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 26.02.2019 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Brasilien zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Mit dem am 08.08.2019 beim BFA, RD XXXX, eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den im Spruch angeführten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit unter anderem beantragt, dem BF den beantragten Aufenthaltstitel zu erteilen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 16.08.2019 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Föderativen Republik Brasilien.

Der BF hat am 26.02.2019 beim BFA, RD XXXX, den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005 eingebracht.

Der BF war in Österreich zuletzt von 27.03.2019 bis 15.05.2019 mit Nebenwohnsitz inXXXX amtlich gemeldet.

Der BF hält sich seit 15.05.2019 nicht mehr im österreichischen Bundesgebiet auf. Nach Angabe in der Beschwerde befindet sich der BF derzeit in XXXX.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet. So liegen auch keine widerstreitenden oder sonst strittigen Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit der Feststellung des relevanten Sachverhaltes vor.

Die Feststellung, dass sich der BF seit 15.05.2019 nicht mehr in Österreich aufhält, beruht auf der entsprechenden Feststellung im angefochtenen Bescheid festgestellt, die in der Beschwerde auch ausdrücklich bestätigt wurde.

Die auf Grund der vorliegenden Akten in Zusammenschau mit dem Vorbringen der gegenständlichen Beschwerde getroffenen Feststellungen werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A.):

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, lautet wie folgt:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Für die reformatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nach § 28 Abs. 2 VwGVG ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblich (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, § 28 VwGVG, Rz 13).

"Sache" im vorliegenden Verfahren ist die Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005.

Erste Voraussetzung für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen ist, dass sich der antragstellende Drittstaatsangehörige im Bundesgebiet aufhält.

In den Erläuternden Bemerkungen zum 7. Hauptstück des Asylgesetzes 2005 (§§ 54 bis 62) in der Regierungsvorlage des Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP) heißt es dazu:

"Vor diesem Hintergrund und zur Abgrenzung zu den Aufenthaltstiteln nach dem NAG wurden die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen neu benannt. Wie bisher ist die Erteilung ausschließlich nur an Drittstaatsangehörige möglich, die bereits im Bundesgebiet aufhältig sind."

Konkret zur Bestimmung des § 55 AsylG 2005 heißt es in den Erläuterungen weiter:

"In § 55 soll aus systematischen Gründen die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK in einer Bestimmung zusammengefasst [werden]. Inhaltlich bildet dieser die Bestimmungen zu §§ 41a Abs. 9 und 43 Abs. 3 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ab.

Wie bisher kann eine Erteilung nur an Drittstaatsangehörige erfolgen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, und ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag möglich."

Im vorliegenden Fall ist zwar unbestritten, dass der BF am 26.02.2019 in Österreich den gegenständlichen Antrag gestellt hat, allerdings meldete der BF seinen Nebenwohnsitz in Österreich am 15.05.2019 wieder ab und verließ noch am selben Tag das österreichische Bundesgebiet. Nach eigener Angabe hält sich der BF seitdem in Serbien auf.

Der BF hielt sich somit sowohl zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als auch zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Beschwerde nicht mehr in Österreich auf.

Insoweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass sich der BF dem gegenständlichen Verfahren nicht entzogen habe, sondern - wie es das NAG vorsehe - noch vor Ablauf der 90-tägigen Frist aus Österreich ausgereist sei, um den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, ist zu entgegnen, dass das gegenständliche Verfahren ein solches nach dem Asylgesetz 2005 ist, nicht jedoch ein Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Überdies bestimmt sich die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen nach den unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Bestimmungen des Schengener Grenzkodex sowie des Visakodex und der sog. Visapflichtverordnung VO (EG) Nr. 539/2001.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass für die Erteilung eines Aufenthaltstitels an im Ausland aufhältige Drittstaatsangehörige (mögen diese auch zur visumfreien Einreise in Österreich berechtigt sein) aus anderen als "berücksichtigungswürdigen" Gründen, insbesondere zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder der Familienzusammenführung, grundsätzlich die einschlägigen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, zur Anwendung gelangen.

Da im vorliegenden Fall schon mangels Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 nicht zu erteilen ist, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher trotz eines entsprechenden Antrages in der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG und § 9 Abs. 5 FPG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.3. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G301.2222465.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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