TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/16 G310 2173474-1

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Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G310 2173474-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Polen, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2017, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.11.2016, XXXX, wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.07.2017 wurde der BF davon in Kenntnis gesetzt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbots beabsichtigt sei und forderte ihn auf, innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung dieses Schreibens hierzu Stellung zu nehmen und auch Ausführungen zu seinen persönlichen Verhältnissen zu treffen.

Eine entsprechende Stellungnahme des BF langte am 24.08.2017 beim BFA ein.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.05.2017, XXXX, wurde der BF vom Vorwurf der Körperverletzung sowie der versuchten Nötigung mangels Schuldbeweis gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt (Spruchpunkt II.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung des BF begründet. Weiters wird ausgeführt, dass der BF seit XXXX.06.2012 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet ist und seit XXXX.07.2012 im Besitz einer unbefristeten Anmeldebescheinigung (Familienangehöriger) ist.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes zu verkürzen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zusammengefasst wird begründend ausgeführt, dass der BF sein Fehlverhalten einsehe und dieses sehr bereue. Er habe in Affekt und unter Drogenkonsum gehandelt. Er habe nicht gewusst, dass sein Verhalten gravierende Folgen auf seinen Aufenthalt in Österreich haben könnte. Der BF lebe bei seiner Familie und sei von ihr emotional und finanziell abhängig. Der BF sei drogensüchtig und unterziehe sich derzeit einer Entziehungskur.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 17.10.2017 einlangten.

Feststellungen:

Der BF ist polnischer Staatsbürger und hält sich seit XXXX.06.2012 in Österreich auf. Polnisch ist seine Muttersprache, er beherrscht aber auch in einem nicht näher feststellbaren Umfang die deutsche Sprache. Am XXXX.07.2012 wurde ihm eine Anmeldebescheinigung (Familienangehöriger) ausgestellt. Der BF ist ledig. Er ist gesund und arbeitsfähig. In Österreich leben seine Eltern und seine Schwester. Seine Angehörigen besitzen ebenfalls eine Anmeldebescheinigung.

2011 hat der BF in Polen das Gymnasium abgeschlossen und danach für ein Jahr die HTL für Mechatronik besucht. Von 06.08.2015 bis 31.08.2015 war der BF als XXXX geringfügig beschäftigt, danach von 01.09.2015 bis 15.01.2016 als Arbeiter. In der Zeit von 16.01.2016 bis 05.02.2016 sowie von 17.02.2016 bis 25.03.2016 bezog der BF Krankengeld. Von 06.07.2016 bis 10.04.2018 bezog der BF Arbeitslosengeld, Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe.

Ende September sowie im Oktober 2017 suchte der BF öfters das Sozialpsychiatrische Ambulatorium XXXX in XXXX auf. Ebenfalls im Oktober 2017 beabsichtigte der BF einen Deutschkurs B1 zu besuchen.

Weitere familiäre, berufliche oder soziale Bindungen des BF zu Österreich können nicht festgestellt werden.

Der BF wurde im Bundesgebiet einmal strafgerichtlich verurteilt. Dem oben angeführten Urteil liegt zugrunde, dass der BF und eine weitere männliche Person den jeweils anderen am 06.12.2015 schwer am Körper verletzten. So hat der BF die andere Person durch das Versetzen mehrerer Faustschläge sowie Stiche und Schläge mit einer Glasflasche derart am Körper verletzt, dass diese Person zahlreiche Stich- und Schnittwunden im Gesicht, einen Bruch der linken Augenhöhle mit Mitbeteiligung des Tränenkanals, einen Bluterguss der linken Augenhöhle, zahlreiche Schnittwunden am Brustkorb sowie an der linken und rechten Schulter und am Übergang zwischen Hinterkopf und Halswirbelsäule, sowie eine Nasenprellung erlitt. Dem BF selbst wurden ebenfalls mehrere Faustschläge versetzt und wurde er mit einem Messer attackiert, so dass er mehrere Schnittwunden an beiden Händen und Fingern, eine lappenförmige Rissquetschwunde mit Schwellung über dem linken Jochbogen, einen Bruch des rechten fünften Mittelhandknochens sowie eine fast gänzliche Abtrennung des rechten kleinen Fingers davontrug. Beide Beteiligten erlitten sohin eine an sich schwere Körperverletzung mit Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit von mehr als 24-tägiger Dauer. Mildernd wirkten sich das Alter unter 21 Jahren, der bisher ordentliche Lebenswandel sowie das Geständnis aus. Erschwerende Umstände lagen nicht vor.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche bestehen nicht.

Die Feststellungen zur Identität des BF und zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen auf den entsprechenden Angaben in den Strafurteilen und seiner Stellungnahme.

Der durchgehende Aufenthalt des BF im Bundesgebiet ergibt sich aus seinen Angaben dazu, die durch die Wohnsitzmeldungen laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie die im Versicherungsdatenauszug dokumentierten Beschäftigungsverhältnisse im Inland und die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe untermauert werden. Daraus ergibt sich ein Inlandsaufenthalt des BF seit Juni 2012. Die Anmeldebescheinigung ist im Fremdenregister ersichtlich.

Polnischkenntnisse sind aufgrund der Herkunft des BF plausibel. Deutschkenntnisse können aufgrund des langjährigen Aufenthalts und der Erwerbstätigkeit im Inland angenommen werden. Zu dem von ihm behaupteten Besuch eines Deutschkurses liegt jedoch lediglich eine Teilnahmekarte vor. Dass er den Kurs tatsächlich besucht und abgeschlossen hat, geht daraus nicht hervor.

Der Familienstand des BF ergibt sich aus dem ZMR und aus den Strafurteilen. Anhaltspunkte für eine Eheschließung oder eigene Kinder bestehen nicht.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BF beruhen darauf, dass er einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen ist und keine Hinweise auf erhebliche gesundheitliche Probleme hervorgekommen sind. Der in der Beschwerde behauptete Konsum von Suchtmittel stellt für sich genommen keine Gesundheitsschädigung dar. Zeiten der Erwerbstätigkeit und anderweitiger Sozialversicherung im Bundesgebiet gehen aus dem Versicherungsdatenauszug hervor.

Die strafgerichtliche Verurteilung des BF und die zugrundeliegende Tat werden anhand der Strafurteile und des Strafregisters festgestellt.

Es gibt keine Indizien für weitere strafrechtliche Verurteilungen des BF oder andere Verstöße gegen die öffentliche Ordnung.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Art 28 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie (§ 2 Abs 4 Z 18 FPG) lautet:

"Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen."

Bei Unionsbürgern, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG und Art 16 Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots der in Art 28 Abs 2 Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen (VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057). Ein Aufenthaltsverbot gegen Personen, denen das Recht auf Daueraufenthalt zukommt, setzt demnach auch voraus, dass ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016 Ra 2016/21/0075).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Aufgrund des rechtmäßigen über fünfjährigen, aber unter zehnjährigen Aufenthalts des BF in Österreich seit Juni 2012 ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") iVm § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG ("schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit") anzuwenden.

Obwohl der BF wegen eines Delikts gegen die körperliche Unversehrtheit verurteilt wurde, weist die von ihm begangene Tat - insbesondere unter Berücksichtigung, dass im Strafverfahren mit einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Höhe von acht Monaten das Auslangen gefunden wurde - nicht eine solche Schwere auf, dass der anzuwendende Gefährdungsmaßstab erfüllt ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Tat bereits im Jahr 2015 erfolgte und der BF seitdem nicht mehr strafrechtlich relevant in Erscheinung getreten ist. Unter Einbeziehung sämtlicher Aspekte erreicht die Delinquenz des BF nicht den in § 67 Abs. 1 zweiter Satz iVm § 66 Abs. 1 letzter Satz FPG festgelegten Schweregrad.

Die vom BF verübte Straftat ist keinem der in Art 83 Abs 1 Unterabs 2 AEUV angeführten oder einem vergleichbaren besonders schweren Kriminalitätsbereich zuzuordnen. Auch die Strafdrohung zeigt, dass das vom BF verübte Delikt per se nicht dem Bereich der schweren Kriminalität zuzuordnen sind. Der Strafrahmen liegt bei einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Dass nach dem Willen des österreichischen Gesetzgebers strafbare Handlungen, die (nur) mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht sind, keine Fälle der schweren Kriminalität darstellen, ist bereits in der in § 17 StGB getroffenen Einteilung in Verbrechen und Vergehen ersichtlich. Hier wird vom Gesetz die Grenze - neben der Differenzierung zwischen Vorsatz- und Fahrlässigkeitstat - anhand der Strafdrohung gezogen; Verbrechen liegen erst ab einer Strafdrohung von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe vor.

Auch wenn die Begehung von Straftaten, den Schluss auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters zulässt und sich der BF gegen einen anderen Menschen aggressiv verhielt, ist bei konkreter Betrachtung seiner Tat und ihrer Begehungsweise von keiner hohen kriminellen Energie auszugehen. Der BF hat sich vor seiner Verurteilung rechtmäßig und strafrechtlich unauffällig in Österreich aufgehalten. Die Tat liegt auch bereits einige Jahre zurück und hat sich der BF seitdem wohlverhalten, weswegen davon auszugehen ist, dass der strafgerichtliche Schuldspruch ausgereicht hat, um eine hinreichend deutliche Abkehr von dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten erkennen zu können.

Das gesamte, vom BF gegen die Rechtsvorschriften der Republik Österreich gesetzte Verhalten erfüllt im Sinne einer vernetzten Betrachtung der begangenen Straftat sowie der Art und Weise der konkreten Begehung durch den BF somit nicht die Voraussetzungen des qualifizierten Gefährdungsmaßstabs des § 67 Abs. 1 zweiter Satz iVm § 66 Abs. 1 letzter Satz FPG.

Eine Prüfung, ob der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF verhältnismäßig wäre, muss daher mehr nicht vorgenommen werden. Da die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den BF im Ergebnis nicht vorliegen, ist der angefochtene Bescheid in Stattgebung der Beschwerde aufzuheben.

Sollte der BF in Zukunft wieder wegen entsprechend schwerwiegender Taten strafgerichtlich verurteilt werden, wird die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen ihn neuerlich zu prüfen sein.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, kann eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Die bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0033). Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose (VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0022; 20.10.2016, Ra 2016/21/0284). Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2173474.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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