Entscheidungsdatum
16.09.2019Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G312 2218602-4/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Anhaltung des XXXX, geb. XXXX, StA.: Marokko, Zl. XXXX im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft, zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen v o r l i e g e n und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX, vom 19.01.2019, persönlich übergeben am 19.01.2019, wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung über XXXX (im Folgenden: IT), geb. XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, alias XXXX, geb. XXXX oder XXXX, angeordnet.
2. Am 14.02.2019, 10.03.2019, 08.04.2019 und 22.04.2019 (erste bis vierte Schubhaftüberprüfung) wurden vom BFA, RD XXXX, der Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem BVwG zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung vorgelegt. Es konnten keine Umstände ermittelt werden, die gegen eine Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.
Auch bei den weiteren Schubhaftüberprüfungen, zuletzt am 05.08.2019, wurde festgehalten, dass die Voraussetzungen für die Schubhaft weiterhin vorliegen und keine Umstände ermittelt werden konnten, die gegen eine Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.
3. Am 28.08.2019 wurde vom BFA, RD XXXX, neuerlich der Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem BVwG zur amtswegigen Überprüfung (vierten amtswegigen Schubhaftüberprüfung nach 8 Monaten) der Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. IT wird seit 19.01.2019 durchgängig in Schubhaft angehalten, er ist haftfähig.
1.2. IT reiste zu einem nicht bekannten Zeitpunkt, spätestens jedoch am 04.09.2016 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen wurde. Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in dessen Herkunftsstaat zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG bestand keine Frist für die freiwillige Ausreise.
Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1, 3 und 4 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 und 3 Asylgesetz hatte er sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren. Gegen ihn wurde außerdem ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen, da er missbräuchlich Asylanträge stellte.
Gegen den negativen Bescheid des BFA brachte er fristgerecht Beschwerde ein. Mit Erkenntnis des BVwG vom 27.12.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
1.3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.05.2019 wurde IT wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB und wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, unter einer Probezeit von drei Jahren bedingt, rechtskräftig verurteilt, nachdem er im Polizeianhaltezentrum Vordernberg gegen das Sicherheitspersonal vorgegangen war.
Es wurde gegen ihn ein fünfjähriges Einreiseverbot verhängt.
IT reiste jedoch nicht den bescheidmäßigen Vorgaben entsprechend in seinen Herkunftsstaat aus. Stattdessen tauchte er unter und wurden beim Versuch sich nach Deutschland abzusetzen am 18.01.2019 von den deutschen Behörden an der Einreise gehindert und den österreichischen Behörden zurückgestellt.
1.4. Ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde ohne sein Mitwirken eingeleitet und das entsprechende Dokument angefordert. Entsprechende Urgenzen fanden am 18.02.2019, 10.04.2019, 03.05.2019, 04.06.2019, 12.07.2019, 18.07.2019 sowie zuletzt am 09.08.2019 statt. Das Ergebnis dieser Konsultation war, dass in Wien noch keine positive Identifizierung (auch auf Grund der Aliasdaten) von Rabat eingelangt ist, wobei jedoch straffällig gewordene Landsleute, so wie hier (der wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu acht Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilte Fremde), bevorzugt behandelt werden, womit die Erlangung des HRZ zeitnah erfolgen wird.
Die Behörde hat das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig und zielführend geführt.
1.5. IT verwendete Aliasnamen XXXX, geb. XXXX, und XXXX, geb. XXXX oder XXXX, um seine Verfahren zu verzögen und seine Abschiebung zu vereiteln. Er wirkte bis dato nicht mit, seine wahre Identität festzustellen. Er ist weiters seiner Verpflichtung, sich ein Reisedokument ausstellen zu lassen und damit seine freiwillige Rückkehr anzutreten, nicht nachgekommen.
Es wäre ein leichtes gewesen einen Reisepass zu erhalten, welcher von der Botschaft, sofern man diesen beantragt, problemlos ausgestellt wird. Stattdessen hat der Fremde seine Nichtrückkehrwilligkeit bekannt gegeben.
1.6. IT hat die Ausreiseverpflichtung missachtet und ist in die Illegalität abgetaucht. Er zeigt sich im Verfahren unkooperativ, wirkt bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mit und weigert sich, in seinen Heimatstaat zurückzukehren. Zudem versuchte er sich dem Verfahren zu entziehen, beantragte in Griechenland und Ungarn Asyl und versuchte sich nach Deutschland durch Flucht abzusetzen.
1.7. PD verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig.
Er hat keinerlei Interesse in seine Heimat zurückzukehren, gegen ihn besteht - wie oben ausgeführt - eine rechtskräftige Verurteilung wegen mehrerer Straftaten, welche er während seiner Anhaltung im Polizeianhaltezentrum XXXX gesetzt hat, sowie ein fünfjähriges Einreiseverbot.
2. Beweiswürdigung:
Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des PD ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.
Aufgrund der eigenen Angaben des IT im bisherigen Verfahren sowie des Akteninhalts steht fest, dass er sich weigert in den Herkunftsstaat zurückzukehren, nicht gewillt ist, sich der Rechtsordnung entsprechend zu verhalten. Er verhält sich unkooperativ und wirkt im Verfahren nicht mit. Er hat sich geweigert nach der negativen Asylentscheidung Österreich zu verlassen und in seinen Heimatstaat zurückzukehren, durch gefälschte Identitäten seinen illegalen Aufenthalt zu "legalisieren".
Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass er in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, durch Untertauchen seiner Abschiebung zu entziehen.
Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr hinsichtlich des IT ausgegangen, belegt durch seine Fluchtversuche, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.
Im Hinblick auf das eingeleitete Abschiebungsverfahrens ist begründet zu erwarten, dass die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt. Das Verfahren zur Ausstellung des Heimreisezertifikates wurde bei der Botschaft für Marokko sofort eingeleitet. Es ist mit dem Erhalt des HRS innerhalb der gesetzlichen Frist zu rechnen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Spruchpunkt A:
Die hier anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen lauten in der Fassung FRÄG 2018 wie folgt:
§ 76. (1) FPG Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.
Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
§ 16. (1) BFA-VG Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes in den Fällen des Abs. 2 und des § 7 Abs. 2 AsylG 2005, sofern der Status des Asylberechtigten aberkannt und die Aberkennung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden wurde, beträgt abweichend von § 7 Abs. 4 erster Satz des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zwei Wochen. Dies gilt nicht, wenn es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung um einen unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17 NAG) handelt oder die aufenthaltsbeendende Maßnahme mit der Feststellung verbunden ist, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden unzulässig ist.
(2) Einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der
1. ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist,
2. ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht oder
3. eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird,
sowie einem diesbezüglichen Vorlageantrag kommt die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.
(3) Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt diese auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z 22 AsylG 2005) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich.
(4) Kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen oder abgewiesen wurde, oder mit der eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wurde, die aufschiebende Wirkung nicht zu, ist diese durchsetzbar. Mit der Durchführung der mit einer solchen Entscheidung verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der die bereits bestehende Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ende der Rechtsmittelfrist, wird ein Rechtsmittel ergriffen bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage, zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Beschwerdevorlage und von der Gewährung der aufschiebenden Wirkung in Kenntnis zu setzen.
(5) Eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag begründet kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. § 58 Abs. 13 AsylG 2005 gilt.
(6) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 2 bis 4 nicht anwendbar.
3.2. Gegen IT liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach Marokko vor, weder verfügt er über ausreichend finanzielle Mittel, um selbst in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, noch ist er willens, freiwillig zurückzukehren.
Gegen IT besteht rechtskräftig ein fünfjähriges Einreiseverbot.
Wie oben dargestellt, ist die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.
Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des IT mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass er seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf sein bisherige Verhalten und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen.
IT hält sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, verfügt weder über eine gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitel, noch über ein gültiges Reise- oder Identitätsdokument. Er hat durch falsche Identitäten versucht, seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren bzw. das Verfahren zu verzögern und seine Abschiebung zu verhindern. Gegen ihn liegt eine rechtsgültige, durchsetzbare Rückkehrentscheidung sowie ein rechtskräftiges Einreiseverbot vor.
Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, wie die politische Diskussion in der Bundesregierung und in der Öffentlichkeit aktuell zeigt, besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen.
In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bereits veranlasst, eine Identifizierung bzw. eine Ausstellung wird im zeitlichen Rahmen erfolgen.
IT hat im bisherigen Verfahren keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des IT in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Zudem besteht weder ein Wohnsitz in Österreich, noch verfügt er über verfestigte soziale Kontakte.
Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Angaben des IT vor der belangten Behörde sowie im bisherigen Verfahren vor dem BVwG geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
II. Spruchpunkt B.
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G312.2218602.4.00Zuletzt aktualisiert am
24.10.2019